OGH vom 11.11.1959, 5Ob486/59

OGH vom 11.11.1959, 5Ob486/59

Norm

ABGB § 91;

ABGB § 830;

Kopf

SZ 32/147

Spruch

Widmen die Ehegatten ein ihnen gemeinsames Haus dem Zweck der ehelichen Wohnung, dann kann vor Auflösung des Ehebandes oder Verlegung der ehelichen Wohnung an einen anderen Ort nicht die Aufhebung der Gemeinschaft nach § 830 ABGB. begehrt werden.

Entscheidung vom , 5 Ob 486/59.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Die Streitteile sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft F. Nr. 28, EZ. 947 KG. H. In dem Haus wohnt die Beklagte. Die Ehe der Streitteile ist nicht geschieden. Der Kläger ist aus dem Haus ausgezogen. Er wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Urfahr vom , 1 Nc 97/57, der in Rechtskraft erwachsen ist, zur Rückkehr im die eheliche Gemeinschaft aufgefordert. Dieser Aufforderung hat er bisher nicht Folge geleistet.

Das Berufungsgericht wies in Abänderung des Urteiles des Erstgerichtes das Klagebegehren auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft der Streitteile an der Liegenschaft durch gerichtliche Feilbietung unter Zugrundelegung eines Ausrufpreises von 80.000 S ab.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Bestimmung des § 830 ABGB., daß die Aufhebung der Gemeinschaft nicht zur Unzeit und nicht zum Nachteil der übrigen verlangt werden könne, regelt nicht erschöpfend die Gründe, die der Aufhebung der Gemeinschaft entgegenstehen können. Es kommt auf die Quelle an, aus der die Gemeinschaft entstanden ist (3 Ob 33/57). Das einseitige Verlangen auf Aufhebung der Gemeinschaft ist überall dort ausgeschlossen, wo ihm eine ausdrückliche gesetzliche Bestimmung entgegensteht oder wegen des besonderen Rechtsgrundes des Bestandes der Gemeinschaft der Ausschluß des einseitigen Verlangens auf Aufhebung nach dem Gesetz angenommen werden muß. Kraft positiver Gesetzesnorm ausgeschlossen ist die einseitige Aufhebung der Gemeinschaft nach § 9 WEG. und nach Art. IX des Gesetzes RGBl. Nr. 44/1900; der Ausschluß ergibt sich im Falle des Bestandes einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes aus den Bestimmungen der §§ 1175 ff. ABGB. für die Zeit bis zur Auflösung der Gesellschaft (§§ 1205, 1211, 1212 und 1215 ABGB.). Im letztgenannten Fall sind die rechtlichen Beziehungen zwischen den Teilhabern nicht nur durch die Bestimmungen der §§ 825 ff. ABGB. geregelt, sondern sie werden maßgebend bestimmt durch das Band des Gesellschaftsverhältnisses, das die Teilhaber miteinander verbindet und der Eigentumsgemeinschaft ihren besonderen Inhalt gibt. Gleiches muß aber auch gelten, wenn der besondere Inhalt der Eigentumsgemeinschaft durch die familienrechtlichen Beziehungen zwischen den Teilhabern gestaltet wird. Widmen die Ehegatten ein ihnen gemeinsames Haus dem Zweck der ehelichen Wohnung, dann liegt darin die vertragliche Zweckbestimmung des gemeinsamen Hauses für die eheliche Wohnung bis zur Verlegung des ehelichen Wohnsitzes an einen anderen Ort. Es kann daher, solange nicht das Eheband aufgelöst oder die eheliche Wohnung an einen anderen Ort verlegt wurde, der ehelichen Wohnung nicht von einem Ehegatten einseitig dadurch die Grundlage entzogen werden, daß er die Aufhebung der Gemeinschaft nach § 830 ABGB. begehrt. Ein solches unzulässiges Begehren stellt das Klagebegehren auf Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft an dem Grundstück EZ. 947 KG. H. dar. Es ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers selbst, daß die Streitteile auf der Liegenschaft, deren Teilung der Kläger begehrt, den letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten. Sie ist der eheliche Wohnsitz trotz Auszuges des Klägers geblieben. Zwar entscheidet grundsätzlich der Wille des Mannes über die Wahl des ehelichen Wohnsitzes. Er kann ihn aber nur dann ändern, wenn er der Gattin eine andere Ehewohnung anbietet, in welche zu folgen der Gattin zugemutet werden kann. Daß der Kläger dies getan hätte, hat er selbst nicht behauptet. Er hat vielmehr allein und eigenmächtig den ehelichen Wohnsitz verlassen, weshalb ihm vom Außerstreitrichter rechtskräftig die Rückkehr in den ehelichen Wohnsitz aufgetragen wurde. Es kann daher durch die begehrte Teilung der Beklagten der eheliche Wohnsitz nicht entzogen werden. Darauf, ob sie anderweitig eine Unterkunft finden könnte, kommt es dabei gar nicht an; auf die Ausführungen zu den Revisionsgrunden des § 503 Z. 2 und 4 ZPO., die sich mit dieser Frage beschäftigen, war daher nicht einzugehen.