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OGH vom 15.12.2010, 1Ob108/10d

OGH vom 15.12.2010, 1Ob108/10d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden und die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Fichtenau, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen Dkfm. Harald B*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den Revisionsrekurs der Erbin Margarete B*****, vertreten durch Thiery Ortenburger, Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 163/10d, 43 R 164/10a 81, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 80 A 4/09d 52 und 80 A 4/09d 53, abgeändert wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Erblasser verstarb unter Hinterlassung seiner Gattin und zweier (erwachsener) Söhne. Punkt 1 und 2 seines Testaments vom lauten:

„1. Meine Gesellschaftsanteile an den folgenden operativen Gesellschaften vererbe ich wie folgt:

1.1 An der B***** GesmbH mit Sitz in … besitze ich einen Geschäftsanteil, der einer Stammeinlage von EUR 27.252,31 entspricht; dies ist eine Beteiligung von 75 % am Stammkapital. Von diesem Geschäftsanteil vererbe ich

einen Teil meines Geschäftsanteils im Nominale von EUR 363,37 (dies ist eine Beteiligung von rund 1 % am Stammkapital) an meine Ehefrau …

einen Teil meines Geschäftsanteils im Nominale von EUR 13.444,47 (dies ist eine Beteiligung von rund 37 % am Stammkapital) an meinen Sohn Herrn Mag. Walter B***** sowie

einen Teil meines Geschäftsanteils im Nominale von EUR 13.444,47 (dies ist eine Beteiligung von rund 37 % am Stammkapital) an meinen Sohn Herrn Mag. Andreas B*****.

Nach Annahme der Erbschaft sind daher die Geschäftsanteile an der B***** GesmbH wie folgt verteilt:

Mag. Walter B***** mit einem Geschäftsanteil von EUR 13.444,47 (rund 37 %)

Mag. Andreas B***** mit einem Geschäftsanteil von EUR 13.444,47 (rund 37 %) und

Frau Margarete B***** mit einem Geschäftsanteil von EUR 9.447,47 (rund 26 %).

...

1.2 An der B***** Kft besitze ich eine Beteiligung in Höhe von 75 %. Von dieser Beteiligung vererbe ich

eine Beteiligung von 1 % an der Gesellschaft an meine Ehefrau …

eine Beteiligung von 37 % an der Gesellschaft an meinen Sohn, Herrn Mag. Walter B*****

eine Beteiligung von 37 % an der Gesellschaft an meinen Sohn, Herrn Mag. Andreas B*****.

Nach Annahme der Erbschaft sind daher die Eigentumsverhältnisse an der B*****Kft wie folgt verteilt:

Mag. Walter B***** 37 %

Mag. Andreas B***** 37 %

Frau Margarete B***** 26 %.

2. Mein restliches Vermögen vererbe ich meiner Ehefrau Margarete B*****. Hiezu gehören insbesondere folgende Vermögensgegenstände: ... [es folgt u.a. eine Auflistung von Hälfteanteilen an zahlreichen Liegenschaften, an denen die Witwe bereits Hälfteeigentümerin ist.]

…“

Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist der Antrag der Witwe auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG hinsichtlich des ihr zugedachten jeweils 1%igen Gesellschaftsanteils an der B***** GmbH und der B***** Kft.

Der bisherige Verfahrensgang lässt sich wie folgt zusammenfassen:

Nachdem sowohl die Söhne als auch die Witwe des Erblassers gestützt auf diese letztwillige Verfügung jeweils bedingte Erbantrittserklärungen zum gesamten Nachlass abgegeben hatten, leitete das Erstgericht das Verfahren über das Erbrecht ein. Die Söhne des Erblassers beantragten die Absonderung der Verlassenschaft nach § 812 ABGB und brachten vor, die Bestellung eines Verlassenschaftskurators sei erforderlich, weil die Generalversammlungen der Gesellschaften aufgrund des anhängigen Verlassenschaftsverfahrens nicht handlungsfähig seien. Es bestünden schwerwiegende Differenzen zwischen ihnen und ihrer Mutter (der Witwe des Erblassers). Es sei die eminente Gefahr gegeben, diese werde ihre Stellung als alleinige Geschäftsführerin missbrauchen, um den Wert der Unternehmen zu mindern, und den für die Pflichtteilsansprüche zur Verfügung stehenden Befriedigungsfonds mindern. Schon vor Beschlussfassung über den Antrag auf Absonderung der Verlassenschaft sei ihr die Verwaltung und Benutzung des Verlassenschaftsvermögens im Wege einer einstweiligen Anordnung zu entziehen und ein Kurator zu bestellen.

Das Erstgericht entzog mit Beschluss und einstweiliger Anordnung vom (ON 27) den erbantrittserklärten Erben vorläufig die Verwaltung und Benützung des Verlassenschaftsvermögens und bestellte Rechtsanwalt Dr. Peter S***** zum Verlassenschaftskurator zur Verwaltung und Vertretung in allen Angelegenheiten. Weiters ordnete es an, dass der Nachlass vorläufig vom Vermögen der erbsantrittserklärten Erben abzusondern und vorläufig vom Verlassenschaftskurator zu verwalten sei; diesem sollten vorläufig die Rechte und die Pflichten eines Separationskurators zukommen (siehe Beschluss des Rekursgerichts vom , ON 74). Der Rechtsanwalt nahm sogleich seine Tätigkeit auf und erstattete einen ersten Bericht. Nachdem die Söhne des Erblassers erklärt hatten, ihre Erbantrittserklärungen nicht aufrecht zu erhalten, wurde mit mittlerweile rechtskräftigem Beschluss vom (ON 40) das Erbrecht der Witwe zum gesamten Nachlass festgestellt. Die Söhne des Erblassers beantragten die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG hinsichtlich der ihnen zugedachten jeweils 37%igen Gesellschaftsanteile. Diesem Antrag gab das Erstgericht mit rechtskräftig gewordenen Beschlüssen vom (ON 41 und 42) Folge und sprach aus, dass dem Erwerbsvorgang und der Eintragung in das Firmenbuch keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstünden.

Am stellte nunmehr die Witwe den Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung für die Eintragung der ihr testamtentarisch zugedachten 1%igen Gesellschaftsanteile ins Firmenbuch.

Die Söhne sprachen sich gegen diesen Antrag mit der Begründung aus, ihrer Rechtsansicht nach könne ein Alleinerbe nicht gleichzeitig Legatar sein. Die Ausstellung der Amtsbestätigung scheitere ferner daran, dass ein vorläufiger Separationskurator bestellt sei. Im Hinblick darauf, dass jeder Gesellschafter an einer Gesellschaft nur einen Geschäftsanteil halten könne, sei der Zweck der Absonderung der Verlassenschaft gemäß § 812 ABGB wegen der Gefahr der Vermengung der noch im Eigentum der Verlassenschaft stehenden Geschäftsanteile mit den bereits von der Witwe gehaltenen 25%igen Geschäftsanteilen unvereinbar.

Die Witwe replizierte, die Söhne seien laut offenem Firmenbuch mittlerweile jeweils Gesellschafter der B***** GmbH. Die Eintragung in das ungarische Firmenbuch betreffend den Gesellschaftsanteil an der B***** Kft sei in Vorbereitung. Die Legate seien entsprechend der testamentarischen Anordnung in Anrechnung auf den Pflichtteilsanspruch ausgefolgt worden. Laut einem Bewertungsgutachten einer Wirtschafts und Steuerberatungsgesellschaft entspreche der Wert der den Söhnen zugekommenen Geschäftsanteile der GmbH etwa 50 Mio EUR. Berücksichtige man den Wert der in die Verlassenschaft fallenden (zahlreichen) Liegenschaftsanteile mit 35,25 Mio EUR bis 47 Mio EUR, ergebe sich der Gesamtwert der Verlassenschaft mit 86 Mio EUR bis 110,5 Mio EUR. Der Pflichtteilsanspruch der Söhne von je 1/6 errechne sich mit zusammen etwa 33 Mio EUR, weshalb dieser Anspruch bereits durch Zuwendung der Gesellschaftsanteile an der B***** GmbH (noch ohne Berücksichtigung der ihnen weiters zugekommenen Gesellschaftsanteile an der ungarischen Gesellschaft) „übererfüllt“ sei (ON 63).

Eine Äußerung des Verlassenschaftskurators bzw vorläufigen Separationskurators zum Antrag der Witwe auf Ausstellung der Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG liegt nicht vor.

Mit Beschluss vom (ON 111) bewilligte das Erstgericht zur Sicherstellung der Vermächtnis- und Pflichtteilsansprüche der Söhne bis zu deren vollständigen Befriedigung die Absonderung der Verlassenschaft gemäß § 812 ABGB und sprach aus, dass dem Verlassenschaftskurator auch die Rechte und Pflichten eines Separationskurators zukommen (Punkt 1). Dieser Beschluss ist nicht rechtskräftig.

Das Erstgericht gab dem Antrag der Witwe auf Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG statt (Beschlüsse vom , ON 52 und 53). Zwecks Eintragung in das Firmenbuch bei der B***** GmbH und der B***** Kft, an denen der Erblasser Geschäftsanteile gehalten habe, werde jeweils hinsichtlich eines Teils dieser Geschäftsanteile bestätigt, dass die erblasserische Ehegattin mit einer vollständig einbezahlten Stammeinlage von 363,37 EUR (entspricht einer Beteiligung von ca 1 %) bzw von 432.533 HUF (entspricht einer Beteiligung von ca 1 %) als Gesellschafterin in das Firmenbuch eingetragen werden könne und dem Erwerbsvorgang und dessen Eintragung in das Firmenregister keine verlassenschaftsgerichtlichen Bedenken entgegenstünden. In Ansehung der B***** Kft wies das Erstgericht den betraglich darüber hinausgehenden Antrag ab.

Rechtlich ging das Erstgericht davon aus, dass nach dem Willen des Erblassers Punkt 1 des Testaments als Legat zugunsten der beiden Söhne und der Alleinerbin zu verstehen sei. Auch die Alleinerbin sei hinsichtlich der ihr zugedachten Firmenbeteiligung Legatarin. Dass die Legatarin gleichzeitig Alleinerbin sei und nach Einantwortung Gesamtrechtsnachfolgerin des Erblassers sein werde, vermöge an der Zulässigkeit der Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG nichts zu ändern. Die Frage, ob es sich um ein „echtes Vorausvermächtnis“ (ohne Anrechnung auf den Erbteil) oder ein „unechtes Vorausvermächtnis“ (mit Anrechnung auf den Erbteil) handle, könne dahingestellt bleiben. Auch der zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Beschlussfassung noch nicht rechtskräftig entschiedene Antrag auf Nachlassseparation stehe der Ausstellung der Amtsbestätigung nicht entgegen. 1 % der Anteile an der in Ungarn ansässigen Gesellschaft entspreche aber einem Gesellschaftsanteil von 432.533 HUF und nicht einem solchen von 440.000 HUF, sodass der darüber hinausgehende Antrag abzuweisen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Söhne des Erblassers Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluss dahin ab, dass es die Anträge auf Ausstellung einer Amtsbestätigung hinsichtlich beider Gesellschaften abwies. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei (soweit sich aus Punkt II des rekursgerichtlichen Beschlusses etwas anderes ergibt, handelt es sich wie aus der Beschlussbegründung eindeutig ersichtlich um einen Schreibfehler). Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, Punkt 1.1 und 1.2 des Testaments enthielten die Aussetzung von Legaten an die Söhne und die Witwe; Punkt 2 sei als Einsetzung der Witwe zur Alleinerbin zu verstehen. Der Unterscheidung, ob es sich um ein echtes oder unechtes Vorausvermächtnis handle, komme aber aber sehr wohl Bedeutung zu. Der Wille des Erblassers sei dahin gegangen, mit den Punkten 1.1 und 1.2 des Testaments das Fortbestehen der Unternehmen in seinem Sinne zu regeln und festzulegen, welche Möglichkeiten der Einflussnahme den Hinterbliebenen zukommen sollte. Dass der Erblasser seiner Witwe weitergehende Begünstigungen habe gewähren wollen, leuchte aus dem Testament nicht hervor. Gehe man demnach von einem Hineinvermächtnis aus, so erwerbe der bedachte Miterbe nicht als Legatar, sondern als Erbe. Ein solcher erwerbe Eigentum jedoch erst mit Rechtskraft der Einantwortung, weshalb kein Anspruch auf Ausstellung der Amtsbestätigung bestehe. Auf das Rekursvorbringen, die Ausstellung einer Amtsbestätigung sei mit dem Antrag auf Nachlassseparation unvereinbar, müsse nicht eingegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Witwe ist zulässig; er ist auch im Sinn der Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen berechtigt.

1. Der Erblasser kann auch einem oder mehreren (Mit )Erben ein Vermächtnis hinterlassen, der insoweit als Legatar zu betrachten ist (§ 648 ABGB). Wollte der Erblasser dem Miterben den Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden, spricht man vom (echten) Vorausvermächtnis. Soll eine Wertverschiebung dadurch ausgeschlossen sein, dass die Zuwendung auf den Erbteil anzurechnen ist, liegt ein Hineinvermächtnis vor, das seinem Wesen nach kein Vermächtnis, sondern eine Erbteilungsvorschrift sein soll, die die Erben untereinander verpflichtet (so die E 5 Ob 312/61; RIS Justiz RS0014965). Auch in diesem Fall wird der Erbe zugleich Legatar (6 Ob 189/98g = SZ 71/166; Apathy in KBB 3 § 648 Rz 3 mwN). Die Abgrenzung zwischen Voraus und Hineinvermächtnis ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln für Vermächtnisse (§§ 655 ff ABGB) vorzunehmen. Als das wesentlichste Abgrenzungskriterium wurde erachtet, ob der Erblasser denjenigen Erben, den er mit einem Vermächtnis bedacht hat, wertmäßig vor den anderen Erben begünstigen wollte.

2.2. Es ist allgemein anerkannt, dass auch ein Alleinerbe mit einem Vermächtnis bedacht werden kann und als solcher neben dem Erbrecht ein Forderungsrecht als Legatar eingeräumt erhält (RIS Justiz RS0012583; Apathy aaO Rz 1 iglS RS0107755).

3. Auf die Frage, ob ein Voraus- oder Hineinvermächtnis vorliegt, muss im Hinblick auf die Stellung der Antragstellerin als Alleinerbin nicht eingegangen werden, weil demnach ihre Begünstigung vor anderen Miterben nicht in Frage kommt. Es ist auch nicht denkbar, dass sie gegenüber anderen Erben verpflichtet ist und an diese dafür, dass sie mehr als ihre Erbquote erhalten hat, einen entsprechenden Wertausgleich zu leisten hat, wie es für ein „Hineinvermächtnis“ charakteristisch wäre. Bereits in der Entscheidung 2 Ob 315/52 = SZ 25/112 wurde ausgesprochen, dass ein „Hineinvermächtnis“ seinen Zweck als Teilungsanordnung oder Zuweisung auf den Erbteil nur dann zu erfüllen vermag, wenn auch sonstige Miterben vorhanden sind, deren Belastung vom Erblasser ausgeschlossen wird, sodass die Last des Vermächtnisses nur dem bedachten Miterben zufällt. Die Auslegung als Hineinvermächtnis setzt somit zumindest das Vorhandensein von Miterben voraus, welche Voraussetzung im vorliegenden Fall fehlt. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Antragstellerin hinsichtlich der ihr zugedachten Firmenbeteiligungen in ihren Rechtsverhältnissen zu anderen Personen (also auch weiteren Legataren) wie eine Legatarin zu behandeln (2 Ob 588/95 = SZ 70/102 mwN).

4. Erwirbt die Antragstellerin ihre 1%igen Firmenbeteiligungen nicht als Erbin, sondern als Vermächtnisnehmerin, ist zu ihren Gunsten nicht nur eine Einantwortungsurkunde zu erlassen, sondern konnte sie zusätzlich zu dieser in Ansehung der ihr vermachten Firmenbeteiligungen beim Verlassenschaftsgericht die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 182 Abs 3 AußStrG beantragen (RIS Justiz RS0012583). In Ansehung der ihr als Legat zugedachten 1%igen Firmenbeteiligungen unterscheidet sich ihre Stellung nicht von jener der beiden anderen Legatare (ihrer Söhne), die nach dem Willen des Erblassers dessen Gesellschafterstellung im Umfang von jeweils 37 % als Legat erhalten sollten (und bereits erfolgreich die Ausstellung einer Amtsbestätigung erreicht haben). Dass die Ausstellung der Amtsbestätigung bereits vor Rechtskraft des Einanwortungsbeschlusses erfolgen kann, entspricht der bisherigen Rechtsprechung zu § 178 AußStrG 1854 (RIS Justiz RS0008364). Da § 182 Abs 3 AußStrG 2005 - mit Ausnahme der zuvor nach dem früheren Gesetz nicht erforderlichen Zustimmung des Erben - § 178 AußStrG (aF) entspricht, ist diese Judikatur fortzuschreiben. Aus den Materialien zum neuen Gesetz ergeben sich keine Gründe, die dagegen sprächen, auch wenn § 182 AußStrG unter der Rubrik „Verfahren nach Rechtskraft der Einantwortung“ steht. Schließlich schuldet ja schon der ruhende Nachlass bei gegebener Fälligkeit die Erfüllung von Vermächtnissen (RIS Justiz RS0015271; Apathy aaO § 649 Rz 1 mwN).

5. Aus Anlass des Revisionsrekurses der Witwe ist vorerst zu prüfen, ob den Söhnen in Bezug auf den Antrag der Witwe auf Ausstellung der Amtsbestätigung überhaupt Beteiligtenstellung (Rechtsmittellegitimation) zukommt:

Nach der Erklärung der Söhne, die Erbantrittserklärungen nicht aufrechtzuerhalten, ist deren Antrags- und Rechtsmittellegitimation nicht mehr aus der Erbenstellung ableitbar. Als Legatare wären sie im Verlassenschaftsverfahren nur dann Beteiligte (und damit rekursberechtigt), wenn durch die Ausstellung der Amtsbestätigung unmittelbar in ihre Vermögensrechte eingegriffen würde (RIS Justiz RS0006582), was sie nicht behauptet haben. Jedoch sind sie in ihrer Eigenschaft als Noterben mit Rücksicht auf ihre Rechte nach den §§ 784, 804 und 812 ABGB dem Abhandlungsverfahren beizuziehen. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Noterbe im Abhandlungsverfahren insoweit Beteiligter, als durch eine Entscheidung des Abhandlungsgerichts eine Verkürzung seiner materiellen Rechte oder eine Beeinträchtigung seiner verfahrensrechtlichen Stellung herbeigeführt wird (RIS Justiz RS0006500 [T9, T 12]; 4 Ob 202/02p mwN). Der von den Noterben gestellte Antrag auf Nachlassseparation nach § 812 ABGB dient der Sicherung vor den Gefahren der Vermengung des Nachlasses mit dem Erbenvermögen und allen denkbaren Gefahren, die sich aus der tatsächlichen Verfügungsgewalt des Erben ergeben (RIS Justiz RS0013073; Sailer in KBB 3 § 812 Rz 2). Solche Umstände behaupten die Söhne, die darauf hinweisen, dass die Amtsbestätigung im Vermögen der Witwe zu einer „Vereinigung der Stammeinlagen zu einem einzigen Geschäftsanteil“ führen würde und außerdem dem von ihnen beantragten Beschluss zuwiderlaufe, nach dem der Witwe als erbserklärter Erbin wegen der Gefahr der Verminderung des Werts der Gesellschaftsanteile vorläufig die Verwaltung und Benützung des Verlassenschaftsvermögens entzogen, ein Verlassenschaftskurator bestellt und der Nachlass vorläufig von ihrem Vermögen abgesondert wurde. Die Rechtsmittellegitimation der Söhne ist daher zu bejahen. Das Rekursgericht konnte daher mit Recht ihren Rekurs in der Sache behandeln.

6. Der Umstand, dass bisher die nach § 182 Abs 3 AußStrG erforderliche Zustimmung „aller Erben“ noch nicht vorliegt, führt dazu, dass ungeachtet der zu bejahenden Stellung der Witwe als Legatarin die Rechtssache noch nicht entscheidungsreif ist:

Der Bestätigungsbeschluss nach § 182 Abs 3 idF des AußStrG BGBl I 2003/111 entspricht (unter anderem) der für den Vermächtnisnehmer vorgesehen gewesenen Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG 1854 und soll demjenigen, der nicht wie der Erbe das Eigentumsrecht an der vermachten Sache mit dem Eintritt der Rechtskraft des Einantwortungsbeschlusses erwirbt, den Erwerb seines Eigentums durch Eintragung im Grundbuch ermöglichen (vgl 3 Ob 290/04z; 3 Ob 42/07h). Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage zu § 182 Abs 3 AußStrG (abgedruckt in Fucik/Kloiber , AußStrG § 182 Rz 6) ergibt sich dazu, dass anders als nach der Rechtsprechung zu § 178 AußStrG 1854, die nur eine Anhörung des Erben als notwendig erachtete (siehe RIS Justiz RS0006607) nunmehr gegen dessen Willen keine Bestätigung ausgestellt werden kann. In solchen Fällen müsse der Berechtigte die Erben auf Zustimmung der Einverleibung bzw Eintragung im Firmenbuch klagen; im Abhandlungsverfahren sei darüber nicht zu entscheiden. Als Zweck der neu eingeführten Zustimmungsbefugnis wurde erachtet, dass nur unstrittige Vermächtnisse ins Grundbuch bzw Firmenbuch eingetragen werden sollen (6 Ob 196/09f). Im vorliegenden Fall ergäbe sich die Zustimmung der Witwe in ihrer Eigenschaft als erbantrittserklärte (Allein )Erbin schon aus dem Umstand, dass sie den Antrag auf Ausstellung der Amtsbestätigung stellte. Diese Antragstellung erfolgte jedoch zu einem Zeitpunkt, als (mit einstweiliger Anordnung) bereits wirksam der Witwe die Verwaltung und Benützung des Nachlasses „in allen Angelegenheiten“ vorläufig entzogen und ein Rechtsanwalt als Verlassenschafts und zugleich als (vorläufiger) Separationskurator bestellt worden ist. Die Stellung eines Verlassenschaftskurators kam dem betreffenden Rechtsanwalt nach § 43 AußStrG vor Rechtskraft des Bestellungsbeschlusses nicht zu.

Da sich, wie bereits dargelegt, vor der Einantwortung die Ansprüche der Legatare gegen den ruhenden Nachlass richten, ist unter „Erben“ in § 182 Abs 3 AußStrG vor der Einantwortung der jeweilige Vertreter der Verlassenschaft zu verstehen. Gegen diese müsste ja auch die Vermächtnisklage erhoben werden ( Apathy aaO § 649 Rz 1 mwN). Auch eine (rechtskräftige) Entscheidung über das Erbrecht nach § 161 Abs 1 AußStrG könnte daran nichts ändern.

Es ist daher zu prüfen, ob und inwieweit der erbantrittserklärten Alleinerbin ihre Eigenschaft als gesetzliche Vertreterin des Nachlasses (§ 810 ABGB) neben dem Separationskurator zukommt, obgleich dieser als gerichtlich bestellter Verwalter die Gefahr einer Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben abzuwehren hat (§ 812 ABGB).

Die Beurteilung der Vertretungsbefugnis des Kurators hat sich immer an den Umständen des Einzelfalls zu orientieren. So tritt eine Änderung im Vertretungsrecht des erbserklärten Erben dann nicht ein, wenn lediglich Ansprüche geltend gemacht werden, die außerhalb des Bereichs jener Gefahr liegen, zu deren Abwehr die Bestellung eines Separationskurators gemäß § 812 ABGB begehrt werden kann (RIS Justiz RS0012295; Kropiunig , Ausgewählte Fragen der Nachlass Separation 185). Grundsätzlich bleibt die Benützung, Verwaltung und Vertretung der Erben nach § 810 ABGB außerhalb des Aufgabenkreises des Separationskurators wirksam (hM; Welser in Rummel 3 , § 812 Rz 21 mwN; Sailer aaO § 812 Rz 7 mwN); Spruzina in Kletečka/Schauer , ABGB ON 0.03 § 812 Rz 20). Die Bestellung eines solchen ändert auch im Allgemeinen nichts am Recht der Erben, den Nachlass in Prozessen zu vertreten, die nur eine Vermehrung oder Verminderung desselben bewirken können (RIS Justiz RS0012295; RS0013100 [T4]; 5 Ob 585/90; Spruzina aaO). Die Voraussetzung für eine Vertretung durch die Erbin ist unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls gerade nicht erfüllt, weil die Alleinerbin als Legatarin die Ausstellung einer Amtsbestätigung in Ansehung der ihr vermachten 1%igen Gesellschaftsanteile begehrt und die Erteilung der Amtsbestätigung zur Vereinigung mit den bereits von ihr gehaltenen 25%igen Gesellschaftsanteilen führen würde und dadurch gerade die Vermengung iSd § 812 ABGB einträte.

Dem vorläufigen Separationskurator wäre demnach die Befugnis zugekommen, dem Antrag auf Ausstellung der Amtsbestätigung zuzustimmen. Das Fehlen der Zustimmung des Separationskurators macht es erforderlich, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 78 Abs 1 zweiter Satz AußStrG. Zwar ist ein Verfahren über die Ausstellung einer Amtsbestätigung kein Erbrechtsstreit, weswegen der Ersatz von Vertretungskosten nach § 185 AußStrG nicht gebührt (6 Ob 22/08s); es besteht aber Anspruch auf Barauslagenersatz gemäß § 78 Abs 3 AußStrG ( Obermaier , Kostenhandbuch 2 Rz 781).