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OGH vom 15.12.2008, 4Ob197/08m

OGH vom 15.12.2008, 4Ob197/08m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Zechner als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Schenk sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Emil H*****, vertreten durch Kasseroler & Partner Rechtsanwälte KG in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Dr. Martin B*****, Rechtsanwalt, *****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in Innsbruck, und die Nebenintervenientin auf Seiten der beklagten Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Andreas Kolar, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 350.418,32 EUR sA (Rekursinteresse 298.144,32 EUR sA), über den Rekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 94/08b-48, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 13 Cg 50/06z-41, in seinem Punkt 1 aufgehoben und die Rechtssache insofern zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger und dessen Mutter beauftragten den Beklagten, einen Rechtsanwalt, mit der Errichtung eines Schenkungsvertrags über zwei der Mutter gehörende Liegenschaften. Aufgrund der Ergebnisse einer Besprechung am verfasste der Beklagte einen Vertrag, der unter anderem folgende Bestimmungen enthielt:

„Der Geschenkgeber hat unmittelbar vor Unterfertigung dieses Vertrags dem Geschenknehmer den [...] Vertragsgegenstand geschenkt und übergeben. Der Geschenknehmer hat die Schenkung dankend angenommen."

„Die Übergabe und Übernahme des Vertragsgegenstandes in den Besitz und Genuss des Geschenknehmers erfolgte unmittelbar vor Vertragsunterfertigung. Zum Zwecke der Übergabe und Übernahme wurde der Vertragsgegenstand am Tag der Vertragsunterfertigung gemeinsam begangen und besichtigt, wobei der Geschenkgeber dem Geschenknehmer einen Grundbuchsauszug aushändigte und die Verwaltungsunterlagen übergab."

„Der Geschenknehmer räumt seinen Eltern [...] das Recht ein, auf der Liegenschaft [...] auf Lebenszeit unentgeltlich zu wohnen. [...]

Diese nehmen die Rechtseinräumung an."

Das Wohnrecht bezog sich auf eine der beiden Liegenschaften, auf der sich ein von den Eltern des Klägers bewohntes Einfamilienhaus befand. Die im Vertrag beurkundete wirkliche Übergabe hatte in Wahrheit nicht stattgefunden.

Der Kläger und seine Mutter unterfertigten den Vertrag am in notariell beglaubigter Form. Zugleich errichtete die Mutter unter Anleitung des Beklagten ein Testament zugunsten des Klägers, um diesen „abzusichern". Der Vater des Klägers war wegen eines Krankenhausaufenthalts weder bei der Besprechung noch bei der Vertragsunterfertigung anwesend. Er unterfertigte den Vertrag auch später nicht.

Am teilte ein von der Mutter beauftragter Rechtsanwalt dem Beklagten mit, dass die Mutter die Liegenschaft mit dem Wohnhaus dem Kläger nicht habe schenken wollen. Der Beklagte sei den Vertrag mit ihr vor der Unterschrift nicht durchgegangen. Zudem sei die darin behauptete Übergabe nicht erfolgt, weswegen der Vertrag zu seiner Gültigkeit der Notariatsaktform bedurft hätte. Der Vertrag sei daher unwirksam.

Als Reaktion darauf schlug der Beklagte dem Kläger vor, bei der Liegenschaft mit dem Wohnhaus sofort die Einverleibung des Eigentumsrechts zu beantragen, um die Heilung des möglicherweise formunwirksamen Schenkungsvertrags herbeizuführen. Der Kläger stimmte zu, und der Beklagte überreichte am einen Grundbuchsantrag. Das Grundbuchsgericht bewilligte diesen Antrag und trug den Kläger als Eigentümer ein. In weiterer Folge setzte die Mutter allerdings in einem streitigen Verfahren die Löschung dieser Eintragung durch. Der Oberste Gerichtshof (9 Ob 149/04h = SZ 2005/12) verneinte das Vorliegen einer wirklichen Übergabe, die weder tatsächlich erfolgt noch wegen des für die Eltern des Klägers begründeten (umfassenden) Wohnrechts überhaupt möglich gewesen sei. Daher habe die Schenkung eines Notariatsakts bedurft. Die Einverleibung habe die Formungültigkeit nicht geheilt, weil sie nur vom Kläger und nicht auch von dessen Mutter beantragt worden sei. Daher sei die Einverleibung keine die Formungültigkeit heilende Erfüllung gewesen.

Dem Kläger entstanden in diesem Verfahren Kosten von 18.588 EUR. Schon zuvor hatte das zuständige Finanzamt für die Liegenschaft mit dem Wohnhaus einen Feststellungsbescheid nach § 21 Abs 4 BewG erlassen, den der Kläger erfolgreich mit Berufung bekämpft hatte. Dabei waren ihm Kosten von 277,63 EUR entstanden. Der Verkehrswert der Liegenschaft hatte am Tag der Schenkung 256.500 EUR betragen. Die Verbücherung des Eigentums an der zweiten Liegenschaft war zunächst an der Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gescheitert. In weiterer Folge hob der Verfassungsgerichtshof diesen Bescheid zwar auf; die Mutter hatte diese Liegenschaft aber inzwischen bereits einem Dritten verkauft. Der anteilige Kaufpreis betrug 22.511,58 EUR.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger nach rechtskräftiger Abweisung eines Mehrbegehrens zuletzt 298.144,32 EUR samt Zinsen. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus dem Verkehrswert der Liegenschaft mit dem Wohnhaus, aus dem - offenbar mit dem Verkehrswert gleichgesetzten - anteiligen Verkaufspreis der zweiten Liegenschaft und aus den Kosten des Vorprozesses und des Finanzverfahrens. Der Beklagte habe einen formungültigen Vertrag errichtet und dabei Aufklärungs- und Warnpflichten verletzt. Hätte er die Vertragspartner auf die aus der fehlenden tatsächlichen Übergabe folgende Formungültigkeit hingewiesen, so hätten sie die Schenkung in Notariatsaktform vorgenommen. In diesem Fall wäre ein Widerruf durch die Geschenkgeberin nicht mehr möglich gewesen. Der Kläger wäre daher Eigentümer beider Liegenschaften geworden; die Kosten des Zivilprozesses wären nicht angefallen. Auch die Kosten des Finanzverfahrens wären nicht entstanden, wenn der Beklagte dem Kläger zum Eigentum (auch) an der anderen Liegenschaft verholfen hätte. Der Beklagte wendet ein, der Eigentumserwerb des Klägers sei an einer unvorhersehbaren Willensänderung der Geschenkgeberin gescheitert. Zudem habe diese über den Gegenstand des Schenkungsvertrags geirrt. Die Formpflicht diene dem Schutz der Geschenkgeberin; der Schaden des Klägers stehe damit nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang. Die Mutter sei nicht zur Schenkung an den Kläger verpflichtet gewesen; es sei nicht Aufgabe des von beiden Vertragspartnern beauftragten Beklagten gewesen, dem Kläger die Grundstücke so schnell wie möglich zu verschaffen. Der Oberste Gerichtshof habe in 9 Ob 149/04a zwei Möglichkeiten des Eigentumserwerbs dargelegt, nämlich entweder mittels eines Notariatsakts oder mittels eines schwebend unwirksamen Schenkungsvertrags samt einer anschließend von beiden Vertragspartnern beantragten Verbücherung. Die zweite Variante sei die wesentlich günstigere gewesen und daher aufgrund des übereinstimmenden Willens der Parteien gewählt worden. Selbst bei Annahme einer Pflichtverletzung fehle es jedoch an der vom Kläger zu beweisenden Kausalität. Die Mutter hätte keinen Notariatsakt unterfertigt; ein solcher Notariatsakt wäre auch daran gescheitert, dass der im Vertrag angeführte Vater des Klägers nicht zugestimmt hätte.

Das Vorbringen der als Nebenintervenientin beigetretenen Haftpflichtversicherung entspricht im Kern jenem des Beklagten. Darüber hinaus führt sie - soweit noch relevant - aus, der Beklagte habe aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und der Geschenkgeberin annehmen dürfen, dass eine wirksame Übergabe erfolgt sei. Der Beklagte habe nicht schuldhaft gehandelt; seine Rechtsauffassung, dass aufgrund symbolischer Übergabsakte ein rechtswirksamer Schenkungsvertrag auch ohne Notariatsakt möglich gewesen sei, habe dem damaligen Stand der Rechtsprechung entsprochen. Zudem hätte der Beklagte den Schutzgedanken der Notariatsaktpflicht zu Lasten der von ihm ebenfalls vertretenen Geschenkgeberin „aufgeweicht", wenn er für die sofortige Verfassung eines Notariatsakts gesorgt hätte. Durch die tatsächlich gewählte Vorgangsweise sei genau jene ausgewogene Situation eingetreten (der Schutz der Geschenkgeberin vor Überrumpelungen), die der Gesetzgeber mit der Notariatsaktpflicht habe herbeiführen wollen. Die Kausalität einer allfälligen Pflichtverletzung fehle auch deswegen, weil der Kläger bei vollständiger Aufklärung ebenfalls keinen Notariatsakt gewollt hätte. Denn er habe ausgesagt, dass er einen Meinungswandel seiner Eltern (damals) akzeptiert hätte; daher hätte er die Mehrkosten für einen Notariatsakt nicht aufgewendet. Das Erstgericht verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von 298.144,32 EUR samt Zinsen und wies ein Mehrbegehren von 52.271 EUR ab. Es nahm - später von den Berufungen des Beklagten und der Nebenintervenientin bekämpft - als erwiesen an, dass sich die Geschenkgeberin bei Abschluss des Schenkungsvertrags nicht in einem Irrtum befunden habe und dass sie auch einen Notariatsakt unterfertigt hätte. Die Gründe für ihren Sinneswandel konnte es nicht feststellen. Eine weitere Negativfeststellung traf es (zunächst) zur Frage, ob beim Beklagten darüber gesprochen worden sei, dass die tatsächliche Übergabe bereits stattgefunden habe und dass widrigenfalls der Schenkungsvertrag in einen Notariatsakt gekleidet werden müsse. Jedenfalls habe der Beklagte die Vertragspartner aber nicht auf „ein Restrisiko" hingewiesen, wenn der Schenkungsvertrag nicht in Notariatsaktform geschlossen würde. Rechtlich führte das Erstgericht aus, der Beklagte habe es in schuldhafter Weise unterlassen, den Kläger und dessen Mutter auf die Notariatsaktpflicht einer Schenkung ohne tatsächliche Übergabe hinzuweisen. Er habe daher seine Aufklärungspflicht verletzt und dadurch den eingeklagten Schaden verursacht. Denn es sei kein Grund ersichtlich, der die Mutter des Klägers bei gehöriger Aufklärung von der Errichtung eines Notariatsakts abgehalten hätte. Daher habe der Beklagte dem Kläger den Verkehrswert der beiden Liegenschaften zu ersetzen. Dass die Kosten des Vorprozesses ebenfalls auf das rechtswidrige und schuldhafte Verhalten des Beklagten zurückzuführen seien, ergebe sich aus dessen Behauptung gegenüber dem Kläger, dass die Sache mit der Verbücherung bereinigt sei. Der rechtsunkundige Kläger habe daher die von seiner Mutter erhobene Löschungsklage im Vertrauen auf die Aussage des Beklagten bestritten. Dass die Kosten für die Berufung im Abgabenverfahren aus dem Verhalten des Beklagten resultierten, sei nicht bestritten worden.

Dieses Urteil bekämpften nur der Beklagte und die auf seiner Seite beigetretene Nebenintervenientin; der Kläger ließ die Abweisung des Mehrbegehrens rechtskräftig werden.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts im Umfang der Anfechtung auf und verwies die Rechtssache insofern zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es zu.

Zum Schutz vor Übereilung bedürfe die Schenkung entweder einer wirklichen Übergabe oder eines Notariatsakts. Bei Liegenschaften genüge zwar das Verschaffen des faktischen Besitzes. In der Entscheidung 9 Ob 149/04h habe der Oberste Gerichtshof allerdings für das Verhältnis zwischen dem Kläger und dessen Mutter ausgesprochen, dass ein gemeinsames Begehen und Besichtigen der Liegenschaft einschließlich der Übergabe von Verwaltungsunterlagen wegen des der Geschenkgeberin und ihrem Ehegatten eingeräumten Wohnrechts von vornherein keine „wirkliche Übergabe" im Sinne des § 943 ABGB habe sein können. Bis zu dieser Entscheidung sei zwar die Formunwirksamkeit durch Einverleibung des Eigentumsrechts geheilt worden. In der genannten Entscheidung sei der Oberste Gerichtshof jedoch aufgrund von Kritik in der Lehre von dieser Rechtsprechung abgegangen. Diese Judikaturwende sei für den Beklagten nicht vorhersehbar gewesen.

Allerdings habe es ein Vertragsverfasser aufgrund der - näher dargestellten - Rechtsprechung zur Haftung eines Rechtsanwalts nicht in Kauf nehmen dürfen, dass ein von ihm errichteter Schenkungsvertrag mangels wirklicher Übergabe formungültig sei und der Formmangel erst durch eine nachfolgende Verbücherung geheilt werde. Denn der Rechtsanwalt sei verpflichtet, den sichereren Weg zu wählen; das wäre die Errichtung eines Notariatsakts gewesen. Allerdings leide das Urteil des Erstgerichts an einem Begründungsmangel. Denn einerseits habe es eine Negativfeststellung zur Frage getroffen, ob über die bereits erfolgte Übergabe und eine allfällige Notariatsaktpflicht gesprochen worden sei. Andererseits habe es aber in der rechtlichen Beurteilung mehrfach ausgeführt, der Beklagte habe es unterlassen, den Kläger und dessen Mutter auf die Formpflicht hinzuweisen. Zudem müsse der Kläger beweisen, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln des Beklagten nicht eingetreten wäre. Die vom Erstgericht getroffene Feststellung, die Mutter hätte auch einem Notariatsakt zugestimmt, sei angesichts einander widersprechender Beweisergebnisse nicht ausreichend begründet. Schließlich ergebe sich aus dem Ersturteil nicht, weshalb die Veräußerung der zweiten Liegenschaft durch einen Notariatsakt verhindert worden wäre. Dies sei mit den Parteien zu erörtern. Diese Begründungs- und Erörterungsmängel führten zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil Judikatur zur Frage fehle, ob sich ein Rechtsanwalt bei Errichten eines Schenkungsvertrags darauf verlassen dürfe, dass eine allfällige Formunwirksamkeit durch nachfolgende Verbücherung geheilt werde. In seinem Rekurs nimmt der Beklagte zu der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage nicht Stellung. Er führt jedoch aus, dass

(a) die (allenfalls) unterbliebene Belehrung über die Notariatsaktpflicht nicht rechtswidrig gewesen sei, weil der Beklagte dadurch keine gleichgerichteten Interessen der Parteien beeinträchtigt habe; ein einseitiges Eingreifen zugunsten des Klägers sei unzulässig gewesen;

(b) der geltend gemachte Schaden nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit einer allfälligen Pflichtverletzung stehe, weil die Notariatsaktpflicht nur dem Schutz des Geschenkgebers, nicht aber jenem des Geschenknehmers diene. Wenn überhaupt, hafte der Beklagte nur für das Vertrauens-, nicht aber für das Erfüllungsinteresse. Der Schaden sei noch nicht eingetreten, weil noch immer die theoretische Möglichkeit bestehe, dass der Kläger die (inzwischen einem Anderen auf den Todesfall geschenkte) Liegenschaft doch noch erhalte. Zudem habe die Pflichtverletzung den Schaden nicht verursacht.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil der Schutzzweck der bei Errichtung eines Vertrags bestehenden Aufklärungspflichten einer Klarstellung bedarf; er ist aber nicht berechtigt.

1. Das Berufungsgericht hat die Rechtsprechung zur Haftung eines Rechtsanwalts für die Verletzung von Pflichten aus dem Auftragsverhältnis richtig dargelegt.

1.1. Gemäß § 9 RAO ist der Rechtsanwalt verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten; diese Bestimmung ergänzt § 1009 ABGB, der den Gewalthaber verpflichtet, das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten, die alle Ausprägung der grundlegenden Pflicht zur Interessenwahrung und zur Rechtsbetreuung sind (RIS-Justiz RS0112203). Zu den wichtigsten Aufgaben gehört dabei die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (RIS-Justiz RS0038682). Zwar kann dem Rechtsanwalt im Regelfall kein Vorwurf gemacht werden, wenn ein von ihm eingenommener, an sich vertretbarer Rechtsstandpunkt in der Folge von der Rechtsprechung nicht geteilt werden sollte (RIS-Justiz RS0023526). Im Rahmen der Kautelarjurisprudenz ist jedoch nach Möglichkeit der gefahrlosere Weg zu gehen und nicht eine risikoreiche Rechtskonstruktion zu wählen, sofern die Parteien nicht

trotz Belehrung auf einem bestimmten Vorgang beharren (3 Ob 35/02x =

ÖBA 2003/1125, 538; 6 Ob 116/05k = SZ 2006/180).

1.2. Der Kläger ist für die Behauptung beweispflichtig, dass der Schaden bei einem bestimmten und möglichen pflichtmäßigen Handeln des Rechtsanwalts nicht eingetreten wäre (RIS-Justiz RS0022700). Wenn das schädigende Verhalten in einer Unterlassung besteht, genügt dabei ein sehr hoher Grad von Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs für die Zurechnung des schädigenden Ereignisses (RIS-Justiz RS0022825). Der Geschädigte muss in diesem Fall beweisen, dass überwiegende Gründe für die Annahme vorliegen, der Schaden sei durch das Verhalten des Beklagten herbeigeführt worden (RIS-Justiz RS0022900).

1.3. Bei der Vertragsgestaltung ist insbesondere darauf zu achten, dass Formerfordernisse eingehalten werden (Harrer in Schwimann, ABGB3 VI § 1300 Rz 24). Bei unzureichender Belehrung über die Formpflicht eines Testaments haftet der Rechtsanwalt dem darin eingesetzten Erben für den wegen der Formunwirksamkeit entgangenen Nachlass (6 Ob 292/00k = NZ 2001, 378).

2. Im vorliegenden Fall wirft der Kläger dem Beklagten vor, ohne entsprechende Rechtsbelehrung einen formunwirksamen Schenkungsvertrag errichtet zu haben.

2.1. Der Beklagte schuldete dem Kläger und dessen Mutter die Errichtung eines wirksamen Vertrags. Die Interessen der Auftraggeber waren dabei gleichgerichtet. Denn auch die Mutter wünschte, wie sich aus dem zeitgleich von ihr errichteten Testament ergibt, die Absicherung der Rechtsposition des Klägers. Diese Absicherung war durch die Errichtung eines formungültigen Schenkungsvertrags gefährdet.

2.2. Der Beklagte behauptet nicht, dass eine wirkliche Übergabe erfolgt wäre; weder er noch die Nebenintervenientin bringen konkret vor, aus welchen bestimmten Aussagen oder Tatsachen der Beklagte auf das Vorliegen einer solchen Übergabe habe schließen können. Dem Beklagten musste daher bei gehöriger Sorgfalt bewusst sein, dass er einen formunwirksamen Vertrag verfasst hatte. Auf dieser Grundlage hätte er die Parteien auf die Notariatsaktpflicht - im konkreten Fall auf die mögliche Mantelung des Schenkungsvertrags nach § 54 NO - und die möglichen Folgen der Formungültigkeit hinweisen müssen. Denn nur in diesem Fall hätte seine Vorgangsweise durch eine Weisung der Beklagten gerechtfertigt sein können.

2.3. Diese Vorgangsweise hätte nicht nur das Interesse beider Auftraggeber an der Errichtung eines wirksamen Vertrags gewahrt, sondern entgegen dem Prozessstandpunkt des Beklagten und der Nebenintervenientin auch dem durch § 1 Abs 1 lit d NotAktG geschützten Interesse der Geschenkgeberin am Schutz vor einer Überrumpelung entsprochen. Denn hätte die Rechtsbelehrung zu einer notariellen Mantelung des Schenkungsvertrags oder zu einem Notariatsakt im engeren Sinn geführt, so wäre durch die Beteiligung eines Notars der Schutz der Geschenkgeberin gewährleistet gewesen; ansonsten wäre es bei einem unwirksamen, allenfalls einer Heilung durch Erfüllung zugänglichen Vertrag geblieben. Der Schutzzweck des § 1 Abs 1 lit d NotAktG kann daher die Errichtung eines formunwirksamen Vertrags keinesfalls rechtfertigen.

Die Argumentation mit dem Schutzzweck von § 1 Abs 1 lit d NotAktG geht aber auch aus einem anderen Grund fehl. Denn der Kläger stützt sich nicht auf einen Verstoß gegen diese Bestimmung, sondern auf die Verletzung einer vertraglichen Verpflichtung aus dem Auftragsverhältnis. Gegenstand dieser Verpflichtung war die Errichtung eines wirksamen Vertrags. Der Zweck der Formpflicht ist für einen Verstoß gegen diese Verpflichtung jedenfalls solange unerheblich, als sie auch unter Wahrung des Formzwecks erfüllt werden kann. Das trifft hier, wie soeben ausgeführt, zweifellos zu.

2.4. Der Beklagte stützt sich im Rekurs nicht (mehr) darauf, dass er im Zeitpunkt der Vertragserrichtung aufgrund der damaligen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0011316) darauf hoffen durfte, eine allfällige Formungültigkeit könne auch durch eine bloß einseitig beantragte Verbücherung saniert werden. Dieser Einwand könnte ihn indes ohnehin nicht entlasten. Denn zum einen war diese Möglichkeit in der Lehre umstritten (Dehn, Formnichtige Rechtsgeschäfte und ihre Erfüllung [1998] 218 f; Hoyer, Glosse zu 6 Ob 179/97k, JBl 1999, 45; Schauer, Zur Formpflicht der Vollmacht bei der Schenkung, NZ 1984, 185, 190; Schubert in Rummel I³ § 943 ABGB Rz 2). Zum anderen ist die nachträgliche Sanierung eines formunwirksamen Vertrags jedenfalls riskanter als die mit nur geringer Verzögerung mögliche Errichtung eines jedenfalls formgültigen Vertrags. Schon aus diesem Grund war der Beklagte verpflichtet, den Kläger und dessen Mutter auf die bei Fehlen einer wirklichen Übergabe bestehende Notariatsaktpflicht hinzuweisen.

3. Da der Beklagte die risikoreichere Vorgangsweise gewählt hat, wäre es an ihm gelegen gewesen, das Vorliegen einer diese Vorgangsweise rechtfertigenden, in Kenntnis der Rechtslage getroffenen Weisung des Auftraggebers zu behaupten und zu beweisen. Dies wiederum hätte den Nachweis einer ausreichenden Rechtsbelehrung vorausgesetzt. Dieser Beweis ist dem Beklagten, wie sich aus der unbekämpft gebliebenen Negativfeststellung zum Inhalt des Beratungsgesprächs ergibt, nicht gelungen. Zudem steht positiv fest, dass der Beklagte den Kläger nicht auf ein „Restrisiko" der Missachtung der Notariatsaktform hingewiesen hat. Am Vorliegen einer potenziell haftungsbegründenden Pflichtverletzung ist daher nicht zu zweifeln.

Auf den vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang aufgezeigten Widerspruch in den Entscheidungsgründen des Erstgerichts kommt es auf dieser Grundlage nicht an. Denn haftungsbegründend ist das sorgfaltswidrige Verfassen eines formunwirksamen Vertrags; das Vorliegen einer entsprechenden Weisung wäre als Rechtfertigungsgrund vom Beklagten zu beweisen gewesen.

4. Der Kläger hat den durch die Nichterfüllung seiner vertraglichen Pflicht verursachten Schaden zu ersetzen (Reischauer in Rummel3 § 1292 Rz 13 mwN).

4.1. Der Schaden ist durch eine Differenzrechnung zu ermitteln; der tatsächliche Vermögensstand ist jenem gegenüberzustellen, der sich bei Unterbleiben des schädigenden Ereignisses - hier bei Erfüllung der vertraglichen Pflicht - ergeben hätte (RIS-Justiz RS0022818, RS0030153). Der Nachweis obliegt dem Kläger (oben 1.2.).

4.2. Teil des Schadens ist dabei auch der Wert jenes Vermögens, das dem Kläger zugekommen wäre, hätte der Beklagte seine Vertragspflicht erfüllt (vgl 6 Ob 292/00k = NZ 2001, 378: unwirksames Testament). Eine Beschränkung auf jenen Vermögensnachteil, den der Kläger aufgrund seines Vertrauens auf die Wirksamkeit des Vertrags erlitten hat (dh auf die Kosten des Vorprozesses), lässt sich weder aus Kausalitätserwägungen noch aus dem Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht ableiten.

Die vom Schutzzweck eines Vertrags umfassten Interessen sind aus dem Sinn und Zweck des Vertrags im Wege der Auslegung zu ermitteln; maßgeblich ist, welche Interessen des anderen Teils in den vertraglichen Schutzbereich fallen sollen (RIS-Justiz RS0017850). Dabei ist vor allem von Bedeutung, mit welchen Schäden aufgrund der Verletzung bestimmter Vertragspflichten zu rechnen ist (RIS-Justiz RS0017850 [T11, T 12, T 13]). Bei Errichtung eines formunwirksamen Vertrags ist das regelmäßig auch das Unterbleiben der darin festgelegten Leistungen. Der Schutzzweck der verletzten Vertragspflicht erfasste daher im konkreten Fall das Entstehen eines formgültigen Vertrags, nicht bloß das Unterbleiben eines formungültigen.

4.3. Mit der Nichterfüllung eines wirksam geschlossenen Vertrags, die (möglicherweise) auf einen damit nicht in Zusammenhang stehenden Sorgfaltsverstoß eines Rechtsanwalts zurückzuführen ist (9 Ob 37/05i = NZ 2007/90), lässt sich die hier zu beurteilende Fallgestaltung nicht vergleichen. Denn bei einem formunwirksamen Vertrag wird das einseitige Abgehen durch die vom Vertragsverfasser zu verantwortende Formunwirksamkeit ermöglicht; die damit verbundenen Schäden stehen daher jedenfalls im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Pflichtverletzung des Beklagten.

5. Das Berufungsgericht hat zutreffend erkannt, dass die Sache auf dieser Grundlage noch nicht entscheidungsreif ist.

5.1. Für die Liegenschaft mit dem Wohnhaus fehlen ausreichende Feststellungen zur vom Kläger behaupteten Kausalität des pflichtwidrigen Verhaltens.

(a) Nach dem vom Kläger behaupteten hypothetischen Geschehensverlauf müsste ihm der Beklagte jedenfalls den Wert der Liegenschaft mit dem Wohnhaus und die Kosten des Vorprozesses ersetzen. Wäre ein Notariatsakt errichtet und verbüchert worden, so wäre der Kläger jetzt Eigentümer der Liegenschaft; den Vorprozess hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben. Dieser Schaden wäre bereits eingetreten; die (abstrakte) Möglichkeit, dass der Kläger die Liegenschaft allenfalls noch im Erbweg erlangen könnte, ließe ihn nicht wegfallen.

(b) Das Berufungsgericht hat die Feststellung des Erstgerichts, wonach die Mutter einen Notariatsakt unterfertigt hätte, wegen eines Begründungsmangels (Übergehen von Beweisergebnissen) nicht übernommen. Zudem hat schon das Erstgericht übersehen, dass nicht nur die Mutter, sondern auch der Kläger und dessen Vater an der Errichtung eines Notariatsakts mitzuwirken gehabt hätten. Der Kläger hatte offenkundig die Kosten der Vertragserrichtung zu tragen. Angesichts seiner Aussage, er hätte eine Meinungsänderung seiner Eltern akzeptiert (ON 24 S 9 = AS 107), bedarf es einer nachvollziehbaren beweiswürdigenden Begründung, weshalb er dennoch die Mehrkosten eines Notariatsakts aufgewendet hätte. Der Vater nahm nach dem Wortlaut des Schenkungsvertrags das ihm eingeräumte Wohnrecht an. Er wäre daher als Vertragspartei der Errichtung eines Notariatsakts beizuziehen gewesen. Denn aus § 52 NO ergibt sich, dass die Vertragsparteien bei Errichtung und Unterfertigung eines Notariatsakts gleichzeitig anwesend sein müssen (VwGH 92/16/0102 = ecolex 1994, 428; Wagner/Knechtel, Notariatsordnung6 [2006] § 52 NO Rz 19). Zwar bewirkt eine abweichende Vorgangsweise nicht die Nichtigkeit des Vertrags (VwGH aaO); wohl aber verstieße ein Notar damit gegen seine Berufspflichten (Wagner/Knechtel aaO § 68 NO Anm zu E 6). Das ist im Regelfall nicht anzunehmen.

Der Beklagte und die Nebenintervenientin haben in diesem Zusammenhang vorgebracht, dass der Vater selbst nicht unterschrieben und auch die Mutter von der Unterschrift abgehalten hätte. Das Erstgericht wird dazu Feststellungen zu treffen haben.

(c) Bei der Prüfung des hypothetischen Verhaltens der Mutter und des Klägers wird zu beachten sein, dass der Beklagte das mit dem Unterbleiben des Notariatsakts verbundene Risiko aufgrund der damals herrschenden Rechtsprechung (oben 2.4.) als durchaus gering hätte darstellen dürfen. Die Parteien hätten daher annehmen können, dass auch eine bloß einseitig beantragte Verbücherung die Formungültigkeit heilen würde. Dieses geringe Risiko wird den Mehrkosten und tatsächlichen Schwierigkeiten bei der Errichtung eines Notariatsakts gegenüberzustellen sein. Ein allfälliges non liquet ginge zu Lasten des für die Kausalität beweispflichtigen Klägers.

4.2. Den soeben dargestellten Beweis wird der Kläger auch für die zweite Liegenschaft erbringen müssen. Zudem wird hier mit den Parteien zu erörtern sein, weshalb ein wegen der Entscheidung der Grundverkehrsbehörde vorerst nicht verbücherungsfähiger Notariatsakt eine neuerliche Veräußerung durch die Mutter verhindert hätte.

4.3. Dem Einwand des Beklagten und der Nebenintervenientin, die Geschenkgeberin habe sich bei Abschluss des Schenkungsvertrags über dessen Gegenstand geirrt, kommt im Rahmen der Kausalitätsprüfung Bedeutung zu. Denn ein solcher Irrtum wäre wohl beim Notar aufgeklärt worden; jedenfalls wäre aber eine Vertragsanfechtung möglich gewesen. Damit wären auch unabhängig von der Pflichtverletzung des Beklagten jene Folgen eingetreten, die sich im konkreten Fall aus der Formungültigkeit des Vertrags ergeben haben. Die Kausalität des pflichtwidrigen Verhaltens hätte daher gefehlt.

Das Erstgericht hat einen solchen Irrtum verneint; das Berufungsgericht hat die diesbezügliche Beweisrüge der Nebenintervenientin nicht behandelt. Wegen des engen Zusammenhangs mit den übrigen Aspekten der Kausalitätsprüfung wäre es nicht zielführend, zunächst dem Berufungsgericht die Erledigung dieses Teils der Berufung aufzutragen. Vielmehr wird auch dieser Punkt gegebenenfalls im zweiten Rechtsgang abschließend zu erledigen sein.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.