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OGH vom 27.11.1991, 3Ob105/91

OGH vom 27.11.1991, 3Ob105/91

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Dr. Angst als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei C*****-BANK*****, vertreten durch Dr. Erich Kadlec, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Heinrich M***** Gesellschaft m.b.H. & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Rudolf Landerl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1 Mio S sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 4 R 245/91-65, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom , GZ E 9067/89-60, teilweise aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Bei der Beschreibung und Schätzung der zu versteigernden Liegenschaft, auf der früher ein Furnierwerk betrieben wurde, wurden Maschinen, Fahrzeuge und andere Betriebsgegenstände verzeichnet und bewertet. Die betreibende Partei beantragte unter Berufung auf die dauernde Betriebsstillegung die Ausscheidung dieser Fahrnisse aus dem Zwangsversteigerungsverfahren.

Das Erstgericht schied alle beschriebenen Gegenstände ausgenommen einen Hauptverteiler und einen Stromanschluß (Positionen 17 und 30 des Gutachtens ON 41) mit der Begründung aus, diese Gegenstände hätten ihre Zubehörseigenschaft durch die Stillegung des Betriebes verloren.

Das Gericht zweiter Instanz hob den Beschluß des Erstgerichtes im Umfange seiner Anfechtung, nämlich hinsichtlich der Positionen 1, 3, 5, 7, 14, 15, 22, 26, 28 und 29 mit der Begründung auf, es seien nicht alle Beteiligten zur Ausscheidung der strittigen Gegenstände gehört und es sei auch nicht geprüft worden, ob eine dauernde Betriebsstillegung oder eine sonstige Umwidmung gegeben sei. Hinsichtlich des Kastenwagens Position 9 wies das Gericht zweiter Instanz darauf hin, daß hierüber noch nicht entschieden worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist nicht berechtigt. Im Verfahren zur Feststellung der Zubehörseigenschaft bestimmter Sachen im Sinne des § 252 Abs 1 EO sind neben dem Verpflichteten und der betreibenden Partei auch die sonstigen Buchberechtigten und alle Fahrnispfandgläubiger beizuziehen, und es ist allen gegenüber in einem gemeinsamen Beschluß zu entscheiden (SZ 47/96; RPflSlgE 1980/135). Da das Erstgericht bei seiner Entscheidung diesen Verfahrensgrundsatz verletzt hat, ist der Aufhebungsbeschluß der zweiten Instanz schon aus diesem Grunde berechtigt.

In der Sache selbst ist folgendes zu beachten:

Gemäß § 252 Abs 1 EO darf das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör derselben (§§ 294 bis 297 ABGB) nur mit dieser Liegenschaft selbst in Exekution gezogen werden. Zubehör einer Liegenschaft sind damit jedenfalls die gemäß den §§ 294 und 297 ABGB mit der Liegenschaft als Hauptsache in fortdauernde Verbindung gesetzten Gegenstände (Bestandteile) und alle ohne solche äußerliche Verbindung sonst zum fortdauernden, anhaltenden Gebrauch der Liegenschaft bestimmten Dinge (Zubehör ieS).

Bei unselbständigen Bestandteilen ist die Verbindung des Teiles mit der Hauptsache so eng, daß er von dieser überhaupt nicht oder nur durch eine unwirtschaftliche Vorgangsweise abgesondert werden kann. Solche Gegenstände folgen stets dem sachenrechtlichen Schicksal der Hauptsache. Selbständige Bestandteile sind zwar mit der Hauptsache körperlich eng, aber nicht untrennbar verbunden und sie können daher tatsächlich und wirtschaftlich abgetrennt werden. Beim Zubehör ieS liegt technisch und tatsächlich keine "fortdauernde Verbindung" mit der Hauptsache vor, die Sache ist aber auf andere Weise nach der Verkehrsauffassung erkennbar dem fortdauernden und anhaltenden Gebrauch des Ganzen bestimmt. Sowohl selbständige Bestandteile wie Zubehör ieS sind, selbst wenn sie noch mit der Hauptsache verbunden sind, sonderrechtsfähig und teilen also nicht notwendig das sachenrechtliche Schicksal der Hauptsache, sie folgen ihm aber in der Regel (Koziol-Welser9 II 13 f). Der Unterschied ist hier also ohne Bedeutung.

Ist eine Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend dem Betrieb eines Unternehmens gewidmet, dann gilt nach der Rechtsprechung auch das auf der Liegenschaft befindliche Zubehör des Unternehmens als Zubehör der Liegenschaft (SZ 47/96). Auf die dogmatische Problematik einer solchen Konstruktion wurde schon von Ehrenzweig hingewiesen (Sachenrecht 33), und kürzlich hat auch Hoyer wieder darauf aufmerksam gemacht (ecolex 1991, 764). Wird ein Unternehmen auf fremdem Grund betrieben, dann gehört das Unternehmenszubehör nicht zum Zubehör der Liegenschaft (Klang in Klang2 II, 16). Betreibt aber der Liegenschaftseigentümer selbst auf seiner Liegenschaft ein Unternehmen, dann hat - wie § 296 ABGB deutlich zeigt - die wirtschaftliche Betrachtungsweise Vorrang, daß die Einheit zwischen Betriebsliegenschaft und Unternehmenszubehör erhalten bleiben soll, sodaß trotz dogmatischer Bedenken an der Zuordnung des "Unternehmenszubehörs" zur zu versteigernden Liegenschaft festzuhalten ist. Soweit Hoyer aaO darauf hinweist, daß es zur Gesamtsache Unternehmen nur Teilsachen oder Bestandteile geben könne, während der Zubehörsbegriff eine körperliche Hauptsache voraussetze, geht es letztlich nur um eine Frage der Wortwahl. Man könnte sagen, daß aus den angeführten Gründen die strittigen "Teilsachen" wie Zubehör behandelt werden.

Zubehör ieE (und Unternehmenszubehör im besprochenen Sinn) verliert die Zubehörseigenschaft, wenn die Sache nicht mehr dem fortdauernden Gebrauche der Hauptsache iSd § 294 ABGB dient; das ist allerdings nicht schon bei einer nur vorübergehenden Betriebssperre, sondern erst allenfalls bei einer endgültigen Stillegung des Unternehmens der Fall (SZ 41/44). Für selbständige Bestandteile wurde hingegen ausgesprochen, daß die Zugehörigkeit zur Liegenschaft (Betriebsliegenschaft im oben besprochenen Sinn) noch nicht durch die Stillegung des Betriebes, sondern erst durch die tatsächliche Trennung von der Liegenschaft aufgehoben wird (SZ 57/126). Diese Entscheidung wurde im Schrifttum mehrfach besprochen, wobei die ungleiche Behandlung von Zubehör ieS und selbständigem Bestandteil als unerwünscht betrachtet wird (Braumann, RdW 1987, 321; Spielbüchler in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 294; Petrasch in Rummel, ABGB2, Rz 3 zu § 457).

Bei Liegenschaftszubehör ieS, also Nebensachen, die der Hauptsache Liegenschaft ohne Rücksicht auf deren Verwendung dienen, ergibt sich keine unterschiedliche Behandlung gegenüber selbständigen Bestandteilen (s.o.); in der Regel löst erst die Trennung das Band (vgl Spiebüchler aaO Rz 5). Beim Unternehmenszubehör wäre hingegen auch eine andere Art der Aufhebung der Widmung bedeutsam, vor allem die "endgültige Betriebsstillegung". Bei der neuerlichen Prüfung dieser Frage ist vom Zweck der Bestimmung des § 252 EO auszugehen, der in der Werterhaltung und der Verhinderung der Zerschlagung einer wirtschaftlichen Einheit liegt. Solange diese Einheit noch nicht endgültig - sei es durch Entfernung einzelner Zubehörstücke oder durch gänzliche Umwidmung der Liegenschaft oder den Wegfall der Absicht gemeinsamer Verwertung - aufgegeben ist, ist von der Zugehörigkeit der strittigen Sachen zur Liegenschaft auszugehen. Entscheidend ist dabei nicht der innere Wille des Eigentümers, sondern der durch die Verkehrsauffassung objektiv bestimmte äußere Tatbestand, wobei es vor allem auf die wirtschaftliche Zweckbestimmung ankommt (vgl Klang aaO, 16). Davon unabhängig ist die jetzt nicht zu lösende Frage, ob iSd § 457 ABGB an Zubehörsstücken ein Pfandrecht besteht, ob ein Einzelpfandrecht an einer früher selbständigen Sache aufrecht bleibt, wenn diese nachträglich zum Zubehör gewidmet wird, oder ob sich umgekehrt eine Hypothek nach Aufhebung der Zubehörseigenschaft noch auf früheres Zubehör erstreckt (vgl. Petrasch aaO).

Bei strikter Übernahme des in SZ 41/44 vertretenen Standpunktes wird die Beendigung der Zugehörigkeit zur Liegenschaft eher zu früh angesetzt; denn trotz dauernder Betriebsstillegung kann es immer noch wirtschaftlich sinnvoll sein, das noch auf der Liegenschaft belassene bisherige Unternehmenszubehör nur gemeinsam mit der Liegenschaft zu verwerten. Die Zubehörswidmung kann also noch gegeben sein, auch wenn der lebende Betrieb schon stillgelegt ist, aber noch keine Widmung für einen anderen (neuen) Zweck erfolgte; sie kann noch für die Verwertungsphase fortdauern. Für den Regelfall, wenn keine gegenteiligen wirtschaftlichen Gesichtspunkte anderes nahelegen, kann damit auch für Zubehör ieS der Ansicht von Petrasch (in Rummel ABGB2, Rz 3 zu § 457) gefolgt werden, daß im Zweifel auf die reale Entfernung abzustellen ist, weil erst diese die dauernde Aufhebung der bisherigen Widmung dokumentiert. Auf diesen tatsächlichen Zustand abzustellen, ist auch für Zwecke des Exekutionsverfahrens am praktikabelsten.

Wurden Gegenstände des Unternehmens allerdings durch entsprechend enge Verbindung zu Bestandteilen der Liegenschaft selbst, so verlieren sie diese Eigenschaft iSd E SZ 57/126 erst mit der körperlichen Trennung.

Im zweiten Rechtsgang ist daher zu klären, welche der strittigen Gegenstände selbständige Bestandteile der Liegenschaft geworden sind und welches bisherige Zubehör ieS noch wirtschaftlich sinnvoll als zur Liegenschaft gehörig anzusehen ist. Eine technische Überalterung einzelner Gegenstände kann dabei nur am Rande bedeutsam sein.

Das Argument des Revisionsrekurses, der Verpflichtete habe die Fahrnispfändung hinsichtlich der strittigen Gegenstände hingenommen, ist nur teilweise zutreffend (denn bei vielen strittigen Postzahlen hat der Verpflichtete auch im Rahmen der Fahrnisexekution beantragt, die Gegenstände nur zusammen mit der Liegenschaft zu versteigern) und wegen des möglichen Eingriffs in die Rechte der Hypothekargläubiger auch ohne Bedeutung.

Auf die erstmals im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung der betreibenden Partei, daß die strittigen Gegenstände nicht im Eigentum der Liegenschaftseigentümerin stehen, ist schon wegen des im Rekursverfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht einzugehen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 74 EO und 41 und 50 ZPO.