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OGH vom 17.09.2014, 4Ob120/14x

OGH vom 17.09.2014, 4Ob120/14x

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagten Parteien 1. B***** OG, *****, 2. W***** B*****, 3. C***** S 4. B***** AG, *****, viertbeklagte Partei vertreten durch Dr. Josef Milchram und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen 637.307,72 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 42/14p 41, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Gesicherter Rechtsprechung entspricht die Auffassung des Berufungsgerichts, dass dann, wenn zwischen dem Auftraggeber einer Bankgarantie und dem Zessionar der Garantierechte kein Vertragsverhältnis besteht und auch keine Schutzwirkungen zu Gunsten des Garantieauftraggebers bestehen, Unterlassungsansprüche des Garantieauftraggebers gegen den Zessionar nur darauf gestützt werden können, dass diesem ein deliktisches Verhalten (§ 1295 Abs 2 ABGB) bei missbräuchlicher Inanspruchnahme der Garantie vorzuwerfen ist. Ein Begehren auf Unterlassung und Widerruf sowie auf Erlassung eines Drittverbots könnte nur auf einen Anspruch auf Unterlassung sittenwidriger Schädigung gestützt werden (RIS Justiz RS0122078).

Der Garantieauftraggeber vertraut darauf, dass der Begünstigte (zugleich sein Vertragspartner im zugrundeliegenden Valutaverhältnis) seine Rechte aus der für ihn eröffneten Garantie nur geltend macht, wenn er sich für materiell berechtigt hält; er tut dies in Kenntnis der Möglichkeit eines ihm gegen den Begünstigten allenfalls offenstehenden Bereicherungsrückgriffs und verlässt sich auf den beim Begünstigten seiner Einschätzung nach dafür vorhandenen Haftungsfonds. Diese von einer der Vertragsparteien angestellte Risikoeinschätzung würde eine nicht gerechtfertigte Veränderung erfahren, wollte man im Fall einer Zession der Rechte des Begünstigten den Garantieauftraggeber zur Geltendmachung seiner Rückforderungsansprüche aus einer unberechtigt abgerufenen und ausgezahlten Garantie an den Zessionar verweisen, dessen Person ihm erstmals mit der Abtretungsanzeige bekannt geworden ist und über dessen Vermögenslage er keinerlei Informationen besitzt (4 Ob 348/99a; 6 Ob 253/03d; 5 Ob 45/07i; RIS Justiz RS0113129).

1.2. Im Verfahren erster Instanz hat die Klägerin den Vorwurf der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme der Bankgarantie allein darauf gestützt, dass die Viertbeklagte bei Abruf Kenntnis von der Nichterfüllung des Grundgeschäfts gehabt habe.

1.3. Die zum selben Sachverhalt im Vorprozess ergangene Entscheidung 8 Ob 5/12m hat dazu ausgeführt, dass Gegenstand der Bankgarantie die Absicherung des Vorauszahlungsanspruchs der hier Erstbeklagten war, weil diese ihrerseits den Kaufpreis im Voraus an den ausländischen Verkäuferpool leisten sollte. Genau dieses besicherte Risiko der Kaufpreisvorauszahlung ist auf die kreditfinanzierende (hier) Viertbeklagte übergegangen, sodass die Inanspruchnahme der Bankgarantie zur Hereinbringung der Kaufpreisforderung dem Garantiezweck entsprach. Dem ist das Berufungsgericht zutreffend auch hier gefolgt.

1.4. Nicht nachvollziehbar ist das Argument der Revisionswerberin, es sei zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Bankgarantie der Zweck der Garantie längst weggefallen gewesen. Sie übersieht nämlich, dass festgestellter Zweck der Garantie die Absicherung des Vorauszahlungsanspruchs der Erstbeklagten war, sodass die Hereinbringung der Kaufpreisforderung mittels Inanspruchnahme der Garantie durch die Viertbeklagte von dieser Vereinbarung gedeckt war.

1.5. Dass der Abruf der Bankgarantie deshalb rechtsmissbräuchlich gewesen sei, weil die Viertbeklagte zum Zeitpunkt des Abrufs der Bankgarantie Kenntnis davon gehabt habe, dass die Bindefrist abgelaufen und daher die Rückzahlungsverpflichtung der (nunmehr insolventen) Erstbeklagten bereits bestanden habe, hat die Klägerin im Verfahren erster Instanz nicht vorgebracht.

2.1. Das Berufungsgericht ist bei seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, dass der Viertbeklagten nur die Rechte aus der Bankgarantie, nicht hingegen auch die Rechte aus dem dieser Garantie zu Grunde liegenden Verkaufsgeschäft abgetreten worden sind. Nach dem festgestellten Inhalt von Garantieerklärung und Abtretungsvereinbarung ist diese Prämisse unbedenklich. Dass in der Präambel der Bankgarantie auf das Grundgeschäft Bezug genommen wird, ist noch kein Beweis dafür, dass Gegenstand der Zession auch die Forderungen aus dem Grundgeschäft waren.

2.2. Die Abstraktheit der Garantie wird nicht dadurch beseitigt, wenn in der Garantieerklärung einerseits auf das Valutaverhältnis hingewiesen wird, andererseits aber auch eine Erwähnung des Umstands erfolgt, dass der Garant die Haftung im Auftrag des Dritten übernimmt (RIS Justiz RS0061794, vgl RS0016997, RS0016992, RS0017012, RS0017739, RS0017003).

3.1. Nach ständiger Rechtsprechung können Rechte aus einer Garantie jedenfalls dann abgetreten werden, wenn der Inhalt des Rechts durch die Abtretung keine Änderung zum Nachteil des Garanten erfährt (RIS Justiz RS0016987). Dies ist auch ohne die gleichzeitige Abtretung der Forderung aus dem Grundgeschäft möglich (RIS Justiz RS0016987 [T3] = 8 Ob 5/12m).

3.2. Worin im Anlassfall der durch die Zession eingetretene massive Nachteil des Garanten bestehen soll, der die Unwirksamkeit der Abtretung nach sich ziehen könnte, führt die Rechtsmittelwerberin nicht näher aus; ein solcher Nachteil ist auch nicht erkennbar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00120.14X.0917.000