OGH vom 17.07.1997, 6Ob193/97v
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichtes Feldkirch zu FN 154904a eingetragenen I ***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in F*****, wegen Eintragung eines Bilanzstichtages im Firmenbuch, infolge ordentlichen Revisionsrekurses der Gesellschaft, vertreten durch die Geschäftsführer 1. Ing.Peter T 2. Mag.Christian S*****, beide vertreten durch Dr.E.Michel, öffentlicher Notar, Rathausstraße 13, 6900 Bregenz, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 81/97d (FN 154904a)-11, womit dem Rekurs der beiden Geschäftsführer gegen den Beschluß des Landes- als Handelsgerichtes Feldkirch vom , GZ FN 154904a-8, nicht Folge gegeben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Einzige Gesellschafterin der I ***** Gesellschaft mbH ist die I. ***** Gesellschaft mbH mit dem Sitz in Lauterach, die mit Notariatsakt vom die Erklärung zur Gründung der erstgenannten Gesellschaft abgegeben hatte. Unter Vorlage der Satzung der neuen Gesellschaft beantragten die beiden kollektiv vertretungsbefugten Geschäftsführer die Eintragung der Gesellschaft mbH im Firmenbuch. In der Satzung fehlt eine Bestimmung über das Geschäftsjahr und den Bilanzstichtag. Das Firmenbuchgericht bewilligte die Eintragung, die am vollzogen wurde. Im Eintragungsgesuch war als Bilanzstichtag für den Jahresabschluß der 31.12. angegeben. Dieser Bilanzstichtag wurde im Firmenbuch jedoch nicht eingetragen.
Mit der am beim Firmenbuchgericht eingelangten Eingabe teilten die beiden Geschäftsführer der neu eingetragenen Gesellschaft mit, daß in Abänderung des Eintragungsgesuches der Bilanzstichtag für den Jahresabschluß der sei und wiesen darauf hin, daß die Eintragung des Bilanzstichtages im Firmenbuch bisher noch nicht erfolgt sei. Das Erstgericht teilte den Einschreitern mit, daß für die Eintragung des vom Kalenderjahr abweichenden Bilanzstichtages die Vorlage eines entsprechend ergänzten notariellen Generalversammlungsprotokolls erforderlich sei. Die Geschäftsführer ersuchten mit dem am beim Erstgericht eingelangten Antrag, den Bilanzstichtag () einzutragen. Es fehle an einer gesetzlichen Grundlage für die Meinung, daß ein vom Kalenderjahr abweichender Bilanzstichtag im Gesellschaftsvertrag festgelegt sein müsse.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung des Bilanzstichtages
31.3. in das Firmenbuch ab. Gemäß § 5 Z 3 FBG sei der Abschlußstichtag der Gesellschaft mbH in das Firmenbuch einzutragen. Ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr müsse im Gesellschaftsvertrag verankert sein. Auch die Verlegung des Geschäftsjahres bedeute eine Änderung des Gesellschaftsvertrages.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden Geschäftsführer nicht Folge. Es treffe zwar zu, daß das Geschäftsjahr einer Gesellschaft mbH auch nach der Änderung des GmbHG durch das EU-GesRÄG weiterhin nicht zwingender Inhalt eines Gesellschaftsvertrages sei. Das Geschäftsjahr gehöre jedoch zu den wesentlichen Belangen der Organisation der Gesellschaft und obliege der Festlegung durch die Gesellschafter und nicht durch die Geschäftsführer der Gesellschaft. In zeitlicher Hinsicht seien die Gesellschafter bei der Festlegung des Geschäftsjahres frei. Wenn der Gesellschaftsvertrag keine Regelung enthalte, gelte das Kalenderjahr als Geschäftsjahr. Hier enthalte der Gründungsvertrag keine ausdrückliche Festlegung des Geschäftsjahres, sodaß davon auszugehen sei, daß zunächst das Kalenderjahr als Geschäftsjahr gelten sollte. Die Geschäftsführer hätten auch im Anmeldungsgesuch als Bilanzstichtag den 31.12. angegeben. Auch wenn dies nicht im Firmenbuch eingetragen worden sei, sei der nunmehrige Antrag, einen vom 31.12. abweichenden Bilanzstichtag im Firmenbuch einzutragen, den Regeln über die Änderung des Gesellschaftsvertrages zu unterstellen (§ 51 GmbHG). Da die Geschäftsführer dem Verbesserungsauftrag (zur Vorlage eines Gesellschafterbeschlusses) nicht nachgekommen seien, habe das Erstgericht den Antrag zu Recht abgewiesen.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung sowohl zur Frage der Zuständigkeit der Festlegung des Geschäftsjahres einer Gesellschaft mbH als auch zur Frage, ob eine Änderung des Geschäftsjahres einer förmlichen Änderung des Gesellschaftsvertrages bedürfe. Schließlich sei auch klärungsbedürftig, ob ein im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mbH festgelegter Bilanzstichtag im Firmenbuch einzutragen sei oder ob es genüge, nur den Bilanzstichtag des jeweils zuletzt eingereichten Jahresabschlusses einzutragen.
Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragen die beiden Geschäftsführer in dieser Eigenschaft, also namens der Gesellschaft, die Abänderung dahin, daß der beantragte Bilanzstichtag 31.3. im Firmenbuch eingetragen werde; hilfsweise wird beantragt, zu "erkennen, daß weder der 31.3. noch der 31.12. als Bilanzstichtag einzutragen ist, sondern nur der Bilanzstichtag des jeweils zuletzt eingereichten Jahresabschlusses".
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.
Vorweg ist zu bemerken, daß die Geschäftsführer im Rekursverfahren gegen den erstinstanzlichen Beschluß im eigenen Namen die Abweisung des Eintragungsgesuches bekämpfen durften (SZ 52/41; 6 Ob 17/91). Nunmehr schreiten sie namens der Gesellschaft ein. Im Revisionsrekurs ist daher der Rekurs der Gesellschaft zu behandeln.
Die Rekurswerberin bekämpft nicht die Rechtsansicht, daß auch nach der Neuregelung infolge des EU-GesRÄG BGBl 1996/304 davon auszugehen ist, daß mangels Regelung im Gesellschaftsvertrag das Kalenderjahr als Geschäftsjahr gilt. Sie verweist aber auf die Möglichkeit, daß die Gesellschafter mit Zustimmung der Finanzbehörde (§ 7 Abs 5 KStG) eine andere Regelung des Geschäftsjahres vereinbaren können. Nach Steuerrecht (auch nach dem EStG) sei ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr möglich. Das GmbHG schreibe weiterhin nicht vor, daß in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung über das Geschäftsjahr aufzunehmen sei. Ein vom Kalenderjahr abweichender Bilanzstichtag sei auch ohne Satzungsbestimmung eintragungsfähig. Unzulässig sei lediglich eine Änderung der Eintragung des Bilanzstichtages mit Rückwirkung. Eine solche Rückwirkung werde hier aber nicht begehrt. Eine Gläubigergefährdung könne daher nicht eintreten. Nach § 5 Z 3 FBG idgF seien bei einer Gesellschaft mbH der Tag der Einreichung des Jahresabschlusses sowie deren Abschlußstichtag einzutragen. Nach dem Wortlaut dieser Gesetzesstelle sei nicht ein im Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mbH festgelegter Bilanzstichtag im Firmenbuch einzutragen, sondern nur der Bilanzstichtag des jeweils zuletzt eingereichten Jahresabschlusses. Es unterliege daher der freien Parteiendisposition, die Eintragung eines Geschäftsjahres abweichend vom Kalenderjahr zu beantragen. Das GmbHG sehe nicht vor, daß dies nur bei einer entsprechenden Satzungsbestimmung möglich sei. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen führe zu einem erheblichen Mehraufwand an Kosten.
Dazu ist zu sagen:
Gemäß § 5 Z 3 FBG idF des EU-GesRÄG ist bei einer Gesellschaft mbH der Tag der Einreichung des Jahresabschlusses und des Konzernabschlusses (§§ 277 bis 280 HGB) sowie deren Abschlußstichtag einzutragen. Diese Bestimmung ist nach Art XVII Abs 2 EU-GesRÄG auf nach dem beginnende Geschäftsjahre einer Gesellschaft mbH anzuwenden. Im Gesetz ist nicht normiert, daß der Bilanzstichtag unabhängig von der Einreichung des Jahresabschlusses zur Eintragung im Firmenbuch anzumelden wäre. Der Bilanzstichtag ist wesentlich für die Festlegung des Geschäftsjahres. Dieses darf die Dauer von 12 Monaten nicht überschreiten (§ 193 Abs 3 HGB). Das Gesetz fordert auch nicht die Festlegung des Geschäftsjahres schon in der Satzung der Gesellschaft. Das Geschäftsjahr ist jedoch - wie das Rekursgericht richtig erkannte - eine wichtige Organisationsregelung, an die sich zahlreiche, für die Gesellschafter und Gläubiger gleichermaßen bedeutsame Rechtsfolgen knüpfen. Die Fixierung des Geschäftsjahres durch Eintragung des Bilanzstichtages im Firmenbuch schon vor der ersten Einreichung des Jahresabschlusses wird zwar vom Gesetz ebenfalls nicht gefordert, kann aber als durchaus zweckmäßig und keinesfalls unzulässig angesehen werden. Entscheidungswesentlich ist, ob die Geschäftsführer der Gesellschaft berechtigt sind, einen Bilanzstichtag, über den die Satzung nichts aussagt, ohne Vorlage eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses zur Eintragung im Firmenbuch anzumelden, wenn dieser Bilanzstichtag ein Geschäftsjahr der Gesellschaft zur Folge hat, das mit dem Kalenderjahr nicht übereinstimmt. Dies ist zu verneinen. Die Festlegung des Geschäftsjahres einer Gesellschaft mbH obliegt nach völlig übereinstimmender Lehre sowohl in Österreich als auch (bei ähnlicher Rechtslage) in Deutschland den Gesellschaftern. Bilanzstichtag und Geschäftsjahr sind nicht notwendiger, aber sicherlich fakultativer Bestandteil der Satzung (§ 4 GmbHG). Bei Fehlen einer satzungsmäßigen Regelung gilt der in der Lehre vertretene und in der gerichtlichen Praxis angewandte Grundsatz, daß sich das Geschäftsjahr nach dem Kalenderjahr richtet (Koppensteiner, GmbHG Rz 17 zu § 4; Reich-Rohrwig, GmbHR2 Rz 1/496 mwN aus der deutschen und österreichischen Lehre). Dies kann mit der Auslegung des Gesellschafterwillens nach dem hypothetischen Parteiwillen begründet werden. Es gehört zu den Aufgaben der Gesellschafter, das Geschäftsjahr festzulegen. Folgerichtig wird die Änderung eines einmal fixierten Geschäftsjahres nach völlig übereinstimmender Lehre als Satzungsänderung aufgefaßt (Reich-Rohrwig aaO Rz 1/502; Nowotny in Straube, HGB Rechnungslegung Rz 12 zu § 193; Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd 3 Rz 43 zu § 59; Lutter/Hommelhoff, GmbHG14 Rz 8 zu § 54; Hachenburg, GmbHG8 Rz 18 zu § 29). Dem folgt die überwiegende Rechtsprechung der österreichischen Gerichte zweiter Instanz (OLG Linz in NZ 1989, 251 und WBl 1988, 307; OLG Wien in NZ 1991, 133; OLG Innsbruck in NZ 1989, 73). Auch der erkennende Senat hatte in seiner Entscheidung vom , 6 Ob 24/94 (Leitsatz veröffentlicht in WBl 1995, 510) eine auf einer Änderung des Gesellschaftsvertrages beruhende Umstellung des Geschäftsjahres zu beurteilen und ging dabei von einer Zuständigkeit der Gesellschafter (der Generalversammlung) aus. Daß die Festlegung des Bilanzstichtages und damit des Geschäftsjahres in den Aufgabenbereich der Gesellschafter einer Gesellschaft mbH und nicht in den der Geschäftsführer fällt, ergibt sich schon aus den Rechtsfolgen, die an das Geschäftsjahr geknüpft sind, namentlich hängt die Fälligkeit des Gewinnausschüttungsausspruchs der Gesellschafter (§ 82 GmbHG) davon ab. Der Bilanzgewinn ergibt sich aus dem Jahresabschluß. Dieser ist in der Frist des § 193 Abs 2 HGB aufzustellen (§ 277 Abs 1 HGB). Der Fristbeginn hängt vom Bilanzstichtag ab. Den Gesellschaftern (der Generalversammlung) obliegt die Prüfung und Feststellung des Jahresabschlusses (§ 35 Abs 1 Z 1 GmbHG). Jedem einzelnen Gesellschafter ist ohne Verzug nach der Aufstellung des Jahresabschlusses eine Abschrift desselben samt Lagebericht zuzusenden (§ 22 Abs 2 GmbHG). In diese Rechte der einzelnen Gesellschafter sowie der Gesellschafter in ihrer Gesamtheit (Generalversammlung) würde maßgeblich eingegriffen werden, wenn es im Ermessen der Geschäftsführer der Gesellschaft stünde, das Geschäftsjahr festzulegen bzw eine Umstellung des Geschäftsjahres vornehmen zu können. Die Rechte und Pflichten der gesellschaftlichen Organe sind gesetzlich (§ 15 ff GmbHG) und zwingend geregelt. Fragen, die im Gesellschaftsvertrag (der Satzung) oder mit einer Satzungsänderung zu regeln sind, gehören nicht zur Geschäftsführung (vgl zur Rechtslage nach dem AktG SZ 68/144). Auch wenn im Gesetz nicht ausdrücklich normiert ist, welches Organ der Gesellschaft das Geschäftsjahr zu bestimmen hat, ist nach der dargelegten Interessenlage die Generalversammlung als das zuständige Organ anzusehen. Dies entspricht der zitierten Lehre und Rechtsprechung zum Erfordernis einer Satzungsänderung bei einer Umstellung des Geschäftsjahres. Die rekurrierende Gesellschaft kann deswegen auch nicht mit Erfolg ins Treffen führen, daß hier keine rückwirkende Änderung des Wirtschaftsjahres, sondern eine solche vor Ablauf des Rumpfjahres beantragt wurde, was die Rechtsprechung für zulässig erachte, weil Gläubigerinteressen dabei nicht als gefährdet erscheinen. Letztere Ansicht ist nach den im Revisionsrekurs angeführten Lehrmeinungen und der zitierten Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zwar richtig, ändert aber nichts daran, daß der Änderung auch der ersten Fixierung des Geschäftsjahres ein Gesellschafterbeschluß zugrundeliegen muß. Die Eintragung des hiefür maßgeblichen Bilanzstichtages im Firmenbuch ist daher nur bei Nachweis des entsprechenden Gesellschafterbeschlusses möglich. Die im Revisionsrekurs aufgezeigte Möglichkeit, daß die Gesellschafter mit Zustimmung der Finanzbehörde ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr vereinbaren können, ist hier nicht entscheidungswesentlich. Die aufgezeigte Möglichkeit bestätigt nur die Rechtsansicht, daß die Festlegung des Geschäftsjahres jedenfalls zum Aufgabenbereich der Gesellschafter gehört. Die Vorinstanzen haben aus den dargelegten Gründen zutreffend den Sachverhalt den Regeln über die Satzungsänderung unterstellt (§ 51 GmbHG). Mangels urkundlichen Nachweises eines Gesellschafterbeschlusses über den angemeldeten Bilanzstichtag konnte die beantragte Eintragung im Firmenbuch nicht bewilligt werden. Dem Hinweis der Rekurswerberin, daß diese Rechtsauffassung einen erheblichen Kostenaufwand zur Folge hätte, ist zu entgegnen, daß der Frage des Bilanzstichtages und des Geschäftsjahrs einer Gesellschaft mbH erhebliche Bedeutung sowohl für die Gesellschafter als auch für die Gläubiger der Gesellschaft zukommt, die eine gesellschaftsvertragliche Regelung rechtfertigt. Im Fall der Neugründung - wie hier - wäre überdies ein Kostenaufwand ohnehin leicht vermeidbar gewesen, wenn schon in der Satzung der nun begehrte Bilanzstichtag festgelegt worden wäre.