OGH vom 24.09.1996, 5Ob2232/96p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Graf, Dr.Floßmann und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Otto B*****, vertreten durch Dr.Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in 6410 Telfs, betreffend die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers in der EZ ***** des Grundbuches 81306 *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 53 R 66/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom , TZ 2289/84, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der Antragsteller hat die verfahrensgegenständliche, aus dem Grundstück 437 Wald bestehende Liegenschaft durch einen Kaufvertrag vom erworben, bei dem für den bücherlichen Eigentümer und Verkäufer, Dr.Bruno C*****, der in München ansässige Rechtsanwalt Rene F. P***** einschritt. Dieser verfügte über eine von Dr.Bruno C***** am ausgestellte, ordnungsgemäß beglaubigte Vollmacht folgenden Inhalts:
"Ich, Bruno C***** ......... bevollmächtige hiermit Rene. F. P***** ...., mit dieser notariellen Vollmacht das Grundstück GP 437, Wiese, M***** Wald, wo ich als alleiniger Eigentümer in EZL ***** der KG P***** eingetragen bin, zu verkaufen und alle erforderlichen Erklärungen, die zum Kaufvertrag sowie zur Auflassung erforderlich sind, abzugeben bzw entgegenzunehmen.
Diese Vollmacht gilt nur zum Verkauf an Herrn K. O***** aus Wien, A*****gasse und enthält keine Ermächtigung des Bevollmächtigten, mich zu verpflichten in irgendeiner Beziehung außer dem Rechte, die Übertragung des Eigentumes und die Eintragung der Rechtsänderung, insbesondere Auflassung zu erklären."
Der Kaufvertrag vom enthielt in Punkt IX eine Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes Dr.Richard L***** zur Errichtung und grundbücherlichen Durchführung, wobei dieser ausdrücklich auch "zur Empfangnahme der hierüber ergehenden ... Beschlüsse samt Beilagen" ermächtigt wurde. Anläßlich der Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers wurde - offensichtlich gestützt auf diese Vollmacht - der Bewilligungsbeschluß vom (am ) nicht dem bücherlichen Voreigentümer persönlich, sondern Rechtsanwalt Dr.Richard L***** als seinem (Sub-)Vertreter zugestellt.
Am hat die Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** gegen den die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers bewilligenden Beschluß Rekurs mit der Begründung erhoben, daß der Kaufvertrag mangels Vollmacht des damals für Dr.Bruno C***** einschreitenden Rechtsanwalts Rene F. P***** ungültig sei. Die Anfechtung des Grundbuchsbeschlusses erfolge rechtzeitig, weil dessen Zustellung an Dr.Bruno C***** verabsäumt worden sei. Das Rekursbegehren ging dahin, den Beschluß des Erstgerichtes vom aufzuheben und die Wiedereintragung des Dr.Bruno C***** als Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** anzuordnen.
Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmittel Folge und wies in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Verbücherungsantrag des Antragstellers ab. Es führte aus:
Auszugehen sei davon, daß der ursprüngliche Eigentümer Dr.Bruno C***** Rene F. P***** am eine Vollmacht zum Verkauf der Liegenschaft erteilte, die inhaltlich ausschließlich auf den Verkauf an K. O***** beschränkt gewesen sei. In Überschreitung dieser Vollmacht habe Rene F. P***** die Liegenschaft an den Antragsteller verkauft. Die Überschreitung der Vollmacht durch Rene F. P***** wirke sich auf die im Kaufvertrag an Rechtsanwalt Dr.Richard L***** erteilte (Sub-)Vollmacht insofern aus, als die Zustellung an diesen nicht als an den Liegenschaftseigentümer Dr.Bruno C***** erfolgt anzusehen sei. Damit habe die Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses an Rechtsanwalt Dr.Richard L***** die für Dr.Bruno C***** geltende Rechtsmittelfrist nicht ausgelöst.
Das Rekursrecht eines nicht verständigten Rekursberechtigten, dem der Beschluß zuzustellen gewesen wäre, erlösche erst, wenn die Löschung der Einverleibung mittels Klage nicht mehr begehrt werden kann (zuletzt SZ 61/256 mwN). Da sich die Löschungsklage gegen den Antragsteller richte, der durch die bekämpfte Eintragung unmittelbar Eigentümer geworden sei, sei die Frist für das Erlöschen des Rekursrechtes zufolge § 62 GBG nach den zivilrechtlichen Bestimmungen über die Verjährung zu beurteilen, wobei die 30-jährige Frist des § 1479 ABGB greife. Der Rekurs sei daher als rechtzeitig anzusehen.
Er sei auch berechtigt. Dem § 94 Abs 1 Z 2 GBG, der anordne, daß das Grundbuchsgericht eine Eintragung nur bewilligen darf, wenn keine Bedenken gegen die persönliche Fähigkeit der bei der Eintragung Beteiligten zur Verfügung über den Gegenstand der Eintragung bestehen, seien auch Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu unterstellen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigt (NZ 1988, 54). Die von Rene F.P***** vorgelegte Vollmacht decke den Verkauf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an den Antragsteller nicht, weshalb das Grundbuchsgesuch von Anfang an hätte abgewiesen werden müssen.
Dahingestellt könne dabei die von der Judikatur unterschiedlich beurteilte Frage bleiben, inwieweit sich der zwischenzeitliche Erwerb von Rechten durch gutgläubige Dritte auf die Frist der Löschungsklage und damit auf das Erlöschen des Rekursrechtes eines nicht verständigten Rekursberechtigten auswirke. Aus dem Grundbuch ergebe sich nämlich, daß Dritte an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft keine dinglichen Rechte erworben haben.
Diese Entscheidung enthält - abgesehen von dem nachgetragenen Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Rekursgericht entschieden hat, S 50.000,-- übersteigt - den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies damit, daß keine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage vorliege, inwieweit sich die Überschreitung einer inhaltlich beschränkten Vollmacht auf die Gültigkeit einer nachfolgenden (Sub-)Vollmachtskette und insbesondere auf die Erteilung einer (Sub-)Zustellbevollmächtigung auswirkt.
Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs macht der Antragsteller die Verfristung des Rechtsmittels der Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** geltend, weil eine Zustellung an den Machtgeber persönlich nicht erforderlich sei und keine neue Rechtsmittelfrist in Lauf setze, wenn sich der Machthaber mit einer dem § 31 GBG entsprechenden Vollmacht ausgewiesen habe. Darüber hinaus könne die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers nicht rückgängig gemacht werden, weil er sich beim Erwerb der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft im guten Glauben befunden habe. Auch der angefochtene Beschluß unterstelle ihm keine Schlechtgläubigkeit. Schließlich sei unberücksichtigt geblieben, daß der Sohn des Antragstellers, Manfred B*****, mittlerweile bücherlicher Alleineigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft geworden sei. Sein Eigentumsrecht sei im Rang TZ 739/1995 () einverleibt worden, wogegen die Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** den Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß vom erst am beim Erstgericht eingebracht habe. Manfred B***** habe das Eigentum an der Liegenschaft gutgläubig erworben. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder so abzuändern, daß dem Rechtsmittel der Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Telfs vom keine Folge gegeben wird, oder aber den zweitinstanzlichen Beschluß aufzuheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Rekursgericht, allenfalls an das Erstgericht, zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Wird - wie hier - eine Eintragung gegen einen Machtgeber auf Ansuchen seines Machthabers erwirkt, so ist gemäß § 119 Z 4 GBG der betreffende Beschluß dem Machtgeber zuzustellen, sofern der Machthaber seine Bevollmächtigung nicht durch eine den Erfordernissen des § 31 GBG entsprechende Vollmacht dargetan hat. Mangeln der Vollmacht des Machthabers die Erfordernisse des § 31 GBG, ist daher der durch die bücherliche Verfügung belastete Machtgeber stets persönlich zu verständigen (vgl Feil, GBG2, Rz 5 zu § 119). Wird die Verständigung unterlassen, beginnt die Frist für einen Rekurs des Machtgebers gegen die die Eintragung bewilligenden Beschluß (§ 123 Abs 1 GBG) nicht zu laufen (vgl EvBl 1993/72 ua).
Der im konkreten Fall relevante Abs 6 des § 31 GBG erlaubt eine Einverleibung gegen den Machtgeber aufgrund von Urkunden eines Machthabers nur dann, wenn die vom Machtgeber ausgefertigte Vollmacht auf das bestimmte Geschäft lautet oder doch nicht früher als drei Jahre vor dem Ansuchen um die Einverleibung ausgestellt ist. Als eine auf das bestimmte Geschäft lautende Vollmacht ist dabei nur eine solche anzusehen, die außer dem Gegenstand des Vertrages auch die Vertragspartner und - bei entgeltlichen Geschäften - den Preis bezeichnet (Dittrich/Angst/Auer, Grundbuchsrecht4, Anm 6 zu § 31 GBG; vgl auch RPflSlgG 572). Da dem Grundbuchsgericht bei der Entscheidung über das Eintragungsbegehren des Antragstellers keine diesen Anforderungen entsprechende Vollmacht des durch die bücherliche Verfügung Belasteten vorlag, hätte, wie das Rekursgericht zutreffend ausführte und vom Rechtsmittelwerber auch gar nicht in Zweifel gezogen wird, die Eintragung nicht bewilligt werden dürfen (vgl NZ 1988, 54); darüber hinaus wäre § 119 Z 4 GBG zu beachten und dem Verkäufer (Voreigentümer) der Bewilligungsbeschluß persönlich zuzustellen gewesen.
Die dem Rechtsanwalt Dr.Richard L***** im Kaufvertrag erteilte (Sub-)Vollmacht zur Empfangnahme des Grundbuchsbeschlusses ändert daran nichts, weil sich ein der Hauptvollmacht anhaftender Mangel auch in der vom Machtgeber einem Dritten erteilten Untervollmacht niederschlägt. Niemand kann mehr Rechte übertragen, als er selbst besitzt. Im gegenständlichen Fall war die Geschäftsvollmacht des vom Liegenschaftseigentümer bestellten Vertreters insofern wirksam begrenzt (§ 1007 ABGB), als das fragliche Grundstück nur an eine bestimmte, vom Antragsteller verschiedene Person verkauft werden konnte. Der Auftragnehmer war damit iSd § 1009 Satz 2 ABGB zwar zur Anwendung aller Mittel berechtigt, die mit der Natur des aufgetragenen Geschäftes notwendig verbunden sind, eine darüber hinausgehende Vertretungsmacht, mit Wirkung für und gegen den Geschäftsherrn Maßnahmen zu setzen, die sich nicht zwangsläufig aus der Durchführung des aufgetragenen Geschäftes ergeben, hatte er jedoch nicht. Die von Rene F. P***** zur Durchführung (insbesondere zur Verbücherung) eines gar nicht aufgetragenen Geschäftes erteilte Subvollmacht war demnach mangels Vertretungsmacht des Geschäftsbesorgers unwirksam, stellte keine Vertragsbeziehung zwischen Dr.Bruno C***** und Dr.Richard L***** her und verschaffte letzterem weder rechtsgeschäftliche noch prozessuale Befugnis zur Vertretung des ersteren. Der erkennende Senat folgt daher auch in diesem Punkt der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichtes.
Ohne Vertretungsmacht des Stellvertreters gibt es keine wirksame Stellvertretung (Koziol/Welser I10, 163). Ein ohne (ausreichende) Vertretungsbefugnis gesetzter Geschäftsakt ist folglich unwirksam (Koziol/Welser aaO, 174). Auf die Gutgläubigkeit des Vertragspartners des Scheinvertreters kommt es dabei nicht an, sodaß der Rechtsmittelwerber dem Rechtsschutzantrag (Wiedereintragungsbegehren) des vormaligen, um seine bücherliche Rechtsposition gebrachten Liegenschaftseigentümers nicht entgegenhalten kann, er habe die Liegenschaft gutgläubig erworben. Die Einverleibung seines Eigentumsrechtes beruht auf einem objektiv ungültigen Titel, hätte also nur durch die Verjährung der Löschungsklage wirksam werden können. Da eine Grundbuchseintragung im unmittelbaren Verhältnis zwischen dem Eingetragenen und dem durch die Eintragung in seinen Rechten Verletzten keine Publizitätswirkung erzeugt (Klang in Klang II2, 347), standen Dr.Bruno C***** für die Anfechtung der zu Unrecht bewilligten Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers, wie ebenfalls schon das Rekursgericht ausführte, gemäß § 62 GBG iVm § 1479 ABGB 30 Jahre zur Verfügung (RPflSlgG 1976; RPflSlgG 2168 ua). Er konnte sich dabei der Möglichkeit des (wie erwähnt noch nicht verfristeten) Rekurses bedienen (SZ 61/256 ua), weil sich die Fehlerhaftigkeit der Eintragung aus der Aktenlage ergibt.
Was schließlich das Argument des Antragstellers betrifft, der Anfechtung der Einverleibung seines Eigentumsrechtes und Wiederherstellung des seinerzeitigen Grundbuchsstandes stehe die mittlerweilige (in einem Rang vor der Anmerkung des Rekurses der Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** vollzogene) Übereignung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft an seinen gutgläubigen Sohn entgegen, ist folgendes auszuführen:
Richtig ist, daß der Antragsteller bereits zu TZ 739/1995 eine Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft erwirkte. Er ist damit der zu TZ 996/1995 vollzogenen Anmerkung der Löschungsklage und der zu TZ 1446/95 vollzogenen Anmerkung des Rekurses zuvorgekommen; bewilligt und vollzogen wurde dann die Einverleibung des Eigentumsrechtes seines Sohnes - im Rang TZ 739/1995 - am (TZ 3096/1995) nach der rekursgerichtlichen Entscheidung vom . Das alles ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß der von der Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** gegen die Einverleibung des Eigentumsrechtes des Antragstellers eingebrachte Rekurs noch zu einem Zeitpunkt erhoben wurde, als sich der Antragsteller und nicht sein Sohn in der Position des bücherlichen Eigentümers befand. Damit war, wie oben ausgeführt wurde, der das unmittelbare Verhältnis zwischen Vor- und Nacheigentümer betreffende Rekurs rechtzeitig (§ 62 GBG) und auch berechtigt (§ 94 Abs 1 Z 2 GBG). Gewichtige Lehrmeinungen billigen dem Übernehmer eines Rangordnungsbeschlusses vor der Verbücherung seines Rechtes (die auch bei Inanspruchnahme des reservierten Rangs kein rückwirkendes Entstehen des einverleibten Rechts bewirkt: E 22 zu § 53 GBG, MGA4) den geltend gemachten Gutglaubensschutz bei der hier zu beurteilenden Sachlage im übrigen gar nicht zu (Hofmeister in der Anm zu NZ 1988, 113/118; vgl auch Klang in Klang II2, 381 f). Ob der Sohn des Antragstellers sein Eigentumsrecht an der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft gegenüber der Verlassenschaft nach Dr.Bruno C***** letztlich durchzusetzen vermag, ist hier nicht zu entscheiden, weil der Rechtsmittelwerber in Grundbuchssachen - sieht man von der bereits als nicht tragfähig erkannten Berufung des Antragstellers auf einen gültigen Erwerbstitel bzw auf die Erfüllung sonstiger Eintragungsvoraussetzungen ab - nur eine Verletzung eigener bücherlicher Rechte geltend machen könnte; mit dem Hinweis auf das mittlerweile erworbene Bucheigentum seines Sohnes zeigt jedoch der Rechtsmittelwerber keine Beeinträchtigung seiner eigenen bücherlichen Rechtsposition auf.
Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.