OGH vom 21.12.2015, 6Ob177/15w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** B*****, vertreten durch Bollmann Bollmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen (eingeschränkt) 70.000 EUR sA über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 51/15z 20, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Revision legt entgegen § 506 Abs 2 ZPO nicht ohne Weitläufigkeiten dar, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache unrichtig erscheint und eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu beurteilen wäre (ferner vgl 1 Ob 71/14v; 7 Ob 138/15t).
2. Die Ausführungen zur „Terminologiefrage“ bei den Rechtsmittelgründen gehen schon deshalb ins Leere, weil nach völlig einhelliger Auffassung (vgl Zechner in Fasching/Konecny , ZPO 2 § 506 Rz 7 und 17) die unzureichende oder unrichtige Benennung der Revisionsgründe gemäß § 84 Abs 2 Satz 2 ZPO einer meritorischen Erledigung des Rechtsmittels nicht im Weg stehen, wenn das Begehren deutlich erkennbar ist. Es reicht aus, wenn die Gründe für die Zulässigkeit der Revision sich insgesamt aus dem Revisionsvorbringen ergeben (RIS Justiz RS0036561 [T1]). Auch schadet nicht, wenn die Rechtsmittelgründe nicht getrennt ausgeführt sind, soweit sich die Zugehörigkeit der Ausführungen zu dem einen oder anderen Rechtsmittelgrund erkennen lässt (RIS Justiz RS0041911). In diesem Fall gehen allerdings Unklarheiten zu Lasten des Rechtsmittelwerbers (RIS Justiz RS0041761).
3. Soweit sich die Revision immer wieder mit den Inhalten von Beweisurkunden und sonstigen Beweisergebnissen auch aus anderen Verfahren - auseinandersetzt, ist dies schon deshalb verfehlt, weil der Oberste Gerichtshof keine Tatsacheninstanz ist und die rechtliche Überprüfung der Entscheidung des Berufungsgerichts ausschließlich aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen bzw soweit dieses unbestritten geblieben ist des betreffenden Parteienvorbringens vorzunehmen hat.
4.1. Zur behaupteten Verletzung ihrer Pflichten als Prospektkontrollorin durch die beklagte Partei hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren Entscheidungen ausgeführt, dass die Anleger durch die entsprechenden Informationen im Emissionsprospekt über das Risiko der Verfügungsmöglichkeit des Managers über die Gelder bzw die vom Fonds erworbenen Wertpapiere ausreichend aufgeklärt wurden (5 Ob 233/11t; 6 Ob 190/12b; 3 Ob 108/13y = ecolex 2014/82 [kritisch Wilhelm ]; 7 Ob 235/12b; 1 Ob 71/14v). Daran vermag auch der Hinweis der Revision darauf, dass der beklagten Partei zuzurechnenden Personen weitere bedenkliche Umstände bekannt gewesen seien, nichts zu ändern, zumal nicht behauptet wird, dass es konkrete Hinweise auf eine Veruntreuungsabsicht durch den Manager gegeben hätte.
4.2. Auf mögliche Unterschiede zwischen dem Prospekt zum Primeo Fonds und demjenigen zum Herald Fonds (vgl dazu 5 Ob 26/14f; 9 Ob 63/14a) kommt es im vorliegenden Fall nicht an, weil der Verwalter der klagenden Partei nach den Feststellungen der Vorinstanzen den Primeo Prospekt genau las, die darin enthaltenen, nach der zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausreichenden Hinweise auf die Gefahr ihn jedoch nicht von der Investition in den Primeo Fonds abhielten. Den Herald Prospekt untersuchte der Verwalter nach den Feststellungen der Vorinstanzen vor allem auf relevante Unterschiede zum Primeo Prospekt. Wenn bei dieser Sachlage das Berufungsgericht im Rahmen der dem nicht der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegenden Tatsachenbereich zuzuordnenden Prüfung der Kausalität der behaupteten Verletzung von Aufklärungspflichten (vgl dazu 9 Ob 219/00x; 7 Ob 77/10i SZ 2011/40; 5 Ob 208/13v; RIS Justiz RS0014795) davon ausging, dass der unzureichende Inhalt des Herald Prospekts für den Schaden der klagenden Partei nicht kausal war, weil der Verwalter der Klägerin in den Herald Fonds auch bei Vorliegen eines dem Prospekt zum Primeo Fonds vergleichbaren Hinweises auf die Verfügungsmöglichkeit des Managers über die Gelder bzw Wertpapiere investiert hätte, ist dem aus rechtlicher Sicht nicht entgegenzutreten. Die behaupteten Mängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
4.3. Der Zweck des § 26 InvFG liegt darin, dem potentiellen Anleger durch das Vorsehen verpflichtender Prospektinhalte eine umfassende und objektive Grundlage für seine Erwerbsentscheidung zu bieten. Zur nach dieser Bestimmung sinngemäß anzuwendenden Vorschrift des § 11 KMG hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass dieser eine Prospekthaftungsregel enthält, bei der es um die Sanktionierung irreführender Anlegerinformationen geht (6 Ob 190/12b; 1 Ob 71/14v). Enthalten die Emissionsprospekte aber keine irreführenden Anlegerinformationen über die faktischen Verhältnisse, kann eine Haftung nach der bisherigen Judikatur nicht daraus abgeleitet werden, dass das (zutreffend) beschriebene Finanzprodukt (allenfalls) gesetzwidrig sei (6 Ob 190/12b; 1 Ob 71/14v).
4.4. Zur wiederholt behaupteten angeblichen Haftung der beklagten Partei für ihre „Konzernunternehmen“ ist darauf zu verweisen, dass der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat, dass die beklagte Partei für allfällige Fehler ihrer „Konzernunternehmen“ nicht haftet (3 Ob 108/13y).
4.5. Dem wiederholten Hinweis auf die unzulässige Anlagestrategie des „Frontrunning“ ist entgegenzuhalten, dass diese Strategie nach den Feststellungen der Vorinstanzen tatsächlich nicht ausgeübt wurde.
5. Zusammenfassend bringt die Klägerin daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung (vgl auch 7 Ob 138/15t und 9 Ob 89/14z), sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00177.15W.1221.000