OGH vom 06.07.2009, 1Ob114/09k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden und die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Werner V*****, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum, Dr. Rainer Toperczer und Mag. Diether Pfannhauser, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Gabriela V*****, und 2. DI Peter P*****, beide vertreten durch Dr. Bertram Dietrich, Mag. Thomas Majoros und Mag. Claus Marchl, Rechtsanwälte in Wien, wegen 6.271,37 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Berufungsgericht vom , GZ 20 R 156/08v-26, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Gänserndorf vom , GZ 3 C 2/08f-22, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich seines rechtskräftigen Punkts 2 wiederhergestellt wird.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.955,26 EUR (darin enthalten 228,54 EUR USt und 584 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe :
Die Ehe zwischen dem Kläger und der Erstbeklagten wurde mit Urteil vom (rechtskräftig seit ) aus gleichteiligem Verschulden geschieden. Die Erstbeklagte hatte Ende 2005/Anfang 2006 eine ehewidrige Beziehung zum Zweitbeklagten aufgenommen, was ihr im Scheidungsverfahren als Eheverfehlung angelastet wurde; der Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe wurde mit Mitte Jänner 2006 angesetzt. Der Kläger erfuhr erst nach diesem Zeitpunkt von der Beziehung seiner Frau. Er beauftragte im März 2006 eine Detektei mit ihrer Überwachung, insbesondere weil er es vermeiden wollte, in dem sich ankündigenden (am von der Ehefrau eingeleiteten) Scheidungsverfahren alleine als „Böser" dazustehen.
Der Kläger begehrte den Ersatz der Kosten der Überwachung.
Die Beklagten verwiesen auf die bereits im Jänner 2006 eingetretene unheilbare Zerrüttung der Ehe, weshalb die Überwachung überflüssig, aussichtslos bzw rechtsmissbräuchlich gewesen sei.
Das Erstgericht verpflichtete die Erstbeklagte zur Zahlung der der Höhe nach unstrittigen Detektivkosten (Punkt 1) und wies das Klagebehren gegen den Zweitbeklagten rechtskräftig ab (Punkt 2). Der Kläger sei berechtigt gewesen, sich über - für das zukünftige Scheidungsverfahren bedeutsame - Umstände Gewissheit zu verschaffen. Das legitime Interesse des Klägers habe sich letztlich in dem unangefochten gebliebenen Verschuldensausspruch des Scheidungsurteils gezeigt.
Das nur von der Erstbeklagten angerufene Berufungsgericht wies auch das gegen sie gerichtete Klagebegehren ab, weil nach der unheilbaren Zerrüttung der Ehe ihr Verhalten nicht mehr kausal für die Kosten der Überwachung gewesen sei. Über Antrag des Klägers ließ das Berufungsgericht die Revision nachträglich zu.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung steht dem Ehegatten, dessen Ehe durch ehewidrige Beziehungen seines Partners zu einer dritten Person gestört wird, ein Anspruch auf Ersatz angemessener, also nach der Interessenlage gerechtfertigter Überwachungskosten, (auch) gegen den Ehegatten aus dem Titel des Schadenersatzes zu (4 Ob 166/02v; 7 Ob 195/02f ua). Das Recht, sich durch Beauftragung eines Detektivs Gewissheit zu verschaffen, findet seine Grenze dort, wo die Überwachung offenkundig überflüssig, von vornherein aussichtslos und erkennbar unzweckmäßig ist oder aber Rechtsmissbrauch vorliegt (RIS-Justiz RS0022959; 2 Ob 102/03v). Dies trifft im konkreten Fall nicht zu: Der Kläger hatte in dieser Situation, in der das Scheidungsverfahren bevorstand und die Verschuldensfrage ungeklärt war, ein berechtigtes Interesse daran, zur Abwehr unterhalts- und vermögensrechtlicher Nachteile seinen Prozessstandpunkt durch Beobachtung durch einen Detektiv zur Erlangung von Beweisen für ein ehebrecherisches/ehewidriges Verhältnis seiner Frau zu untermauern (7 Ob 195/02f mwN; vgl 10 Ob 55/07x). Aufgrund dieses berechtigten Interesses steht die bei Beauftragung der Detektei bereits eingetretene unheilbare Zerrüttung der Ehe seinem Anspruch nicht entgegen (1 Ob 101/97b).
Die Entscheidung des Erstgerichts ist daher wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.