Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSK vom 12.12.2013, RV/0116-K/10

Rentenabfindung (Einmalbetrag) als Nachzahlung bisher unterbliebener Rentenzahlungen oder aber als Abfindung (Entschädigung) künftig anfallender Renten.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Erwin Luggauer und die weiteren Mitglieder HR Mag. Gerhard Verderber, Mag. Herwig Draxler und Mag. Josef Bramer im Beisein der Schriftführerin Melanie Zuschnig über die Berufung der Bw., Ort1, Str1, vertreten durch StB GmbH, Ort2, Str2, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Spittal Villach, dieses vertreten durch HR K, vom betreffend Einkommensteuer 2008 nach der am in 9020 Klagenfurt, Dr. Herrmanngasse 3, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind dem Ende der folgenden Entscheidungsgründe bzw. dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen. Diese bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.

Entscheidungsgründe

Mit Übergabsvertrag vom übertrug die Berufungswerberin (Bw., geb. T1.T1.1925) die sich in ihrem Alleineigentum befindliche Liegenschaft EZ Zl1 GB Zahl2 Ort1. samt dem darauf befindlichen Gebäude "Hotel P" mit der Anschrift Ort1, Str3, an ihren Neffen FB (geb. GebDat). In Punkt 8. des Übergabsvertrages verpflichtete sich der Übernehmer für sich und seine Rechtsnachfolger der Übergeberin eine monatliche Versorgungsrente in Höhe von S 25.000,-- (wertgesichert nach VPI 1986) zukommen zu lassen. Im besagten Übergabsvertrag wurden als weitere Versorgungspflichten des Übernehmers die Beistellung einer entsprechenden Verpflegung (drei warme Mahlzeiten täglich) sowie die Leistung einer alters- und krankheitsbedingten Pflege vereinbart. Diese vertraglich vereinbarten Lasten wurden als Reallast grundbücherlich sichergestellt und hafteten sonach dem übergebenen Grundstück dinglich an.

Mit Kaufvertrag vom veräußerte FB die besagte Liegenschaft EZ Zl1 GB Zahl2 Ort1. (Hotel "P") an die PN GmbH um einen Kaufpreis von € 855.000,--. Der Kaufvertrag wurde unter Beitritt der Reallastberechtigten Bw. (Bw.) abgeschlossen.

In § 7 des Kaufvertrages ("Übernahme von Lasten") wurde wörtlich Nachstehendes festgehalten:

"[...] Ausdrücklich festgehalten wird, dass die zu C-LNr. 4A eingetragene Reallast zugunsten der Bw. geb. T.M.1925 mit nachstehender Einschränkung von der Käuferin übernommen bzw. bestehen bleibt. Damit wird sichergestellt, dass die Verpflichtung zur Verköstigung zugunsten der Bw. den jeweiligen Eigentümer der Grundstücks .NrX (Hotel P) trifft.

Die Käuferin übernimmt die Verpflichtung zur Beistellung der Verpflegung gemäß Punkt 8 c des Übergabsvertrages vom über Weisung des Verkäufers insoweit, als es Bw., dies höchstpersönlich, frei steht, drei Mahlzeiten täglich, nämlich Frühstück, Mittagessen, Abendessen nach freier Wahl aus der Speisekarte des im benachbarten Restaurant "GH" oder einem anderen von der Käuferin betriebenen Restaurantbetrieb kostenlos einzunehmen; dies jedoch nur während der Betriebszeiten und solange der Gastbetrieb geöffnet ist [...].

Festgestellt wird, dass darüber hinaus auch keine weiteren Forderungen und Ansprüche der Bw. gegenüber der Käuferin bestehen. Festgestellt wird weiters, dass aufgrund einer zwischen Bw. und FB getroffenen Vereinbarung von der ersten Kaufpreisrate vom Treuhänder ein Teilbetrag von € 131.000,-- (in Worten: Euro einhunderteinunddreißigtausend) an Bw. auszuzahlen ist. Zusätzlich dazu ist jedenfalls von der ersten Kaufpreisrate vom Treuhänder an rückständigen Leibrentenzahlungen für die Monate Februar 2008 bis Mai 2008 der Betrag von gesamt € 4.000,-- (in Worten: Euro Viertausend) an Bw. zu bezahlen."

In ihrer im elektronischen Wege eingereichten Einkommensteuererklärung für den Zeitraum 2008 wies die Bw. neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Pensionseinkünfte iHv € 22.021,62), Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (€ 6.580,26) und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (Verlust von € 1.888,96) auch sonstige Einkünfte (wiederkehrende Bezüge) in Höhe von € 136.368,96 aus. Für die zuletzt genannten Einkünfte begehrte die Bw. für einen Teilbetrag von € 135.000,-- die Gewährung des Hälftesteuersatzes (KZ 424).

Im Zuge der Veranlagung brachte das Finanzamt im nunmehr angefochtenen Einkommensteuerbescheid vom die wiederkehrenden Bezüge ohne Steuerbegünstigung in Ansatz.

In der am beim Finanzamt eingelangten Berufung führte die Bw. Nachstehendes aus:

"Ich hatte meinen Betrieb Gasthof P an Herrn FB im Jahre 1991 (Anm.: gemeint wohl 1992) übertragen. Für die Übertragung habe ich eine Leibrente bezogen. Aufgrund wirtschaftlicher Entwicklungen musste Herr FB. meinen ehemaligen Betrieb veräußern. Meine Leibrente war eine Reallast. Im Rahmen des Verkaufes des Betriebes von Herrn FB musste daher meine Leibrente abgelöst werden.

Diese Rentenabfindung erfolgte nicht aus eigenem Antrieb, sondern über wirtschaftlichen Druck Dritter (Quantschnigg/Schuch zu § 32 EStG, RZ 5.1). Die Rentenabfindung in Höhe von € 131.000,-- ist daher von § 32 Z 1 erfasst und fällt hier unter die Entschädigungen. Gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 sind solche Rentenabfindungen auf drei Jahre zu verteilen."

Die Bw. beantragte daher die Verteilung der erhaltenen Rentenabfindung in Höhe von € 131.000,-- auf drei Jahre.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus:

"Aufgrund des Übergabsvertrages vom wurde eine monatliche Versorgungsrente von ATS 25.000,-- vereinbart (mit jährlicher Indexanpassung).

Beginnend mit 2003 wurde diese Versorgungsrente nur mehr teilweise erfüllt, die ausbezahlte Rentenabfindung in Höhe von € 131.000,-- wird als Nachzahlung der bisher nicht geleisteten Verpflichtungen qualifiziert, der Tatbestand des § 32 Z 1 EStG wird daher nicht erfüllt."

Mit Eingabe vom beantragte die Bw. die Vorlage ihrer Berufung an den UFS.

Im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens wurde die Bw. aufgefordert, eine Aufstellung jener Rentenzahlungen zu übermitteln, die vom Verpflichteten FB in der Zeit zwischen Übernahme der Liegenschaft und Abschluss der Rentenabfindung (2008) an sie zur Auszahlung gelangt sind.

Mit der am beim UFS eingelangten Eingabe teilte die Bw. mit, dass (ab 2003) folgende Beträge an Leibrentenzahlungen geflossen seien: Jänner 2003: € 2.098,21; August 2004: € 2.098,21; August 2005: € 2.098,21; August bis Dezember 2006: monatlich € 1.000,- (sohin gesamt € 5.000,- ); Jänner bis Dezember 2007: monatlich je € 1.000,- (sohin gesamt € 12.000,-); Jänner 2008: € 1.000,-; sowie am : € 135.000,-.

Im Zuge des am abgeführten Erörterungstermins (§ 279 Abs. 3 BAO) wiederholte der steuerliche Vertreter, Mag. B, sein bisheriges Vorbringen und ergänzte, dass spätestens seit 2003 FB aufgrund von wirtschaftlichen Problemen seiner Zahlungsverpflichtung nur mehr sporadisch nachgekommen sei. Ab August 2006 habe seine Mandantin (Bw.) die monatlichen Leibrentenzahlungen auf € 1.000,- reduziert. Diese habe ihm seinerzeit auch mitgeteilt, dass der Betrag von € 131.000,- als Entschädigung für ihre Einwilligung zur Lastenfreistellung (in Bezug auf die Reallast) ausbezahlt worden sei. Wie die Abfindungssumme zustande gekommen sei, entziehe sich allerdings seiner Kenntnis. Die gewählte Vorgangsweise in Bezug auf eine pauschale Abfindung sei jedenfalls nicht die Idee seiner Mandantin gewesen; diese sei im Zeitpunkt des Kaufabschlusses 82 Jahre alt gewesen und habe jegliche Veränderungen gescheut. Der steuerliche Vertreter brachte ein Schreiben der Fa. PN GmbH vom zur Vorlage, in welchem diese der Bw. ein Anbot auf Zahlung einer Abschlagszahlung von € 100.000,- unterbreitete, sollte sie (Bw.) ihre Zustimmung zur Löschung der einverleibten Leibrentenverpflichtung erteilen. Weiters legte der steuerliche Vertreter jenen Überweisungsbeleg vor, welcher die Auszahlung der Abfindungssumme (€ 135.000,-) an die Bw. dokumentiert. Als Verwendungszweck führte darin der Rechtsvertreter der PN GmbH, Rechtsanwalt Mag. ZZ, ausdrücklich "Lastenfreistellung" an.

Bei der Erörterung wurde FB zeugenschaftlich einvernommen. Dieser gab über Befragen an, dass er im Jahre 1996 umfangreiche Renovierungsarbeiten durchführen habe müssen, zumal das Hotel veraltet gewesen sei. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation im Fremdenverkehr sowie der hohen (fremdfinanzierten) Investitionskosten sei er nach und nach in wirtschaftliche Bedrängnis geraten und schlussendlich zum Verkauf des Hotels verhalten gewesen. Bis zum Jahre 2003 habe er die monatlichen Raten im Zusammenhang mit der Leibrentenverpflichtung vollumfänglich bedienen können. In weiterer Folge habe er mit der Bw. eine Reduktion der monatlichen Rate auf € 1.000,- ab August 2006 vereinbart. Diese vertragliche Änderung sei lediglich mündlich abgeschlossen worden. Die verminderte Rate habe er jedenfalls immer bedient. In weiterer Folge sei sein Nachbar, I N, an ihn herangetreten und habe ihm ein Kaufanbot in Bezug auf das "Hotel P" unterbreitet. Er persönlich habe mit der Bw. keine Besprechungen hinsichtlich der Abfindung der Reallasten, insbesondere der Leibrente, geführt; dies sei vielmehr auf Ebene der Rechtsvertreter geschehen. Er habe in der Folge von seinem Rechtsvertreter (Rechtsanwaltskanzlei AB/AA.) erfahren, welche Forderungen die Bw. in Bezug auf die Ablöse ihres Leibrentenanspruches gestellt habe. Von wem die Initiative zur Abfindung der Leibrente ausgegangen sei, entziehe sich allerdings seiner Kenntnis. Er selbst habe jedenfalls nicht die Initiative ergriffen. Ebenso wenig wisse er, ob ein Verkauf der Liegenschaft an die PN GmbH ohne Lastenfreistellung überhaupt möglich gewesen wäre.

Im Zuge der am abgeführten mündlichen Berufungsverhandlung legte der steuerliche Vertreter zum Beweis dafür, dass die pauschale Abfindung der Leibrente nicht von seiner Mandantin initiiert worden sei, ein an die damalige steuerliche Vertretung der Bw. gerichtetes Schreiben Dris. PP, Öffentlicher Notar in Ort1., vom vor, in welchem dieser anfrägt, ob sich die Bw. prinzipiell mit dem Gedanken auf Abfindung ihrer Ansprüche aus dem Übergabsvertrag in Form eines Pauschalbetrages anfreunden könne. In rechtlicher Hinsicht brachte der steuerliche Vertreter vor, dass gemäß dem verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis vom , 1173/77, nicht nur künftige Einnahmenverluste, sondern auch Einnahmenverluste aus vergangenen Perioden, unter die Entschädigungsbestimmung des § 32 Z 1 lit. a EStG subsumierbar seien. Für die steuerrechtliche Beurteilung des gegenständlichen Falles im Blickwinkel einer Verteilung der Abfindungssumme auf drei Jahre sei daher lediglich relevant, von wem letztlich die Initiative für die Ablösezahlung ergriffen worden sei.

Der Amtsvertreter wandte ein, dass FB im Zeitpunkt des Verkaufes der Liegenschaft mit rund € 83.000,- an Leibrentenzahlungen im Rückstand gewesen sei. In der zur Auszahlung gelangten Abfindungssumme von € 131.000,- seien offenbar bereits fällige, bislang unberichtigte Rentenschulden wie auch künftig anfallende Rentenbeträge enthalten. Aus Sicht des Finanzamtes stehe fest, dass zusammen mit den für die Monate 02 bis 05/2008 angefallenen Rentenbeträgen (€ 4.000,-) die offenen Verbindlichkeiten des FB aus dem Titel seiner Leibrentenverpflichtung insgesamt ca. € 87.000,- betragen hätten. Der besagte Betrag sei allerdings nicht als Entschädigung zu werten, sondern vielmehr als Nachzahlung offener Verbindlichkeiten, die als solche keiner begünstigten Besteuerung unterliegen würden.

Im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung wurde Mag. AA, Rechtsanwalt in Ort1., als Zeuge einvernommen. Dieser gab zu Protokoll, dass er bei der Abwicklung des Kaufvertrages betreffend das "Hotel P" als Rechtsvertreter von FB eingeschritten sei. Die Pfandgläubigerin seiner Mandantschaft, die Sp, habe nach und nach Druck gemacht und eine Versteigerung der Liegenschaft in den Raum gestellt. Seine Aufgabe als Rechtsvertreter des Verkäufers sei gewesen, herauszufinden, mit welchem Abfindungsbetrag die Bw. für die Aufgabe ihrer einverleibten Reallasten einverstanden sei und darüber hinaus dafür zu sorgen, dass die Sp als Pfandgläubigerin mit exekutiven Maßnahmen bis zum Verkauf der Liegenschaft zuwarte. Die Bw. selbst habe sich in den Besprechungen in Bezug auf die Abfindungssumme nicht geäußert; dies sei von ihrem damaligen steuerlichen Vertreter geschehen. Bei der Ausmittelung der Abfindungssumme seien seitens der Reallastberechtigten (Bw.) die offenen Verbindlichkeiten von FB aus dem Titel der Leibrentenverpflichtung thematisiert worden. Diesbezüglich sei von FB. eingewendet worden, dass einerseits die Verbindlichkeiten (teilweise) verjährt seien, anderseits, dass diverse Forderungen dem Grunde nach gar nicht bestehen würden.

Über weiteres Befragen gab der Zeuge an, dass seiner Meinung nach, der ausgehandelte Pauschalbetrag von € 131.000,- sowohl die bestehenden bislang unberichtigt gebliebenen Rentenverbindlichkeiten als auch zukünftig unter dem Rententitel anfallende Beträge abdecke. Da er nicht von Beginn an in die Verhandlungen zwischen N, FB. und Bw eingebunden gewesen sei, könne er auch nicht dezidiert anführen, von wem die Initiative für die Abfindung der Leibrente ausgegangen sei. Allerdings habe er (Zeuge) den Eindruck gehabt, dass eine Lastenfreistellung Voraussetzung dafür gewesen sei, dass die Fa. PN GmbH den Kaufvertrag mit FB. überhaupt abschließe. Ihm sei diesbezüglich auch vermittelt worden, dass eine Lastenfreistellung seitens der XYX-Bank - diese habe das Vorhaben der Fa. PN GmbH finanziert - verlangt worden sei. Ob und in welchem Ausmaß die Bw. auf die ausstehenden Leibrentenbeträge letztlich verzichtet habe, entziehe sich seiner Kenntnis.

Ergänzend gab der Zeuge an, er wisse zwar, dass zwischen N und der Bw. gesondert Gespräche geführt worden seien, allerdings kenne er deren Inhalt nicht. Es sei ihm jedoch zur Kenntnis gelangt, dass es vor seinem anwaltlichen Einschreiten bereits einen Vorstoß von Dr. PP, Notar in Ort1., in Sachen Rentenabfindung gegeben habe.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist, ob und in welchem Ausmaß der berufungsverfangene Betrag von € 131.000,- als Nachzahlung bisher unterbliebener Rentenzahlungen oder aber als Abfindung künftiger Renten zu qualifizieren ist. Das Finanzamt vertritt im Berufungsverfahren die Rechtsansicht, dass FB der Bw. einen Betrag von zumindest rd. € 83.000,- an rückständigen Leibrentenzahlungen schuldig geblieben sei und dieser Betrag als Nachzahlung (ebenso wie der Betrag von € 4.000,- für den Zeitraum 02 bis 05/2008) keiner steuerlichen Begünstigung unterliege. Der steuerliche Vertreter vertritt indes den Standpunkt, dass die gesamte Summe als Entschädigung für entgehende oder entgangene Einnahmen zu werten sei und als solche einer Verteilung nach § 37 Abs. 2 EStG zugänglich sei.

Gemäß der allgemeinen Tilgungsregel des § 1415 ABGB gilt bei Bestehen mehrerer Verbindlichkeiten gegenüber demselben Gläubiger primär jene Verbindlichkeit als erfüllt, die der Gläubiger und der Schuldner einvernehmlich bestimmen. Es bleibt demnach der Parteiendisposition anheimgestellt, welche Schuldpost zuerst abgetragen wird.

Wie das durchgeführte Beweisverfahren, insbesondere die Befragung der beiden unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen FB. und Mag. AA. sowie des steuerlichen Vertreters der Bw., Mag. B, ergeben hat, konnte der erkennende Senat nicht feststellen, in welchem Ausmaß die ausverhandelte Pauschalabfindung Rentenzahlungen pro futuro und Nachzahlungen von bislang schuldig gebliebenen Beträgen, abdeckt. Der Senat gewann vielmehr den Eindruck, dass sich die Vertragsparteien in ihrem Bemühen einen Konsens zu erzielen und eine für alle Teile akzeptable Abfindungssumme auszuhandeln, über diesen Aspekt keine Gedanken gemacht hatten. Nicht ermittelt werden konnte auch, ob und in welchem Ausmaß die Bw. auf die ausständigen Rentenzahlungen verzichtete. Die Bw. selbst konnte aus gesundheitlichen Gründen - ein ärztliches Attest liegt vor - weder am Erörterungstermin noch an der mündlichen Berufungsverhandlung teilnehmen. Da sich der Parteiwille im Nachhinein nicht mehr authentisch feststellen lässt, legt der erkennende Senat seiner Entscheidung hilfsweise die in § 1416 ABGB verankerte gesetzliche Tilgungsregel zugrunde, wonach bei Unklarheiten in der Willensmeinung zuerst die Zinsen, dann fällige Forderungen und zuletzt nicht fällige Forderungen als abgedeckt gelten. Nach der gesetzlichen Tilgungsregel des § 1416 ABGB sind nur klagbare Ansprüche zu berücksichtigten (Stabentheiner in Kletecka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 1416 Rz 15). Dies bedeutet, dass Naturalobligationen, also solche Schulden, die bereits der Verjährung unterliegen, außer Ansatz zu blieben haben, und zwar selbst dann, wenn die Verjährung nicht eingewendet wird. Eine Anrechnung verjährter Forderungen findet sohin im Rahmen der zivilrechtlichen Tilgungsvorschriften nicht statt (2 Ob 11/97z = EvBl 1997/147).

Auf den gegenständlichen Berufungsfall bezogen bedeutet dies, dass mit der pauschalen Abfindungssumme FB im Wege der verkürzten Zahlung (dieser kam mit der Fa. PN GmbH als Erwerberin überein, dass diese in Anrechnung auf den Kaufpreis den Abfindungsbetrag an die Bw. zur Auszahlung bringt) vorrangig jene Schulden berichtigte, die bereits fällig waren aber - noch innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren ab Entstehung (vgl. § 1480 ABGB) liegend - bislang nicht berichtigt wurden. Die in der Zeit zwischen Juni 2005 und Mai 2008 entstandenen, somit im Zeitpunkt der Veräußerung der Liegenschaft nicht verjährten Rentenansprüche ermitteln sich wie folgt (Beträge gerundet):


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Juni 2005 bis Juli 2006
14 Monate a´€ 2.100,-
€ 29.400,-

Aug. 2006 bis Jän 2008
18 Monate a´€ 1.000,-
€ 18.000,-

Gesamtbetrag


€ 47.400,-

Die für diese Zeitraum (Juni 2005 bis Jänner 2008) von FB tatsächlich geleisteten Rentenzahlungen betrugen laut vorgelegter Aufstellung rund € 20.100,-. Daraus ergibt sich, dass im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses () Franz Basler bei der Bw. offene, nicht verjährte Verbindlichkeiten aus dem Titel der Rentenschuld in Höhe von € 27.300,- hatte, welche gemäß § 1416 ABGB vorrangig abzudecken waren.

Nach Ansicht des erkennenden Senates stellt dieser Betrag ebenso wie die für den Zeitraum Februar bis Mai 2008 vereinbarten Zahlungen (€ 4.000,-) keine Entschädigungszahlung für die Aufgabe von Rechten (konkret: des Leibrentenanspruchs) dar, sondern vielmehr die Berichtigung einer vorliegenden fälligen Schuld, die bei vertragskonformer Erfüllung bereits in der Vergangenheit zu begleichen gewesen wäre.

Eine Entschädigung iSd § 32 Abs. 1 EStG darf sich nämlich nicht als Erfüllung eines bestehenden Anspruchs darstellen, sondern muss auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen (vgl Doralt, EStG Kommentar, § 32 Tz 27f). Eine Entschädigung muss also einen Ersatzanspruch darstellen. Der Entschädigte darf nichts erhalten, was er schon nach der ursprünglichen Vereinbarung, wenn auch in anderer Form, fordern hätte können (Doralt, aaO.). Daher sind Nachzahlungen keine Entschädigungen (vgl. zu Pachtnachzahlungen).

Demnach kommt für die beiden oben genannten Abfindungsbeträge (€ 27.300,- und € 4.000,-) die Begünstigungsbestimmung des § 37 Abs. 2 EStG nicht zum Tragen.

Vice versa steht der Differenzbetrag von € 103.700,- (€ 131.000,- abzüglich € 27.300,--) nach Ansicht des erkennenden Senates im Zusammenhang mit der Abfindung des Leibrentenanspruchs für künftige Zeiträume.

Zu prüfen ist nunmehr, ob und inwieweit dieser Betrag als "Entschädigung" zu qualifizieren und demnach einer Verteilung nach § 37 Abs. 2 EStG zugänglich ist.

Dazu ist festzuhalten:

Gemäß § 37 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind Einkünfte für Entschädigungen im Sinne des § 32 Z 1, wenn überdies im Falle der lit. a oder b der Zeitraum, für den die Entschädigungen gewährt werden, mindestens sieben Jahre beträgt, über Antrag, beginnend mit dem Veranlagungsjahr, dem der Vorgang zuzurechnen ist, gleichmäßig verteilt auf drei Jahre anzusetzen.

Wie oben bereits ausgeführt, zählen gemäß § 32 Z 1 lit. a EStG 1988 auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden, zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 EStG 1988. Entschädigungen sind Beträge zur Beseitigung einer bereits eingetretenen oder zur Verhinderung einer sonst drohenden Vermögensminderung ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Erkenntnis vom , 1173/77, zu vergleichbaren Bestimmungen im Einkommensteuergesetz 1972 ausgeführt, dass Kapitalzahlungen zur Abfindung von Pensionsansprüchen als begünstigte Entschädigungen iSd § 32 in Betracht kommen. Die Pensionsabfindung sei als "Schadensausgleich" für den Verlust eines Pensionsanwartschaftsrechtes zu werten.

Im genannten Erkenntnis vom wurde für Pensionsabfindungen ein von der Rechtsprechung wiederholt aufgezeigtes Merkmal einer Entschädigung iSd § 32 Z 1 lit. a EStG 1972, wonach sie nicht freiwillig herbeigeführt sein dürfe, im Ergebnis dahingehend konkretisiert, dass die Initiative zum Abschluss der Abfindungsvereinbarung nicht vom Pensionsberechtigten ausgegangen sein darf.

Diese Auffassung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 91/14/0006, zu Entschädigungen für entgangene Mieteinnahmen bestätigt und ausgesprochen, es stehe der Subsumtion einer Entschädigung unter § 32 nicht entgegen, "wenn der Schädiger mit dem Geschädigten eine Vereinbarung über die Abgeltung" treffe.

In diesem Sinne hat es der Verwaltungsgerichtshof sodann im Erkenntnis vom , 93/13/0008, nicht als rechtswidrig erkannt, dass die Behörde eine Zahlung an den seinerzeitigen Beschwerdeführer, die "aufgrund seiner Initiative erfolgt ist", nicht unter § 32 subsumiert hat.

Auch in den Erkenntnissen vom , 95/15/0079, vom , 2005/15/0055, und vom , 2006/15/0174, in welchen Pensionsabfindungen von direkt und indirekt beteiligten Gesellschaftern und Geschäftsführern von Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu beurteilen waren, sah sich der Verwaltungsgerichtshof nicht dazu veranlasst, von dieser ständigen Rechtsprechung abzugehen und bestätigte, dass dem Begriff der "Entschädigung für Einnahmen" der Inhalt beigemessen werden kann, dass es nicht der Geschädigte selber sein darf, der aus eigenem Antrieb das für das Entgehen der Einnahmen ursächliche Ereignis herbeigeführt hat. Darüber hinaus sei aber dem Gesetz nicht zu entnehmen, dass der Einnahmenausfall gegen den Willen des Entschädigten erfolgt sein müsse.

Die gleichen Grundsätze gelten nach Auffassung des erkennenden Senates auch bei einer - hier vorliegenden - Rentenabfindung. Entscheidungswesentlich ist sohin, ob die Initiative zur Rentenabfindung durch die Bw. selbst erfolgte oder durch Dritte.

Wie das abgeführte Beweisverfahren ergeben hat, war es nicht die Bw. gewesen, die eine Abfindung ihrer lebenslangen Versorgungsrente verlangt hatte. Aufgrund der Aussagen des Zeugen Mag. AA stand es primär im Interesse der Erwerberin (PN GmbH) frei von Reallasten stehendes Eigentum an der Liegenschaft "Hotel P" zu erwerben. Dem Zeugen wurde zudem vermittelt, dass die Lastenfreistellung auch von der XYX als finanzierende Bank verlangt worden sei. Die Aussagen des Zeugen Mag. AA. stehen in Einklang mit den Aussagen des Zeugen FB, der zu Protokoll gab, dass der Geschäftsführer der Käuferin, I N, der Bw. die Rute ins Fenster gestellt und einen Rücktritt von seinem Anbot in Aussicht gestellt habe, sollte sich die Reallastberechtigte nicht zur Abfindung ihrer Versorgungsrente entschließen.

Erhärtung finden diese Zeugenaussagen nicht zuletzt auch durch die vom steuerlichen Vertreter zur Vorlage gebrachten schriftlichen Beweismittel. So lässt beispielsweise das Anbotschreiben des I N an die Bw. vom , in welchem dieser der Reallastberechtigten bei Zustimmung zur Löschung ihrer Leibrentenansprüche die Zahlung einer Abschlagszahlung von € 100.000,- anbietet, in eindeutiger Weise darauf schließen, dass die Initiative zur Abfindung der Rente in erster Linie wohl von I N als organschaftlicher Vertreter der PN GmbH ausgegangen sein musste. Den Rückschluss, dass es nicht die Bw. war, die die Abfindung ihrer Rentenansprüche initiiert hatte, lässt auch das an deren steuerlichen Vertreter ergangene Schreiben des Notars Dr. PP vom zu, in welchem dieser die Möglichkeit ventiliert "...zu einer Einigung zu kommen, wenn sich Frau Bw entschließen kann, einer einmaligen Ablöse ihres Rechtes zuzustimmen. [..]".

Aufgrund der gegebenen Beweislage sieht es der erkennende Senat als erwiesen an, dass es nicht die Bw. war, welche die Initiative zur Abfindung ihres Rentenanspruches in Form eines Pauschalbetrages gesetzt hatte.

Schlussendlich bleibt zu prüfen, ob - entsprechend dem Tatbestand des § 37 Abs. 2 Z 2 EStG - der Zeitraum, für den die Entschädigung gewährt wurde, mindestens sieben Jahre beträgt.

Dazu hält der erkennende Senat fest, dass die Bw. im Zeitpunkt des Vertragsbeitritts 82 Jahre alt war. Nach den Sterbetafeln für Österreich 2000/02 (Quelle: Statistik Austria) beträgt die Lebenserwartung für Frauen dieses Alters 7,35 Jahre. Der Senat zieht bei der Beurteilung der Frage, ob die 7-Jahres Frist erfüllt ist oder nicht, hilfsweise diesen Wertansatz heran. Eine Verteilung jenes Teiles der Abfindungssumme, welcher als Entschädigung für die Aufgabe des grundbücherlich abgesicherten Rentenanspruches gewährt wurde, auf drei Jahre, steht somit in Einklang mit der Gesetzeslage.

Der Berufung war sohin teilweise Folge zu geben.

Die Rentenabfindung war im Ausmaß von € 103.700,- auf drei Jahre verteilt (somit mit € 34.566,66 p.a.), beginnend ab 2008, in Ansatz zu bringen. Der Betrag von € 31.300,- (€ 27.300,- und € 4.000,-) unterliegt indessen keiner steuerlichen Begünstigung.

Infolge der vorliegenden Berufungsentscheidung ermitteln sich die sonstigen Einkünfte wie folgt:


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Sonstige Einkünfte lt FA (Bescheid vom )

€ 136.368,86
Abzgl. strittige Rentenabfindung
- € 135.000,00

Zuzgl. Nachzahlung lt BE
€ 31.300,00

Zuzgl. Begünstigter Teil der Abfindung (1/3) lt BE
€ 34.566,66

Sonstige Einkünfte lt BE

€ 67.235,52

Beilage: 1 Berechnungsblatt

Klagenfurt am Wörthersee, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Rentenabfindung
Nachzahlung
Entschädigungszahlung
Tilgungsregel
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at