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OGH vom 29.08.1994, 1Ob594/94

OGH vom 29.08.1994, 1Ob594/94

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Julius K*****, und 2. Liselotte R*****, vertreten durch Dr. Manfred Schwindl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei ***** S*****, W***** ***** vertreten durch Dr. Karl Schön, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom , GZ 12 R 230/93-27, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 9 Cg 67/92-23, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

Spruch

Die Revision wird, soweit sie die berufungsgerichtliche Entscheidung im Kostenpunkt bekämpft, zurückgewiesen; im übrigen wird ihr nicht Folge gegeben.

Das berufungsgerichtliche Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß die beklagte Partei schuldig ist, die nächtliche Ruhe der klagenden Parteien störenden Lärm im Haus in ***** in der Zeit von 22,00 Uhr bis 06,00 Uhr zu unterlassen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 10.048,50 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.674,75 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Kläger sind seit November 1985 gemeinsam Mieter einer im Dachgeschoß eines Hauses in Wien-Innere Stadt gelegenen Wohnung. Im ersten und im zweiten Obergeschoß dieses Hauses sind die Räumlichkeiten dreier Studentenverbindungen, der beklagten Partei und zweier weiterer Verbindungen, untergebracht; eine der letzteren ist seit 1965 Hauptmieterin der im zweiten Obergeschoß befindlichen Räumlichkeiten, hat aber 1966 einen Teil davon mit Zustimmung der Hauseigentümerin der beklagten Partei untervermietet.

Die Kläger begehren die Verurteilung der beklagten Partei zur Unterlassung von die nächtliche Ruhe störenden Lärm im Haus ab 22 Uhr. Sie brachten vor, von der beklagten Partei gingen laufend erhebliche Lärmbelästigungen aus. Im Durchschnitt zweimal wöchentlich drängen in den Nachtstunden aus deren Räumlichkeiten Gegröhle, Gepolter, Gebrüll und laute Musik. Bemühungen der Kläger, auf gütliche Weise eine Senkung des Lärmpegels zu erreichen, um deren Schlaf wenigstens ab 1 Uhr morgens zu ermöglichen, seien gescheitert. Darauf unternommene Versuche, die Nachtruhe mit Hilfe der Funkstreife zu sichern, seien gleichfalls nicht von dauerhaftem Erfolg begleitet gewesen.

Die beklagte Partei bestritt die Klagsberechtigung der Kläger und wendete ferner ein, allfällige Geräuschbelästigungen seien jedenfalls nicht von den Räumlichkeiten der beklagten Partei ausgegangen; das gehe schon aus den örtlichen Verhältnissen im Haus hervor. Zudem habe ihr die Hauseigentümerin das Recht eingeräumt, das Bestandobjekt als Studentenverbindung zu nutzen; dieser Betrieb erstrecke sich seiner Natur nach in die Abendstunden und sei mitunter auch in der Nachbarschaft zu hören. Im übrigen sei das Klagebegehren unbestimmt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Es stellte fest, weder die Hauseigentümerin noch die Hausverwalterin hätten den Studentenverbindungen das Recht eingeräumt, nach 22 Uhr oder sonst zur Nachtzeit ruhestörenden Lärm zu entfalten. Am 22., 23. und 24.11. sowie am hätten Mitglieder der beklagten Partei in deren Räumlichkeiten einen solchen Lärm entfaltet, daß die von den in ihrer Nachtruhe gestörten Klägern verständigte Funkstreife am gegen Mitternacht, am um 1 Uhr früh und am um 1,30 Uhr, 3 Uhr und 3,30 Uhr sowie am gegen 23 Uhr und um 23,26 Uhr habe einschreiten müssen. Ferner habe die beklagte Partei zu Ostern 1991 im Zuge einer Veranstaltung in ihren Räumlichkeiten bis 4 Uhr einen solchen Lärm verursacht, daß der Erstkläger in seiner Nachtruhe gestört neuerlich die Intervention der Funkstreife habe in Anspruch nehmen müssen. Die Kläger seien seit ihrem Einzug in die Mietwohnung durchschnittlich viermal wöchentlich Lärmbelästigungen, die gegen 23 Uhr bis 23,30 Uhr begännen und bis gegen 4 Uhr früh andauerten, ausgesetzt, hätten aber - mit Ausnahme der Vorkommnisse in der Zeit vom 22. bis , am und zu Ostern 1991 - die Lärmbelästigungen einer bestimmten der im Haus ansässigen Studentenverbindungen nicht zuordnen können. Die Mietwohnung der Kläger liege unmittelbar, nur durch ein dazwischengelegenes Stockwerk getrennt, über den von der beklagten Partei und einer weiteren Studentenverbindung benützten Räumlichkeiten. Die beklagte Partei habe insgesamt 25 aktive Mitglieder, die die Vereinsräumlichkeiten regelmäßig benützten.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Aktivlegitimation der Kläger sei zwar zu bejahen, der Unterlassungsanspruch jedoch mangels Wiederholungsgefahr zu verneinen.

Das Gericht zweiter Instanz gab dem Klagebegehren statt und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge der Kläger aus, aus dem Wissen des Vermieters um die Widmung des Bestandobjekts als Vereinslokal dürfe nicht abgeleitet werden, er habe nächtliche Ruhestörungen ohne Einschränkung zugestimmt. Gewiß gingen mit dem Vereinsbetrieb zwangsläufig Geräuschimmissionen mit einher, die vom Vermieter als schlüssig in Kauf genommen anzusehen seien. Das gelte aber nur für solche Immissionen, die das für die zweckbestimmte Benützung des Bestandobjekts unvermeidbare Ausmaß nicht überstiegen. Daß das Vereinsleben zum Erliegen käme, verringerte man den Geräuschpegel während der Nachtstunden auf jenen Wert, der die Befriedigung der Schlafbedürfnisse anderer Hausbewohner noch gestatte, sei kein maßgebliches Argument. Vielmehr stelle sich das beanstandete Verhalten der Besucher der beklagten Partei als ein von dieser zu vertretender Verstoß gegen § 81 SPG - früher Art. VIII EGVG - dar, dessen Billigung dem Vermieter keineswegs unterstellt werden könne. Für die Annahme, die Vermieterin habe der beklagten Partei (oder jenem Verein, der formell die Hauptmietrechte an den von der beklagten Partei benützten Räumlichkeiten wahrnehme) die gesetzwidrige nächtliche Lärmerregung gestattet, böten die Verfahrensergebnisse denn auch nicht den geringsten Anhaltspunkt. Urkundlich objektiviert sei vielmehr, daß die Hausverwaltung gegen Belästigungen anderer Mieter durch die Studentenverbindungen nachdrücklich Stellung genommen habe. Ein wohlerworbenes Recht auf fortgesetztes rechtswidriges Verhalten sei der österreichischen Rechtsordnung im übrigen fremd. Gehe man davon aus, daß die beklagte Partei in rascher Abfolge die Nachtruhe der Kläger zumindest viermal durch ungebührliche Lärmentwicklung gestört, die letzte Störung nur etwa sechs Wochen vor der Einleitung des Rechtsstreits stattgefunden und die beklagte Partei nicht nur diese Tatsache bis zuletzt bestritten, sondern überdies den Standpunkt vertreten habe, ihr Verhalten sei rechtmäßig, müsse auch die für die Berechtigung des Unterlassungsbegehrens erforderliche Wiederholungsgefahr bejaht werden. Nichts deute darauf hin, daß die Zusammenkünfte der Mitglieder und Gäste des beklagten Vereins in Hinkunft anders ablaufen würden als bisher. Weitere ungebührliche nächtliche Lärmbelästigungen seien vielmehr wahrscheinlich.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der beklagten Partei erhobene außerordentliche Revision ist im Kostenpunkt unzulässig (§ 528 Abs. 2 Z 3 ZPO); im übrigen ist sie zwar zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit von Geräuschimmissionen zwischen zwei Wohnungen im selben Haus fehlt, sie ist aber nicht berechtigt.

Die geltend gemachten Anfechtungsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen, wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO).

Soweit die beklagte Partei in ihrer Rechtsrüge zunächst ins Treffen führt, es fehle eine gefestigte oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob dem Bestandnehmer der im § 364 Abs. 2 ABGB verankerte Unterlassungsanspruch zuzubilligen sei, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, daß das Höchstgericht durch einen verstärkten Senat dem Bestandnehmer die Unterlassungsklage gegen den Störer wegen jedweder rechtswidriger Beeinträchtigung des Bestandrechtes an einer unbeweglichen Sache zugestanden hat (SZ 62/204 = JBl. 1990, 447 = EvBl. 1990/73 = ecolex 1990, 82 = ImmZ 1990, 88 = MietSlg. XLI/40). Seither folgt die Rechtsprechung dieser Auffassung (SZ 64/97; JBl. 1992, 641 = SZ 65/38, mit welcher Entscheidung die kritische Äußerung Spielbüchlers in JBl. 1990, 450, ausdrücklich abgelehnt wurde; 8 Ob 667/90). An dieser Rechtsansicht hält auch der erkennende Senat fest. Auch auf die - dort übrigens nicht tragenden - Ausführungen des verstärkten Senats (SZ 62/204), dem Unterlassungsbegehren des Bestandnehmers bleibe der Erfolg dann verwehrt, wenn der gemeinsame Bestandgeber dem Dritten als Bestandnehmer ein Recht, dessen Ausübung die Störung bewirke, eingeräumt und der Dritte dieses Recht gutgläubig erworben habe, kann sich die beklagte Partei nicht mit Erfolg berufen. Das Erstgericht hat festgestellt (Ersturteil, S. 5), daß weder die Bestandgeberin noch deren Hausverwalterin der beklagten Partei bzw. deren Unterbestandgeberin das Recht eingeräumt hat, während der Nachtzeit ab 22 Uhr ruhestörenden Lärm zu entfalten.

Die beklagte Partei bezweifelt ferner ihre Passivlegitimation als bloße Untermieterin, übersieht dabei indessen, daß die Unterlassungsklage gegen jeden Dritten, der eine Störung durch Anmaßung eines Rechts veranlaßt (SZ 50/99 ua), jedenfalls aber gegen den Verursacher, der das Grundstück (hier: die Wohnung), von dem die Störung ausgeht, für eigene Zwecke verwendet (Koziol-Welser, Grundriß9 II 44 mwN), gerichtet werden kann.

Nach wie vor beharrt die beklagte Partei auf ihrem Standpunkt, die Hauseigentümerin habe bei Abschluß des Bestandvertrags bzw. bei Erteilung ihrer Zustimmung zur Unterbestandgabe an die beklagte Partei gewußt, daß diese das Bestandobjekt als Vereinslokal benutze und mit dem Betrieb einer Studentenverbindung zwangsläufig Geräuschemmissionen miteinhergingen; sie habe damit mangels ausbedungener Einschränkungen schlüssig in Kauf genommen, daß es zu nächtlichen Ruhestörungen kommen werde, und diesen Geräuschemmissionen somit zugestimmt. Dabei übersieht die beklagte Partei jedoch, daß gemäß Art.VIII zweiter Fall EGVG 1950 (idFd Nov BGBl. 1977/232), der in Wien weiterhin als landesrechtliche Vorschrift in Geltung steht (VwSlg. 11.333 (A) ua; Gaisbauer in ÖJZ 1988, 163) eine Verwaltungsübertretung begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Die Kläger begehren aber - wie noch zu zeigen sein wird - gerade die Unterlassung eines nach dieser gesetzlichen Bestimmung verpönten Verhaltens der beklagten Partei. Die von dieser ins Treffen geführte schlüssige Zustimmung der Hauseigentümerin könnte nur dann bejaht werden, wenn kein vernünftiger Grund, daran zu zweifeln, übrig bliebe (§ 863 Abs. 1 ABGB). Gerade das kann aber wohl nicht angenommen werden, wenn die Zustimmung des Bestandgebers gesetzlich verbotenes Verhalten des Bestandnehmers zum Inhalt hätte.

Verfehlt ist auch der in der Revision angestellte Vergleich des von Veranstaltungen einer Studentenverbindung ausgehenden Lärms mit der Geräuschkulisse, die der Betrieb einer Gaststätte oder einer Diskothek mit sich bringe; abgesehen davon, daß der Nachbar auch nur behördlich genehmigte Immissionen dulden muß (SZ 59/84 ua), stellt sich diese Frage hier allein schon deshalb nicht, weil die beklagte Partei ihre Veranstaltungen ebensowenig wie ihren Budenbetrieb auf eine behördliche Genehmigung stützen kann. Der Betrieb der beklagten Studentenverbindung rechtfertigte deshalb nicht einmal die Analogie zu § 364a ABGB, in dessen Anwendungsbereich Unterlassungsansprüche verwehrt bleiben (SZ 56/158 uva), ganz abgesehen davon, daß die analoge Gewährung verschuldensunabhängiger Ausgleichsansprüche die Zulässigkeit der Eingriffsabwehr ohnehin unberührt ließe (Spielbüchler in Rummel, ABGB2 § 364a Rz 6). Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof dem Bestandnehmer zu einer Zeit, da dessen Unterlassungsanspruch in der Rechtsprechung noch nicht anerkannt war, den Anspruch gegen seinen Bestandgeber zugebilligt, die Abhaltung von Heimabenden und Spielen einer Jugendvereinigung in einer daruntergelegenen Wohnung zu verhindern, weil sich derartiges nicht als übliche Benützung einer Mietwohnung darstelle (JBl 1957, 158). Umso mehr muß es dem Mieter anheimgestellt bleiben, auf die Unterlassung ungewöhnlicher Lärmimmissionen, die von solchen oder gleichartigen Veranstaltungen ausgehen, zu dringen.

Auch die Unterstellung, die Kläger hätten beim Bezug ihrer Wohnung gewußt, jedenfalls aber wissen müssen, daß in dem Haus mehrere Studentenverbindungen untergebracht seien, sie müßten daher die von deren Betrieb bzw. deren Veranstaltungen ausgehenden Lärm hinnehmen, ist durch nichts begründet. § 364 ABGB nötigt lediglich zur Hinnahme von Geräuschen, die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreiten und die ortsübliche Benützung des Grundstücks (hier der Wohnung) nicht wesentlich beeinträchtigen, nicht aber auch jenes Lärms, der - angeblich - den üblichen Verbindungsbetrieb begleitet. Abgesehen davon, daß von niemand von vornherein die Geläufigkeit der Lärmentfaltung solcher Veranstaltungen erwartet werden kann, kann es nicht darauf ankommen, wie sich die Teilnehmer solcher Veranstaltungen bei deren Gepflogenheiten verhalten, sondern sind allein die ortsüblichen Verhältnisse maßgeblich.

Bei Lösung der Frage, ob die beanstandete Immission ortsüblich sei, kommt es grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Beurteilung an (ImmZ 1985, 398 mwN). Unwesentlich ist es daher, seit wann die Immissionen vorkommen oder ob der davon Betroffene bei Erwerb seines Grundstücks (hier beim Bezug der Wohnung) bereits damit rechnen mußte. Beachtlich wäre das nur dann, wenn die Ursache der Immissionen den Charakter der Umgebung prägt (RdU 1994, 24; 2 Ob 576/92); davon kann aber beim Betrieb einiger weniger Studentenverbindungen in einem typisch innerstädtischen Wohnviertel keine Rede sein, wenn die Geräuschkulisse in der Nacht zur Beurteilung ansteht.

Soweit es um die Lärmerregung zur Nachtzeit geht, kommt für die Beurteilung der ortsüblichen Immissionen auch den öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die der Erregung störenden Lärms entgegenwirken sollen, wesentliche Bedeutung zu, kann doch im Regelfall nicht angenommen werden, daß die Erregung (hier die Nachtruhe) störenden Lärms das den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschreite und die ortsübliche Benutzung der Wohnung der Kläger nicht beeinträchtige, obwohl sie nach den einschlägigen polizeilichen Vorschriften verboten und mit Strafe bedroht ist (vgl. auch Jabornegg-Rummel-Strasser, Privatrecht und Umweltschutz (1976), 107).

Nach dem schon erwähnten, in Wien nach wie vor in Geltung stehenden Art. VIII EGVG 1950 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Das trifft nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (VwSlg. 11.333 (A) uva; ähnlich auch ImmZ 1985, 398) stets dann zu, wenn einerseits der Lärm nach Art bzw. Intensität das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen geeignet ist und andererseits die Erregung eines solchen Lärms nicht dem beim Zusammenleben von Menschen gebotenen Verhalten entspricht, also jene Rücksichtnahme vermissen läßt, die die Umwelt verlangen kann. Dabei genügt es schon, daß die Lärmerregung objektiv, also von unbeteiligten Personen als störend und ungebührlich empfunden zu werden geeignet ist. Es kommt also nicht bloß auf die Lautstärke an, zu beachten ist ferner auch, ob die Beeinträchtigung häufig und lang andauernd erfolgt. Maßgeblich ist aber auch die Tageszeit, weil der Lärm einer bestimmten Intensität mitunter tagsüber noch nicht, wohl aber zur Nachtzeit von unbeteiligten Personen im besonderen Maß als störend empfunden wird (VwGH in ZfV 1980/1/126 und ZfV 1977/2/504). Wenn auch gesetzliche Vorschriften darüber fehlen, so kann es doch als Richtschnur dienen, daß die Bevölkerung vorwiegend die Zeit von 22 bis 6 Uhr für die Nachtruhe in Anspruch nimmt (vgl. Gaisbauer aaO 166 mwN und 203). Dabei sind selbst mit der üblichen Benützung der Räume verbundene lärmerregende Verrichtungen zu unterlassen, sofern sie wegen der beruflichen Tätigkeit des Verursachers nur zu einer Zeit vorgenommen werden könnten, zu der die übrigen Hausbewohner nach allgemeinem Brauch Anspruch auf Ruhe haben. Auch die Tatsache, daß ein möglicherweise sonst zulässiges Geräusch infolge der Bauart des Hauses (namentlich der mangelnden Schalldichtheit) weitergeleitet wird, geht zu Lasten des Lärmerregers (VwSlg. 4186 (A); 8786 (A) ua; ähnlich auch MietSlg. 25.272; 4 Ob 525/80 und 1 Ob 611/81).

Nach Auffassung des erkennenden Senats können die für den nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpönten störenden Lärm entwickelten Grundsätze auch für die Frage nach der Zulässigkeit von Geräuschimmissionen gemäß § 364 Abs. 2 ABGB fruchtbar gemacht werden (vgl. auch Jabornegg-Rummel-Strasser aaO): Wird - wie im vorliegenden Fall - die Nachtruhe von Hausbewohnern wiederholt empfindlich gestört, kann darin in aller Regel keine ortsübliche Immission mehr erkannt werden. Steht fest, daß der deshalb Belangte wiederholt ungebührlicherweise störenden Lärm erregt hat, so liegt es - namentlich, wenn sich das in einer typischen Wohngegend zugetragen hat - an ihm, darzutun, daß er aus ganz besonderen Gründen das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß nicht überschritten habe; derartiges kann dem Vorbringen der beklagten Partei in erster Instanz nicht entnommen werden. Soweit sie ins Treffen führt, das Gericht zweiter Instanz habe ihr die Beweislast auch für das Nichtvorliegen von Eingriffen aufgebürdet, so übersieht sie, daß schon das Erstgericht die von der beklagten Partei bzw. deren Räumen ausgehenden Störungen im einzelnen festgestellt hat. Soweit die beklagte Partei diesbezüglich in zweiter Instanz Verfahrensmängel gerügt und deshalb eine Verfahrensergänzung begehrt hat, kann dies, da vom Berufungsgericht mit schlüssigen Argumenten abgelehnt, nicht neuerlich in dritter Instanz geltend gemacht werden.

Schließlich bekämpft die beklagte Partei das Unterlassungsbegehren als zu unbestimmt; bei Geräuschimmissionen müsse das Unterlassungsgebot durch den zulässigen Geräuschpegel eingegrenzt werden. Richtig ist nur so viel, daß bei Unterlassungsklagen die Unterlassungspflicht so deutlich gekennzeichnet sein muß, daß ihre Verletzung nach § 355 EO exekutiv getroffen werden kann (EvBl 1989/6), die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten darf nicht erst im Zuge des Zwangsvollstreckungsverfahrens erfolgen, bei einem allfälligen Impugnationsstreit darf nur mehr beurteilt werden, ob ein späterer Sachverhalt gegen das frühere Verbot verstieß; die verbotene Verhaltensweise muß daher in objektiver Weise bestimmt und genau bezeichnet werden (RZ 1993/45). Diese Voraussetzung erfüllt die vom Berufungsgericht gewählte und vom Obersten Gerichtshof modifizierte Formulierung des Urteilsspruches. Es wird nicht etwa bloß der Gesetzestext des § 364 Abs. 2 ABGB wiedergegeben, sondern konkret angeführt, daß eine Lärmentwicklung im Haus selbst, die die nächtliche Ruhe der Kläger stört, zu unterlassen sei. Damit wird aber die Art der verbotenen Immission und der Ort, von dem sie nicht ausgehen dürfe, präzise bezeichnet. Eine Störung der nächtlichen Ruhe (verbotene Schwellgrenze) tritt aber immer dann ein, wenn die objektiv gegebene Erhöhung des Grundgeräuschpegels zu einer subjektiven Lästigkeit für normal empfindende Menschen führt (vgl ImmZ 1985, 398), sodaß dadurch ihr Ruhe- und Schlafbedürfnis wesentlich gestört wird. Die von der beklagten Partei geforderte präzise Anführung von Meßeinheiten zur deutlichen Kennzeichnung der Unterlassungspflicht erscheint nach Ansicht des erkennenden Senates weder notwendig noch zielführend. Es mag zutreffen, daß der zulässige Geräuschpegel in dB(A) in gewissen Fällen in den Urteilsspruch aufgenommen werden soll (vgl. SZ 50/99), eine im Zuge des Ortsaugenscheins durchgeführte Lärmmessung käme aber überhaupt nur dann als taugliches Beweismittel in Betracht, wäre sichergestellt, daß die Teilnehmer der Verbindungsveranstaltungen den gleichen Lärm entfalten wie in den Fällen, in welchen die Kläger die Polizei um Intervention baten (vgl. VwGH in ZfV 1980/1/126 ua). Es bedarf keiner weitwendigen Erörterungen, daß es nahezu ausgeschlossen erscheint, unter diesen Umständen gleiche Verhältnisse zu simulieren.

Einer Lärmmessung bedarf es in Fällen, wie dem vorliegenden, schon deshalb nicht, weil die Kläger gerade die Störung der Nachtruhe beanstanden, das zulässige Maß der Lärmerregung aber wegen der Gefahr nachhaltiger Schlafstörung innerhalb des Gebäudes gewiß nur dann nicht überschritten wird, wenn die „Zimmerlautstärke“ eingehalten wird, also die Geräusche innerhalb der Wohnungen der übrigen Bewohner des Hauses nicht mehr oder doch kaum noch vernommen werden können, sodaß die Nachbarn dadurch auch nicht wesentlich gestört werden (vgl. Gaisbauer aaO 202). Von einer solchen maßhaltenden Geräuschentfaltung der beklagten Partei kann aber, soweit das Erstgericht die Störung der Nachtruhe festgestellt hat, keine Rede sein, führte doch die Störung zu wiederholtem Einschreiten der Funkstreife.

Da das Berufungsgericht auch die Frage nach der Wiederholungsgefahr zutreffend gelöst hat, ist sein Urteil mit der Maßgabe zu bestätigen, daß in den Urteilsausspruch zur Klarstellung auch eine bestimmte zeitliche Endbegrenzung aufgenommen wird; eine inhaltliche Änderung ist damit ebensowenig verbunden wie es angesichts der vorstehenden Erwägungen erforderlich wäre, den Begriff der Nachtruhe näher zu verdeutlichen.

Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.