OGH vom 31.08.2010, 4Ob120/10s
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Staatlich genehmigte Gesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverleger regGenmbH (AKM), Wien 3, Baumannstraße 10, vertreten durch Dr. Herbert Holzinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Thermenhotel ***** GmbH Co KG, *****, vertreten durch Georg S. Mayer Rechtsanwalt GmbH in Wien, wegen Rechnungslegung (Streitwert 36.000 EUR), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 307/09k-12, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 41 Cg 43/08v-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.963,80 EUR (darin 327,30 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Parteien
Die Klägerin ist eine nicht auf Gewinn gerichtete Verwertungsgesellschaft. Aufgrund der ihr nach dem Verwertungsgesellschaftengesetz BGBl 1936/112 erteilten Betriebsgenehmigung übt sie ihre Tätigkeit als Treuhänderin im Interesse ihrer Mitglieder sowie Bezugsberechtigten aus. Die Klägerin nimmt insbesondere die „Kleinen Aufführungs- und Senderechte“ an Werken der Tonkunst und/oder mit solchen Musikwerken verbundenen Sprachwerken wahr und macht die entsprechenden Vergütungsansprüche geltend. Zu diesem Zweck räumen ihr die Mitglieder und Bezugsberechtigten (Komponisten, Textautoren, Musikverleger) ausschließliche Werknutzungsrechte ein. Durch den Abschluss von Gegenseitigkeits- und Vertretungsverträgen mit ausländischen Verwertungsgesellschaften vertritt die Klägerin das „Weltrepertoire“.
Die Beklagte betreibt in L***** das „Thermenhotel *****“. Sie empfängt mittels Antennen sowohl terrestrisch als auch über Satellit ausgestrahlte Hörfunk- und Fernsehprogramme in- und ausländischer Rundfunkanstalten. Unter dem Dach der Beklagten werden die Rundfunkprogramme ausgewählt und demoduliert, auf andere Kanäle umgesetzt (also anderen Trägerfrequenzen aufmoduliert), mit einem Hausverstärker verstärkt und mittels Koaxialkabel in die einzelnen der insgesamt 144 Gästezimmer überspielt, in welchen sich standardgemäße Radio- und Fernsehapparate befinden. Die Weiterleitungsanlage liegt innerhalb des Hotelgebäudekomplexes, die Standorte aller Empfangsanlagen befinden sich nur auf zusammenhängenden Grundstücken; kein Teil der Anlagen benützt oder kreuzt einen öffentlichen Weg. Die Antenne ist vom Standort der am nächsten liegenden Empfangsgeräte nicht mehr als 500 m entfernt. An die Anlage sind nicht mehr als 500 Teilnehmer angeschlossen. Auf diese Weise werden in den Hotelzimmern der Beklagten auch Werke der Tonkunst, die zum ausschließlichen Repertoire der Klägerin zählen, insbesondere Werke der Tonkunst, deren Urheber Mitgliedstaaten der RBÜ bzw des WIPO-Urheberrechtsvertrags angehören, für die Hotelgäste konsumierbar gemacht. Die ausländischen Schwestergesellschaften der Klägerin erhalten von den Satelliten-Programmveranstaltern für die Weiterleitung in Österreich keine Vergütung und haben hierfür weder eine Sende- noch eine Aufführungsbewilligung erteilt. Die Beklagte verrechnet ihren Gästen für die Bereitstellung eines Empfangsgeräts und Rundfunkweiterleitung kein gesondertes Entgelt. Mittlerweile gehört die Ausstattung eines Hotelzimmers mit Empfangsgeräten zur allgemeinen Standardausstattung, weshalb auch im Vergleich zu Konkurrenzunternehmen kein höherer Nächtigungspreis erzielt werden kann. Umgekehrt können für jene Zimmer, welche eine solche Standardausstattung nicht aufweisen, nur unter dem durchschnittlichen Marktpreisniveau liegende Nächtigungspreise erzielt werden.
II. Vorverfahren
Die Streitteile führten bereits vor mehr als zehn Jahren aufgrund eines im Wesentlichen gleichen Sachverhalts ein Gerichtsverfahren zur Frage, ob der Empfang von Satellitenrundfunk-Signalen durch die Parabolantenne eines Hotels und deren Übermittlung in die mit Fernsehempfangsanlagen ausgestatteten Hotelzimmer dem Ausschließungsrecht des Urhebers unterliege und die Beklagte zur Rechnungslegung gegenüber der Klägerin verpflichte. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom , 4 Ob 146/98v, das Begehren auf Rechnungslegung und Auskunftserteilung abgewiesen. Die Frage, ob die zeitgleiche Übermittlung von Rundfunksendungen, die aus dem Netz eines Kabelbetreibers übernommen oder über eine hauseigene Antenne (Satellitenspiel oder Antenne für terrestrische Sendungen) empfangen werden, in die einzelnen Hotelzimmer eine (zustimmungs- und damit vergütungspflichtige) Werkvermittlung sei, sei heftig umstritten. Der geltend gemachte Anspruch der Klägerin bestehe weder unter dem Gesichtspunkt des Senderechts (§ 17 UrhG) noch unter jenem des Rechts der öffentlichen Aufführung (§ 18 UrhG) zu Recht. Es sei nicht entscheidend, wie die „Öffentlichkeit“ im Zusammenhang mit dem Senderecht beschaffen sein müsse. Bei der gebotenen funktionellen Abgrenzung zwischen Sende- und Empfangsanlagen sei die Satellitenanlage der Beklagten nämlich als bloße Empfangsanlage (Gemeinschaftsantennenanlage) zu beurteilen, die nach der Zahl ihrer Anschlüsse und nach ihrer räumlichen Ausdehnung unter die Ausnahmebestimmung des § 17 Abs 3 Z 2 UrhG falle. Die Übermittlung des empfangenen Rundfunk-Signals von der Antenne in die einzelnen Hotelzimmer gelte daher nicht als neue Rundfunksendung. Die Ausnahme für Gemeinschaftsantennenanlagen sei sowohl mit der Berner Übereinkunft als auch mit dem TRIPS-Abkommen vereinbar. Der Sachverhalt falle auch nicht unter den Tatbestand einer öffentlichen Aufführung nach § 18 Abs 3 UrhG (Benutzung einer Rundfunksendung zu einer öffentlichen Wiedergabe des gesendeten Werks mittels technischer Einrichtungen). Für die Öffentlichkeit der Wiedergabe nach § 18 UrhG sei maßgebend, welchem Hörer- und Seherkreis das Werk wahrnehmbar gemacht werde und ob das Sendeentgelt die Werkvermittlung an diesen Kreis decke. Das Sendeentgelt für Satellitensendungen berücksichtige (auch) die Zahl der potentiellen Hörer und Seher in den Empfangsstaaten. Werden Satellitensendungen Hotelgästen wahrnehmbar gemacht, so erreichten sie jedenfalls zum Teil Personen, die den Empfangsstaaten angehörten und daher zu dem bei der Bemessung des Sendeentgelts jedenfalls berücksichtigten potentiellen Hörer- und Seherkreis gehörten; zum Teil aber auch aus anderen Staaten stammende Personen, die diesem Kreis nicht angehören. Auch diesen Personen wäre es aber möglich, in den Empfangsstaaten in einer Privatwohnung Rundfunksendungen zu empfangen, ohne dass sich das Sendeentgelt dadurch in irgendeiner Weise erhöhte. Als potentieller Hörer- und Seherkreis müsse daher jener Personenkreis verstanden werden, der sich in den Empfangsstaaten, sei es dauernd oder vorübergehend, aufhalte. Die Abgrenzung nach dem Sendeentgelt allein lasse aber außer acht, dass zwischen Sendung und Werkempfang im Hotel (anders als beim Rundfunkempfang in der Privatwohnung) das Handeln eines Dritten trete. Die Gäste der Beklagten könnten die Satellitensendungen zwar auch in - in den Empfangsstaaten gelegenen - Privatwohnungen empfangen; im Hotel seien sie dazu aber nur in der Lage, weil die Beklagte ihr Hotel mit einer Parabolantenne versehen und mit Fernsehgeräten ausgestattet habe. Zwischen dem Rundfunkempfang im Hotelzimmer und dem in Gemeinschaftsräumen bestehe insofern ein Unterschied, als die Beklagte im Hotelzimmer nur die Einrichtungen zur Verfügung stelle, es aber dem einzelnen Hotelgast überlasse, ob er davon auch Gebrauch mache. Würden hingegen Rundfunksendungen in Gemeinschaftsräumen wiedergegeben, sei die Wiedergabe grundsätzlich davon unabhängig, ob der einzelne die Wiedergabe auch wünsche. Er entscheide nicht über die Wiedergabe, sondern - wie auch bei sonstigen öffentlichen Aufführungen und Vorführungen - nur darüber, ob er daran teilnehme oder nicht. In diesem Sinn sei der Rundfunkempfang in Gemeinschaftsräumen demnach ein durch einen Dritten vermittelter Empfang; insoweit könne von einer „öffentlichen Wiedergabe des gesendeten Werkes“ durch den Hotelier iSd § 18 Abs 3 UrhG gesprochen werden. Der Rundfunkempfang im Hotelzimmer sei hingegen der bestimmungsgemäßen Nutzung von Rundfunksendungen in Privatwohnungen gleich. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass das Fernsehgerät im Hotelzimmer mitgemietet werde, das Fernsehgerät in der Privatwohnung aber im Regelfall auch im privaten Eigentum stehe. Das Urheberrecht werde vom Grundsatz beherrscht, dass dem Urheber im Zweifel ein Beteiligungsrecht zustehe, wenn seine Schöpfung zur Erzielung von Einnahmen verwendet werde. Der Rundfunkempfang im Hotelzimmer bringe dem Hotelier unmittelbar keine Einnahmen; er sei aber einer der Faktoren, die den Zimmerpreis bestimmten. Der - nur mittelbaren - Auswirkung auf die Einkünfte stehe aber die Tatsache gegenüber, dass das Sendeentgelt pauschal bemessen werde und den potentiellen Hörer- und Seherkreis abgelte. Zu diesem Hörer- und Seherkreis gehörten auch die Hotelgäste; ihnen werde im Hotelzimmer nicht eine bestimmte Aufführung geboten, sondern für sie bestehe, nicht anders als in einer Privatwohnung, nur die Möglichkeit, Radio zu hören oder fernzusehen. Die Übereinstimmung mit einer Nutzung, die durch das Sendeentgelt bereits abgegolten sei, wiege schwerer als die mittelbare Auswirkung auf die Einkünfte des Hoteliers. Die Übereinstimmung mit einer bereits abgegoltenen Nutzung rechtfertige auch die unterschiedliche Bewertung, die der Rundfunkempfang im Hotelzimmer und der in allgemein zugänglichen Hotelräumen erfahre. Die Wiedergabe von Rundfunksendungen in allgemein zugänglichen Hotelräumen sei nach einhelliger Auffassung eine öffentliche Aufführung und Vorführung iSd § 18 Abs 1 und 3 UrhG und damit vergütungspflichtig. Der wirtschaftliche Vorteil für den Hotelier möge zwar in beiden Fällen gleich sein; als wesentlicher Unterschied bleibe jedoch, dass die Wiedergabe von Rundfunksendungen außerhalb der Privatsphäre keine bestimmungsgemäße Nutzung sei und der bloßen Bereitstellung der für den Empfang notwendigen Einrichtungen nicht gleichgehalten werden könne.
III. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom , C-306/05 - SGAE/Rafael Hoteles SL
In einem Vorabentscheidungsersuchen, eingereicht von einem spanischen Gericht, hatte der EuGH Art 3 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-RL) auszulegen. Diese Bestimmung lautet:
„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“
In der 23. Begründungserwägung der Richtlinie heißt es:
„Mit dieser Richtlinie sollte das für die öffentliche Wiedergabe geltende Urheberrecht weiter harmonisiert werden. Dieses Recht sollte im weiten Sinne verstanden werden, nämlich dahin gehend, dass es jegliche Wiedergabe an die Öffentlichkeit umfasst, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist. Dieses Recht sollte jegliche entsprechende drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Übertragung oder Weiterverbreitung eines Werks, einschließlich der Rundfunkübertragung, umfassen. Dieses Recht sollte für keine weiteren Handlungen gelten.“
Die Klägerin im dortigen Ausgangsverfahren war die in Spanien mit der Verwaltung der Rechte des geistigen Eigentums beauftragte Einrichtung. Sie vertrat die Ansicht, dass durch den Einsatz von Fernsehapparaten und Geräten zur Verbreitung von Hintergrundmusik in den Hotels der Beklagten Werke des von ihr verwalteten Repertoires öffentlich wiedergegeben worden seien. Sie erhob eine Klage auf Zahlung einer Ausgleichsentschädigung wegen Verletzung der Rechte des geistigen Eigentums an den von ihr verwalteten Werken.
Das Gericht zweiter Instanz legte dem EuGH folgende Fragen vor:
1. Stellt das Aufstellen von Fernsehgeräten, an die das über Satellit oder erdgebundene Systeme empfangene Fernsehsignal per Kabel weitergeleitet wird, in Hotelzimmern eine öffentliche Wiedergabe dar, auf die sich die in Art 3 Info-RL verlangte Harmonisierung der nationalen Vorschriften zum Urheberrechtsschutz erstreckt?
2. Steht es im Widerspruch zu dem in der Info-RL vorgesehenen Schutz des Urheberrechts, wenn das Hotelzimmer als ein rein privater Bereich verstanden und eine Wiedergabe durch Fernsehgeräte, an die das zuvor vom Hotel empfangene Fernsehsignal weitergeleitet wird, nicht mehr als öffentlich angesehen wird?
3. Kann die Wiedergabe, die mittels eines Fernsehgeräts in einem Hotelzimmer erfolgt, im Sinne des in der Info-RL vorgesehenen Urheberrechtsschutzes bei öffentlicher Wiedergabe als öffentlich angesehen werden, weil einer aus aufeinanderfolgenden Gästen bestehenden Öffentlichkeit Zugang zu dem Werk gewährt wird?
Der EuGH hat dazu für Recht erkannt:
1. Zwar stellt die bloße Bereitstellung von Empfangsgeräten als solche keine Wiedergabe im Sinne der Info-RL dar, aber die Verbreitung eines Signals mittels in den Hotelzimmern aufgestellter Fernsehapparate, die ein Hotel für seine Gäste vornimmt, stellt eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art 3 Abs 1 dieser Richtlinie dar; dies gilt unabhängig davon, mit welcher Technik das Signal übertragen wird.
2. Der private Charakter von Hotelzimmern steht dem nicht entgegen, dass es sich bei der dort erfolgten Wiedergabe eines Werks mittels eines Fernsehapparats um eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art 3 Abs 1 Info RL handelt.
In der Begründung stellt der EuGH klar, dass die Info-RL auf jede öffentliche Wiedergabe geschützter Werke anwendbar ist (Rn 30). Die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts und der Gleichheitssatz verlangen, dass die Begriffe einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die für die Ermittlung ihres Sinnes und ihrer Tragweite nicht ausdrücklich auf das Recht der Mitgliedstaaten verweist, in der Regel in der gesamten Gemeinschaft autonom und einheitlich auszulegen sind. Die österreichische Regierung kann daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass es Sache der Mitgliedstaaten sei, den in der Info-RL verwendeten, dort aber nicht definierten Begriff „öffentlich“ zu definieren (Rn 31). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bedeutet „öffentlich“ im Rahmen dieses Begriffs eine unbestimmte Zahl möglicher Fernsehzuschauer (Rn 37). In einem Kontext wie dem des Ausgangsverfahrens ist ein umfassender Ansatz geboten, bei dem zum einen nicht nur die Gäste zu berücksichtigen sind, die in den Hotelzimmern wohnen, sondern auch die in den Vorlagefragen nicht ausdrücklich genannten Gäste, die sich in anderen Räumen des Hotels aufhalten und denen ein dort aufgestellter Fernsehapparat zur Verfügung steht. Zum anderen ist der Umstand zu berücksichtigen, dass Hotelgäste gewöhnlich rasch aufeinanderfolgen. Im Allgemeinen geht es um recht viele Personen, so dass diese angesichts des Hauptziels der Info RL, ein hohes Schutzniveau für die Urheber zu erreichen und diesen damit die Möglichkeit zu geben, ua bei einer öffentlichen Wiedergabe für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung zu erhalten, als Öffentlichkeit anzusehen sind (Rn 38). In Anbetracht der kumulativen Wirkungen, die sich daraus ergeben, dass die Werke diesen potenziellen Fernsehzuschauern zugänglich gemacht werden, kann dies in einem solchen Kontext eine erhebliche Bedeutung erlangen. Kaum von Belang ist folglich, dass die Bewohner der Zimmer die alleinigen Adressaten und als Einzelne für das Hotel nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung sind (Rz 39). Zudem erfolgt eine Wiedergabe unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens gemäß Art 11 bis Abs 1 Ziffer 2 der Berner Übereinkunft durch eine weiterverbreitende Sendeanstalt, die sich von der ursprünglichen Sendeanstalt unterscheidet. Eine solche Verbreitung erfolgt also für ein neues, dh anderes Publikum als das der ursprünglichen Wiedergabe des Werks (Rn 40). Die Gäste eines Hotels bilden ein neues Publikum im Sinne des WIPO Leitfadens zur Berner Übereinkunft. Die Verbreitung des ausgestrahlten Werks an diese Gäste über Fernsehapparate ist nicht nur ein bloßes technisches Mittel zur Gewährleistung oder Verbesserung des Empfangs der ursprünglichen Sendung in ihrem Sendebereich. Vielmehr wird das Hotel als Einrichtung tätig, die in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens ihren Gästen Zugang zu den geschützten Werken verschafft. Ohne das Tätigwerden des Hotels könnten seine Gäste das geschützte Werk nicht genießen, obwohl sie sich im Sendegebiet aufhalten (Rn 42). Gemäß Art 3 Abs 1 Info-RL und Art 8 WIPO Urheberrechtsvertrag umfasst das Recht zur öffentlichen Wiedergabe auch das öffentliche Zugänglichmachen der Werke in der Weise, dass sie den Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind. Dieses Recht des öffentlichen Zugänglichmachens und damit auch der öffentlichen Wiedergabe liefe offensichtlich leer, wenn es nicht auch die Wiedergabe an privaten Orten umfasste (Rn 51).
IV. Ausgangsverfahren
Die Klägerin begehrt, die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin über die durch ihre Hotelweiterleitungsanlage in die Gästezimmer des von ihr betriebenen „Thermenhotels *****“ verteilten Hörfunk- und Fernsehrundfunkprogramme binnen 14 Tagen Rechnung zu legen bzw Auskunft zu erteilen, und zwar für den Zeitraum ab , über die jeweils seither weitergeleiteten Programme, die Zahl der angeschlossenen Gästezimmer mit entsprechenden Empfangseinrichtungen für Hör- und Fernsehrundfunk, sowie das von ihr hierfür allenfalls eingehobene Entgelt und dessen Höhe. Durch den mit erfolgten Beitritt der Europäischen Gemeinschaft zum WIPO-Urheberrechtsvertrag vom , durch das Inkrafttreten der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft 2001/29/EG - Info-RL, die zu einer Novellierung des UrhG geführt hat (BGBl I Nr 32/2003), und durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom , C-306/05, zu einem vergleichbaren Sachverhalt habe sich die Rechtslage gegenüber der Vorentscheidung geändert. Die Beklagte verletze die von der Klägerin wahrgenommenen Verwertungsrechte, indem sie ohne Vergütung Hörfunk- und Fernsehprogramme terrestrisch und per Satellit empfange und nach einer internen Aufbereitung an ihre Hotelzimmer weiterleite, wo diese von den Hotelgästen abgerufen werden könnten. Für diese Ansicht spreche insbesondere die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-306/05. Im Lichte des Gemeinschaftsrechts sei § 18 Abs 3 UrhG nunmehr nach neuer Rechtslage in richtlinienkonformer Interpretation so auszulegen, dass das Verhalten der Beklagten den dort normierten Tatbestand erfülle.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Rechtslage habe sich seit der Entscheidung im Vorprozess nicht verändert, weil trotz Inkrafttretens der Info-RL die hier maßgeblichen Bestimmungen (§§ 17 Abs 3 Z 2, 18 Abs 3 UrhG) nicht geändert worden seien. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-306/05 betreffe einen anderen Sachverhalt, nämlich eine Gesamtbetrachtung aller Gäste eines Hotels (also auch jener in allgemein zugänglichen Aufenthaltsräumen), während es hier nur um den Rundfunkempfang im Hotelzimmer gehe. Die Info-RL harmonisiere nach ihrem Erwägungsgrund 23 nur solche Formen der öffentlichen Wiedergabe, die ein Distanzelement aufwiesen; sie regle nämlich nur eine Wiedergabe an die Öffentlichkeit, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nehme, nicht anwesend sei. Der inländische Gesetzgeber habe deshalb zwar einen Regelungsbedarf durch Einfügung des § 18a UrhG (Zurverfügungsstellungsrecht) gesehen, die bestehenden Regelungen des Aufführungsrechts in § 18 UrhG hingegen unberührt gelassen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Zwar seien die anzuwendenden Bestimmungen (§§ 17, 18 UrhG) seit der Entscheidung im Vorprozess unverändert geblieben, doch sei eine vom Vorprozess abweichende rechtliche Beurteilung möglich, weil eine formelle Präjudizwirkung höchstrichterlicher Entscheidungen nicht bestehe. Eine solche Entscheidung könne den ursprünglichen Gesetzestext weder authentisch auslegen, noch sei sie weiter anzuwenden, wenn sich aufgrund anderer Umstände, etwa einer europäischen Gesetzgebung, das Auslegungsergebnis so verändere, dass es mit der früheren Rechtsprechung nicht mehr vereinbar sei. Zwar bewirke die Info-RL nur eine Teilharmonisierung, indem sie sich auf bestimmte Aspekte der drahtgebundenen oder drahtlosen öffentlichen Wiedergabe beschränke, die ein gewisses Distanzelement aufwiesen, doch bewirke die Sendeweiterleitungsanlage der Beklagten eine öffentliche Wiedergabe, die unter Art 3 der Info-RL falle, weil die öffentliche Wiedergabe ihren Ursprung nicht in den Hotelzimmern habe, sondern vom Ort der ursprünglichen Produktion oder dem Ort des Antennenempfangs ausgehe. Das Distanzelement sei damit gegeben. Der Sachverhalt des an den EuGH herangetragenen Vorabentscheidungsverfahrens weiche vom hier zu beurteilenden nur unwesentlich ab. Ziel der Vorlagefragen sei die Klärung gewesen, ob eine Weiterleitung von Rundfunkprogrammen in Hotelzimmer unter Art 3 Info-RL falle. Durch die Entscheidung des EuGH C-306/05 sei nunmehr klargestellt, dass eine solche Weiterverbreitung, wie sie auch durch die Beklagte vorgenommen werde, eine öffentliche Wiedergabe im Sinne der Info-RL sei. Nach Inkrafttreten der Info-RL seien die §§ 17, 18 UrhG von der Harmonisierungswirkung der Info-RL soweit erfasst, als dies zur Umsetzung des Rechts des Art 3 Abs 1 Info-RL notwendig sei, und nunmehr richtlinienkonform zu interpretieren. Die vom Obersten Gerichtshof in der Vorentscheidung getroffene Unterscheidung zwischen öffentlichen Gemeinschaftsräumen und privaten Hotelzimmern könne nicht aufrecht erhalten werden. Die Weiterleitungsanlage der Beklagten sei vielmehr nun als ein eine Vergütungspflicht auslösender Eingriff in die ausschließlichen Rechte der Urheber anzusehen. Dieses Ergebnis könne zum einen durch eine einschränkende Interpretation von „Gemeinschaftsantennenanlage“ iSd § 17 Abs 3 Z 2 UrhG auf solche Anlagen erreicht werden, die keinem Erwerbszweck dienten und bei denen die Benützer zugleich auch deren Organisator (etwa über eine Hausverwaltung) seien; zum anderen könne der Begriff der „Öffentlichkeit“ in § 18 Abs 3 UrhG dahin ausgelegt werden, dass auch der hier in Frage stehende Vorgang der Signalweiterleitung in ein Hotelzimmer darunter falle. Beide Interpretationen stünden in keinem Widerspruch zum Gesetz, weil sie dieses nach dem weitestmöglichen Wortsinn auslegten.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision im Hinblick auf das Abgehen von der Entscheidung 4 Ob 146/98v zulässig sei. Die Änderung der Rechtslage könne einen neuen Anspruch ab dem Zeitpunkt ihrer Wirksamkeit gewähren, erfasse aber niemals die vor ihrer Wirksamkeit liegenden Zeitabschnitte. Das vorliegende Rechnungslegungsbegehren erfasse andere Zeitabschnitte als jene des Vorprozesses, darüber hinaus auch Radioprogramme, während Gegenstand des Vorverfahrens nur Fernsehprogramme gewesen seien. Auch Urteile des EuGH bewirkten eine Änderung der Rechtslage. Die Rechtskraft der Vorentscheidung stehe daher dem nunmehr geltend gemachten Anspruch nicht entgegen. Nach dem im Gemeinschaftsrecht unbestrittenen Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung seien nationale Normen im Zweifel im Sinne jener verbindlichen Vorgaben zu verstehen, die der Gemeinschaftsgesetzgeber den Mitgliedstaaten gemacht habe. Das nach Art 3 Abs 1 Info-RL den Urhebern zustehende ausschließliche Verfügungsrecht über die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke setze ein Distanzelement voraus, das im Fall der Weiterleitung von Rundfunksendungen in Hotelzimmer vorliege. Falle ein Sachverhalt, der ein Distanzelement enthalte, unter das innerstaatliche Aufführungs-, Vortrag- und Vorführungsrecht, sei der dort enthaltene Öffentlichkeitsbegriff richtlinienkonform auszulegen. Im Sinne eines umfassenden Schutzes der Urheber bei Erfüllung des Distanzelements auch im Rahmen des § 18 UrhG sei davon auszugehen, dass der von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit dem Begriff der Öffentlichkeit bisher verfolgte Ansatz der „bestimmungsgemäßen Nutzung“, bei deren Vorliegen keine Zweitverwertung einer Rundfunksendung erfolge, nicht weiter zielführend sei. Zu folgen sei der Auffassung des EuGH, wonach der Personenkreis, der in Hotelzimmern in den Genuss dorthin weitergeleiteter Werke gelange, mit dem Sendeentgelt nicht abgedeckt sei, und eine Verbreitung ausgestrahlter Werke durch ein Hotel mittels Weiterleitung in die Hotelzimmer durch eine weiterverbreitende Sendeanstalt erfolge, die sich von der ursprünglichen Sendeanstalt unterscheide. Eine solche Wiedergabe erfolge für ein neues, dh anderes Publikum als das der ursprünglichen Wiedergabe des Werks. Der Einwand der Beklagten, der Entscheidung des EuGH liege ein anderer Sachverhalt als im Anlassfall zu Grunde, sei unzutreffend. Die Vorlagefragen hätten sich ausdrücklich auf den Einsatz von in Hotelzimmern aufgestellten Fernsehapparaten bezogen, während solche in Gemeinschaftsräumen nicht genannt würden. Gegenstand der Entscheidung in ihrem Kern sei demnach die Weiterleitung des Signals in die einzelnen Hotelzimmer. Der EuGH habe auch ausgeführt, dass der Umstand zu berücksichtigen sei, dass Hotelgäste gewöhnlich rasch aufeinander folgten; das allein gelte aber schon für die Zimmergäste. Zu bedenken sei auch, dass im dem Vorlageverfahren zu Grunde liegenden Gerichtsverfahren ein Begehren auf Zahlung einer Ausgleichsentschädigung geltend gemacht worden sei, deren Höhe vom Ausmaß der öffentlichen Wiedergabe abhänge; wären allein die Gemeinschaftsanlagen maßgeblich, hätte dies einen ausschlaggebenden Einfluss auf die Höhe der Entschädigungszahlung.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Beklagte macht geltend, die Info-RL habe das Aufführungsrecht ohne Distanzelement nicht harmonisiert. Das Berufungsgericht habe bei seiner Auslegung des § 18 UrhG die Grenzen zulässiger richtlinienkonformer Interpretation überschritten und den Willen des nationalen Gesetzgebers konterkariert, der bei Umsetzung der Info-RL die genannte Bestimmung unverändert gelassen habe und die Nutzung von Rundfunksendungen weiterhin unter das Regime des § 17 UrhG stellen habe wollen. Beim hier zu beurteilenden Sachverhalt fehle ein Distanzelement, weshalb die Grundsätze der Vorentscheidung auch im Anlassfall weiterhin Anwendung fänden; der Ausnahmetatbestand des § 17 Abs 3 UrhG liege vor. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C-306/05 betreffe einen anderen Sachverhalt, sei deshalb nicht präjudiziell und erfordere kein Abgehen von der Vorentscheidung. Diese Ausführungen überzeugen nicht.
1.1. Die nationalen Gerichte haben nationales Recht bei seiner Anwendung im Lichte des Wortlauts und des Zwecks einer Richtlinie auszulegen (RIS-Justiz RS0112669 [T1]).
1.2. Richtlinienkonforme Interpretation kommt jedoch nur zur Anwendung, wenn das nationale Recht dem Rechtsanwender einen Spielraum einräumt. Sie wird durch die nationalen Auslegungsregeln begrenzt. Einer nach Wortlaut und Sinn eindeutigen nationalen Regelung darf im Wege der richtlinienkonformen Interpretation kein entgegengesetzter Sinn verliehen werden (6 Ob 167/00b = SZ 73/131 mwN). Richtlinienkonforme Interpretation darf den normativen Gehalt der nationalen Regelung nicht grundlegend neu bestimmen (RIS-Justiz RS0114158 [T1]).
1.3. Die Pflicht zu richtlinienkonformer Auslegung beschränkt sich nicht allein auf Vorschriften, welche zur Umsetzung einer Richtlinie erlassen worden sind; sie erstreckt sich vielmehr auf den gesamten (auch bisherigen, früheren) Rechtsbestand des Mitgliedstaats (7 Ob 246/99y = SZ 72/170).
2.1. Die Info-RL harmonisiert ua das Recht der öffentlichen Wiedergabe auf Distanz. Dies kommt sowohl in Erwägungsgrund 23 der Richtlinie („Öffentlichkeit [...], die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend ist“), als auch in ihrem Art 3 Abs 1 (Wiedergabe für Mitglieder der Öffentlichkeit „von Orten […] ihrer Wahl“) unzweifelhaft zum Ausdruck. Die Richtlinie setzt demnach zwar einen europarechtlich einheitlichen Öffentlichkeitsbegriff voraus (EuGH C-306/05 Rz 31), diese Regelung ist jedoch nur auf Sachverhalte mit einem vorliegenden Distanzelement anwendbar (4 Ob 131/08f).
2.2. Dieses Verständnis hat auch der nationale Gesetzgeber seiner Umsetzung der Info-RL durch die UrhG Nov 2003 zugrunde gelegt (RV allgemeiner Teil, abgedruckt bei Wiedenbauer , UrhG 2003, 163: „Die Richtlinie harmonisiert […] das Recht der öffentlichen Wiedergabe auf Distanz“) und Anpassungsbedarf im Bereich der Verwertungsrechte „insbesondere hinsichtlich der Einführung eines Rechts der interaktiven Zurverfügungstellung“ (aaO 164) gesehen. Es sind jedoch - wie zuvor unter Punkt 1.3. ausgeführt - auch die von der Anpassung unberührt gebliebenen Bestimmungen des UrhG, insbesondere § 18 Abs 3 UrhG betreffend die öffentliche Wiedergabe eines gesendeten Werks, richtlinienkonform auszulegen.
3.1. Der Oberste Gerichtshof hat auch in Rechtssachen, in denen er nicht unmittelbar Anlassfallgericht ist, von einer allgemeinen Wirkung der Vorabentscheidung des EuGH auszugehen und diese seinen Entscheidungen zugrundezulegen. Die Entscheidungen des EuGH schaffen nämlich objektives Recht und entfalten über den Ausgangsrechtsstreit hinaus eine rechtliche Bindungswirkung dahin, dass alle Gerichte der Mitgliedstaaten die vom EuGH vorgenommene Auslegung zu beachten haben (4 Ob 70/02a mwN; RIS-Justiz RS0111726 [T1], RS0110582 [T3]).
3.2. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache C 306/05 legt den in Art 3 Abs 1 Info-RL verwendeten Begriff „öffentliche Wiedergabe“ verbindlich dahin aus, dass auch die Verbreitung eines Signals mittels in Hotelzimmern aufgestellter Fernsehapparate, die ein Hotel für seine Gäste vornimmt, darunter fällt, und zwar unabhängig davon, mit welcher Technik das Signal übertragen wird. Das für die Anwendung der Richtlinie erforderliche Distanzelement ist nach dieser Entscheidung gegeben, weil die Wiedergabe unter den gegebenen Umständen durch eine weiterverbreitende Sendeanstalt erfolgt, die sich von der ursprünglichen Sendeanstalt unterscheidet.
3.3. Ein identer Sachverhalt ist auch im Anlassfall zu beurteilen, weshalb dieses Urteil für die Auslegung von § 18 Abs 3 UrhG zu beachten ist.
3.4. Die gegenteilige Auffassung von Hoeren (in FS Loewenstein, Der urheberrechtliche Begriff der öffentlichen Wiedergabe in Österreich am Beispiel des Hotelfernsehens, 138 ff, 143 f) verkennt, dass der EuGH zwar auch die in Gemeinschaftsräumen des Hotels aufgestellten Fernsehapparate in seine Beurteilung mit einbezogen hat, was aber angesichts der allein auf Fernsehapparate in den Hotelzimmern abstellenden Vorlagefragen und deren Beantwortung noch nicht den Umkehrschluss zulässt, der Gerichtshof habe der Wiedergabe in den einzelnen Hotelzimmern keine oder nur untergeordnete Bedeutung zugemessen.
3.5. Wenn das angesprochene Urteil des EuGH auch auf heftige Kritik gestoßen ist (vgl etwa Dittrich in ÖBl 2007, 93, der in einer Entscheidungsglosse von einem „schwarzen Tag“ für die Weiterentwicklung des Urheberrechts der EU spricht), ändert dies daher nichts daran, dass damit die Frage, ob die Weiterleitung von Rundfunksendungen durch den Hotelier in die Zimmer seines Hotels eine öffentliche Wiedergabe dieser Rundfunksendungen und damit eine urheberrechtspflichtige Zweitverwertung ist, für nationale Gerichte verbindlich bejaht worden ist.
4.1. Damit ist aber die Vorentscheidung des Senats endgültig überholt (so auch Mahr , Die öffentliche Wiedergabe von Rundfunksendungen im Hotelzimmer, MR 2006, 372, 378). Legt man nämlich § 18 Abs 3 UrhG nunmehr richtlinienkonform im Sinne der vom EuGH gewonnenen Vorstellung vom Begriff der öffentlichen Wiedergabe eines gesendeten Werks aus, fällt der hier zu beurteilende Sachverhalt unter den dort normierten Tatbestand (aA noch vor dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C 06/05 - Auer , Thermenhotel und Informationsgesellschaft, RfR 2000, 85 ff).
4.2. Diesem Auslegungsergebnis stehen weder Wortlaut noch Sinn der einschlägigen nationalen Regelungen entgegen. Es wird nämlich weder der normative Gehalt von § 17 Abs 3 UrhG neu bestimmt, wenn die Weiterleitung von Rundfunksendungen durch den Hotelier in die Zimmer seines Hotels nicht unter diesen Ausnahmetatbestand des Senderechts fällt, noch wird damit dem Öffentlichkeitsbegriff des § 18 UrhG ein seinem Wortlaut und seiner Absicht entgegengesetzter Sinn verliehen, zumal nach der Rechtsprechung in Grenzfällen immer nur nach den Umständen des Falls unter Berücksichtigung der Zahl der Teilnehmer, des Ausmaßes der persönlichen Beziehungen zwischen ihnen untereinander oder zwischen ihnen und dem Veranstalter und auch des Zwecks des Zusammenkommens beurteilt werden kann, ob eine Veranstaltung privat oder öffentlich iSd § 18 UrhG ist (RIS-Justiz RS0077576), und zur Öffentlichkeit jeder gehört, der nicht mit demjenigen, der ein Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist (4 Ob 131/08f = RIS Justiz RS0077202 [T12]).
5. Zusammenfassend gilt: Die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (Info-RL) setzt einen europarechtlich einheitlichen Öffentlichkeitsbegriff voraus. Sie ist nur auf Sachverhalte mit einem vorliegenden Distanzelement anwendbar. Die Verbreitung einer Rundfunksendung mittels in Hotelzimmern aufgestellter Fernsehapparate, die ein Hotel für seine Gäste vornimmt, fällt unabhängig davon, mit welcher Technik das Signal übertragen wird, unter den Begriff „öffentliche Wiedergabe“ gemäß Art 3 Abs 1 Info-RL, § 18 Abs 3 UrhG.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.