OGH vom 26.03.1997, 3Ob114/97d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Franz H*****, 2. Johanna H*****, beide vertreten durch Dr.Alfred Lind und Dr.Klaus Rainer, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagten Parteien 1. Rupert A*****,
2. Irma A*****, beide vertreten durch Dr.Arnold Petrowitsch und Dr.Gerhard Petrowitsch, Rechtsanwälte in Leibnitz, wegen Unterlassung (Streitwert S 50.000), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 96/95-27, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Leibnitz vom , GZ 4 C 4738/93y-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie insgesamt zu lauten haben:
"Die beklagten Parteien sind schuldig, binnen 14 Tagen bei Exekution das Befahren des zwischen der Südsteirischen Grenzstraße und der EZ 15 Grundbuch ***** S***** befindlichen Weges, der über die Liegenschaft EZ 31 Grundbuch ***** S*****, nämlich über die Grundstücke 624/30 (Überlandgrundstück KG ***** E*****) und .63 Baufläche führt, zu Zwecken seines Buschenschankbetriebs, insbesondere durch Gäste des Buschenschankbetriebs, zu unterlassen.
Das darüber hinausgehende Begehren, die Beklagten seien schuldig, das Befahren dieses Weges uneingeschränkt zu unterlassen, wird abgewiesen."
Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, den klagenden Parteien den Geldbetrag von S 4.050 an Barauslagen binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen. Die übrigen Prozeßkosten und Kosten der Rechtsmittelverfahren werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 31 KG S*****, zu der ua das Grundstück 624/30 und .63 (Baufläche) gehört. Die Beklagten sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 15 KG S*****, zu der ua das Grundstück Nr. 500 gehört.
Die Liegenschaft der Beklagten liegt südlich der grob gesehen von Osten in Richtung Westen verlaufenden Eckberger Weinstraße (Grenzlandstraße) und wird durch zwei von der Eckberger Weinstraße abzweigende Zufahrten erschlossen, wobei die eine Zufahrt östlich des Anwesens S 26 und die andere westlich des Anwesens S 26 verläuft. Nur die streitgegenständliche westliche Zufahrt führt über die Grundstücke Nr. 624/30 und Baufläche .63 der Kläger; die östliche Zufahrt führt zur Gänze über Grundstücke der Beklagten. Im Bereich des Einmündungstrichters des westlichen Zufahrtsweges in die Grenzlandstraße steht ein allgemeines Fahrverbotsschild mit der Aufschrift "Fahren und Parken verboten"; weiters steht im östlichen Bereich der Liegenschaft der Kläger eine Tafel mit der Aufschrift "Privatgrund - Durchfahrt verboten".
Die Kläger begehren das Urteil, die Beklagten seien schuldig, das Befahren dieser westlichen Zufahrt, die im Urteilsbegehren näher beschrieben wird, zu unterlassen. Zur Begründung dieses Unterlassungsbegehrens brachten sie vor, die Beklagten behaupteten tatsachenwidrig das Bestehen eines ersessenen Servitutsrechts zum Befahren dieses Weges. Der Weg werde trotz einer Verbotstafel und trotz mehrfacher Aufforderung immer wieder von den Beklagten befahren; der Erstbeklagte fordere auch Gäste seines Buschenschankbetriebs auf, den Weg zu befahren.
Die Beklagten wendeten ein, ihre Rechtsvorgänger hätten diese einzige Zufahrt mit allen Fahrzeugen zur Bewirtschaftung in der gleichen Weise seit mindestens 1933 benützt. Bereits die Vorbesitzer hätten diesen Weg ersessen; die Beklagten hätten die Benützung des ersessenen Weges fortgesetzt. Der Weg werde auch von den Beklagten instandgehalten. In den Jahren 1970/1971 hätten die Beklagten einen zusätzlichen Weg von der Südsteirischen Grenzstraße zum Haus S***** Nr. 26 gebaut. Dieser Weg sei aber so steil, daß er mit schweren Geräten oder schweren Lasten, wie 1.000 l Wein, nicht befahren werden könne, im Winter auch nicht mit leichten Lasten. Die Weiterbenützung des ersessenen Servitutswegs sei daher für die Bewirtschaftung der Liegenschaft der Beklagten notwendig. Die Kläger hätten im Sommer 1993 versucht, durch Aufstellen von kleinen Tafeln und zeitweiliges Abstellen von Fahrzeugen die Benützung des Servitutswegs durch die Beklagten und ihre Leute zu beeinträchtigen. Die Beklagten hätten dennoch den ersessenen Servitutsweg weiterhin benützt.
Die Kläger replizierten, es entspreche nicht den Tatsachen, daß der Weg in seiner heutigen Form auch schon in den letzten Jahrzehnten bestanden hätte. Tatsächlich hätten erstmals die Beklagten nach ihrem Zuzug begonnen, den Weg kontinuierlich zu verbreitern; weiters hätten sie widerrechtlich eine Anschotterung vorgenommen. Vor 1970 habe ein befahrbarer Weg nur bis zur Kellertür des Anwesens der Kläger bestanden; in weiterer Folge habe ein weitgehend unberührter Geländeverlauf ohne Wegbefestigung bestanden. Die Rechtsvorgänger der Beklagten hätten diesen Weg zwar zeitweise befahren; es sei ihnen jedoch bewußt gewesen, daß sie dazu nicht berechtigt waren; daher hätten sie die Eltern der Zweitbeklagten immer vorher um Erlaubnis gefragt. Durch diese prekaristische Nutzung sei die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Die Beklagten seien zuletzt sogar schon so weit gegangen, daß sie Gäste ihres Buschenschankbetriebs veranlaßt hätten, den Weg zu befahren. Selbst nach Ersitzung einer Servitut wären keineswegs Besucher des Buschenschankbetriebs zur Benützung des Weges legitimiert. Für die Benützung bestehe im übrigen keine Notwendigkeit, weil die eigene Zufahrt von der Weinstraße immer befahren werden könne. Bei starker Schneelage sei die Liegenschaft der Beklagten auch über den strittigen Weg nicht erreichbar.
Die Beklagten brachten weiters vor, ihre Rechtsvorgänger hätten zur Befestigung des Weges eine Steinmauer aufgeführt, die im Zuge des Ausbaus der Südsteirischen Grenzstraße und Herstellung einer flacheren Böschung zugeschüttet worden sei. Der Buschenschankbetrieb stelle im südsteirischen Raum eine ortsübliche Bewirtschaftung eines Weinbaubetriebes dar.
Das Erstgericht wies die Klage ab; es stellte folgenden Sachverhalt fest:
Die westliche (hier strittige) Zufahrt zur Liegenschaft der Beklagten ist ein zunächst asphaltierter Weg, der im Einmündungsbereich am südlichen Fahrbahnrand der Eckberger Weinstraße eine Breite von 11 m aufweist. In weiterer Folge verjüngt sich dieser Weg, durchgehend asphaltiert, auf eine lichte Weise von 5,5 m. Rund 4 m südlich des südlichen Fahrbahnrandes der Eckberger Weinstraße beschreibt dieser Weg einen etwa 90-gradigen knickförmigen Verlauf in Richtung Osten. In der Folge führt dieser Weg über eine Länge von etwa 26 m auf den Grundstücken Nr. 624/30 und .63 Baufläche an der nördlichen Giebelseite des Hauses S 27 vorbei und erreicht schließlich das Grundstück Nr. 500 der Beklagten.
Rund 10 m östlich der östlichen Begrenzung des Einmündungstrichters, gemessen vom knickförmigen Verlauf des Weges in Richtung Osten, befindet sich die nordwestliche Ecke des Hauses S 27. Von hier verläuft die nördliche Giebelwand annähernd parallel zum Weg über eine Länge von 6,5 m, springt dann in Richtung Süden um etwa 0,85 m zurück, verläuft in der Folge annähernd wieder parallel zum Weg, geradlinig über eine Länge von 2,5 m. Daran anschließend ist eine zweiflügelige Kellertür mit einer Breite von 1,4 m und nachfolgend noch ein Mauerwerk mit einer Länge von 2,86 m vorhanden. Wenn man diese Mauer geradlinig in Richtung Osten verlängert, wird nach einer Länge von 2,86 m die Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken der Streitteile erreicht.
Der westliche Weg hat nach dem Einmündungstrichter eine Breite von rund 2,9 m, wobei in der Mitte des Weges eine rund 80 cm breite, grasbewachsene Mittelböschung ausgebildet ist. Seitlich an die Wegfläche schließen grasbewachsene Bankette an. Der Weg ist mit Ausnahme des Mittelbereiches durchgehend mit Schotter versehen.
Im Bereich des Einmündungstrichters des Weges in die Eckberger Weinstraße ist ein allgemeines Fahrverbotsschuld mit der Aufschrift "Fahren und Parken verboten" angebracht. Von Richtung Osten in Richtung Westen findet sich etwa 2 m nach der Grundgrenze zwischen dem Grundstücke Nr. 500 und dem Grundstück .63 Baufläche ein Pflock, an dem eine gelbe Kunststofftafel mit der Aufschrift "Privatgrund - Durchfahrt verboten" angebracht ist. Eine Tafel mit gleichlautendem Text ist auch unmittelbar vor dem Gebäude S 27 in Richtung Westen im Bereiche der nordwestlichen Hausecke des Gebäudes S 27 angebracht.
Unmittelbar nach der Grundgrenze zwischen den Grundstücken .63 Baufläche und Nr. 500 geht der Weg in einen Parkplatzbereich über, der teilweise geschottert, teilweise grasbewachsen ist. Nördlich des Weges und des Parkplatzbereiches befindet sich das Gebäude mit der Aufschrift "Buschenschank A*****" und der Bezeichnung S 26. Der Weg führt im weiteren Verlauf an der Südseite dieses Gebäudes vorbei in Richtung Osten, zunächst geschottert und in weiterer Folge wieder als asphaltierte, durchgehende Wegfläche. Bei dieser Wegfläche handelt es sich um die östliche Zufahrt zum Anwesen S 26. Die Asphaltfläche beginnt in etwa auf Höhe der östlichen Giebelwand des Gebäudes S 26, welche noch in Massivbauweise (gemauert) ausgeführt ist. Von hier führt der Weg abwärts in einer Linkskurve zur Eckberger Weinstraße, wobei dieser Weg eine Länge von rund 50 m aufweist und durchgehend asphaltiert ist. Im Einmündungbereich dieses Weges in die Eckberger Weinstraße hat der Einmündungstrichter eine gemessene Breite von rund 12 m und verjüngt sich in weiterer Folge (in Richtung zum Anwesen der Beklagten) etwa auf 5 m, gemessen auf Höhe einer Telefonanschlußstelle. In weiterer Folge verringert sich die Wegbreite auf 2,9 m, nimmt etwa ab der Mitte des Weges auf 3,1 m zu und hat im Bereich der östlichen Giebelwand des Hauses S 26 eine Breite von 3,2 m.
Dieser Weg ist durchgehend relativ steil und konnte im Zuge der Anreise des erkennenden Richters zur Örtlichkeit mit dem Privat-PKW nur mit dem ersten Gang befahren werden.
Von der Eckberger Weinstraße aus kommend ist der Bereich seitlich des vorgenannten (östlichen) Weges derart ausgeführt, daß sich links zunächst teilweise ein Wiesenstreifen und in weiterer Folge eine steil abfallende Böschung, die durchgehend bewachsen ist, findet. Auf der rechten Seite ist ebenfalls eine sehr steil ansteigende Böschung vorhanden, die sich durchgehend entlang des Weges erstreckt.
Am westlichen Rand des Einmündungstrichters des (östlichen) Weges ist eine auf zwei Holzpflöcken angebrachte Tafel mit der Aufschrift "Buschenschank A*****" angebracht.
Die Liegenschaft S 26 befand sich etwa von 1933 bis 1962 im Eigentum von Viktor und Maria R*****, die in S***** lebten und die Liegenschaft S 26 als Winzerhaus und Weingarten nutzten. Zeitweise war diese Liegenschaft an verschiedene Winzer verpachtet, unter anderem in den Jahren 1952 bis 1956 an Maria G***** und Sepp L*****. Etwa 1962 erwarb Maria R***** die Liegengeschaft S 26 von ihrer Tante Maria R*****. Im Jahre 1970 veräußerte Maria R***** die Liegenschaft S 26 an die Beklagten.
Zumindest seit jenem Zeitpunkt, als die Liegenschaft S 26 im Eigentum von Viktor und Maria R***** stand, dies war etwa 1933 der Fall, erfolgte die Zu/Abfahrt zu dieser Liegenschaft über den bereits seinerzeit in der Natur vorhandenen, westlich des Anwesens S 26 verlaufenden, in Richtung Süden von der Eckberger Weinstraße abzweigenden Weg über die nunmehr im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke. Dieser Weg stellte seinerzeit die einzige mit Fuhrwerken/Fahrzeugen befahrbare Wegverbindung zwischen dem Anwesen S 26 und der Eckberger Weinstraße dar, welche seinerzeit noch vor dem Ausbau derselben weiter südlich und daher näher an den Anwesen der Streitteile verlief. Östlich der Liegenschaft S 26 war seinerzeit nur ein schmaler und steiler Gehweg vorhanden, der mit Fuhrwerken nicht befahren werden konnte. Alle zur Bewirtschaftung und Erhaltung der Liegenschaft S 26 erforderlichen Wirtschaftsfuhren wurden über den zuvor geschilderten, westlich der Liegenschaft S 26 verlaufenden Weg abgewickelt. Über diesen Weg wurden auch Grundstücke erreicht, die sich nördlich der Eckberger Weinstraße befanden und die durch die Eigentümer Viktor und Maria R***** bzw deren Pächtern teilweise als Acker, aber auch als Weingarten bewirtschaftet wurden. Der westlich des Anwesens S 26 verlaufende Weg wurde auch zur Bringung des zur Bewirtschaftung der Liegenschaft erforderlichen Wassers benutzt.
Bis etwa zum Jahre 1986 stand die Liegenschaft S 27 im Eigentum der Ehegatten R*****, die Eltern der Zweitklägerin. Seinerzeit bestand zwischen den Familien R*****/R***** und R***** ein "sehr gutes Einvernehmen", wobei es selbstverständlich war, daß der westlich des Anwesens S 26 verlaufende Weg durch die Eigentümer/Pächter (Winzer) des Anwesens S 26 benutzt wurde; es war nicht üblich, daß die Eigentümer/Pächter des Anwesens S 26 bei den Eigentümern R***** um die Benutzung des Weges anfragten.
In den Jahren zwischen 1950 und 1960, höchstwahrscheinlich im Jahre 1955, wurde der westlich des Anwesens S 26 gelegene Weg gemeinschaftlich durch Otmar S*****, der den Keller im Haus S 27 von Karl R***** gepachtet hatte, und Josef L*****, der auf dem Anwesen S 26 als Winzer lebte, unter Mitwirkung des Ehegatten der Antonia H***** instandgesetzt und teilweise durch Anschütten von Erdmaterial in Richtung Norden geringfügig verbreitert. Dieses Erdmaterial stammte aus dem Keller des Hauses S 27, weil dort ein Betonboden eingebracht wurde.
Weiter verbessert und vor allem verbreitert wurde der konkrete Weg im Bereiche der nördlichen Giebelwand des Hauses S 27 im Zuge des ersten Ausbaues der Eckberger Weinstraße Anfang der 60-er Jahre. Etwa bis zu diesem Zeitpunkt befand sich unmittelbar an der nördlichen Giebelwand des Gebäudes S 27 in jenem Bereich, wo die Giebelwand in Richtung Süden um etwa 0,85 m zurückspringt, ein Kalk/Zementbottich, der einen Durchmesser von rund 1 m bis 1,5 m aufwies.
Nach dem Ankauf der Liegenschaft S 26 wurde dieses Anwesen durch die Beklagten umgebaut, wobei sie etwa seit 1972 einen Buschenschankbetrieb auf dieser Liegenschaft betreiben. Im Zuge des Umbaues des Anwesens wurde durch die Beklagten der östlich des Anwesens Sulztal 26 vorhandene, etwa 1,5 m breite, nicht beschotterte und nicht asphaltierte Weg ausgebaut und in jenen Zustand gebracht, den er heute aufweist. Im Zuge des Umbaues der Liegenschaft S 26 wurde durch die Beklagten auch ein Stallgebäude abgerissen, wobei das Abbruchmaterial zum Teil auch über den über die Grundstücke der Kläger verlaufenden Weg abtransportiert wurde. In den Jahren danach wurden auch die Weingärten der Beklagten umgestaltet, wobei große Mengen an Wasserbausteinen verwendet wurden. Diese Wasserbausteine wurden über den westlich des Anwesens S 26 befindlichen Weg transportiert, der dadurch zum Teil in Mitleidenschaft gezogen wurde, weshalb die Beklagten diesen Weg etwa 1992 mit Schotter instandsetzten.
Die Beklagten wohnen unweit ihrer Liegenschaft S 26 in S 21, wo sie einen Weinbaubetrieb unterhalten. Unter anderem ist es auch erforderlich, daß Kellereimaschinen wie auch der Wein zwischen den Liegenschaften S 21 und S 26 hin- und hergeführt werden muß. Zu diesem Zwecke benutzten die Beklagten die westlich des Anwesens S 26 gelegene Zufahrt, weil diese annähernd eben verläuft. Der konkrete über die Grundstücke der Kläger führende Weg wird zum Teil auch durch Buschenschankgäste befahren.
Vor rund zwei Jahren, im Sommer 1992, brachten die Kläger einerseits im Bereiche der nordwestlichen Hauskante des Gebäudes S 27 nach der Grundgrenze zwischen dem Grundstück Nr. 500 und dem Grundstück .63, jeweils eine Pflock mit einer gelben Kunststofftafel mit der Aufschrift "Privatgrund - Durchfahrt verboten" an. Im März 1994 haben die Kläger im Bereich des Einmündungstrichters des Weges (der westlichen Zufahrt) in der Eckberger Weinstraße das allgemeine Fahrverbotschuld mit der Aufschrift "Fahren und Parken verboten" aufgestellt.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, gemäß § 523 ABGB stehe dem Eigentümer nicht nur gegen Anmaßung oder unberechtigte Erweiterung einer Servitut, sondern gegen jeden, nicht hoheitlichen, unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht die Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria) zu, die unabhängig vom Eintritt eines Schadens sowie Zurechnungsfähigkeit, Verschulden oder Störungsabsicht gegen den Störer erhoben werden könne. Den Kläger treffe die Beweislast für das verletzte Recht und den Eingriff, den Beklagten für das Recht zum Eingriff, etwa für die Ersitzung. Das ABGB kenne zwei Hauptarten der Ersitzung, nämlich die eigentliche Ersitzung und die uneigentliche Ersitzung. Für beide Ersitzungsarten sei Voraussetzung die Fähigkeit der Person (§§ 1453, 1454 ABGB), Eignung der zu ersitzenden Sache (§§ 1455 bis 1459 ABGB), wozu für die eigentliche Ersitzung noch ein rechtmäßiger, redlicher und echter Besitz (rechtlicher Besitz, "Ersitzungsbesitz") verlangt werde. Für die uneigentliche Ersitzung sei die Rechtmäßigkeit (der Titel) nicht Voraussetzung; sie erfordere nur Redlichkeit und Echtheit des Ersitzenden; weiters werde der Verlauf der Ersitzungszeit gefordert, wobei für unwegliche Sachen die lange Ersitzungsdauer (30 Jahre) Geltung habe. Die Beweislast für das Vorliegen der Ersitzungsvoraussetzungen treffe grundsätzlich den Ersitzungsbesitzer, der außer der Besitzausübung, die nach Inhalt und Umfang dem zu erwerbenden Recht entsprechen müsse, die Vollendung der Ersitzungszeit nachweisen müsse. In letzterer Hinsicht genüge es, daß der Bestand des Besitzes zum Beginn und am Ende der Ersitzungszeit feststehe. Der Gegner habe demgegenüber einen in der Ersitzungszeit eingetretenen Besitzverlust oder eine Unterbrechung der Ersitzung zu beweisen, weiters auch, daß der Besitz nicht redlich und (oder) nicht echt war. Aufgrund des festgestellten Sachverhalts ergebe sich in rechtlicher Hinsicht, daß sich die Vorvor- und Voreigentümer der Beklagten bereits seit etwa 1933 im fehlerfreien Ersitzungsbesitz an jener Weganlage befunden hätten, die über die Grundstücke der nunmehrigen Kläger führe. Unter Berücksichtigung der 30jährigen Ersitzungsdauer sei daher die gesetzlich geforderte Ersitzungszeit im Jahr 1963 abgelaufen. Ab diesem Zeitpunkt sei das Wegerecht zum Zweck der vorteilhaften Benützung und Bewirtschaftung der Liegenschaft der Beklagten im uneingeschränkten Ausmaß - abgesehen von den natürlichen, örtlichen Gegebenheiten - durch Ersitzung rechtswirksam begründet. Nach den Beweisergebnissen lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß es den Voreigentümern der Beklagten während der Ersitzungszeit an der Redlichkeit und/oder Echtheit ihres Ersitzungsbesitzes gemangelt hätte. Auch der Umstand, daß die über die Grundstücke der Kläger verlaufende Wegtrasse 1955 nochmals etwas verbreitert wurde, schade dem Ersitzungsbesitz deshalb nicht, weil die durch diese Maßnahmen geschaffene verbreiterte Wegtrasse durch die Vorvoreigentümer der Beklagten in dem zur Verfügung stehenden Ausmaß mitbenutzt worden sei und hinsichtlich dieser Benützung ebenfalls die 30jährige Ersitzungszeit spätestens Anfang 1992 abgelaufen sei. Die Anbringung von Tafeln mit der Aufschrift "Privatgrund - Durchfahrt verboten" durch die Kläger im Sommer 1992 habe eine Schlechtgläubigkeit der Ersitzungsbesitzer deshalb nicht mehr auslösen können, weil in diesem Zeitpunkt die gesetzliche Ersitzungszeit von 30 Jahren bereits abgelaufen gewesen sei. Gleiches treffe auf das von den Klägern angebrachte allgemeine Fahrverbotsschild mit der Aufschrift "Fahren und Parken verboten" zu, das erst im März 1994 im Bereich des Einmündungstrichters des Weges in die Eckberger Weinstraße aufgestellt wurde.
Das Erstgericht bejahte auch das Recht der Beklagten, die Weganlage im Rahmen ihres Buschenschankbetriebes zu benützen, aus folgenden Überlegungen: Der Umfang einer Wegeservitut richte sich nach der Kulturgattung und der Bewirtschaftungsart des herrschenden Grundstücks zum Zeitpunkt der Bestellung bzw Ersitzung der Dienstbarkeit; das Ausmaß der Dienstbarkeit und der Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse richteten sich nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere nach Natur und Zweck der Dienstbarkeit zur Zeit ihrer Einräumung. Nach dem festgestellten Sachverhalt werde die Liegenschaft der Beklagten zumindest seit 1933 als Winzerhaus und Weingarten benutzt. Der Umstand, daß die Beklagten auf der Liegenschaft S 26 seit 1972 einen Buschenschankbetrieb unterhalten, stelle keine unzulässige Servitutserweiterung dar, weil die Beklagten gemäß § 1 des Steiermärkischen Buschenschankgesetzes 1979 berechtigt seien, von in der Steiermark gelegenen Wein- und Obstgärten den aus ihrer eigenen Ernte stammenden und in ihrem eigenen Betrieb erzeugten Wein und Obstwein in der Gemeinde des Erzeugungsortes oder in der Gemeinde ihrer landwirtschaftlichen Hauptbetriebsstätte an Gäste entgeltlich auszuschenken (Buschenschankrecht). Die Ausübung des Buschenschankrechtes sei daher aufgrund dieser landesgesetzlichen Grundlage in der Steiermark als ortsübliche mögliche Nutzung von Wein- und Obstgärten anzusehen, sodaß aus dem Umstand des Buschenschankbetriebes nicht gefolgert werden könne, daß die Beklagten eine unzulässige Dienstbarkeitserweiterung für sich in Anspruch nehmen.
Auch der Einwand der Kläger, die Beklagten hätten keine Notwendigkeit zur Benützung des streitgegenständlichen Weges, sei verfehlt. Richtig sei zwar, daß Grunddienstbarkeiten, mit denen der jeweilige Eigentümer des herrschenden Gutes berechtigt werde, eine vorteilhaftere oder bequemere Benützung des berechtigten Grundstücks ermöglichen müssen. An dieses Utilitätserfordernis werde aber kein strenger Maßstab gelegt, weil Bequemlichkeit der Nützlichkeit gleichgestellt sei; daher schadeten nur Zwecklosigkeit oder völlige Unwirtschaftlichkeit. Das Utilitätserfordernis sei im konkreten Fall jedenfalls deshalb gegeben, weil die westliche Zufahrt zur Liegenschaft S 26 annähernd eben verlaufe, während die östliche Zufahrt zu dieser Liegenschaft eine nicht unbeträchtliche Steigung aufweise. Nach dem festgestellten Sachverhalt benützten die Beklagten den über die Grundstücke der Kläger führenden Weg vor allem auch zum Zweck des Transportes von Kellereimaschinen, Wein udgl, die die Beklagten zwischen den Liegenschaften S 21 und S 26 hin- und herführen müßten. Aufgrund der Flachheit der westlichen Zufahrt zur Liegenschaft S 26 sei daher auch das Utilitätserfordernis gegeben.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes "insgesamt" S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen, denen erhebliche Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zukomme, nicht vorlägen und der Schwerpunkt des vorliegenden Prozesses im Tatsachenbereich liege.
Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, schloß sich seiner Rechtsansicht an und führte ergänzend aus, die Kläger hätten im Verfahren erster Instanz auch vorgebracht, daß die Beklagten seit dem Betreiben einer Buschenschank (seit 1972) auch veranlaßten, daß Gäste den strittigen Weg befahren; dadurch liege eine unzulässige Ausweitung eines bestehenden Servitutsrechts vor. Ob dieses Vorbringen allenfalls eine Erörterungspflicht des Erstrichters auslösen könnte, könne dahingestellt bleiben, weil das Vorbringen der Kläger nur so verstanden werden könne, daß sie sich insgesamt über die Wegbenützung der Beklagten, die in einem Befahren bestehe, als beschwert erachten. Daher begehrten die Kläger auch, daß die Beklagten ein Befahren dieses Weges zu unterlassen hätten. Diesem Begehren sei aber, weil eine diesbezügliche Dienstbarkeit ersessen sei, ein Erfolg zu versagen. Daß Besucher der Buschenschank diesen Weg auch befahren, könne jedoch nicht zur Aufhebung einer den Beklagten zustehenden Dienstbarkeit führen. Daher brauche nicht näher auf die Rechtsrüge der Kläger eingegangen werden, soweit sie die Rechtsansicht des Erstgerichtes bekämpfen, wonach das Betreiben einer Buschenschank keine unzulässige Dienstbarkeitserweiterung darstelle.
Das Erstgericht habe zutreffend dargelegt, daß an das Utilitätserfordernis im Sinn des § 473 ABGB kein strenger Maßstab anzulegen sei. Die Benützung der annähernd ebenen westlichen Zufahrt über die Grundstücke der Kläger sei jedenfalls bequemer als das Benützen der steilen östlichen Zufahrt. Daß eine steile Zufahrt insbesondere im Winter bei Schneefahrbahn erhebliche Probleme mit sich bringen könne, sei offenkundig.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Kläger ist zulässig und teilweise berechtigt.
Die Klage richtet sich gegen die Anmaßung einer Wegeservitut; sie ist eine Eigentumsfreiheitsklage im Sinn des § 523 ABGB. Die Eigentumsfreiheitsklage steht gegen jeden unberechtigten Eingriff in das Eigentumsrecht zu (Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 9 ff zu § 523).
Die Beklagten wenden ein, der Weg werde nur im Umfang einer ersessenen Servitut benützt.
Nach § 484 ABGB dürfen Servituten nicht erweitert werden; sie sind vielmehr, soweit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestatten, einzuschränken (RdW 1994, 102; SZ 37/62 uva). Das Ausmaß der Dienstbarkeit richtet sich nach dem Titel, auf dem sie beruht (SZ 41/55). Der Umfang einer ersessenen Dienstbarkeit bestimmt sich daher nach der Nutzung, welche die gesamte Ersitzungszeit hindurch und damit auch schon zu deren Beginn bestanden hat (RdW 1994, 102; SZ 56/46 uva).
Von diesen Grundsätzen ausgehend können sich die Beklagten auf eine ersessene Wegeservitut berufen, deren Umfang sich aus der landwirtschaftlichen Nutzung ergibt. Der Umstand, daß nach Ablauf der Ersitzungszeit eine weitere, nicht über die Liegenschaft der Kläger führende Zufahrt geschaffen wurde, führt nicht zum Wegfall der bereits ersessenen Wegeservitut.
Wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, müssen Grunddienstbarkeiten, mit denen der jeweilige Eigentümer des herrschenden Gutes berechtigt wird, eine vorteilhaftere oder bequemere Benützung des berechtigten Grundstückes ermöglichen (§ 473 ABGB). An dieses Utilitätserfordernis wird aber kein strenger Maßstab gelegt, weil Bequemlichkeit der Nützlichkeit gleichgestellt ist; daher schaden nur Zwecklosigkeit oder völlige Unwirtschaftlichkeit (EvBl 1993/175; SZ 54/154; EvBl 1979/69 ua; Petrasch in Rummel, ABGB**2, Rz 2 zu § 473, Rz 4 zu § 524 mwN).
Allein der Umstand, daß die Liegenschaft der Beklagten auf einem anderen, nach Ablauf der Ersitzungszeit geschaffenen, Weg zu erreichen ist, führt daher nicht zum Erlöschen der bereits ersessenen Dienstbarkeit.
Berechtigt ist jedoch das Begehren insoweit, als geltend gemacht wird, die Benützung des Weges als Zufahrt zur Buschenschank sei ein unzulässiger Eingriff in das Eigentum der Kläger.
Der Umfang einer ersessenen Wegedienstbarkeit bestimmt sich danach, zu welchem Zweck das dienstbare Gut während der Ersitzungszeit verwendet wurde. Eine unzulässige Erweiterung im Sinn des § 484 ABGB liegt daher vor, wenn während der Ersitzungszeit für die damals bestandenen landwirtschaftlichen Zwecke des herrschenden Gutes der Weg zwar in jeder Weise befahren wurde, nunmehr aber eine Verwendung durch PKW, Motor- oder Fahrräder statt Wirtschaftsfuhren, besonders für Pensions- und Jausengäste erfolgt (Petrasch in Rummel**2, Rz 2 zu § 484 mwN). Der Betrieb einer Buschenschank kann entgegen der Rechtsansicht der Vorinstanzen nicht anders als der Betrieb einer Gastwirtschaft beurteilt werden. In einem solchen Fall lehnt der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung (s Nachweise bei Rummel aaO, so schon SZ 5/216; GlUNF 4438) eine Erweiterung einer bisher zu Zwecken der Landwirtschaft dienenden Wegeservitut ab.
Eine Anpassung eines Wegerechtes an eine Nutzungsänderung, die durch den Übergang von einer landwirtschaftlichen auf eine gewerbliche Nutzung bedingt wird, wird auch in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich als unzulässige Überschreitung des Dienstbarkeitsumfanges angesehen (s Rothe in BGB-RGRK12, Rz 20 zu § 1018; Falckenberg in MünchKomm**2 Rz 54 zu § 1018; Stürner in Soergel12, Rz 15 zu § 1018). Die von Ring in Staudinger13, Rz 23 zu § 1019 angeführte Entscheidung des Oberlandesgerichtes Karlsruhe NJW-RR 1990, 663, wonach eine Nutzungsänderung des herrschenden Grundstücks von landwirtschaftlicher Nutzung in Mostbetrieb zulässig ist, ist damit begründet, daß in diesem konkreten Fall die Eröffnung eines Ladenverkaufs keine Erweiterung der Benützung des Weges zur Folge hatte.
Aus dem Steiermärkischen Buschenschankgesetz läßt sich für die Frage, ob eine nach § 484 ABGB unzulässige Erweiterung einer Wegeservitut vorliegt, nichts ableiten. Nach § 1 Abs 1 Stmk BuschenschankG 1979 LGBl 42 sind Eigentümer, Fruchtnießer und Pächter von in der Steiermark gelegenen Wein- und Obstgärten berechtigt, den aus ihrer eigenen Ernte stammenden und in ihrem eigenen Betrieb erzeugten Wein und Obstwein, einschließlich alkoholfreier Trauben- und Obstsäfte, in der Gemeinde des Erzeugungsortes oder in der Gemeinde ihrer landwirtschaftlichen Hauptbetriebsstätte an Gäste entgeltlich auszuschenken (Buschenschankrecht). Aus dieser gesetzlichen Bestimmung folgt bloß die Berechtigung zur Ausübung des Buschenschankrechtes, ohne daß daraus abzuleiten wäre, ein derartiger Buschenschank falle jedenfalls in den Rahmen der bestehenden landwirtschaftlichen Nutzung. Aus der Feststellung, daß der Erstrichter anläßlich des Lokalaugenscheins bei der Zufahrt mit seinem PKW den ersten Gang einlegen mußte, folgt in keiner Weise, daß dieser Buschenschankbetrieb nicht auf diesem Weg in einer den Gästen zumutbaren Weise erreichbar wäre. Weiters ist das Buschenschankrecht keineswegs auf ein bestimmtes Grundstück beschränkt; den Beklagten bleibt es jedenfalls unbenommen, einen Buschenschank auf einer anderen Liegenschaft in der betreffenden Gemeinde zu betreiben. Soweit dies die Zufahrt zum Buschenschank betrifft, handelt es sich somit um eine unzulässige Erweiterung der ersessenen Wegedienstbarkeit. Insoweit war somit dem Unterlassungsbegehren der Eigentumsfreiheitsklage Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO bzw §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Die Kläger und die Beklagten sind als jeweils zu gleichen Teilen obsiegend anzusehen, weil dem Unterlassungsbegehren hinsichtlich der Benüttzung des Weges zu Zwecken des Buschenschankbetriebs stattgegeben, das darüber hinausgehende generelle Unterlassungsbegehren jedoch abgewiesen wurde. Die Kosten waren daher gegeneinander aufzuheben. Bei der Abrechnung der Barauslagen der Parteien im Sinn des § 43 Abs 1 Satz 2 ZPO ergibt sich ein Überschuß zugunsten der Kläger, der aus den von ihnen getragenen halben Pauschalgebühren aller Instanzen (S 3.700) und der halben Zeugengebühr (S 350) resultiert.