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OGH 07.06.2011, 5Ob109/11g

OGH 07.06.2011, 5Ob109/11g

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei H*****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Löschung, infolge der Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 52/11t-12, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf vom , GZ 2 C 373/10t, 2 C 402/10g-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Berufungsgericht mit dem Auftrag zurückgestellt, seine Entscheidung durch den Ausspruch zu ergänzen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands in jedem der verbundenen Verfahren gesondert 5.000 EUR übersteigt.

Text

Begründung:

Gegenstand der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren 2 C 373/10t und 2 C 402/10g des Erstgerichts ist die Zustimmung der Beklagten zur Löschung von ob den Liegenschaften (bzw Liegenschaftsanteilen) des Klägers einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverboten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in beiden Verfahren ab; das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach (nur) aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Einen Bewertungsausspruch nahm es für keines der beiden Verfahren vor.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 500 Abs 2 Z 1 ZPO hat das Berufungsgericht, wenn der Entscheidungsgegenstand nicht ausschließlich in einem Geldbetrag besteht und - wie hier - keine Ausnahme vom Bewertungserfordernis vorliegt, auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, bei Übersteigen von 5.000 EUR auch 30.000 EUR übersteigt oder nicht. Die vom Erstgericht über Antrag der Beklagten erfolgte Festsetzung des Streitwerts nach § 7 RATG (im Verfahren 2 C 373/10t mit 43.094,99 EUR und im Verfahren 2 C 402/10g mit 32.920,79 EUR) hat keine Auswirkungen auf die Rechtsmittelzulässigkeit (Mayr in Rechberger ZPO³ § 60 JN Rz 6). Ebenso ist die Verbindung der Rechtssachen ohne Belang für die Frage des Zugangs an den Obersten Gerichtshof (Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 502 ZPO Rz 167).

Auch der Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision an den Obersten Gerichtshof, dessen Begründung zwar erkennen lässt, dass das Gericht zweiter Instanz dabei den Zulassungsbereich vor Augen hatte, ersetzt den erforderlichen Bewertungsausspruch nicht (RIS-Justiz RS0042429, zuletzt 2 Ob 50/10g Zechner aaO E. Kodek in Rechberger ZPO³ § 500 Rz 8 mwN), weil er an sich nur ausgesprochen werden darf, wenn der Wert des Entscheidungsgegenstands den in § 500 Abs 2 Z 1 lit a ZPO genannten Schwellenwert übersteigt und weil der Oberste Gerichtshof bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Gerichts zweiter Instanz nicht gebunden ist, wohl aber an dessen Bewertungsausspruch (vgl RIS-Justiz RS0042429; RS0042544; 1 Ob 39/98m; 8 Ob 61/07i ua).

Bei Fehlen eines Bewertungsausspruchs hat das Berufungsgericht (allenfalls über Auftrag des Obersten Gerichtshofs) eine entsprechende - hier wegen der Verbindung der Rechtssachen für beide Verfahren gesonderte - Ergänzung vorzunehmen (Zechner aaO).

Es war daher spruchgemäß der entsprechende Ergänzungsauftrag zu erteilen.

Dieser war dabei allerdings auf den Ausspruch des Übersteigens (oder Nichtübersteigens) des Schwellenwerts von 5.000 EUR einzuschränken, da nur dieser Auswirkung auf das weitere Schicksal des Rechtsmittels zeitigen kann (§ 502 Abs 2 ZPO). Im Falle des Unterschreitens erweist sich die erhobene Revision nach dieser Gesetzesstelle nämlich als absolut unzulässig; im Falle des Überschreitens ist die Anrufbarkeit des Obersten Gerichtshofs - wenngleich ohne Bindungswirkung für diesen (§ 508a Abs 1 ZPO) - jedenfalls gegeben, unabhängig ob der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR über- oder unterschreitet (§ 500 Abs 2 Z 3, § 508 ZPO).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei H***** P*****, vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei F***** P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Maria Paumgartner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Löschung, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 52/11t-12, mit dem über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Oberndorf vom , GZ 2 C 373/10t (2 C 402/10g)-8, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.068,74 EUR (darin enthalten 344,79 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Streitteile wurde mit Urteil vom aus dem Alleinverschulden des Klägers geschieden. Die Streitteile waren je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** G*****, ob der ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt war. Im Aufteilungsverfahren wurde der ideelle Hälfteanteil der Beklagten an dieser Liegenschaft dem Kläger übertragen. Die Beklagte erhielt eine Ausgleichszahlung.

Das auf dem Hälfteanteil des Klägers intabulierte Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Beklagten wurde nicht gelöscht. Auch an anderen Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen des Klägers ist zu Gunsten der Beklagten ein Belastungs- und Veräußerungsverbot einverleibt.

Gegenstand der zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Verfahren ist die Zustimmung der Beklagten zur Löschung der zu ihren Gunsten einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbote.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren in beiden Verfahren ab. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtssprechung zur Frage fehle, ob die Übertragung einer Liegenschaftshälfte im Aufteilungsverfahren eine außerordentliche Kündigung des am anderen Liegenschaftsanteil einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbot rechtfertige.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Der Vorwurf des Klägers, ein von ihm beantragter Zeuge sei übergangen worden, begründet allenfalls eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz. Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können jedoch nicht mehr als Revisionsgrund nach § 503 Z 2 ZPO geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963), es sei denn, das Berufungsgericht hätte sich mit der Rüge des Berufungswerbers überhaupt nicht befasst (RIS-Justiz RS0043144; RS0043086 [T1]; RS0042963 [T9]). Bereits das Berufungsgericht hat sich mit dem behaupteten Verfahrensmangel auseinandergesetzt und ihm keine Berechtigung zuerkannt, sodass er keinen tauglichen Revisionsgrund darstellt.

2. Es mag zutreffen, dass sich das Höchstgericht mit einer Fallgestaltung, wie sie der vom Berufungsgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage zugrunde liegt, noch nicht zu befassen hatte. Allein der Umstand, dass ein völlig gleichgelagerter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht beurteilt wurde, bedeutet aber noch keineswegs, dass eine Rechtsfrage von der im § 502 Abs 1 ZPO umschriebenen erheblichen Bedeutung vorliegt (RIS-Justiz RS0110702).

3. Der Oberste Gerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass das zwischen Ehegatten vereinbarte und bücherlich eingetragene Belastungs- und Veräußerungsverbot durch die Scheidung der Ehe nicht seine dingliche Rechtswirkung verliert (RIS-Justiz RS0010724). Dabei wurde zuletzt auch klargestellt, dass die in der Lehre gegen diese Ansicht vorgetragenen Argumente (siehe dazu die Nachweise in 5 Ob 210/08f = NZ 2009, 249 [zust Hoyer]) keine Veranlassung für ein Überdenken dieser Rechtsprechung bieten (3 Ob 129/09f = Zak 2009/633, 395; 5 Ob 210/08f). Auch das Rechtsmittel des Klägers gibt keinen Anlass, von der als gesichert anzusehenden Rechtsprechung abzugehen.

4.1 Der Kläger strebt eine differenzierte Beurteilung der vom Aufteilungsverfahren erfasst gewesenen Liegenschaft (ehemalige Ehewohnung) und den übrigen mit dem Belastungs- und Veräußerungsverbot zu Gunsten der Beklagten belasteten Liegenschaften an. Jedenfalls hinsichtlich einer in die Aufteilungsmasse fallenden Liegenschaft müsse die Scheidung „ipso iure“ zum Erlöschen der Verbots führen.

4.2 Aus dem Fortbestand des Veräußerungs- und Belastungsverbots nach der Ehescheidung hat die Rechtssprechung abgeleitet, dass die Löschung eines solchen wechselseitigen Verbots bei Übertragung des Hälfteanteils an einer Liegenschaft an den anderen Ehegatten grundsätzlich als Maßnahme iSd § 93 EheG im außerstreitigen Aufteilungsverfahren anzuordnen ist, das darauf abzielt, eine endgültige und abschließende Verteilung der Vermögenswerte zu erreichen (RIS-Justiz RS0125923 = 1 Ob 33/10z und 2 Ob 25/10f). Für den Fall, dass eine solche Anordnung unterbleibt, wurde bereits durch die bereits mehrfach zitierte Entscheidung 5 Ob 210/08f (EF-Z 2009/74 [Höllwerth]) klargestellt, dass das zwischen Ehegatten gemäß § 364c ABGB begründete und verbücherte Belastungs- und Veräußerungsverbot auch nach Beendigung eines allfälligen nachehelichen Aufteilungsverfahrens - allein auf Basis der Gesetzesauslegung - nicht (automatisch) seine (dingliche) Rechtswirkung verliert. Grundsätzlich kommt in dieser Frage dem außerstreitigen Verfahren zwar der Vorrang vor dem streitigen Rechtsweg zu (1 Ob 33/10z = EF-Z 2010/106 = iFamZ 2010/201 = EvBl 2010/124). Ist die Anordnung der Löschung im außerstreitigen Aufteilungsverfahren aber unterblieben, so scheidet bei der vom Kläger angestrebten Durchsetzung der Löschung des Belastungs- und Veräußerungsverbots im streitigen Rechtsweg eine Differenzierung danach, ob die Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteile dem Aufteilungsverfahren unterlagen oder nicht, aus. Für die Anwendung von Billigkeitserwägungen, wie sie auch bei außerstreitigen Maßnahmen nach § 93 EheG heranzuziehen sind (vgl RIS-Justiz RS0057958), ist im Streitverfahren kein Raum.

5.1 In der Lehre wird zum Teil eine außerordentliche Kündigung des Rechtsverhältnisses über ein Belastungs- und Veräußerungsverbot aus wichtigem Grund befürwortet (Oberhammer in Schwimann,ABGB³ § 364c Rz 26 mit weiteren Literaturnachweisen). Ob ein wichtiger Grund zur vorzeitigen Auflösung eines Vertrags vorliegt, hängt aber stets von den Umständen des Einzelfalls ab, weswegen darin regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zu sehen ist (RIS-Justiz RS0111817). Für das Vorliegen eines solchen Grundes für die Aufhebung eines verbücherten Belastungs- und Veräußerungsverbots kann nichts anderes gelten (3 Ob 129/09f = RIS-Justiz RS0111817 [T5]). Zur vorzeitigen Auflösung von Dienstbarkeiten als dingliche Rechte wird generell judiziert, dass die Gründe für die vorzeitige Auflösung einer solchen Vereinbarung ein noch größeres Gewicht haben müssen als bei (bloß obligatorischen) Dauerschuldverhältnissen (RIS-Justiz RS0011875 [T4, T7, T8]). Selbst wenn man bei der vorzeitigen Auflösung des Rechtsverhältnisses über ein dingliches Belastungs- und Veräußerungsverbot von dieser Forderung Abstand nähme, vermag der Kläger keinen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Beurteilungsfehler des Berufungsgerichts aufzuzeigen.

5.2 Das Belastungs- und Veräußerungsverbot kann unter den Voraussetzungen des § 364c ABGB verdinglicht werden und verpflichtet den Eigentümer zur Unterlassung einer Verfügung durch Belastung und/oder Veräußerung der Liegenschaft. Das Verbot begünstigt dann bestimmte nahe Angehörige, wobei die Bedeutung des Verbots nur im Zusammenhang mit anderen Rechtslagen zu bestimmen ist. Regelmäßig wird es dazu dienen, den Erhalt des Familienbesitzes zu ermöglichen (RIS-Justiz RS0010722 [T1]). Es kann aber auch bestimmte erbrechtliche Erwartungen sichern oder wahrscheinlich machen: Bleibt die Sache im Vermögen des Eigentümers, so fällt sie dem begünstigten Erben zu (10 Ob 510/94 = JBl 1994, 818).

5.3 Der zwischen den Streitteilen abgeschlossene Erbvertrag und damit ein Interesse der Beklagten, dass die Liegenschaften weder belastet noch veräußert werden, ist nach wie vor aufrecht, was die Revision, die ausschließlich mit der Interessenslage des Klägers argumentiert, völlig außer Acht lässt. Auch ließ sich nicht feststellen, dass sich die Beklagte weigerte, der zur Erlangung von Barmitteln für das Unternehmen erforderlichen Belastung von Liegenschaften bzw Liegenschaftsanteilen zuzustimmen, sodass auch eine Unzumutbarkeit des Fortbestands des Verbots für den Kläger nicht ersichtlich ist (vgl 3 Ob 129/09f). Soweit der Revisionswerber mit dem Wegfall der Geschäftsgrundlage argumentiert und damit die Auflösung der Ehe meint, übersieht er, dass das Belastungs- und Veräußerungsverbot auf Lebenszeit und nicht bloß für die Dauer der Ehe eingeräumt wurde, eine gegenteilige Absprache zwischen den Eheleuten ausdrücklich nicht festgestellt wurde, und damit seine diesbezügliche Rechtsrüge nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht.

6. Damit gelingt es der Revision insgesamt nicht, Rechtsfragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen, sodass sie zurückzuweisen ist, ohne dass dieser Beschluss noch einer weiteren Begründung bedürfte (§ 510 Abs 3 ZPO).

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Zivilverfahrensrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2011:0050OB00109.11G.0607.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
QAAAD-33846