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OGH 22.11.2016, 5Ob120/16g

OGH 22.11.2016, 5Ob120/16g

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers C***** S*****, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 54 R 63/16k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 5684/2016-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mag. Dr. M***** S***** ist zu einem Drittel grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 383, KG *****. Mit Vertrag vom schenkte sie ihren ideellen Miteigentumsanteil dem Antragsteller, der ihr als Geschenknehmer das unwiderrufliche und höchstpersönliche Vorkaufsrecht iSd § 1072f ABGB einräumte.

In Punkt IV. („Vollmacht“) der Schenkungsurkunde beauftragten und bevollmächtigten die Vertragsparteien CHG Czernich Rechtsanwälte, MMag. Dr. Dietmar Czernich, Rechtsanwalt in Innsbruck, mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Vertrags und allen dazu erforderlichen Vertretungshandlungen. Ausdrücklich wurde der Vertragserrichter ermächtigt, Rechtsmittel einzulegen oder auch sonst jede Handlung vorzunehmen, welche die Erreichung des Vertragszwecks notwendig macht.

Der Schenkungsvertrag ist von den Vertragsparteien unter Anfügung ihres jeweiligen Geburtsdatums und des Ausstellungsorts unterfertigt. MMag. Dr. Dietmar Czernich beglaubigte am die Unterschriften der Vertragsparteien unter Berufung auf § 10 Abs 1 Z 2 (deutsches) Konsulargesetz vom mit dem Beisatz „Honorargeneralkonsul – Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland“.

Mit Eingabe vom begehrte der Antragsteller unter Vorlage des Schenkungsvertrags vom und weiterer Urkunden die Einverleibung seines Eigentumsrechts hinsichtlich eines Drittels der Liegenschaft EZ 383.

Das Erstgericht wies den Antrag ab, weil die Beglaubigung der Unterschriften durch den Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland in Tirol nicht den Vorschriften des § 31 Abs 1 GBG entspreche.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Es bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts und führte ergänzend aus, der dem Antrag zugrunde gelegte Schenkungsvertrag stelle eine bloße Privaturkunde dar, auf die das Haager Beglaubigungsübereinkommen vom und das Europäische Übereinkommen zur Befreiung der von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichteten Urkunden von der Beglaubigung vom (BGBl Nr 274/1973) nicht anzuwenden seien. In den vom Beglaubigungsvertrag zwischen dem deutschen Reich und Österreich vom erfassten Fällen müsse es sich um „ausländische“ Urkunden handeln. Hier sei jedoch eine österreichische Privaturkunde zu beurteilen, die ausschließlich nach den Formvorschriften des § 31 Abs 1 GBG zu beglaubigen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der vom Antragsteller erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 126 Abs 2 GBG iVm § 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts zur Klarstellung der Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Wie der Antragsteller bereits in seinem Rekurs einräumte und auch das Rekursgericht zutreffend festhielt, sind das Haager Beglaubigungsübereinkommen vom und das Europäische Übereinkommen zur Befreiung der von diplomatischen oder konsularischen Vertretern errichteten Urkunden von der Beglaubigung vom (BGBl Nr 274/1973) auf die von österreichischen Staatsbürgern im Inland errichtete Privaturkunde nicht anwendbar. Ungeachtet, dass diese Urkunde im Inland mit dem Zweck, Rechte an einer inländischen Liegenschaft zu übertragen, errichtet wurde, vertritt der Revisionsrekurswerber die Ansicht, beim gegenständlichen Schenkungsvertrag handle es sich um eine ausländische (in concreto: deutsche) Urkunde iSd § 31 Abs 3 GBG, weil die Unterschriften der Vertragsparteien von seinem Vertreter in dessen Eigenschaft als Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland nach den Bestimmungen des deutschen Konsulargesetzes beglaubigt worden seien und damit den von einem inländischen (Anm.: deutschen) Notar aufgenommenen Urkunden gleichstünde. Mit dieser Argumentation zielt er auf die Anwendbarkeit des Beglaubigungsvertrags zwischen der Republik Österreich und dem deutschen Reich vom , BGBl 1924/139, ab.

2. Über die notwendige Form der die Eintragungsgrundlage bildenden Urkunden entscheidet das Registerrecht, also das Recht am Registerort (5 Ob 199/05h = RIS-Justiz RS0076777 [T2] = RIS-Justiz RS0076712 [T1]; 5 Ob 261/15s; vgl auch Verschraegen in Rummel, ABGB3 § 8 IPRG Rz 9 und § 31 IPRG Rz 14). Die für die Einverleibung in das inländische Grundbuch erforderlichen Urkunden müssen daher immer den besonderen Vorschriften des österreichischen Rechts genügen, selbst wenn sie im Ausland errichtet wurden (5 Ob 34/84).

3.1 Nach § 31 Abs 1 GBG kann die Einverleibung nur aufgrund öffentlicher Urkunden oder solcher Privaturkunden geschehen, auf denen die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind und der Beglaubigungsvermerk bei natürlichen Personen auch das Geburtsdatum enthält. § 31 Abs 3 GBG hält in seinem ersten Satz fest, dass die Beglaubigung ausländischer Urkunden durch Staatsverträge geregelt wird.

3.2 Eine Regelung über das Urkundenwesen enthält der zwischen der Republik Österreich am unterfertigte und seit im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland wieder anwendbare Beglaubigungsvertrag, BGBl 1924/139 idgF. Art 4 dieses Staatsvertrags lautet:

„Die einer Privaturkunde von einer Gerichts- oder Verwaltungsbehörde oder einem Notar beigefügte Beglaubigung bedarf keiner weiteren Beglaubigung.“

3.3 Der Vertreter des Antragstellers ist in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt Vertragserrichter und hat die Erklärung über die Echtheit der Unterschriften des Antragstellers als Geschenknehmer und der Geschenkgeberin unter Berufung auf seine Eigenschaft als Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland vorgenommen. Als solcher ist er Konsularbeamter im Sinn des Gesetzes der Bundesrepublik Deutschland über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse vom , (dt) BGBl I S 2317, ([dt] Konsulargesetz; in der Folge: [dt]KG). Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes stehen den Honorarkonsularbeamten grundsätzlich die konsularischen Amtsbefugnisse eines Berufskonsularbeamten zu (Rausch in Hecke/Müller-Chorus, Handbuch der konsularischen Praxis, 27); als (deutsches) innerstaatliches Konsularrecht regeln diese Bestimmungen jedoch in erster Linie das Verhältnis zwischen den konsularischen Vertretern und ihrem Entsendestaat (Deutschland). In diesem Licht sind auch die den konsularischen Vertretern nach diesem Gesetz zukommenden Aufgaben und Befugnisse zu beurteilen.

3.4 Nach § 10 (dt)KG („Beurkundungen im Allgemeinen“) sind die Konsularbeamten befugt, über Tatsachen und Vorgänge, die sie in Ausübung ihres Amts wahrgenommen haben, Niederschriften oder Vermerke aufzunehmen, insbesondere (1.) vor ihnen abgegebene Willenserklärungen und Versicherungen an Eides statt zu beurkunden, (2.) Unterschriften, Handzeichen, sowie Abschriften zu beglaubigen oder sonstige einfache Zeugnisse (zB Lebensbescheinigungen) auszustellen (Abs 1). Nach Abs 2 dieser Bestimmung stehen die von einem Konsularbeamten aufgenommenen Urkunden den von einem inländischen (Anm.: deutschen) Notar aufgenommenen gleich. Durch die notarielle oder vergleichbare Beglaubigung (hier durch einen Konsularbeamten) einer Unterschrift auf einer Privaturkunde erhält diese insoweit einen öffentlichen Charakter, als der Beglaubigungsvermerk eine öffentliche Beurkundung darstellt (Bindseil in Hecker/Müller-Chorus, Handbuch der konsularischen Praxis, 73; ders, Klasse: internationaler Urkundenverkehr, DNotZ 1992, 275).

4. Der Vertreter des Antragstellers hat den Unterschriften am Schenkungsvertrag vom in seiner Eigenschaft als Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland Beglaubigungsvermerke beigesetzt. Ob diese den Formerfordernissen des (deutschen) Beurkundungsgesetzes, (dt) BGBl I S 1513, entsprechen (siehe dazu § 10 Abs 3 [dt] KG) und ihnen allenfalls in der Bundesrepublik Deutschland die Eigenschaft von (deutschen) öffentlichen Beurkundungen (vgl zur österreichischen Rechtslage: RIS-Justiz RS0040482) zukommt, kann hier jedoch dahinstehen. Schon nach völkerrechtlichem Verständnis der konsularischen Aufgaben kann kein Zweifel bestehen, dass die im Auftrag von Inländern im Inland zur Vorlage vor einer inländischen Grundbuchsbehörde errichtete Schenkungsurkunde, nicht zu einer ausländischen (deutschen) iSd § 31 Abs 3 GBG wird, auf die der deutsch-österreichische Beglaubigungsvertrag Anwendung fände, weil vom Vertreter des Antragstellers unter Berufung auf seine Eigenschaft als konsularischer Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in Österreich Vermerke nach deutschem innerstaatlichen Recht angebracht wurden.

5.1 Die konsularischen Aufgaben erfassen nach Völkerrecht ganz allgemein die Wahrung von Interessen des Entsendestaats sowie seiner Angehörigen, die Förderung kommerzieller, wirtschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Beziehungen zwischen dem Entsendestaat und dem Empfangsstaat sowie die Gewährung von Rat und Beistand zugunsten der Angehörigen des Entsendestaats (vgl Art 5 des Wiener Übereinkommens vom über konsularische Beziehungen [Wiener Konsular-Übereinkommen; WKÜ]). Notarielle, standesamtliche und ähnliche Befugnisse dürfen nur ausgeübt werden, soweit die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Empfangsstaats dem nicht entgegenstehen (Art 5 lit f WKÜ). Auch das deutsche Konsulargesetz geht bei der Umschreibung der Aufgaben und Befugnisse der Konsularbeamten davon aus, dass bei deren Wahrnehmung immer irgendein deutscher Interessenbezug gegeben sein muss. Auch für Beurkundungen (§ 10 [dt]KG) ist daher entscheidend, dass deutsche Interessen berührt werden (Rausch aaO 17, 21). Beurkundungsersuchen, deren Anknüpfungspunkt ausschließlich beim Gastland liegt, sind demnach abzulehnen (vgl Bindseil, konsularisches Beurkundungswesen, DnotZ 1993, 5 [13]), und diese werden dann gegebenenfalls von Konsularbeamten qualitativ gerade nicht iSd § 10 (dt)KG „in Ausübung ihres Amts wahrgenommen“.

6. Für den hier zu beurteilenden Fall kann daher festgehalten werden, dass – behauptete – Tätigkeiten eines deutschen Konsularbeamten im Zusammenhang mit der Beglaubigung von Urkunden, die in Österreich errichtet wurden, in irgendeiner Weise einen Bezug zu deutschen Interessen haben müssen, um in Ausübung dieses Amtes zu erfolgen. Dies könnte etwa dann der Fall sein, wenn die Errichtung der Urkunde im Ausland (Österreich) mit dem Ziel der Verwendung im Rechtsverkehr des Entsendestaats (Deutschland) erfolgte. Trifft dies zu, liegt auch der geforderte Bezug zu deutschen Interessen vor (vgl Rausch aaO 21) und die von einem Konsularbeamten unter Berufung auf § 10 Abs 1 (dt)KG vorgenommene Beglaubigung wird dann bei Verwendung im innerstaatlichen (deutschen) Rechtsverkehr der eines (deutschen) Notars gleichzuhalten sein.

7. Zusammengefasst ergibt sich, dass die Tätigkeit des Vertreters des Antragstellers, die vorgeblich als Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sein soll, nämlich die Beglaubigung von Unterschriften auf der von österreichischen Staatsbürgern im (österreichischen) Inland errichteten und zur ausschließlichen Verwendung im (österreichischen) Inland bestimmten Privaturkunde ohne jeden deutschen Interessenbezug und damit materiell nicht in Ausübung des konsularischen Amtes vorgenommen wurde. In einem solchen Fall kann das aus § 31 Abs 1 GBG folgende Erfordernis der Unterschriftenbeglaubigung durch einen österreichischen Notar (ein österreichisches Gericht) nicht im Wege des § 10 (dt)KG iVm Art 4 des zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland geltenden Beglaubigungsvertrags umgangen werden.

8. Dem Revisionsrekurs ist daher, weil für den die Eintragungsgrundlage bildenden Schenkungsvertrag eine dem § 31 Abs 1 GBG entsprechende Unterschriftenbeglaubigung fehlt, der Erfolg zu versagen.

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Grohmann sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers C***** S*****, vertreten durch CHG Czernich Haidlen Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts und anderer Grundbuchshandlungen, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , AZ 54 R 63/16k, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 5684/2016-2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , AZ 5 Ob 120/16g, wird in ihrem Kopf dahin berichtigt, dass das Datum der Entscheidung des Erstgerichts richtig 25. April (anstatt Mai) 2016 zu lauten hat.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die im Spruch dargestellte offenbare Unrichtigkeit war gemäß § 419 ZPO iVm § 41 AußStrG zu berichtigen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Grundbuchsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00120.16G.1122.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAD-36505