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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 06.12.2013, RV/0743-L/09

Bewertung einer Trockenhalle für Betonfertigteile

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/15/0309 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/5101139/2016 erledigt.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0743-L/09-RS1
Eine Halle, die der Trocknung von Fertigbetonteilen dient und die sonst alle Merkmale eines Gebäudes aufweist, ist als Betriebsvorrichtung und nicht als Gebäude(teil) zu bewerten, wenn sie aus Sicherheitsgründen während des vollautomatisierten Betriebes nicht betreten werden darf. Ein bloß vorübergehend möglicher Aufenthalt von Menschen, wenn die Produktionsanlage ausgeschaltet ist, vermag die Gebäudeeigenschaft nicht zu begründen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

(berichtigte Berufungsentscheidung gem. § 293 BAO)

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw GmbH, Adresse1, vertreten durch die Steuerberatungskanzlei Libertas Intercount Revisions- und Beratungsgesellschaft m.b.H. in 1014 Wien, Teinfaltstraße 4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Gmunden Vöcklabruck, vertreten durch Ingrid Nagl, vom betreffend Einheitswert des Betriebsgrundstückes (Gebäude auf fremden Grund und Boden) der Betriebsanlage in V, zum (Nachfeststellung gem. § 22 BewG) entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Für den im Spruch angeführten Grundbesitz wird festgestellt:

Der Einheitswert zum beträgt 82.500 Euro.

Der gem. AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert beträgt 111.300 Euro.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (im Folgenden als Bw bezeichnet) errichtete im Jahr 2007 in V, eine Fabrikanlage für Betonstein- und Betonplattenfertigung auf einer der Fa. A gehörenden Grundstücksfläche.

Mit Feststellungsbescheidzum vom nahm das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck eine Nachfeststellung gem. § 22 Abs. 1 BewG vor und bewertete die Betriebsanlage in V, als Fabriksgrundstück. Es stellte den Einheitswert des Betriebsgrundstückes (als Gebäude auf fremden Grund und Boden) in Höhe von 129.900 Euro und den gemäß AbgÄG 1982 um 35% erhöhten Einheitswert in Höhe von 175.300 Euro fest.
In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass die Fortschreibung erforderlich war, weil eine wirtschaftliche Einheit (Untereinheit) gegründet wurde.
Aus der dem Bescheid angeschlossenen Berechnung des Einheitswertes war ersichtlich, dass der Gebäudewert mit 180.501,06 Euro berechnet wurde und davon 70.409,42 Euro auf die Trockenhalle entfielen.

Gegen diesen Einheitswertbescheid zum erhob die Bw nach Verlängerung der Rechtsmittelfrist durch ihre steuerliche Vertreterin Berufung und beantragte die Festsetzung des Einheitswertes zum in Höhe von € 106.900.-.
In der Begründung wurde ausgeführt, dass gemäß § 51 Abs. 1 BewG Maschinen und sonstige Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, nicht in das Grundvermögen, für das ein Einheitswert gem. § 19 BewG festzustellen ist, einzubeziehen seien.
Aus der Berechnung des Einheitswertes sei ersichtlich, dass die Trockenhalle mit der Bezeichnung Gt. 1 einbezogen wurde.
Die Vertreterin verwies auf den Kommentar zum Bewertungsgesetz von Twaroch/ Wittmann/ Frühwald, wonach nach § 51 Abs. 1 BewG, Z 4 lit c insbesondere als Vorrichtungen im Sinne der genannten Bestimmung bauliche Anlagen anzusehen seien, die entweder für sich einem selbständigen technischen, physikalischen oder chemischen Betriebsvorgang dienen (z.B. Brennöfen, Heißlufttrockenkammern, Kläranlagen, Ziegelringöfen) oder in Verbindung mit anderen Anlagen aus technischen oder aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. Einsparung von Heizmaterial, Nutzung der ausstrahlenden Wärme für andere Zwecke) zweckmäßig oder notwendig seien. Die Trockenhalle stelle eine bauliche Anlage im Sinne der genannten Kommentarstelle dar, sodass der bei der Einheitswertfeststellung einbezogene Gebäudewert von € 70.409,42 nicht anzusetzen sei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt Gmunden Vöcklabruck die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wurde ausgeführt, dass sich der Begriff "Gebäude" nach der Verkehrsauffassung bestimme. Als Gebäude gelte jedes Bauwerk, das durch räumliche Umfriedung Schutz gegen äußere Einflüsse gewähre, den Eintritt von Menschen gestatte, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit sei. Bei der gegenständlichen Trockenhalle handle es sich um eine Stahlrahmenkonstruktion mit Wand- und Dachpaneelen, die mittels Fundament mit dem Boden fest verbunden seien.
Die Trockenhalle stelle ein eigenständiges Gebäude (auch ohne beschickte Schiebebühnen) im Sinne des Gesetzes dar und es handle sich somit um keine Vorrichtung, die für sich einem selbständigen technischen, physikalischen oder chemischen Betriebsvorgang wie z.B. Brennöfen, Heißlufttrockenkammern usw. diene. Die Trockenhalle sei aufgrund dieser Kriterien als Gebäude zu erfassen.

Mit Eingabe vom beantragte die Bw durch ihre Vertreterin die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Ergänzend zur Berufung brachte die Bw vor, dass die Halle eine Stahlrahmenkonstruktion sei, wobei die Stahlrahmen auf Betonfundamenten aufgesetzt seien. Der Hallenboden bestehe aus einer Stahlbetonplatte. In der Halle seien Schiebetüren und Gleisanlagen eingebaut. In der Halle seien Trockenkammern eingerichtet, die mit Regalen aus Walzprofilen versehen seien. Die Regale seien an der Bodenplatte angedübelt und mit Beton vergossen. An der Südseite der Halle befinde sich ein Container mit der Luftumwälzung für die Trockenhalle und der Vorbereitung eines Gasanschlusses für die geplante Beheizung der Trockenhalle.
Die Halle diene folgendem chemischen Vorgang: aus den Mischern gelange das Betongemisch in Vorratstrichter der Produktionsmaschine. Dieses Betongemisch werde in die Maschine gepresst und durch Rüttelenergie verdichtet und anschließend auf einem Produktionsbrett weiter transportiert. In einer Hubleiter würden ca. 30 Produktionsbretter gestapelt und für das Einbringen in die Trockenkammer so vorbereitet. Mit einem Verfahrwagen würden die Produktionsbretter und die darauf befindlichen Waren in die Trockenkammer transportiert. In dieser Zeit erfolge der chemischen Hydrationsprozess des Zementes und der Beton erstarre und verfestige sich. Hierbei entstehe die sogenannte Hydrationswärme, die ebenfalls für die Aushärtung der Betonfarben notwendig sei. Bei der Ausbringung der Waren würden diese ca. 30 Produktionsbretter (in der Höhe gestapelt) mit dem Transportwagen aus der Trockenkammer gefahren und in eine sogenannte Senkleiter positioniert. Aus dieser Senkleiter würden die Produktionsbretter vereinzelt und der Verpackungslinie zugeführt.
Aufgrund dieser Beschreibung vertrat die Bw die Ansicht, dass die im angefochtenen Einheitswertbescheid mit Gt. 1 bezeichnete Trockenhalle entsprechend der bereits in der Berufung zitierten Stelle im Kommentar zum Bewertungsgesetz von Twaroch/ Wittmann/ Frühwald als Betriebsvorrichtung anzusehen sei und folglich bei der Einheitswertfeststellung nicht in den Gebäudewert einzubeziehen sei.

Mit Vorlagebericht vom legte das Finanzamt die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.

Am fand in der Betriebsanlage in V ein Lokalaugenschein statt, an welchem neben dem zuständigen Referenten Mag. M, Dipl.Ing. K und Dipl.Ing. P für die Bw sowie Frau AD N für das Finanzamt teilnahmen. Die Anwesenden gingen zunächst in die Maschinenhalle, die unmittelbar an die Trockenhalle angrenzt und nur durch eine Zwischenwand abgegrenzt ist.
Dipl.Ing. K erklärte, dass die Zuführung der zu trocknenden Betonteile von der Maschinenhalle aus durch eine sich automatisch öffnende Wand erfolge. Ebenso gelangten die bereits getrockneten Betonteile bei einer anderen Stelle wiederum durch eine sich automatisch öffnende Wand in die Maschinenhalle zurück. In der Trockenhalle herrsche eine Temperatur von 25 bis 30 Grad und eine Luftfeuchtigkeit von 85%. Dies seien die optimalen Verhältnisse zum Trocknen der Betonteile. Der Zutritt während der Trocknung sei für Mitarbeiter aus Sicherheitsgründen strengstens verboten. Vor Durchführung der notwendigen Wartungs- und Reparaturarbeiten werde die Trocknungsanlage ausgeschaltet.

Damit die Anwesenden die Trockenhalle auch von innen besichtigen konnten, wurde die Trocknungsanlage abgestellt. Man konnte sehen, dass sich auf einem sehr starken Betonfundament einbetonierten Steher aus Metall befinden, die das Regalsystem tragen, welches die gesamte Halle ausfüllt. Die Außenwände sind unabhängig vom Regalsystem an starken Metallsteher angebracht, die auch die Dachkonstruktion tragen. An den Außenwänden sind auch jene Lüftungsrohre angebracht, die dafür sorgen, dass in der gesamte Halle die gleiche Temperatur und Luftfeuchtigkeit herrscht. Dipl.Ing. K erklärte dazu, dass eine gleichmäßige Temperatur und Luftfeuchtigkeit in den verschiedenen Höhenlage (je nachdem, ob sich die Regale im unteren oder im oberen Bereich der Halle befinden) für eine ordnungsgemäße Qualität der zu trocknenden Betonteile unabdingbar ist.

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 51 Abs. 1 Bewertungsgesetz 1955 (BewG 1955) gehört zum Grundvermögen der Grund und Boden einschließlich der Bestandteile (insbesondere Gebäude) und des Zubehörs. In das Grundvermögen sind nicht einzubeziehen die Maschinen und sonstigen Vorrichtungen alle Art, die zu einer Betriebsanlage gehören, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Umzäunungen sowie Weg- und Platzbefestigungen sind bei gewerblich genutzten Grundstücken stets als Vorrichtungen anzusehen, die zu einer Betriebsanlage gehören.

Bewertungsrechtlich ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als Gebäude jedes Bauwerk anzusehen, das durch räumliche Umfriedung Personen, Tieren oder Sachen Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt, den Zutritt von Menschen gestattet, mit dem Boden fest verbunden und von einiger Beständigkeit ist (s. und die dort zitierte Vorjudikatur).

Gebäude oder Gebäudeausstattungen können nicht Betriebsvorrichtungen sein. Wohl aber können wesentliche Bestandteile des Gebäudes zu den Betriebsvorrichtungen zählen (s. Thormann, Die Einheitsbewertung des Betriebsvermögens, Wien 1981, S. 137).

Nach Kotschnigg, (s. ÖStZ 1990, Zur Abgrenzung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen im BewG, S. 26) schließt die Gebäudeeigenschaft nicht aus, dass bestimmte Anlagen als Betriebsvorrichtungen zu behandeln sind. Das ist nach dem Grundsatz des Überwiegens danach zu entscheiden, ob solche Teile der Benützung des Gebäudes ohne Rücksicht auf den gegenwärtig ausgeübten Betrieb dienen oder ob sie in einer besonderen Beziehung zu diesem Betrieb stehen. Einbauten, die während eines sich ständig wiederholenden Betriebsvorganges (etwa aus Sicherheitsgründen) nicht betreten werden dürfen, weisen nicht alle Gebäudemerkmale auf (z.B. Kühlzellen, Spritzboxen in Karosseriewerkstätten, Transformatorenräume); sie sind daher einschließlich der Isolierung und Isolierwände als Betriebsvorrichtung zu behandeln.

Bei einer vergleichbaren Rechtslage in der Bundesrepublik Deutschland hat der deutsche Bundesfinanzhof entschieden, dass ein Hochregallager als Betriebsvorrichtung einzustufen ist (s. BFH , II R 222/84 BStBl. 1987 II, 551). Entscheidend für die Beurteilung als Betriebsvorrichtung war die Tatsache, dass das vollautomatisch betriebene Hochregallager während des laufenden Betriebes aufgrund der automatisierten Ein- und Auslagerungsvorgänge nicht betreten werden durfte.

Auch bei der strittigen Trockenhalle handelt es sich um ein Gebäude bzw. um einen Gebäudeteil, welcher während des vollautomatischen Betriebes aus Sicherheitsgründen nicht betreten werden darf. Auch wenn die Halle, in die die Trocknungsanlage hineingebaut ist, grundsätzlich als Gebäude anzusehen ist, ist diese Halle trotzdem als Betriebsvorrichtung anzusehen, weil ein für die Gebäudeeigenschaft im Sinne des § 51 Abs. 1 BewG wesentliches Merkmal fehlt: die Eignung für den Aufenthalt von Menschen. Ein bloß vorübergehend möglicher Aufenthalt von Menschen, wenn die Produktionsanlage (hier Trocknungsanlage) ausgeschaltet ist, vermag (nach der oben zitierten Literatur und Judikatur) die Gebäudeeigenschaft nicht zu begründen.

Der im Spruch festgestellte Einheitswert weicht insofern von der in der Berufung vorgenommenen Berechnung ab, als der Abschlag von 4% gemäß § 53 Abs. 8 nicht mehr gewährt wurde, da sich durch die Beurteilung der Trockenhalle als Betriebsvorrichtung die gesamte bebaute Fläche verringert hat und nunmehr weniger als 2.000 m² beträgt. Da es sich hier nur um einen Berechnungsfehler handelt, wurde dem Berufungsbegehren trotzdem inhaltlich entsprochen.

Aus den angeführten Gründen war der Berufung Folge zu geben und der Einheitswert in Höhe von 82.500 Euro und der gem. AbgÄG 1982 um 35% erhöhte Einheitswert in Höhe von 111.300 Euro festzusetzen.

Die Berichtigung gem. § 293 BAO war erforderlich, weil in der nunmehr berichtigten Berufungsentscheidung aus Versehen der Einheitswert in Höhe von 82.000 Euro anstatt richtig in Höhe von 82.500 Euro festgestellt wurde.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

BFH , II R 222/84
Zitiert/besprochen in
Stöger-Frank in BFGjournal 2014, 79

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at