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Ausschluss einer mit Hijab verschleierten Privatbeteiligten vom Strafprozess unzulässig
iFamZ 2018/183
EGMR , Bsw-Nr 3413/09, Lachiri gg Belgien
Hagar Lachiri wollte 2007 als Privatbeteiligte an der mündlichen Verhandlung im Strafverfahren über die Tötung ihres Bruders teilnehmen und Schadenersatz geltend machen. Nachdem sie der Aufforderung, ihr Kopftuch, das nur ihr Haar und den Nacken bedeckte, abzulegen, nicht nachgekommen war, wurde sie aus dem Gerichtssaal des Brüsseler Berufungsgerichts gewiesen. Das Gericht stützte die Aufforderung, das Kopftuch abzunehmen, sowie den anschließenden Ausschluss aus dem Gerichtssaal auf Art 759 des Belgischen Code Judiciaire (BCJ). Danach müssen Personen, die an mündlichen Verhandlungen teilnehmen, dies mit unbedeckten Köpfen tun und sich respektvoll und still verhalten.
Der EGMR erkannte im Ausschluss der Beschwerdeführerin aus dem Gerichtssaal eine rechtfertigungsbedürftige Beschränkung ihrer Religionsfreiheit nach Art 9 EMRK. Für die Rechtfertigung einer derartigen Beschränkung müssten dreierlei Voraussetzungen vorliegen: Die Beschränkung muss „gesetzlich vorgesehen“ sein, sie muss eines der in Art 9 Abs 2 EMRK genannten Ziele verfolgen und „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ sein. Als legitimes Ziel der Norm erkennt der EGMR die Verhinderung respektlosen ...