OGH vom 14.06.2021, 5Ob109/21x
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und widerbeklagten Partei M*****, vertreten durch Sauerzopf und Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die erstbeklagte und zweitwiderklagende Partei Mag. U*****, vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, die zweitbeklagte und erstwiderklagende Partei Dr. E*****, vertreten durch Telos Law Group Winalek, Nikodem Weinzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, die drittbeklagte und drittwiderklagende Partei Ing. R*****, sowie die viertbeklagte und viertwiderklagende Partei Mag. G*****, beide vertreten durch Dr. Christian Boyer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufhebung der Miteigentümergemeinschaft, über die außerordentliche Revision der klagenden und widerbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 13 R 171/20t-135, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Begründung von Wohnungseigentum gilt als Sonderform der Realteilung (RIS-Justiz RS0106352; RS0013236 [T2]). Die Realteilung geht der Zivilteilung grundsätzlich vor (§ 843 ABGB; RS0013236).
[2] 2. Die Frage der Möglichkeit und Tunlichkeit einer Realteilung ist immer eine Einzelfallbeurteilung, die nur bei einer groben Überschreitung des Ermessensspielraums eine erhebliche Rechtsfrage begründet (5 Ob 198/19g mwN). Das ist hier nicht der Fall.
[3] 3.1 Die Realteilung ist unmöglich, wenn sie zu einer beträchtlichen Wertminderung der geteilten Sache im Vergleich zur ungeteilten Sache führt (RS0110440; RS0013831; RS0013852). In der Rechtsprechung wurde eine Verringerung des Verkehrswerts der ungeteilten Liegenschaft um 41 % (5 Ob 61/04p) oder 15 % (5 Ob 132/11i mwN) als beträchtlich angesehen, eine Wertminderung von 5,28 % (6 Ob 712/87) hingegen als geringfügig.
[4] 3.2 Die Beurteilung des Berufungsgerichts, eine Wertdifferenz von 11,76 % hindere die Realteilung nicht, hält sich im Rahmen des Ermessensspielraums. Anzumerken ist, dass die Begründung von Wohnungseigentum an den vorhandenen 40 wohnungseigentumstauglichen Bestand-
objekten keine Umbaumaßnahmen erfordert und insoweit kein Teilungshindernis durch unverhältnismäßig hohe Teilungskosten in Betracht kommt.
[5] 4.1 Bei einer Realteilung (auch) durch Begründung von Wohnungseigentum hat jeder Miteigentümer einen Teil von annähernd gleicher Beschaffenheit und gleichem Wert zu erhalten (5 Ob 198/19g mwN). Ein unverhältnismäßig hoher Wertausgleich hindert die Teilung nicht, wenn die von einer Anteilsminderung betroffenen Miteigentümer auf eine Ausgleichszahlung verzichten oder mit der Minderung ihrer Anteile einverstanden sind (5 Ob 93/10b; 5 Ob 103/17h; RS0126365).
[6] 4.2 Der eine Zivilteilung anstrebenden Klägerin können aufgrund ihres Miteigentumsanteils von insgesamt ca 45,72 % Wohnungseigentumsobjekte zugeordnet werden, die den Anteilen und deren Wert entsprechen, was bei den Beklagten nicht möglich ist. Diese haben jedoch im Verfahren ausdrücklich erklärt, aufgrund einer getroffenen Vereinbarung einer asymmetrischen Zuordnung unter Verzicht einzelner auf ihre Anteile oder der Begründung von Eigentümerpartnerschaften zuzustimmen.
[7] 5. Die mögliche Wertschöpfung durch einen Ausbau des Dachgeschosses steht einer Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum im Sinn der Rechtsprechung (5 Ob 133/14s) nicht entgegen.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00109.21X.0614.000 |
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