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OGH vom 12.07.2017, 1Ob120/17d

OGH vom 12.07.2017, 1Ob120/17d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. HoferZeniRennhofer als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin E***** B*****, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, gegen den Antragsgegner R***** B*****, vertreten durch Dr. Klaus Kollmann, Dr. Werner Stegmüller und Dr. Christoph Zauhar, Rechtsanwälte in Graz, wegen nachehelicher Vermögensaufteilung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 2 R 93/17m113, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts GrazOst vom , GZ 247 Fam 1/13k106, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

B e g r ü n d u n g :

Rechtliche Beurteilung

1. Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichts eröffnete der Antragsgegner im Jahr 2011 gemeinsam mit einem Geschäftspartner ein „Lokal“ wobei er hiefür – ohne Zustimmung der Antragstellerin – 400.000 EUR an ehelichen Ersparnissen investierte; die eheliche Gemeinschaft wurde im März 2011 aufgehoben.

Soweit der Revisionsrekurswerber in diesem Zusammenhang davon ausgeht, es habe sich hier um die Investition von Unternehmenserträgnissen gehandelt, ohne dass es zu einer Umwidmung zu privaten Zwecken gekommen wäre, weicht er in unzulässiger Weise vom festgestellten Sachverhalt ab, nach dem die finanziellen Mitteln aus in der Ehe Erspartem stammten. Zudem legt er auch nicht nachvollziehbar dar, aus welcher unternehmerischen Tätigkeit die Mittel stammen sollten und inwieweit diese noch einem (welchem?) Unternehmen zugeordnet gewesen sein könnten. Die Behauptung, er habe Kapital investiert, das aus der Veräußerung eines Bordells und aus anderen Geschäftstätigkeiten zum Teil bereits bei Eheschließung vorhanden gewesen sei, ist als unzulässige Neuerung unbeachtlich:

Sollte – was nicht ausreichend genau festgestellt wurde – die Investition erst nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgt sein, wäre der betreffende Geldbetrag schon deshalb in die Aufteilung einzubeziehen, weil jene ehelichen Vermögenswerte, die zum Trennungszeitpunkt (Aufteilungsstichtag) vorhanden waren, zumindest wertmäßig unabhängig davon in die Aufteilungsmasse fallen, was danach mit ihnen geschehen ist; durch eigenmächtige Vermögensverschiebungen kann ein Ehegatte nicht nachträglich die Aufteilungsansprüche des anderen schmälern (vgl nur RISJustiz RS0057933).

Sollte die Investition hingegen bereits vor der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgt sein, fiele sie jedenfalls in die kritische Phase von zwei Jahren vor der Aufhebung im Sinne des § 91 Abs 1 EheG. Diese Bestimmung differenziert entgegen der Auffassung des Revisionsrekurswerbers nicht danach, ob eine solche der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten widersprechende und ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des anderen erfolgte Verringerung ehelicher Ersparnisse in einem Zusammenhang mit der Investition in ein Unternehmen im Sinne des Abs 2 leg cit steht; vielmehr verfolgt die Regelung des § 91 Abs 1 ganz allgemein den Zweck, die einseitige Veränderung der Verteilungsmasse bei sich abzeichnender Ehekrise zu verhindern (vgl nur Koch in KBB5§ 91 EheG Rz 2 mit Judikaturnachweisen). Dass die Zustimmung der Antragstellerin für die Vermögensverschiebung fehlte, steht fest; der Antragsgegner behauptet nicht einmal, dass die – unstrittig risikoreiche – Investition in ein neues Unternehmen mit der Gestaltung der Lebensverhältnisse der Ehegatten im Einklang gestanden wäre.

Darauf, ob dem Antragsgegner aus der Vermögensverschiebung Vorteile entstanden sind, kommt es nicht an. Vielmehr besteht die Rechtsfolge einer § 91 Abs 1 AußStrG widersprechenden Verfügung darin, dass der Wert des Fehlenden in die Aufteilung einzubeziehen ist. Es wird also fingiert, das Fehlende sei dem betreffenden Ehegatten bereits durch Aufteilung zugekommen (RISJustiz RS0003990). Damit stellt sich auch das im Revisionsrekurs angesprochene Problem des Bewertungsstichtags nicht. Auch ein allfälliger Verlust des investierten Kapitals hat auf die Aufteilung keinen Einfluss, weil dies allein dem Antragsgegner zuzurechnen ist (RISJustiz RS0057613 [T7]).

2. Auch wenn es grundsätzlich zutrifft, dass der Aufteilung unterliegende Vermögensgegenstände in der Regel für den Zeitpunkt der Aufteilungsentscheidung zu bewerten sind (RISJustiz RS0057613, RS0057644), ist dies häufig schon aus praktischen (verfahrenstechnischen) Gründen nicht immer ganz exakt möglich. Im vorliegenden Fall wurden die Werte der österreichischen Liegenschaften zwar für deutlich vor der Entscheidung gelegene Zeitpunkte festgestellt. Ein den Antragsgegner belastender rechtlicher Feststellungsmangel könnte – angesichts der Zuweisung an ihn – nur dann vorliegen, wenn der Aufteilung – und vor allem der Bemessung der von ihm zu entrichtenden Ausgleichszahlung – zu hohe Liegenschaftswerte zugrundegelegt worden wären. Derartiges hat der Antragsgegner aber im Rekursverfahren gar nicht behauptet und die zugrundegelegten Werte insoweit nicht in Frage gestellt. Er kann dies im Revisionsrekurs nicht nachholen, handelt es sich doch um einen abschließend erledigten Streitpunkt.

3. Entsprechendes gilt für seine erstmals im Revisionsrekurs erhobenen Vorwurf, es sei auf die Wertveränderung des Motorboots und des Motorrads nicht Bedacht genommen worden. In diesem Zusammenhang übersieht er offenbar auch, dass der Wert dieser beiden Gegenstände am Ende des Verfahrens (mit 4.000 EUR) außer Streit gestellt wurde, womit sich die Frage einer gerichtlichen Wertermittlung gar nicht mehr stellte.

4. Zu den Miteigentumsanteilen (50 %) des Antragsgegners an einer Wohnliegenschaft in Griechenland wurde (unbekämpft) festgestellt, dass der Antragsgegner diese während des Aufteilungsverfahrens an seine Tochter übertragen hat, obwohl die Antragstellerin im Aufteilungsverfahren die Eigentumsübertragung an sich anstrebte; der Antragsgegner behielt sich im Schenkungsvertrag die lebenslange Nutznießung vor. Das Rekursgericht sprach in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung aus, dass der Antragstellerin die dem Antragsgegner eingeräumten Nutzungsrechte am betreffenden Miteigentumsanteil übertragen werden und begründete dies im Wesentlichen damit, dass sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten gemäß § 84 EheG künftig möglichst wenig berühren sollten und der Antragsgegner durch die Schenkung die Eigentumsübertragung an die Antragstellerin rechtlich unmöglich gemacht habe. Darüberhinaus entspreche es auch – in einer Gesamtschau – unter Bedachtnahme auf die von ihm gewählte Vorgangsweise der Billigkeit, für die Übertragung des Benutzungsrechts keine Abstriche von der festgesetzten Ausgleichszahlung vorzunehmen.

Die Ausführung des Revisionsrekurswerbers, durch die Entscheidung des Rekursgerichts würde in Rechte Dritter, nämlich in das Eigentumsrecht seiner Tochter, eingegriffen, ist nicht verständlich. Nach den getroffenen Feststellungen wurde der Tochter als Beschenkter zwar das Eigentum an seinem Miteigentumsanteil übertragen, doch ist dieses durch sein lebenslanges Nutznießungsrecht beschränkt, das der Tochter somit zu seinen Lebzeiten eine Nutzung der Sache nicht erlaubt. Hat das Rekursgericht nun das Nutznießungsrecht des Antragsgegners – zumindest der Ausübung nach – der Antragstellerin übertragen, bedeutet dies, dass die Nutzungsmöglichkeit nun – bis zum Tod des Antragsgegners – der Antragstellerin zukommen soll. Inwieweit die Tochter des Antragsgegners als Miteigentümerin durch diese gerichtliche Rechtsbegründung benachteiligt sein sollte, wird vom Revisionsrekurswerber nicht nachvollziehbar erklärt. Seine weitere Behauptung, es handle sich um ein „höchstpersönliches Recht“ ist durch die Tatsachenfeststellungen nicht gedeckt; der Revisionsrekurswerber führt auch nicht aus, woraus sich eine solche Höchstpersönlichkeit ergeben sollte.

5. Soweit der Revisionsrekurswerber schließlich moniert, das Rekursgericht habe für die angeordnete Nutzung durch die Antragstellerin keinerlei Abzug von der Ausgleichszahlung vorgenommen, übersieht er, dass die Höhe einer solchen Ausgleichszahlung schon nach dem Wortlaut des § 94 Abs 1 EheG nicht streng rechnerisch zu bestimmen, sondern vielmehr nach Billigkeit festzusetzen ist (RISJustiz RS0057596). Von den Vorinstanzen wurde eine Ausgleichszahlung in Höhe von 237.000 EUR festgesetzt. Dem Revisionsrekurswerber gelingt es nicht aufzuzeigen, dass das Rekursgericht – ausgehend von den sonstigen Ergebnissen des Aufteilungsverfahrens sowie vom Wert des betroffenen Miteigentumsanteils (rund 40.000 EUR) und vom derzeitigen Lebensalter des Antragsgegners (76 Jahre) – den für die Festsetzung einer „billigen Ausgleichszahlung“ bestehenden Ermessensspielraum überschritten hätte. Er legt insbesondere nicht dar, welcher – im Verhältnis zum Gesamtbetrag ins Gewicht fallende – Wert dem (zeitlich begrenzten) Nutzungsrecht zukommen könnte.

6. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00120.17D.0712.000
Schlagworte:
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