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OGH vom 12.07.2017, 1Ob127/17h

OGH vom 12.07.2017, 1Ob127/17h

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** GmbH, *****, vertreten durch die Harisch & Partner Rechtsanwälte GmbH, Salzburg, gegen die beklagte Partei s***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Gerhard Hiebler und Dr. Gerd Grebenjak, Rechtsanwälte in Leoben, und die Nebenintervenienten 1. Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH, Wien, und 2. S***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Markus Kroner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen 159.395,34 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 46/17s-80, mit dem das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom , GZ 2 Cg 5/13d-75, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die ÖNORM B 2110 kann als Allgemeine Geschäftsbedingung als Bestandteil des zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossenen Werkvertrags Geltung erlangen (vgl RISJustiz RS0038622 [T9]; RS0062077 [T3]). Der Umstand, dass die im Rechtsstreit entscheidungswesentliche Bestimmung des Punktes 12.3.1 Z 2 lit b der ÖNORM B 2110 für eine Mehrzahl von Rechtsstreitigkeiten bedeutsam sein kann, besagt noch nicht, dass eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen wäre. Ist nämlich – wie hier – die Auslegung dieser Regelung der ÖNORM in rechtlich einwandfreier Weise nur in einer bestimmten Richtung möglich und haben die Vorinstanzen diese rechtlich richtige Lösung auf solche Art gefunden, so steht keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zur Lösung an (vgl 1 Ob 139/02a).

12.3. („Schadenersatz allgemein“) der ÖNÖRM B 2110 lautet auszugsweise:

12.3.1 Hat ein Vertragspartner in Verletzung seiner vertraglichen Pflichten dem anderen schuldhaft einen Schaden zugefügt, hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz wie folgt:

2) wenn im Einzelfall nicht anders geregelt, bei leichter Fahrlässigkeit auf Ersatz des Schadens:

b) in allen anderen Fällen mit folgenden Begrenzungen:

-…

- bei einer Auftragssumme über 250.000 EUR: 5 % der Auftragssumme, jedoch höchstens 750.000 EUR.

Wenn der Gehilfe (Klägerin) durch die Schädigung des Dritten (Erstnebenintervenientin) zugleich auch seine Verpflichtung gegenüber dem Werkbesteller (Beklagte) zu sachgemäßer und sorgfältiger Ausführung des Werks verletzt hat, ist der Regressanspruch des Bestellers ein Schadenersatzanspruch aus dem Vertragsverhältnis (RISJustiz RS0017479). Im vorliegenden Fall wurde der Schaden von der Klägerin aufgrund der Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag zugefügt und die Beklagte nimmt diese aufgrund deren vertraglicher Haftung für den mangelhaft erfüllten Werkvertrag im Wege der erhobenen Gegenforderung in Anspruch. Im Rahmen der abgeschlossenen Verträge hat sich die Erstnebenintervenientin mit ihrem Schadenersatzanspruch zunächst an ihre Vertragspartnerin, die Beklagte, gewandt und diese wendet sich mit ihrem Schadenersatzanspruch wiederum an ihre Vertragspartnerin, die Klägerin. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass es sich bei der eingewendeten Gegenforderung um den Schaden handelt, den die Klägerin im Sinn des Punktes 12.3.1 der ÖNORM B 2110 schuldhaft der Beklagten als ihrer Vertragspartnerin zugefügt habe und der Regressanspruch der Beklagten ein Schadenersatzanspruch aus dem Werkvertrag mit der Klägerin sei, ist im Hinblick auf die zitierte Judikatur jedenfalls vertretbar. Diese Rechtsansicht wird auch in der Literatur (Wagner/Scharmüller, ÖNORM B 2110: Haftungsbeschränkung bei Ansprüchen Dritter?, bau aktuell 2012, 21 [24 f]) vertreten. Eine Differenzierung zwischen einem unmittelbar der Beklagten als Auftraggeberin zugefügten Schaden oder einem dieser erst mittelbar (durch Inanspruchnahme durch den Dritten) entstehenden Schaden wird in dieser Bestimmung der ÖNORM B 2110 nicht gemacht. Dass das Berufungsgericht der Klägerin als Auftragnehmerin die Haftungsbegrenzung bei leichter Fahrlässigkeit im Regress der beklagten Auftraggeberin zugute kommen ließ, ist damit nicht zu beanstanden.

2. Einen von der Klägerin der Beklagten deliktisch zugefügten Schaden vermag diese nicht aufzuzeigen. Absolut geschützte Rechtsgüter der Beklagten wurden nicht verletzt. Der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Benützung des Liegenschaftseigentums der Erstnebenintervenientin aufgrund einer vertraglichen Einigung zwischen der Beklagten und dieser ausdrücklich gestattet war (vgl § 42 Abs 3 und § 43 Abs 4 EisbG), sodass diese Bestimmungen des EisbG durch die von der Klägerin im Auftrag der Beklagten durchgeführten Grabungsarbeiten grundsätzlich nicht verletzt worden seien, hält die Beklagte nichts Substanzielles entgegen und vermag damit keine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen.

3. Ob eine Fehlhandlung die Annahme grober Fahrlässigkeit rechtfertigt, bildet bei Vertretbarkeit der von den Umständen des Einzelfalls abhängigen Beurteilung grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Die Revision ist daher nur dann zulässig, wenn die Beurteilung des Sachverhalts auch bei weitester Auslegung den von der Judikatur für die Annahme oder die Verneinung grober Fahrlässigkeit aufgestellten Kriterien nicht entspricht (RISJustiz RS0044262 [T48, T 50]; RS0087606 [T22]). Das ist hier nicht der Fall. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die nicht ausreichende Tragfähigkeit des Dammkörpers vor Beginn der Arbeiten nicht erkennbar gewesen sei, die Grabungsarbeiten zwar im Böschungsbereich, aber doch am Fuß des Bahndamms durchgeführt worden seien, bei den Grabungsarbeiten Verbaukästen verwendet worden seien, die hinterfüllt und (wenngleich nicht ausreichend) verdichtet worden seien, und auch einem Mitarbeiter der Zweitnebenintervenientin, die die Trasse geplant und die Bauaufsicht über hatte, eine Gefahr oder eine Sorgfaltswidrigkeit der Klägerin nicht aufgefallen sei, sodass der Klägerin nur leichte Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei, ist nicht korrekturbedürftig.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00127.17H.0712.000
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