OGH vom 02.07.2015, 2Ob186/14p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I***** S*****, vertreten durch Mag. Wolfgang Paar, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Ö***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Uwe Niernberger, Dr. Angelika Kleewein, Rechtsanwälte in Graz, wegen 8.198,68 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 56/14y 32, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Graz West vom , GZ 303 C 23/13s 26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Sache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am geborene Ehegatte der Klägerin verunglückte am tödlich. Am schlossen die Klägerin und die Rechtsvorgängerin der Beklagten einen Vergleich, dessen für dieses Verfahren maßgebende Punkte lauten:
„A.)3.) Weiters bezahlen die Ö***** der Erstklägerin [Klägerin dieses Verfahrens] die durch die Leistungen aus diesem Vergleiche, die bisherigen Akontierungen und die aus Anlass des Unfalles bezogenen Pensionsleistungen ausgelöste Einkommenssteuer, dies binnen 2 Monaten nach Vorlage des bezughabenden Einkommensteuerbescheides. Die Erstklägerin verpflichtet sich, allenfalls erforderliche Aufklärungen hiezu umgehend abzugeben. Für den Fall, daß sich das zu versteuernde Einkommen der Erstklägerin außer den angeführten unfallsbedingten Leistungen noch aus anderen Einkünften zusammensetzt, haben die Ö***** den Teil der Einkommenssteuer zu tragen, der dem Verhältnis der Summe der Leistungen aus Anlaß des Unfalles zu der Summe der sonstigen Einkünfte entspricht.
A.)6.) Ab jenem Monat, welcher dem fiktiven 65. Geburtstag des verunglückten ... folgt, haben die Ö***** lediglich noch die Differenz zwischen der von der Sozialversicherung tatsächlich ausbezahlten Witwenpension und jener Witwenpension zu bezahlen, welche der Erstklägerin dann zukäme, wenn Ing. S***** mit Erreichung des 65. Lebensjahres gestorben wäre.“
Die Beklagte ist die Rechtsnachfolgerin der Ö*****.
Ab dem Vergleich stellte die Klägerin etwa 20 Jahre lang ihre Unterlagen Mitarbeitern der Ö***** zur Verfügung, welche ihren Anspruch berechneten und die sich daraus ergebende Rente an sie überwiesen. Seit knapp vor dem fiktiven 65. Lebensjahr des verstorbenen Ehegatten der Klägerin ließ diese sich auf Wunsch eines Mitarbeiters der Ö***** rechtsfreundlich vertreten. Danach berechnete der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt die Ansprüche der Klägerin an Hand der Einkommensteuer und Pensionsbescheide sowie der Bestätigung der Pensionsversicherungsanstalt über ihren fiktiven Witwenpensionsanspruch und stellte diese Berechnungen samt Unterlagen der Ö***** jährlich zur Verfügung. Zur Vereinfachung der Berechnung wurde am vereinbart, dass „der auf die Leistungen der Ö***** entfallende Einkommensteueranteil zukünftig insofern berechnet wird, als das Verhältnis zwischen den akontierten Leistungen der Ö***** und den steuerpflichtigen Bezügen der Klägerin gebildet und mit 100 multipliziert wird“ und „dieses Ergebnis den Prozentsatz der von der Ö***** zu bezahlenden Einkommensteuer darstellt“.
Die Ö***** bzw die Beklagte leisteten auf diesen Rentenanspruch monatliche Akontozahlungen und überwiesen der Klägerin den geforderten Restbetrag nach Übermittlung der Berechnungsgrundlagen. Außer im Jahr 2006 erfolgte diese Zahlung stets vorbehaltlos.
Der monatliche Differenzbetrag zwischen der tatsächlichen und der fiktiven Witwenpension betrug im Jahr 2012 650,04 EUR, die Beklagte bezahlte jedoch nur 519,40 EUR monatliches Akonto. Für Jänner 2013 bezahlte die Beklagte ebenfalls noch einen Akontobetrag von 519,40 EUR, ab Februar 2013 stellte sie ihre Zahlungen ein.
In den Jahren 2009 bis 2011 zahlte die Klägerin durch die Aufnahme der Rentenzahlungen als „sonstige Einkünfte“ in ihrer Einkommensteuererklärung folgende Einkommensteuerbeträge:
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Jahr | Einkommensteuer | davon Lohnsteuer | davon Steuer auf sonstige Bezüge (Rente) |
2009 | 5.940,81 EUR | 4.065,32 EUR | 1.875,49 EUR |
2010 | 6.090,40 EUR | 4.206,28 EUR | 1.884,12 EUR |
2011 | 6.207,65 EUR | 4.320,68 EUR | 1.887,00 EUR |
Hätte die Klägerin die Rentenzahlungen der Beklagten nicht versteuert, hätte sie im Jahr 2009 nur 3.532,64 EUR, im Jahr 2010 3.661,85 EUR und im Jahr 2011 3.763,15 EUR an Einkommensteuer zu bezahlen gehabt.
Auch für das Jahr 2012 nahm die Klägerin die Rentenzahlungen der Beklagten zunächst in ihre Einkommensteuererklärung auf und führte die Einkommensteuer von 6.502,25 EUR ab. Davon entfielen auf die Lohnsteuer 4.592,93 EUR und auf die Steuer aus der Rente 1.909 EUR.
Ihrem im Juli 2013 gestellten Antrag auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheids 2012 gemäß § 299 BAO gab die Steuerbehörde mit Bescheid vom mit der Begründung statt, dass derartige Schadenersatzrenten nach der seit 2009 geänderten Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung durch den sogenannten „Wartungs-erlass 2009“ nicht mehr als einkommensteuerpflichtig anzusehen seien. Die zu zahlende Einkommensteuer für dieses Jahr wurde neu mit 4.017,59 EUR festgesetzt, eine Gutschrift von 575 EUR auf den Lohnsteueranteil erteilt und der die Rente betreffende Einkommensteueranteil von 1.909 EUR überhaupt zurückerstattet. Der Anregung des Steuerberaters der Klägerin auf Wiederaufnahme der Steuerverfahren bezogen auf die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2011 wurde dagegen seitens des Finanzamts mit der Begründung nicht entsprochen, dass eine im Wege eines „Wartungserlasses“ geänderte Rechtsmeinung keine neue Tatsache darstelle, die ein Recht auf Wiederaufnahme eröffne. Auch ihrem darauffolgenden Antrag auf Aufhebung der Einkommensteuerbescheide 2008 bis 2012 kam die Steuerbehörde nicht nach. Die Klägerin ist erst seit Juli 2013 in steuerrechtlichen Angelegenheiten von einem Steuerberater vertreten. Zuvor verfasste sie zumindest ab 1999 sämtliche Einkommensteuererklärungen selbst. Die auf dieser Grundlage ergangenen Einkommensteuerbescheide übergab sie ihrem Rechtsanwalt zur Weiterreichung an die Beklagte.
Die Klägerin begehrte letztlich 8.198,68 EUR sA, zusammengesetzt aus dem offenen Restbetrag der Unterhaltsersatzrente von Jänner 2012 bis Jänner 2013 von monatlich 130,64 EUR 13 x pro Jahr = 1.698,32 EUR, sowie der vollen Unterhaltsersatzrente von Februar 2013 bis November 2013, also 650,04 EUR für zehn Monate, somit 6.540 EUR. In diesem Begehren ist eine Steuerrückzahlung des Finanzamts für die 2012 entrichtete Steuer betreffend die Unterhaltsrente in Höhe von 1.736,10 EUR bereits berücksichtigt.
Im Vergleich sei keine zeitliche Beschränkung der Unterhaltsrente festgelegt worden. Die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung aufgrund der entgegen dem „Wartungserlass 2009“ erfolgten Versteuerung der Unterhaltsersatzrente stehe nicht zu. Die Nichtkenntnis dieses Erlasses sei der Klägerin nicht vorwerfbar; sie habe die Rentenzahlungen der Beklagten in dessen Unkenntnis versteuert, ihre Wiederaufnahmeanträge für die Zeit vor 2012 seien abschlägig beschieden worden. Die Rückerstattung des auf den Unterhaltsersatzrenten entfallenden Steuerbetrags für das Jahr 2012 habe die Klägerin in ihrem Begehren berücksichtigt. Da die Klägerin ansonsten die Steuer tatsächlich bezahlt habe, sei auch keine Bereicherung eingetreten.
Die Beklagte bestritt und wandte einerseits ein, dass die Unterhaltsrente mit dem Erreichen der fiktiven Lebenserwartung des verstorbenen Ehegatten im April 2005 erloschen sei. Im Übrigen wandte sie eine Gegenforderung in Höhe von letztlich 8.851,36 EUR bis zur Höhe der Klageforderung mit der Begründung ein, dass die Unterhaltsersatzrenten ab 2006 aufgrund des „Wartungserlasses 2009“ der österreichischen Finanzverwaltung von der Einkommensbesteuerung befreit seien. Die Klägerin habe dennoch der Beklagten Einkommensteuer verrechnet, die Beklagte habe damit eine Nichtschuld bezahlt, die sie bereicherungsrechtlich zurückfordern könne. Die Klägerin habe auch gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen, weil sie keinen Antrag auf Steuerbefreiung gestellt habe. Diesfalls hätte sie eine Abgabengutschrift bis 2004 nutzen können und außerdem einen steuerlichen „Progressionsvorteil“. Die Gegenforderung aus der genannten Steuerbefreiung und den Progressionsvorteilen für die Jahre 2009 bis Jänner 2013 ergebe insgesamt die Gegenforderung.
Das Erstgericht gab in seiner Entscheidung nach Feststellung, dass die Klageforderung zu Recht bestehe, die Gegenforderung dagegen nicht, dem Begehren zur Gänze statt. Der Text des Vergleichs beinhalte keine Beschränkung der Rente in zeitlicher Hinsicht, obwohl Vergleichspunkt A.)6.) ausdrücklich auf den fiktiven Todeszeitpunkt des Ehegatten der Klägerin zum 65. Lebensjahr abstelle. Der Anspruch der Klägerin bestehe daher zu Recht. Eine Kondiktion nach § 1431 ABGB wegen irrtümlicher Bezahlung einer Nichtschuld sei in Bezug auf die Gegenforderung ausgeschlossen, wenn die Vermögensverschiebung durch einen zureichenden Rechtsgrund gedeckt sei. Die Beweislast liege beim Rückfordernden. Der Rechtsabteilung der Beklagten seien im Zeitpunkt ihrer Zahlung an die Klägerin sämtliche relevanten Berechnungsgrundlagen, darunter auch die jeweiligen Einkommensteuerbescheide, zur Verfügung gestanden. Es sei ihr daher bekannt gewesen, dass ihre Zahlungen teilweise zur Abdeckung der von der Klägerin bezahlten Einkommensteuer dienten. Dass eine solche Versteuerung ab 2009 nicht mehr verpflichtend gewesen sei, ändere nichts an der Tatsache, dass sie tatsächlich erfolgt sei, und dass die Klägerin die darauf entfallende Einkommensteuer auch nachweislich nicht mehr zurück erhalten habe. Eine Rückforderung infolge Zahlung mangels Rechtsgrundes sei daher ausgeschlossen. Im Übrigen sei an die Sorgfaltspflicht der Beklagten zumindest derselbe Maßstab anzulegen wie an die Klägerin selbst und hätte ihr bei entsprechender Sorgfalt die Änderung der Auffassung der österreichischen Finanzverwaltung zur Steuerpflicht von Schadenersatzrenten gemäß § 1327 ABGB ebenso bekannt sein können wie der Klägerin. Auch ein Ausgleichsanspruch aufgrund des Umstands, dass die Klägerin insgesamt weniger an Einkommensteuer zu bezahlen habe, sei nicht gegeben. Im Vergleich finde sich keine Grundlage, das Eigeneinkommen der Klägerin bei der Berechnung der Rente in irgendeiner Art und Weise zu berücksichtigen. Dementsprechend könne die Beklagte auch keinen Vorteil für sich beanspruchen, wenn die Klägerin für dieses Eigeneinkommen nunmehr weniger Einkommensteuer zu zahlen habe.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung unter Verweis auf § 500a ZPO. Es hielt der Argumentation der Beklagten als Berufungswerberin überdies entgegen, dass der „Wartungserlass 2009“, der die Einkommensteuerrichtlinie 2000 ergänzt habe, keine subjektiven Rechte für Steuerpflichtige gewähre und kein objektives Recht schaffe, sondern lediglich die unverbindliche Rechtsansicht der obersten Finanzbehörde wiedergebe. Von der Zahlung einer Nichtschuld iSd § 1431 ABGB könne daher nicht gesprochen werden, weil damit § 29 Z 1 erster Satz EStG 1988, nach dem eine Unterhaltsrente gemäß § 1327 ABGB und § 12 EKHG grundsätzlich der Einkommensteuerpflicht unterliege, nicht geändert worden sei und die Klägerin diese Steuer auch bezahlt habe. Es liege daher weder eine Nichtschuld noch eine Bereicherung der Klägerin vor. Die Klägerin habe auch keine Pflicht zur Schadensminderung getroffen, weil ihr die Unkenntnis eines rechtlich unverbindlichen Erlasses der Finanzbehörde gemäß § 2 ABGB nicht vorwerfbar sei.
Was die Beklagte letztlich mit dem „Progressionsvorteil“ der Klägerin meine, sei nicht ganz verständlich. Richtig sei, dass die einkommensteuerrechtlichen Tarifvorschriften sogenannte Progressionswirkung hätten. Bei Steuerfreiheit der Unterhaltsersatzrenten mindere sich die Einkommensteuerbemessungsgrundlage, was eine Entlastung in der Höhe des jeweiligen Grenzsteuersatzes und folglich eine geringere Steuerbelastung eines (auch) weitere Einkünfte beziehenden Steuerpflichtigen bewirke. Allerdings berücksichtige die Beklagte bei ihren Überlegungen nicht, dass die Klägerin die Unterhaltsersatzrente ohnehin entsprechend eingeschränkt habe.
Die ordentliche Revision wurde zugelassen, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber fehle, ob ein Geschädigter aufgrund der Zahlung eines Schädigers, die Einkommensteueranteile enthalte, bereichert sei, wenn er aufgrund einer geänderten Rechtsansicht der Finanzbehörden ab einem bestimmten Zeitpunkt Steuerfreiheit zugestanden erhalten hätte, aber danach gutgläubig in Unkenntnis des Erlasses Steuer abgeführt habe. Angesichts dessen, dass Schadenersatzrenten (Unfallrenten) und Unterhalts-ersatzrenten nach geltendem Recht (§ 29 Z 1 EStG 1988) steuerpflichtig seien, das Bundesministerium für Finanzen aber in seinem „Wartungserlass 2009“ die Rechtsansicht kundgetan habe, dass sie nicht steuerpflichtig seien, hänge die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts ab, der zur Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukomme.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das Klagebegehren abzuweisen; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen; in eventu, ihr keine Folge zu geben.
Die Revision der beklagten Partei ist zulässig , weil den Vorinstanzen bei der Beurteilung des „Progressionsvorteils“ für 2012 nicht gefolgt werden kann; sie ist insofern auch teilweise berechtigt .
1. Revisionsvorbringen:
Die Revisionswerberin meint zusammen-gefasst , dass entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die Steuerbarkeit von Unterhaltsersatzrenten auf Basis des § 29 Z 1 EStG 1988 nicht mehr geltendes Recht sei, weil durch den „Wartungserlass 2009“ die frühere Auslegung der Bestimmung obsolet sei. Es stelle sich die Frage, wen der Umstand treffe, dass die Klägerin Unterhaltsrenten irrtümlich versteuert habe, und ob der Schädiger irrtümlich bezahlte Steuern kondizieren könne. Dazu gebe es nur die Entscheidung 2 Ob 228/08f. Wesentlich sei, ob für die Vermögensverschiebung zwischen der Beklagten und der Klägerin ein ausreichender Rechtsgrund im Sinne einer schadenersatzrechtlichen Verpflichtung vorhanden gewesen sei, obwohl dieser Schaden als von der Beklagten nicht mehr adäquat verursacht anzusehen sei.
Außerdem fehle Rechtsprechung zur Frage, ob einen Schädiger, der Rentenzahlung zu leisten habe, lediglich die Steuernachteile aufgrund der durch das Eigeneinkommen des Berechtigten ausgelösten Progression träfen oder dies auch für steuerliche Vorteile gelte. Das Erstgericht habe festgestellt, dass die Klägerin für 2012 nach der erfolgreichen Aufhebung des Steuerbescheids eine Gutschrift von 550 EUR (richtig siehe Seite 18 des Ersturteils = AS 190: 575 EUR) für die Steuer auf das Eigeneinkommen und den gesamten Einkommensteueranteil der versteuerten Rente in Höhe von 1.909 EUR refundiert erhalten habe. Insgesamt habe die Klägerin daher 2.484 EUR zurück erhalten, das Klagebegehren aber dennoch lediglich um 1.736,10 EUR eingeschränkt.
2. Zur Steuerbarkeit der Unterhaltsrente:
Auf die Frage, ob im Hinblick auf den „Wartungserlass 2009“ Unterhaltsersatzrenten iSd § 29 Z 1 EStG 1988 grundsätzlich weiterhin steuerbar sind oder nicht, kommt es im gegebenen Zusammenhang letztlich nicht an, weil der Klägerin gegenüber rechtskräftige Steuerbescheide vorliegen, die ihre jeweilige Steuerpflicht festlegten. Die Versuche der Klägerin, die Einkommensteuerbescheide für 2008 bis 2011 korrigieren zu lassen, scheiterten letztendlich, sodass es insofern bei der bescheidmäßig festgesetzten Steuerpflicht verblieb.
3. Zur Kondiktion nach § 1431 ABGB:
Soweit sich die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang auf die irrtümliche Zahlung einer Nichtschuld iSd § 1431 ABGB beruft und meint, dass die Klägerin es übernommen habe, die jährlichen Renten korrekt zu berechnen und die Beklagte sich darauf verlassen habe, geht sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Danach überwiesen die Ö***** bzw die Beklagte die monatlichen Akontozahlungen und den von der Klägerin geforderten Restbetrag nach Übermittlung der Berechnungsgrundlagen (also samt den hiefür maßgeblichen) Unterlagen .
Angesichts dieser Tatsachenlage kann aber von einer „irrtümlichen“ Bezahlung der Einkommensteueranteile nicht die Rede sein.
4. Zur Schadensminderungspflicht:
Auch eine Verletzung der Schadensminderungspflicht durch die Klägerin ist nicht anzunehmen, weil das Nichtkennen eines bloß internen Erlasses der Finanzbehörden ohne zugrundeliegende Gesetzesänderung im konkreten Fall nicht vorwerfbar ist.
In der in diesem Zusammenhang von der Revisionswerberin zitierten Entscheidung 2 Ob 228/08f ging es um die Rückforderbarkeit von Leistungen in Fällen, in denen die Finanzbehörden die Einkommensteuerbelastung geringer als in einem gerichtlichen Verfahren von einem Sachverständigen berechnet festsetzen oder überhaupt die Einkommensteuerpflicht verneinen sollten. Ein solcher Fall liegt hier aber für die Jahre 2008 bis 2011 gerade nicht vor.
5. Mangelnde adäquate Verursachung?
Die Revisionswerberin hält weiters die Frage für relevant, ob unabhängig von der Rechtskraft der Einkommensteuerbescheide der Vermögensverschiebung zwischen den Streitteilen ein ausreichender Rechtsgrund im Sinne einer schadenersatzrechtlichen Verpflichtung zugrunde lag, obwohl dieser Schaden aus Sicht der Beklagten nicht mehr adäquat verursacht sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass sich die beklagte Partei bzw ihre Rechtsvorgängerin in dem seinerzeit abgeschlossenen Vergleich ausdrücklich verpflichtet haben, auch die durch ihre Leistungen ausgelösten Einkommensteuerbeträge zu bezahlen bzw ab dem fiktiven 65. Geburtstag des verunglückten Ehegatten der Klägerin die Differenz zwischen der tatsächlich ausbezahlten und der fiktiv angefallenen Witwenpension bei Tod des verunglückten Ehegatten erst mit Erreichung des 65. Lebensjahres.
Auf die Frage der adäquaten Verursachung durch die ursprüngliche schadenersatzrechtliche Verpflichtung kommt es daher nicht mehr an.
Rechtliche Beurteilung
6. Zum „Progressionsvorteil“:
6.1. Soweit sich die Revisionswerberin hier auf den „Progressionsvorteil“ für die Jahre 2009 bis 2011 beruft, ist ihr entgegenzuhalten, dass insoweit wie bereits ausgeführt eine Änderung der die Steuerpflicht der Klägerin festsetzenden Einkommensteuerbescheide nicht erfolgte und sie daher einen allfälligen „Progressionsvorteil“ auch nicht lukrierte.
6.2. Die aufgrund des geänderten Einkommensteuerbescheids für 2012 der Klägerin zurückerstattete Einkommensteuer auf die Unterhaltsersatzrente hat die Klägerin durch eine Einschränkung des Klagebegehrens berücksichtigt. Dass sie dabei für 2012 das Klagebegehren lediglich um 1.736,10 EUR eingeschränkt hat, obwohl sie nach den Feststellungen 1.909 EUR an Steuer auf die Rente refundiert erhielt, kann der Beklagten insoweit nicht zum Vorteil gereichen und wurde daher von den Vorinstanzen zu Recht nicht als Gegenforderung anerkannt, als nach den Feststellungen die Parteien dazu ja am ausdrücklich eine vereinfachende Berechnungsweise vereinbarten. Dass die Einschränkung der Klägerin dieser Vereinbarung nicht entsprechen würde, behauptet die Revisionswerberin aber nicht.
6.3. Allerdings ergibt sich aus den erstgerichtlichen Feststellungen (Seite 18 des Ersturteils = AS 190) auch, dass die Klägerin für das Jahr 2012 durch die Änderung des Einkommensteuerbescheids nicht nur den Einkommensteueranteil der Unterhaltsrente refundiert erhielt, sondern darüber hinaus die von ihr unter Außerachtlassung dieser Bezüge für ihr sonstiges Einkommen abzuführende Steuer von ursprünglich 4.592,93 EUR auf 4.017,59 EUR reduziert wurde, und ihr deshalb für das Jahr 2012 „unter Zugrundelegung der bereits bezahlten Lohnsteuer“ eine Gutschrift von 575 EUR erteilt wurde. Dem ist also zu entnehmen, dass die Einkommensteuerbelastung der Klägerin für ihr Eigeneinkommen 2012 im Hinblick auf die nicht (mehr) erfolgte Versteuerung der Unterhaltsrente um 575 EUR sank. Diesen Betrag hat die Klägerin in ihrer Anspruchsstellung nicht mindernd berücksichtigt.
Es stellt sich daher die Frage, ob diese Verringerung der Steuerbelastung der Klägerin zur Entlastung der beklagten Partei führt:
In der maßgeblichen Bestimmung des Vergleichs A.)6.) hat sich die Beklagte dazu verpflichtet, ab dem fiktiven 65. Geburtstag des Ehegatten der Klägerin die Differenz zwischen der von der Sozialversicherung tatsächlich ausbezahlten Witwenpension und jener Witwenpension zu bezahlen, welche der Erstklägerin dann zukäme , wenn ihr Ehemann mit Erreichung des 65. Lebensjahrs verstorben wäre.
„Tatsächlich ausbezahlt“ wird der Klägerin aber die Nettowitwenpension. Auch fiktiv bei Eintritt des Todes ihres Ehegatten mit dem 65. Lebensjahr „zugekommen“ wäre ihr die Nettopension. Angesichts dieser Formulierung ist daher von der Nettoeinkommenssituation der Klägerin auszugehen, die sich aber für 2012 durch den abgeänderten Einkommensteuerbescheid dahin änderte, dass ihre „tatsächlich ausbezahlte“ Witwenpension für 2012 infolge der geringeren Steuerbelastung um 575 EUR anstieg. Um den entsprechenden Betrag verringerte sich daher die Differenz zu jener Witwenpension, die der Erstklägerin zugekommen wäre, wenn ihr Ehemann mit Erreichung des 65. Lebensjahrs gestorben wäre. Nur diese Differenz hat aber die Beklagte nach dem Vergleich zu bezahlen.
In diesem Ausmaß besteht daher die Gegenforderung der beklagten Partei zu Recht.
6.4. Zur Frage der einkommensteuerrechtlichen Veranlagung der Einkommensbestandteile der Klägerin für das Jahr 2013, insbesondere, ob sich ein der obigen Darstellung folgender „Progressionsvorteil“ auch für 2013 ergab, fehlen Feststellungen.
Die beklagte Partei hat aber für das Jahr 2013 eine Gegenforderung von 212,06 EUR an „Progressionsvorteil“ compensando eingewandt (AS 153), sodass insofern das Verfahren zur neuerlichen Entscheidung nach Ergänzung der diesbezüglichen Feststellungen aufzuheben war.
7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 zweiter Satz ZPO.
Oberster Gerichtshof, Wien, am Dr. D a n z l Für die Richtigkeit der Ausfertigung die Leiterin der Geschäftsabteilung:
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2015:0020OB00186.14P.0702.000
Fundstelle(n):
XAAAD-31677