OGH vom 25.11.1997, 5Ob444/97y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Stefan P*****, wider die beklagten Parteien 1. Dr.Herbert K*****,
2. Barbara K*****, beide vertreten durch Proksch & Partner OEG, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 146.624 sA, infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 15 R 32/97d-24, womit das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 12 Cg 194/95b-19, abgeändert wurde, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der Kläger begehrte den Zuspruch von S 146.624 sA und brachte vor, er sei aufgrund eines Vorvertrages mit dem Wohnungseigentumsorganisator Wohnungseigentums- bewerber für die Räumlichkeit in P*****, top Nr 5. Die Wohnung sei ihm im November 1992 zur Nutzung übergeben worden. Die Beklagten hätten vom selben Wohnungseigentumsorganisator Liegenschaftsanteile zwecks Ausbaues des Dachgeschoßes gekauft. Sie hätten einen Architekten beauftragt und bevollmächtigt, die Bauarbeiten mittels Gehilfen durchführen zu lassen. Diese seien hiebei äußerst unsachgemäß vorgegangen, so daß es zu Regenwassereintritten in den Räumlichkeiten des Klägers gekommen sei. Es habe sich offensichtlich um untüchtige Gehilfen gehandelt, die zumindest grob fahrlässig gehandelt hätten. Die Beklagten hätten in der Folge mit der Führung der Bauaufsicht einen Ziviltechniker betraut. Die Gehilfen der Beklagten hätten zwei weitere extreme Sorgfaltswidrigkeiten gesetzt: Sie hätten das Abwasserrohr der neu geschaffenen Räumlichkeiten in ein altes löchriges Metallrohr eingeleitet, wodurch die Abwässer der Beklagten durch die Wand in die Räume des Klägers eingedrungen seien. Die Gehilfen der Beklagten hätten die Dachrinne derart mit Bauschutt verstopft, daß bei Regenfällen Wasser in die Kanzleiräume des Klägers eingetreten sei. Der durch die Dachrinne entstandene Schaden sei inzwischen durch den Haftpflichtversicherer des Spenglerunternehmens ersetzt worden. Im Zeitpunkt der Schadenszufügung seien die Beklagten - ebenso wie der Kläger - Wohnungseigentumsbe- werber gewesen. Die Beklagten würden gemäß § 1313a ABGB für die Untüchtigkeit ihrer Gehilfen haften, weil sie mit dem Kläger als Wohnungseigentumsbewerber in einem Vertragsverhältnis stünden. Der durch den Wassereintritt durch das Dach entstandene Schaden betrage S 78.504, der durch den Kanal und die Dachrinne entstandene Schaden betrage S 20.000, die Reinigungskosten im Stiegenhaus (deren Ersatz der von den Beklagten bevollmächtigte Architekt zugesagt habe) hätten S 3.120 und die Kosten der Aufräumarbeiten S 3.000 betragen. Zuzüglich eines Verdienstentganges von S 42.000 werde ein Schadensbetrag von S
146.624 sA begehrt.
Die Beklagten bestritten das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach und wendeten die fehlende Aktivlegitimation ein. Die Schadenersatzansprüche könnten ausschließlich durch die Miteigentümergemeinschaft geltend gemacht werden. Sie bestritten insbesondere, sich unsachgemäß handelnder und untüchtiger Personen bedient zu haben, weshalb ihre Passivlegitimation nicht vorliege. Die Bauarbeiten seien durch konzessionierte Professionisten unter Aufsicht eines Architekten erfolgt. Die Beklagten hätten in den Vertrag der Voreigentümer des Dachgeschoßes mit dem Architekten eintreten müssen. Dieser habe sich zur Ausführung der Arbeiten einer Zimmerei bedient. Ein einmaliges Versagen oder ein einmaliges grob fahrlässiges Verhalten begründe nicht die Annahme der Untüchtigkeit. Bereits nach der ersten Intervention durch den Kläger sei hinsichtlich der Dachabdichtung Abhilfe geschaffen worden. Die Einleitung der Abwässer in den vorhandenen Abwasserstrang sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, allfällige Schäden seien auf das vorhandene, offenbar defekte Abwasserrohr zurückzuführen gewesen. Hiefür hafteten die Beklagten und die von ihnen beauftragten Professionisten keineswegs. Die Schäden infolge der verstopften Dachrinne seien auf die Spenglerei zurückzuführen gewesen und behoben worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, ohne Sachverhaltsfeststellungen zu treffen. Es ging unter Berücksichtigung des beiderseitigen Vorbringens davon aus, daß im klagsgegenständlichen Haus "nur Wohnungseigentümer mit Ausnahme des Klägers leben", dessen Wohnungseigentum noch nicht verbüchert sei. Eine Haftung der Beklagten scheide schon aufgrund des Gesetzeswortlautes des § 1313a ABGB aus. Daran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Kläger als Wohnungseigentumsbewerber mit den Beklagten als (nunmehrigen) Wohnungseigentümern in einem Vertragsverhältnis stehe. Dieses Vertragsverhältnis betreffe den Wohnungseigentumsvertrag und habe mit dem vorliegenden Werkvertrag nichts zu tun. Auch eine Haftung nach § 1315 ABGB komme nicht in Betracht, weil nach dem Klagsvorbringen ein Werkvertragsverhältnis zwischen den Beklagten als Auftraggebern und zwei befugten Architekten als Auftragnehmern bestanden habe. Ein Verschulden der Architekten bei Auswahl des Zimmermanns sei nicht behaptet worden. Nach dem Klagsvorbringen hätten sich die Beklagten eines Architekten bedient, welcher wiederum zur Erfüllung seines Auftrages sich (untüchtiger) konzessionierter Gewerbetreibender bedient habe. Die Klage wäre allenfalls gegen die Architekten oder gegen den Professionisten zu richten gewesen. Die Parteien eines Wohnungseigentumsvertrages seien im Streit um Rechte und Pflichten, welche alle Mitglieder der Gemeinschaft beträfen, notwendige Streitgenossen. Sämtliche Wohnungseigentümer müßten am Prozeß als notwendige Streitgenossenschaft beteiligt werden.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Klägers wegen Nichtigkeit, gab der Berufung im übrigen Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß der Klagsanspruch mit Zwischenurteil als dem Grunde nach zu Recht bestehend erkannt wurde. Es erklärte die ordentliche Revision für zulässig und führte im wesentlichen folgendes aus:
Zutreffend habe das Erstgericht eine Haftung der Beklagten für ihre Besorgungsgehilfen im Sinne des § 1315 ABGB abgelehnt. Nach dieser Bestimmung hafte der Geschäftsherr nur dann, wenn er sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person bediene. Untüchtig sei der Gehilfe dann, wenn er zu der Tätigkeit, für die er eingesetzt sei, nicht geeignet sei. Ein Gehilfe sei allerdings nicht schon dann untüchtig, wenn er irgendeinen Fehler mache. Die Untüchtigkeit müsse "habituell" sein (mangelnde Ausbildung, Veranlagung). Aus einem mehrmaligen Versagen könne in aller Regel auf die Untüchtigkeit geschlossen werden. Doch könne sie auch schon durch ein einmaliges schweres Fehlverhalten erwiesen werden. Für die gefährlichen Eigenschaften eines Besorgungsgehilfen hafte der Geschäftsführer nur dann, wenn ihm diese Eigenschaft bekannt gewesen sei. Die Beweislast bezüglich der Untüchtigkeit des Gehilfen treffe den Geschädigten. Diesbezüglich fehle es jedoch an anspruchsbegründenden Behauptungen. Aus dem Vorbringen der Klage, die Gehilfen der Beklagten hätten ein Abwasserrohr an das vorhandene defekte Rohr angeschlossen und sie hätten durch einen Bauschutt in der Dachrinne den Schadenseintritt verursacht, könne nicht auf die vom Gesetz geforderte Untüchtigkeit und Gefährlichkeit nach § 1315 ABGB geschlossen werden. Die Beklagten hätten sich zur Durchführung des Dachgeschoßausbaues eines Architekten und eines Ziviltechnikers bedient, welche für die Bauaufsicht zuständig gewesen seien; die Bauarbeiten seien durch Professionisten durchgeführt worden. Bedienten sich die Beklagten jedoch Fachleute, so bedürfte es eines besonderen Vorbringens, inwiefern sie ein Auswahlverschulden treffen könnte. Ein Vorbringen dahin, daß allenfalls den Beklagten die Untüchtigkeit der beauftragten Professionisten bekannt oder erkennbar gewesen sei, sei nicht erstattet worden. In Übereinstimmung mit dem Erstgericht werde daher eine Haftung der Beklagten nach § 1315 ABGB abgelehnt.
Eine andere Auffassung als das Erstgericht vertrete das Berufungsgericht jedoch hinsichtlich der Frage der Erfüllungsgehilfenhaftung. Die Geltendmachung der Erfüllungsgehilfenhaftung nach § 1313a ABGB setze grundsätzlich ein Vertragsverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschädigten voraus. Danach hafte der Geschäftsherr für das Verschulden der Gehilfen, deren er sich zur Erfüllung seines bestehenden Schuldverhältnisses bediene, wie für sein eigenes Verschulden. Die Geltendmachung der Erfüllungsgehilfenhaftung würde demnach ein geeignetes Schuldverhältnis zwischen den Streitteilen voraussetzen, wonach die Beklagten gegenüber dem Kläger Erfüllungshandlungen zu erbringen hätten. Ein derartiges (direktes) Vertragsverhältnis gegenüber den Beklagten habe der Kläger nicht behauptet.
Wohnungseigentumsbewerber sei nach § 23 Abs 1 WEG derjenige, dem ein Wohnungseigentumsorganisator schriftlich die Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an einer bestimmten Wohnung oder an einer bestimmten Räumlichkeit zugesagt habe. Der Wohnungseigentumsbewerber stehe demnach nur mit dem Wohnungseigentumsorganisator, welcher auch der Liegenschaftseigentümer sein könne, nicht aber mit den anderen Wohnungseigentumsbewerbern in einem unmittelbaren Vertragsverhältnis. Zwischen den einzelnen Wohnungseigentumsbewerbern bestünden keine gesetzlichen Rechtsbeziehungen, doch könnten solche vertraglich begründet werden. Der Kläger habe auch ein Vorbringen nicht erstattet, auf welcher rechtlichen Grundlage die Beklagten zum Ausbau des Dachgeschoßes befugt gewesen seien, woraus sich allenfalls auch Verpflichtungen gegenüber dem Kläger ableiten ließen. Ein Dachbodenausbau stelle eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB dar, welche eines Mehrheitsbeschlusses der Miteigentümer bedürfe. Inwieweit ein derartiger Mehrheitsbeschluß der Miteigentümer zum Ausbau des Dachgeschoßes vorliege, in welchen auch allenfalls der Kläger eingebunden worden sei und aus welchem sich allenfalls eine Verpflichtung der Beklagten gegenüber dem Kläger ableiten ließe, sei nicht behauptet worden. Die Rechtsstellung eines Wohnungseigentumsbewerbers, dem die Wohnung bereits zur Nutzung überlassen worden sei, sei jedoch ähnlich der eines Vorbehaltskäufers mit Anwartschaftsrecht oder eines Mieters.
Nach dem Klagsvorbringen habe zwischen dem Kläger als Wohnungseigentumsbewerber, welchem die Räumlichkeiten zur Nutzung übergeben worden sei, und den Beklagten, die als Wohnungseigentumsbewerber das Dachgeschoß durch Professionisten ausbauen ließen und zwischenzeitig als Wohnungseigentümer bücherlich einverleibt seien, zwar keine vertragliche Rechtsbeziehung bestanden. Es sei jedoch von einem besonderen Naheverhältnis zwischen den Streitteilen auszugehen, welches dem Nachbarschaftsverhältnis nach den §§ 364 f ABGB vergleichbar anzusehen sei. Der Grundgedanke des Nachbarrechts sei, daß die Ausübung des Eigentumsrechtes nur insofern stattfinde, als dadurch in die Rechte eines Dritten, wozu auch der Grundnachbar gehöre, nicht eingegriffen werde. Nach § 364 Abs 2 ABGB bestehe ein Unterlassungsanspruch, wenn vom Nachbargrundstück das gewöhnliche Maß übersteigende und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes beeinträchtigende Einwirkungen ausgingen. § 364a ABGB gewähre dem durch eine behördlich genehmigte Anlage Beeinträchtigten einen (verschuldensunabhängigen) Ausgleichsanspruch, welcher auch den entgangenen Gewinn umfasse. Die Haftung sei nach § 364b ABGB nicht ausgeschlossen, wenn für die Bauarbeiten eine baubehördliche Genehmigung bestanden habe. Die baubehördliche Bewilligung habe die gleiche Wirkung, die in § 364a ABGB einer behördlich genehmigten Anlage zuerkannt werde. Im Sinne der neueren Judikatur sei § 364 ABGB im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern desselben Hauses anzuwenden. Auch dem Bestandnehmer einer unbeweglichen Sache stehe nämlich gegen den Störer eine Unterlassungsklage, aber auch ein Schadenersatzanspruch zu. Der Liegenschaftseigentümer hafte auch für Schäden am Nachbargrundstück, wenn die Einwirkung nicht durch ihn selbst, sondern durch den von ihm bestellten Bauunternehmer verursacht worden sei, von welchem die Unterlassung des die Beeinträchtigung verursachenden schädigenden Verhaltens erwirkt werden könne. Die sich aus dem Nachbarrecht ergebenden Ausgleichsansprüche seien jedoch auch auf den vorliegenden Fall anwendbar, wenn berücksichtigt werde, daß dem Kläger als Wohnungseigentumsbewerber die Wohnung bereits zur Nutzung überlassen worden sei, womit ihm insoweit zumindest die Rechtsstellung eines Bestandnehmers zukomme. Auch er sei nach der Judikatur als Nachbar anzusehen. Nachbar sei nicht nur der Grundeigentüämer, sondern auch der Bestandnehmer. Werde dem Kläger (zumindest) die Rechtsstellung eines Bestandnehmers eingeräumt, so sei er auch zur Geltendmachung der Rechte aus dem Nachbarschaftsverhältnis legitimiert. Hätten die Beklagten Professionisten den Auftrag erteilt, das Dachgeschoß auszubauen, und sei hiebei Wasser in die Räumlichkeit des Klägers eingedrungen und ein Schaden verursacht worden, so sei darin eine unzulässige Immission im Sinne des § 364 ABGB zu erblicken, welche zu einem (verschuldensunabhängigen) Ausgleichsanspruch aus dem Nachbarrechtsverhältnis führe.
Auch wenn zwischen den Streitteilen eine (direkte) vertragliche Beziehung nicht bestehe, sei demnach einerseits ein aus dem Nachbarrecht abzuleitender Ausgleichsanspruch des Klägers dem Grunde nach zu bejahen. Darüber hinaus sei davon auszugehen, daß die Anwendung der Haftung für den Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB nicht in jedem Fall eine direkte Vertragsbeziehung voraussetze, sondern in bestimmten Fällen auch gegenüber einem Nichtvertragspartner gelte. Es genüge ein besonderes Naheverhältnis, eine Schutzpflicht oder eine rechtliche Sonderverbindung, wonach die Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 1313a ABGB auch ohne Vertragsverhältnis begründen werden könne. Dieses Naheverhältnis ergebe sich im vorliegenden Fall nicht nur aus dem Nachbarrecht, sondern auch aus den Bestimmungen über das gemeinschaftliche Eigentum (§§ 825 ff ABGB), welche im Falle eines Anwartschaftsrechts des Klägers auf das Wohnungseigentum bereits zur Anwendung gelangten. Danach dürfe kein Teilhaber in die Rechtssphäre des anderen eingreifen und dessen wichtige Interessen berühren. Erfolge wie im vorliegenden Fall der Eingriff durch den Werkunternehmer des Werkbestellers, der mit dem Kläger in einem derartigen Naheverhältnis stehe und welcher die Möglichkeit habe, Abhilfe zu schaffen, so könne der Unternehmer wie ein Erfüllungsgehilfe des Bestellers angesehen werden. Daraus ergebe sich, daß die Beklagten für das Verschulden der von ihren Professionisten allenfalls schuldhaft herbeigeführten Schäden gemäß § 1313a ABGB wie für ihr eigenes Verschulden hafteten.
Aus diesen Erwägungen könnten Schutzpflichten - und damit auch die Haftung nach § 1313a ABGB - aus dem Vertrag zwischen den Beklagten und dem Wohnungseigentumsorganisator abgeleitet werden. Schlössen die Beklagten mit den Professionisten Werkverträge ab, so wirkten sich diese Schutzpflichten auch zu Lasten der Beklagten aus, zumal sie als Werkbesteller in der Lage gewesen seien, Abhilfe zu veranlassen. Auch hätten sie Sorge dafür zu tragen gehabt, daß die schutzwürdigen Interessen des Klägers als Wohnungseigentumsbewerber nicht beeinträchtigt würden. Nach dem Klagsvorbringen hätten es die Beklagten aber jedenfalls monatelang unterlassen, irgendwelche Schadensminderungsmaßnahmen zu veranlassen. Die durch die Unternehmer dem Kläger zugefügten behaupteten Schäden stünden jedoch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Erfüllung des Werkvertrages und seien nicht nur gelegentlich der Erfüllung zugefügt worden. Aus dem zwischen den Streitteilen bestehenden besonderen Nahe- und Schutzverhältnis sei abzuleiten, daß den von den Beklagten beauftragten Unternehmern die Stellung von Erfüllungsgehilfen zukomme, für deren Verschulden die Beklagten wie für ihr eigenes Verschulden hafteten. Seien von den Beklagten zum Ausbau des Dachgeschoßes verschiedene Unternehmer eingesetzt worden, so handle es sich durchwegs um Erfüllungsgehilfen, für die sie jedenfalls hafteten.
Zusammenfassend ergebe sich einerseits eine (verschuldensunabhängige) Haftung der Beklagten aus dem Nachbarrecht und andererseits eine (verschuldensabhängige) Haftung der Beklagten für die bestellten Unternehmer, welche als ihre Erfüllungsgehilfen anzusehen seien, aus dem entsprechende Schutz- und Sorgfaltspflichten begründenden Vertrag zwischen den Beklagten und dem Wohnungseigentumsorganisator.
Die neue Fassung des § 393 Abs 1 ZPO gestatte die Fällung eines Zwischenurteils bereits dann, wenn auch noch strittig sei, ob die geltend gemachten Ansprüche überhaupt mit irgendeinem Betrag zu Recht bestünden. Selbst wenn diese nicht zu Recht bestünden, könne dem Grunde nach ein Zwischenurteil über die geltend gemachten Ansprüche gefällt werden.
Die vom Erstgericht aufgeworfene Frage der notwendigen Streitgenossenschaft stelle sich im vorliegenden Fall nicht, weil Schadenersatzforderungen mehrerer Liegenschafts-(Wohnungs)eigentümer wegen mangelhafter Bauherstellung, die sich auf die gesamte im gemeinschaftlichen Eigentum stehende Sache auswirken, hier nicht geltend gemacht worden seien. Nur in einem derartigen Fall wäre von Gesamthandforderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft auszugehen, welche durch die Mehrheit der Miteigentümer geltend zu machen sei. Im vorliegenden Fall sei jedoch nach dem Vorbringen lediglich der Kläger durch den Dachgeschoßausbau der Beklagten beeinträchtigt worden.
Gemäß § 502 Abs 1 ZPO sei die Revision zuzulassen gewesen, weil zur Frage der Geltendmachung von Ansprüchen durch einen Wohnungseigentümer bzw Wohnungseigentumsbewerber gegen einen anderen Wohnungseigentümer aus den mit dem Wohnungseigentumsorganisator abgeschlossenen Verträgen keine gesicherte Rechtsprechung vorliege.
Gegen dieses Zwischenurteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im klagsabweisenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisonsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Die Revision ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsentwicklung zulässig; sie ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerber machen zusammengefaßt geltend, da Schäden an allgemeinen Teilen des Hauses behauptet würden, wäre lediglich die Wohnungseigentümergemeinschaft nach vorhergehendem Beschluß grundsätzlich berechtigt gewesen, die geltend gemachten Ansprüche gegen einen einzelnen Wohnungseigentümer zu richten. Der Kläger sei auch deshalb nicht anspruchslegitimiert, weil er nach wie vor im Grundbuch weder als bloßer Miteigentümer noch als Wohnungseigentümer eingetragen sei. Unrichtig sei die Auffassung des Berufungsgerichts, daß § 1313a ABGB im Verhältnis zwischen den Beklagten als Werkbesteller und anderen Benutzern des Wohnhauses zur Anwendung kommen könne; ein vertragliches Verhältnis, innerhalb dessen die Beklagten dem Kläger eine Schuld erfüllen müßten, bestehe nicht; die Gehilfenhaftung nach § 1313a ABGB sei vornehmlich für den Werkunternehmer gegenüber anderen Hausbenützern angenommen worden, nicht aber für den Werkbesteller; dieser hafte aus einem Werkvertrag nicht nach § 1313a ABGB für den Werkunternehmer und dessen Gehilfen gegenüber anderen Hausgenossen. Eine Haftung nach den §§ 364, 364a ABGB sei gänzlich ausgeschlossen; die Arbeiten im Dachgeschoß seien nicht von den Beklagten, sondern von Professionisten unter Überwachung eines Architekten durchgeführt worden. Der Kläger habe nicht die Position eines Eigentümers; ein bloßer Nutzungsberechtigter habe keinen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch nach § 364a
Hiezu wurde erwogen:
Das Erstgericht hat das Klagebegehren, ohne Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, abgewiesen, weil es offensichtlich die Klage als unschlüssig und ein weiteres Verfahren als entbehrlich angesehen hat. Es ist daher zunächst die Schlüssigkeit der Klage zu prüfen.
Der Kläger begehrt als Wohnungseigentumsbewerber Schadenersatz einschließlich Verdienstentgang, weil es in den ihm zur Nutzung übergebenen Räumlichkeiten im Zuge eines von den Beklagten als (damaligen) Wohnungseigentumsbewerbern im selben Haus veranlaßten Dachbodenausbaus zu Schäden gekommen sei; durch ungenügende Dachabdeckung während der Bauarbeiten sei Regenwasser, durch eine unsachgemäße Abwasserinstallation Abwasser eingedrungen. Inzwischen bereits ersetzte Schäden aus der Verstopfung einer Dachrinne sind nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Das Begehren auf Ersatz von Kosten der Reinigung des Stiegenhauses hat der Kläger auf eine mit einem Bevollmächtigten der Beklagten getroffene Vereinbarung gestützt.
Auf die Haftung des Wohnungsinhabers analog § 1318 ABGB kann diese Forderung auf Ersatz von Wasser- und Abwasserschäden nicht gestützt werden, weil es sich nicht um "gefährlich verwahrtes Wasser" im Sinne der Rechtsprechung handelt (vgl die Beispiele bei Reischauer in Rummel2 § 1318 ABGB Rz 10). Dem Berufungsgericht ist aber zuzustimmen, daß die §§ 364 f ABGB eine taugliche Anspruchsgrundlage bieten können. Bei den behaupteten Wasser- und Abwassereintritten handelt es sich um unzulässige Immissionen im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB (vgl die Beispiele bei Spielbüchler in Rummel2 § 364 ABGB Rz 7, 8). Neben einem hier nicht zu beurteilenden Unterlassungsanspruch wird ein - auf volle Genugtuung gerichteter - verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch von der Rechtsprechung in Fällen des § 364 Abs 2 ABGB dann zugebilligt, wenn sich aus der Interessenlage ausreichende Anhaltspunkte für eine Analogie zu § 364a ABGB ergeben. Dies wurde in Fällen von baubehördlich bewilligten Bauvorhaben angenommen, bei denen infolge der mit einer behördlichen Genehmigung zunächst verbundenen Annahme der Gesetzmäßigkeit und Gefahrlosigkeit der bewilligten Maßnahmen die Abwehr praktisch erschwert, wenn nicht gar unmöglich gemacht wird. Aber auch bei ohne behördliche Genehmigung durchgeführten Arbeiten wurde in analoger Anwendung des § 364a ABGB ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch des Geschädigten bejaht, wenn der Schaden bereits eingetreten gewesen ist, ehe der von dieser Einwirkung Betroffene die Möglichkeit zur Ausübung des Untersagungsrechts faktisch nützen konnte, sodaß er sich in einer Situation wie derjenige befunden hat, dem aus anderen Gründen die Unterlassungsklage verwehrt gewesen ist (SZ 68/101 mwN; vgl RIS-Justiz RS0010668).
Auch der Kläger mußte den Dachbodenausbau der Beklagten mit seinen Folgewirkungen praktisch hinnehmen. Die Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch, daß es sich um solche Schäden handeln muß, die für den Betrieb der "Anlage" typisch sind (SZ 68/101 mwN), liegt hier vor; bei einem Dachbodenausbau sind Einwirkungen, die sich aus der Abdichtung des Daches und der Verbindung der neuen mit der alten Abwasserinstallation ergeben, keineswegs untypisch.
Was die Aktivlegitimation des Klägers anlangt, so wurden derartige Ausgleichsansprüche zunächst nur dinglich Berechtigten zuerkannt (RIS-Justiz RS0010603; Spielbüchler in Rummel2 § 364 ABGB Rz 4, § 364a ABGB Rz 8 mwN), so etwa im Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern desselben Hauses (vgl SZ 54/55; MietSlg 40.020). Da die jüngere Rechtsprechung im Anschluß an die Entscheidung des verstärkten Senates SZ 62/204 nun auch bloß obligatorisch Berechtigte wie den Bestandnehmer als anspruchsberechtigt ansieht (SZ 65/38; SZ 67/212; SZ 68/180) bestehen keine Bedenken, einem Wohnungseigentumsbewerber, dem die Wohnung bereits übergeben wurde, solche nachbarrechtlichen Ausgleichsansprüche zuzubilligen. Die Kosten der Reinigung des Stiegenhauses würden zwar allgemeine Teiles des Hauses betreffen; insoweit hat sich der Kläger aber ohnehin auf eine getroffene Vereinbarung gestützt. Im übrigen handelt es sich entgegen der Darstellung der Rechtsmittelwerber nicht um die Kosten der Beseitigung von Schäden an der Substanz allgemeiner Teile des Hauses, sondern um die Kosten der Beseitigung der Auswirkungen der Wasser- und Abwassereintritte in den Räumlichkeiten des Klägers (insbesondere Maler- und Tapeziererarbeiten). Es besteht daher kein Anlaß, den Kläger insoweit - wie dies die Rechtsmittelwerber für richtig halten - an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu verweisen.
Passiv legitimiert ist im Zusammenhang mit § 364a ABGB jeder, der die Beeinträchtigung herbeiführt, der also das Grundstück für eigene Zwecke benützt und dadurch Störungen hervorruft (SZ 65/38; SZ 67/138 mwN; Spielbüchler in Rummel2 § 364 ABGB Rz 5, § 364a ABGB Rz 7 mwN), somit auch andere Wohnungseigentumsbewerber wie (damals) die Beklagten. Der Störer hat dabei ein schädigendes Verhalten des von ihm mit einer Bauführung beauftragten Baumeisters und dessen Leute zu vertreten (SZ 45/132; SZ 65/38).
Die Klage ist somit bereits auf der Grundlage der §§ 364, 364a ABGB als schlüssig anzusehen. Auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zur (zusätzlichen) verschuldensabhängigen Erfüllungsgehilfenhaftung der Beklagten aus dem Schutz- und Sorgfaltspflichten begründenden Vertrag zwischen den Beklagten und dem Wohnungseigentumsorganisator muß nicht mehr eingegangen werden.
Die Schlüssigkeit der Klage kann aber nicht schon für sich allein zur Klagsstattgebung dem Grunde nach im Wege eines Zwischenurteils führen. Auch nach der Ergänzung des § 393 Abs 1 ZPO durch die WGN 1989 - mit der ein Zwischenurteil in jenen Fällen ermöglicht werden sollte, in denen nur noch strittig ist, ob der tatsächlich entstandene Schaden allenfalls durch eine Teilzahlung oder die Aufrechnung einer Gegenforderung getilgt ist (SZ 69/78; RIS-Justiz RS0102003) - darf ein Zwischenurteil über den Grund des Anspruchs erst gefällt werden, wenn insoweit alle Anspruchsvoraussetzungen geklärt und alle Einwendungen erledigt sind (Rechberger in Rechberger § 393 ZPO Rz 9, 7 mwN; Fasching, Lehrbuch2 Rz 1429 f). Hievon kann im vorliegenden Fall mangels Sachverhaltsfeststellungen oder ausreichender Außerstreitstellungen keine Rede sein. Das angefochtene Zwischenurteil war daher (zusammen mit dem erstgerichtlichen Urteil) aufzuheben. Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht auf der Basis der oben dargestellten Rechtslage ein Beweisverfahren durchzuführen und Feststellungen zu den Voraussetzungen des geltend gemachten Ersatzanspruches zu treffen haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.