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OGH vom 28.11.2019, 2Ob198/19k

OGH vom 28.11.2019, 2Ob198/19k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Veith als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Musger, die Hofrätin Dr. Solé, und die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** M*****, vertreten durch Mag. Klaus Ainedter und Dr. Manfred Ainedter, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. D***** GmbH & Co KG, *****, 2. U***** AG, *****, beide vertreten durch Dr. Silvia Dornhackl, Rechtsanwältin in Wien, und 3. W***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Ralph Mayer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 65.506,27 EUR sA, über den Rekurs der drittbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom , GZ 13 Nc 12/19t-3, womit der Antrag auf Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Wien *****, ***** und ***** zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Erbe nach der am verstorbenen A***** B*****, die am bei der Benützung eines von der drittbeklagten Partei betriebenen Linienbusses verletzt wurde. Das Erstgericht erkannte im zweiten Rechtsgang, dass die Haftung der drittbeklagten Partei dem Grunde nach zu Recht bestehe. Die drittbeklagte Partei verband ihre Berufung gegen diese Entscheidung mit einem Ablehnungsantrag gegen den Erstrichter, den das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zurückwies. Dem dagegen erhobenen Rekurs gaben die nunmehr abgelehnten Richter des Oberlandesgerichts Wien nicht Folge (16 R 73/18z).

Die drittbeklagte Partei erhob gegen das Urteil des Berufungsgerichts außerordentliche Revision, in der wieder (teilweise neue) Befangenheitsvorwürfe gegen den Erstrichter vorgebracht wurden. Der Oberste Gerichtshof unterbrach das Revisionsverfahren bis zur Rechtskraft der Entscheidung über die in der Revision erklärte Ablehnung des Erstrichters (2 Ob 222/18p). Diesen Ablehnungsantrag wies das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien ebenfalls zurück. Dagegen erhob die drittbeklagte Partei Rekurs und verband damit die Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Wien, die im Rekursverfahren 16 R 73/18a entschieden hatten. Es sei mit Grund zu befürchten, dass die abgelehnten Richter auch den zweiten Rekurs nicht der erforderlichen Prüfung zuführen würden.

Mit dem angefochteten Beschluss wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Wien diesen Ablehnungsantrag zurück. Eine behauptete Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung begründe keinen Ablehnungsgrund. Selbst im Fall einer groben Unrichtigkeit einer Sachentscheidung bedürfe es eines besonderen Anhaltspunkts für die Besorgnis einer Befangenheit. Den Anschein der Befangenheit könnten Verfahrensmängel nur dann begründen, wenn es sich um schwerwiegende Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze handelt, die an der Objektivität des Richters mit Grund zweifeln ließen. Derartige Vorstöße der abgelehnten Richter zeige die drittbeklagte Partei nicht auf. Von einer unrichtigen Beweiswürdigung könne schon deshalb keine Rede sein, weil die abgelehnten Richter gar keine Beweiswürdigung vorgenommen hätten. Auf Rechtsmittelentscheidungen in anderen Verfahren sei im Ablehnungsverfahren nicht einzugehen. Eine allfällige, dort unterlaufene [grob] unrichtige Beweiswürdigung hätte schon in diesem Verfahren als Befangenheit geltend gemacht werden müssen, weil Ablehnungsgründe nicht – schon gar nicht für andere Verfahren – „bevorratet“ werden könnten.

Dagegen richtet sich der Rekurs der drittbeklagten Partei mit dem Abänderungsantrag, die Befangenheit der abgelehnten Richter des Oberlandesgerichts Wien festzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig (§ 24 Abs 2 JN), aber nicht berechtigt.

1. Die Rekurswerberin schildert ausführlich den bisherigen Verfahrensgang und geht auch umfangreich auf die Gründe für die angebliche Befangenheit des Erstrichters im Hauptverfahren ein. Die Befangenheit der nunmehr abgelehnten Richter ergebe sich aus der unzureichenden bzw nahezu gänzlich fehlenden Begründung ihrer Rekursentscheidung. Sie hätten sich mit den gegen den Erstrichter vorgetragenen Ablehnungsgründen nur unzureichend befasst. Es sei daher sehr wahrscheinlich, dass die abgelehnten Richter die geltend gemachten Ablehnungsgründe betreffend den Erstrichter auch im zweiten Rekursverfahren nicht wie erforderlich prüfen würden.

2. Ein Richter ist nach § 19 Z 2 JN befangen, wenn Umstände vorliegen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigen, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Befangen ist ein Richter, der nicht unparteiisch entscheidet, sondern sich von unsachlichen psychologischen Motiven leiten lässt (RS0046024 [T2 und T 3]). Im Interesse des Ansehens der Justiz ist bei der Beurteilung, ob Befangenheit vorliegt, grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, soll doch schon der Anschein, ein Richter lasse sich bei der Entscheidung von anderen als rein sachlichen Gesichtspunkten leiten, jedenfalls vermieden werden (RS0045949, RS0046052). Andererseits soll es durch die Regelungen über das Ablehnungsrecht nicht ermöglicht werden, sich nicht genehmer Richter entledigen zu können (RS0046087, RS0109379).

3. Wie bereits das Erstgericht dargelegt hat, begründet eine behauptete Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung keinen Ablehnungsgrund (4 Ob 217/07a; RS0111290). Es lässt sich daher mit einer solchen Behauptung auch nicht die Befangenheit der Richter oder auch nur der Anschein einer Befangenheit in einem folgenden Verfahren begründen. Das Ablehnungsverfahren soll nicht die Möglichkeit bieten, dass sich Parteien ihnen nicht genehmer Richter entledigen können (RS0111290; RS0046047).

4. Dass die Entscheidung der abgelehnten Richter des Oberlandesgerichts Wien nach dem Dafürhalten der drittbeklagten Partei nicht so ausführlich und umfassend begründet war, wie sie es für angemessen hielt, und dass darin die nach Ansicht der drittbeklagten Partei falsche Rechtsansicht vertreten wurde, dass im Ablehnungsverfahren nicht auf Vorkommnisse in anderen Verfahren Bezug zu nehmen sei, begründet auch unter Bedachtnahme auf die umfangreichen Argumente der Ablehnungswerberin zum mit zu berücksichtigenden Verhalten des Erstrichters nicht einmal ansatzweise Anhaltspunkte, die eine Befangenheit der abgelehnten Richter des Oberlandesgerichts Wien, um die es hier alleine geht, im zweiten Rekursverfahren befürchten ließe.

Eine Unrichtigkeit der Entscheidung des Ablehnungssenats ist daher nicht zu erkennen.

5. Eine Rekursbeantwortung musste im Hinblick auf die offenkundige Unbegründetheit des Rechtsmittels nicht eingeholt werden (RS0126587).

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 40, 50 ZPO.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2019:0020OB00198.19K.1128.000

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Fundstelle(n):
SAAAD-33306