OGH vom 15.12.1992, 5Ob1602/92
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Wilhelm Joachim L*****, Rechtsanwalt, ***** I*****, K*****gasse 54, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der Fa. A***** Gesellschaft m.b.H., wider die beklagte Partei Fa. H***** Gesellschaft m.b.H., ***** L*****, R*****platz 6, vertreten durch Dr.Erich Holzinger, Rechtsanwalt in Liezen, wegen S 1,895.493,-- s.A. infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 122/92-53, den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag der Revisionsgegnerin auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird gemäß § 508a Abs 2 Satz 3 ZPO abgewiesen.
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Auszugehen ist davon, daß die streitgegenständliche Sacheinlagevereinbarung die Übereignung eines realen Teiles der Liegenschaft EZ ***** KG L***** an die gemeinschuldnerische Gesellschaft und nicht bloß die Einbringung von Nutzungsrechten vorsah. Auch dem Klagsanspruch liegt die Annahme zugrunde, daß die beklagte Partei in einen Eigentumsverschaffungsanspruch der gemeinschuldnerischen GmbH gegen Anton B***** eingegriffen hat, als sie die Liegenschaft kaufte. Die nunmehrige Argumentation des Klägers, der Schadenersatzanspruch gegen die beklagte Partei wäre auch unter dem Gesichtspunkt einer Einbringung der streitgegenständlichen Liegenschaft quoad usum zu prüfen gewesen, ist daher als Neuerung unbeachtlich. Sie ist, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, weder durch das Vorbringen des Klägers noch durch die in erster Instanz gewonnenen Verfahrensergebnisse gedeckt.
In der Sache selbst ist die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht, daß die mit einem Veräußerungs- und Belastungsverbot zugunsten der Eltern des Anton B***** belastete Liegenschaft EZ ***** KG L***** nicht Gegenstand einer gültigen Sacheinlagevereinbarung sein konnte, jedenfalls im Ergebnis richtig. Die Sacheinlagevereinbarung ist ein Vertrag sui generis, der dem Inferenten in Anrechnung auf seine sonst in Geld zu erfüllende Stammeinlageverpflichtung gesellschaftliche Teilhaberrechte im Austausch gegen eine Sachleistung verschafft (vgl 1 Ob 575, 576/78; E 14 zu § 6 GmbHG in Schönherr - Nitsche, HGB mit Nebengesetzen27). Diese Sachleistung muß gemäß § 10 Abs 1 letzter Satz GmbHG sofort in vollem Umfang bewirkt werden und hat gemäß § 10 Abs 3 GmbHG im Zeitpunkt der Registrierung der Gesellschaft deren Geschäftsführern zur freien Verfügung zu stehen (Wünsch, Kommentar zum GmbHG, Rz 6 und 10 zu § 10). Als Gegenstand einer Sacheinlage kommt daher nur in Frage, was den soeben erwähnten Anforderungen des § 10 GmbHG genügen kann (Wünsch aaO, Rz 17 zu § 6).
Hier war vereinbart, der Gesellschaft im Zuge der Einbringung des Unternehmens des Anton B***** auch einen realen Teil der dazugehörigen Betriebsliegenschaft zu übereignen, was - dem Wesen der Einzelrechtsnachfolge entsprechend - nur durch einen Übertragungsakt iSd § 431 ABGB möglich war (Wünsch aaO, Rz 18 zu§ 6 und 8 zu § 10 mwN; vgl zuletzt ecolex 1991, 539). Dazu bedurfte es im Hinblick auf das bestehende Veräußerungs- und Belastungsverbot der Zustimmung der Verbotsberechtigten, die Anton B***** zwar später einmal zu erlangen "erhoffte", mit der jedoch im maßgeblichen Zeitpunkt der Registrierung der Gesellschaft keinesfalls gerechnet werden konnte. Insofern ist den Vorinstanzen recht zu geben, daß ein von Anfang an unerfüllbares Einlageversprechen vorlag, weil ja der Gesellschaft nicht irgendwann einmal, sondern nach der insoweit zwingenden Vorschrift des § 10 GmbHG im Zeitpunkt ihrer Registrierung volle Verfügungsfreiheit über die Liegenschaft zu verschaffen war. Diese Unmöglichkeit der Erfüllung ergibt sich eindeutig aus den Regeln über dinglich wirksame Veräußerungs- und Belastungsverbote (vgl Spielbüchler in Rummel I2, Rz 6, 10 und 11 zu § 364c ABGB) und bedarf daher keiner weiteren Klarstellung.
Zu Recht haben daher die Vorinstanzen aus § 878 ABGB geschlossen, daß der gemeinschuldnerischen Gesellschaft auf Grund des Sacheinlageversprechens des Anton B***** kein Anspruch auf Verschaffung des Eigentums an der streitgegenständlichen Liegenschaft zustand, weshalb die beklagte Partei durch den Ankauf der Liegenschaft auch nicht in einen solchen Vertragsanspruch eingegriffen haben kann. Wenn der Kläger meint, die beklagte Partei habe ein durch den Sacheinlagevertrag erworbenes "obligatorisches Recht auf Übertragung des Liegenschaftseigentums" der Gesellschaft gegen Anton B***** verletzt, übersieht er, daß zufolge § 10 Abs 3 GmbHG ein bloß obligatorischer Anspruch gegen den Gesellschafter, der nicht rechtzeitig zur Aussonderung der geschuldeten Sache aus dem Vermögen des Inferenten führt, nicht Gegenstand einer Sacheinlage sein kann (Ulmer in Hachenburg, GmbHG8, RN 36 zu § 5; Winter in Scholz, Kommentar zum GmbHG7, RN 44 zu § 5; vgl auch Wünsch aaO, Rz 17 zu § 6).
Die vom Kläger als untragbar empfundene Rechtsfolge, daß damit weder die Gesellschaft noch deren Gläubiger auf Erfüllung eines Einlageversprechens dringen könnten, tritt in dieser Schärfe gar nicht ein. Aus § 63 Abs 5 GmbHG (siehe in diesem Zusammenhang auch § 6a GmbHG iVm § 20 Abs 2 AktG) folgt nämlich, daß der Sacheinleger die subsidiär weiterbestehende Pflicht zur (Ergänzung der) Stammeinlage in Geld nach Maßgabe des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Haftungsbetrages (hier S 499.000,--) zu erfüllen hat (Wünsch aaO, Rz 28 zu § 6; Ulmer aaO, RN 87 ff zu § 5; Winter aaO, RN 62 ff zu § 5). Daneben können ihn Schadenersatzpflichten gemäß § 878 zweiter Satz ABGB treffen, sodaß sich die Entscheidungen der Vorinstanzen durchaus mit dem angesprochenen Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Gläubigerschutz vereinbaren lassen.
Im gegenständlichen Verfahren geht es weder um die Vereitelung der aus dem Gesellschaftsvertrag geschuldeten Nachzahlung des Anton B***** auf seine Stammeinlage (die vielleicht nach der Ausfolgung eines Sparbuches mit S 2,128.254,43 an den Kläger - s. dazu S 17 f des Ersturteils - überhaupt nicht mehr eingefordert werden könnte) noch um die Hintertreibung eines auf § 878 zweiter Satz ABGB gestützen Schadenersatzanspruches der gemeinschuldnerischen Gesellschaft, weil der Vorwurf an die beklagte Partei bzw deren Geschäftsführerin dahin geht, den Verkaufserlös für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft im Wissen um die "außerbücherlichen Eigentumsverhältnisse" nicht an die Gesellschaft, sondern (in Form einer Schwarzgeldzahlung) an Anton B***** ausgefolgt zu haben. Auch die Bezifferung des Klagebegehrens baut allein darauf auf, der gemeinschuldnerischen Gesellschaft die Betriebsliegenschaft bzw deren (anteiligen) Wert entzogen zu haben. Ein Eigentumsverschaffungsanspruch stand jedoch der gemeinschuldnerischen Gesellschaft gar nicht zu. Selbst ein denkbarer Schadenersatzanspruch hätte wohl den Vertrauensschaden und nicht das Erfüllungsinteresse zum Gegenstand haben müssen (vgl Rummel in Rummel I2, Rz 2 und 3 zu § 878 ABGB). Um die beklagte Partei für eine allfällige Unerfüllbarkeit von Stammeinlagenforderungen oder Schadenersatzansprüchen gegen Anton B***** haftbar zu machen, hätte daher ausgeführt werden müssen, worauf sich diese Forderungen richten, auf welcher Rechtsgrundlage sie beruhen und daß sie der beklagten Partei bekannt waren, als sie sich zum Ankauf der streitgegenständlichen Liegenschaft entschloß. Der Hinweis auf die Gläubigerschutznormen des § 10 Abs 4 GmbHG versagt - wie bereits das Berufungsgericht erkannte - schon deshalb, weil die beklagte Partei mit der Gründung der gemeinschuldnerischen Gesellschaft gar nichts zu tun hatte und keinerlei Mitverantwortung für die falschen Angaben des Anton B***** gegenüber dem Registergericht trägt.
Letztlich ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß es an einem ausreichenden Sachvorbringen für den eventualiter geltend gemachten Anfechtungsanspruch fehlt. Da das Eigentum an der streitgegenständlichen Liegenschaft nicht zum Haftungsfonds der Gesellschaftsgläubiger gehörte, wurde er durch die Ausfolgung des Kaufpreises an den wahren Eigentümer nicht geschmälert. Daß damit andere Ansprüche der Gesellschaft vereitelt werden sollten, läßt sich dem Klagsvorbringen jedenfalls nicht zwingend entnehmen, sodaß sich die von den Vorinstanzen angenommene Unschlüssigkeit im Rahmen der unüberprüfbaren Beurteilung einer einmaligen Fallgestaltung hält (vgl 4 Ob 1009/88; 1 Ob 666/90; 6 Ob 1550/91 ua).
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).