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OGH vom 21.11.2018, 1Ob127/18k

OGH vom 21.11.2018, 1Ob127/18k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj S*****, geboren am ***** 2002, wegen Unterhalt,

über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Minderjährigen, vertreten durch Mag. Elisabeth Moser-Marzi und Mag. Milorad Erdelean, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 106/18a-131, mit dem dermit Beschluss vom , GZ 83 Pu 17/17w-124, berichtigteBeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 83 Pu 17/17w-121, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs

wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden

aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Begründung:

Bereits vor Scheidung der Ehe der Eltern wurde der Vater zu monatlichen Unterhaltszahlungen in Höhe von 200 EUR ab an den Minderjährigen verpflichtet. Am beantragte er die Herabsetzung des Unterhalts auf 100 EUR, weil er aufgrund eines Autounfalls vom nur Krankengeld und ab eine Invaliditätspension beziehe. Auf dieser Grundlage setzte das Erstgericht die monatliche Unterhaltspflicht mit Beschluss vom für den Zeitraum vom bis auf 170 EUR und ab auf 145 EUR herab. In seinem dagegen erhobenen Rekurs behauptete der Vater,

Aufgrund von Anträgen des Minderjährigen wurde die Unterhaltspflicht des Vaters in weiterer Folgejeweils ausgehend von seinem Pensionseinkommen sukzessive auf zuletzt 237 EUR monatlich erhöht. Der Vater behauptete in den zu diesen Anträgen geführten Verfahren unter anderem, es sei ihm unmöglich die Unterhaltsbeiträge zu zahlen;

Am beantragte der Minderjährige, den Vater zur Vorlage sämtlicher Unterlagen zu einer seit mehr als zehn Jahren bezogenen Unfallrente der A***** Versicherung ***** aufzufordern und ihn zur Zahlung der daraus resultierenden und noch zu beziffernden Unterhaltserhöhungsbeträge zu verpflichten. Am wurde das Erhöhungsbegehren dahin konkretisiert, dass für Februar 2005 bis August 2008 monatlich 283,81 EUR, für September 2008 bis August 2011 monatlich 324,35 EUR, für September 2011 bis August 2012 monatlich 364,89 EUR, für September 2012 bis August 2017 monatlich 405,44 EUR und ab September 2017 monatlich 642,44 EUR an Unterhaltserhöhung gegenüber den beschlussmäßig festgesetzten Beträgen begehrt wurde. Diese Ansprüche seien nicht verjährt, weil der Vater seine Einkünfte aus der privaten Unfallversicherung über Jahre hindurch verschleiert und dazu bewusst unrichtige Angaben gemacht habe. Der von ihm erhobene Verjährungseinwand verstoße daher gegen Treu und Glauben.

Der Vater wandte ein, keine monatlichen Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung bezogen zu haben bzw zu beziehen und in den letzten drei Jahren vor Antragstellung durch den Minderjährigen aus einer solchen Versicherung auch keine Einmalzahlungen erhalten zu haben. Allfällige Unterhaltsansprüche für einen länger als drei Jahre vor Antragstellung zurückliegenden Zeitraum seien verjährt. Das Bestehen der (Familien)Unfallversicherung sei der Mutter des Minderjährigen als seiner Vertreterin ebenso wie der Unfall des Vaters bekannt gewesen. Es wäre am Minderjährigen bzw seiner Mutter gelegen, rechtzeitig „entsprechende Anträge“ zu stellen. Der Vater habe sämtliche Auskünfte nach bestem Wissen und Gewissen erteilt und erhaltene Versicherungsleistungen nicht vorsätzlich verschwiegen oder dazu bewusst unrichtige Angaben gemacht. Es sei ihm zunächst auch nicht bewusst gewesen, dass er eine Pensionsabfindung aus der Unfallversicherung erhalten werde. Er habe sämtliche Versicherungsleistungen zur Abdeckung unfallbedingter Mehraufwendungen verbraucht.

Mit dem angefochtenen (berichtigten) Teilbeschluss wies das Erstgericht den Antrag auf Unterhaltserhöhung für den Zeitraum Februar 2005 bis einschließlich Jänner 2014 wegen Verjährung „zurück“. Mit dem Vorbringen des Minderjährigen, die Verjährungseinrede des Vaters verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, setzte es sich nicht auseinander.

Dem gegen diesen Beschluss – den das Rekursgericht zutreffend als meritorische Entscheidung (Abweisung) verstand – erhobenen Rekurs des Minderjährigen gab es nicht Folge. Es ging davon aus, dass der Vater in sämtlichen Verfahren zur (vom Vater beantragten) Herabsetzung bzw (vom Minderjährigen begehrten) Erhöhung des Unterhalts unerwähnt ließ, dass er aus einer privaten Unfallversicherung im Zeitraum von April 2006 bis Februar 2007 Akontozahlungen in Höhe von insgesamt 46.720,48 EUR und am weitere 391.668,26 EUR, insgesamt also einen Betrag von 438.388,74 EUR erhielt, wobei sich der Gesamtbetrag aus einer Entschädigung für erlittene Dauerfolgen in Höhe von 73.762,08 EUR, einer „Einmalrentenzahlung“ für den Zeitraum Jänner 2005 bis einschließlich Juni 2009 von 85.722,20 EUR und einer Abfindung von 278.904,46 EUR für die ab Juli 2009 anfallende monatliche Rente von 1.617,20 EUR zusammensetzte. Rechtlich ging das Rekursgericht zwar auf den Einwand des Minderjährigen, die Verjährungseinrede des Vaters verstoße gegen Treu und Glauben, ein, verneinte einen solchen Verstoß aber, weil sonst bei unrichtigen bzw unvollständigen Angaben (gemeint: zur Unterhaltsbemessungsgrundlage) stets eine unbefristete Unterhaltserhöhung begehrt werden könnte, die nur bei Bestehen einer rechtskräftigen Entscheidung über das Nichtbestehen eines höheren Anspruchs ausgeschlossen wäre. Da die Mutter als Vertreterin des Minderjährigen „offensichtlich Kenntnis“ vom Bestehen der (Familien)Unfallversicherung gehabt und damit rechnen habe müssen, dass der Vater nach seinem schweren Unfall Leistungen aus dieser Versicherung bezieht, hätte eine Verjährung durch eine frühere, auf eine unbestimmte Unterhaltserhöhung gerichtete Antragstellung vermieden werden können. Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG für nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Minderjährigen mit dem Begehren, den angefochtenen Beschluss im antragsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

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M. BydlinskiRummelDehn5

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7. Zusammengefasst kann daher über den Verjährungseinwand noch nicht abschließend entschieden werden. Dem Revisionsrekurs ist daher im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen. Sollte sich nach Erweiterung der Tatsachengrundlage ergeben, dass der Anspruch nicht verjährt ist, werden auch detaillierte Feststellungen zu den einzelnen Versicherungsleistungen als Grundlage des Unterhaltserhöhungsbegehrens zu treffen und es wird auch auf die behaupteten unfallbedingten Mehraufwendungen des Vaters einzugehen sein.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0010OB00127.18K.1121.000

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