Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 20.11.2013, RV/0341-G/12

Fremdüblichkeit eines zwischen Ehegatten abgeschlossenen Mietvertrages


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Miterledigte GZ:
RV/0342-G/12
RV/0343-G/12
RV/0344-G/12

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden HR Dr. Erwin Csaszar und die weiteren Mitglieder HR Dr. Astrid Binder, Mag Friedrich Koiner und Mag. Christiane Riel-Kienzer über die Berufung der Bw., vertreten durch ECA Haingartner und Pfnadschek Steuerberatung GmbH, 8700 Leoben, Waasenplatz 1, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Leoben vom betreffend die Bescheide über die Wiederaufnahmedes Verfahrens betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer 2008 und die Bescheide betreffend Umsatzsteuer und Einkommensteuer für die Jahre 2008 bis 2010 sowie die Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-03/2011 und 04-06/2011 nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) hat im September 2008 eine Neubauwohnung im Ausmaß von 52,67 m2, zuzüglich einer Terrasse mit 12,31 m2 und einem Gartenanteil von 53,81 m2, sowie einem Tiefgaragen PKW Abstellplatz in Graz erworben und in der Folge an ihren Ehegatten zu privaten Zwecken um 345,45 Euro vermietet. Daraus erklärte die Bw. in den Jahren 2008 und 2009 einen Überschuss der Werbungskosten über die Einnahmen von 232,38 Euro und 1.558,09 Euro. An Vorsteuer machte die Bw. 19.203 Euro (2008) und 6.671,07 Euro (2009) geltend.

Anlässlich einer bei der Bw. durchgeführten die Jahre 2008 und 2009 umfassenden Außenprüfung kam der Prüfer zu der Auffassung, dass das Mietverhältnis steuerlich nicht anzuerkennen sei. Daraus folge, dass die Wohnungsmiete keinen Umsatz darstelle und die die Anschaffung der Wohnung betreffende Vorsteuer nicht abgezogen werden könne.

Begründend wurde in der unter Tz. 1 getroffenen Feststellung darauf hingewiesen, dass zwar ein Mietvertrag über die Wohnung abgeschlossen worden sei, eine behördliche Anmeldung des Ehegatten sei unterblieben und erst nach Prüfungsbeginn nachgeholt worden. Hingegen sei der in Graz studierende Sohn der Bw. mit Nebenwohnsitz in dieser Wohnung gemeldet.

Die Finanzierung des Kaufpreises von brutto 140.371,20 Euro sei ausschließlich mit Eigenkapital erfolgt. Gemäß schriftlicher Stellungnahme des steuerlichen Vertreters sei die Bezahlung der Wohnung über das Vermögen der Bw. erfolgt. Die Mutter habe ihr 44.671 Euro geschenkt. Weitere 30.000 Euro hätten sich auf Sparbüchern befunden, die nach Bezahlung der Wohnung vernichtet worden seien. Das restliche Geld stamme aus der Auflösung eines Bausparvertrages (6.567,74 Euro), aus den Ersparnissen, welche auf dem Girokonto gewesen seien, bzw. seien 25.000-30.000 Euro zu Hause aufbewahrt worden.

Daraus folge nach Ansicht des Prüfers, dass es nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein Teil der Finanzierung durch den Ehemann und Mieter der Abgabepflichtigen erfolgt sei.

Unter Hinweis auf den Fremdvergleich wurde Nachstehendes ausgeführt:

"Der Richtwertzins nach § 16 Abs. 2 MRG beträgt im Zeitraum bis zum in der Steiermark EUR 6,52 netto pro Quadratmeter. Der Richtwert ist jener Betrag, der für die mietrechtliche Normwohnung festgesetzt ist. Er bildet die Grundlage für die Berechnung des angemessenen Hauptmietzinses nach § 16 Abs. 2 MRG. Im gegenständlichen Fall handelt es sich um eine Wohnung, welche nicht an den Höchstwerten nach dem MRG gebunden ist - die Miete kann frei vereinbart werden und wird sich am Markt orientieren. Der angemessene Mietzins wird höher als der Richtwert sein und richtet sich nach den Mieten, die für vergleichbare Wohnungen in gleicher Lage und mit gleicher Ausstattung verlangt werden.Die Firma IRG Immobilien Rating Bewertung und Analyse weist für den Stadtteil St. Leonhard per Stand 09/2008 einen Wert zwischen EUR 7,0 - 8,5 pro m2 Nettomiete aus. Diese Bewertung bestätigt, dass der Richtwert lt. MRG in diesem Grazer Bezirk am freien Markt regelmäßig überschritten wird. Es wurde der Außenprüfung ein Schreiben von der Firma SOB Immobilien vorgelegt, in dem angeführt wurde, dass ein Hauptmietzins von EUR 7,60 je m2 netto für den Standort als marktüblich erscheint.Es widerspricht somit dem wirtschaftlichen Verkehr, wenn für eine Neubauwohnung (inkl. Terrasse, Eigengarten und Tiefgaragenplatz) in Graz - St. Leonhard ein Mietpreis vereinbart wird, der unter dem Richtwert gem. MRG liegt."

Der Mietvertrag erfülle aus folgenden Gründen nicht den Fremdvergleich:

"Die im Original-Mietvertrag fehlende Indexvereinbarung ist fremdunüblich.Die Beschreibung des Mietobjektes ist unvollständig - die Terrasse im Ausmaß von 12,31 m2 wird nicht erwähnt, beim Eigengarten fehlt das Ausmaß von 53,81 m 2 .Die Betriebskosten der Wohnung bzw. der Tiefgarage vom Mieter direkt an den Bauträger bezahlt - dies widerspricht der Vereinbarung im § 4 des Mietvertrages.Die Miethöhe ist aufgrund der Größe und Lage der Wohnung fremdunüblich.Es wurde keine Kaution vereinbart.Hinsichtlich des Kontos fehlen die genaue Bezeichnung und die Konto Nummer.Weder beim Original-Mietvertrag noch bei der Ergänzung ist ein Datum ersichtlich.Bezugnahme auf die Berechnungsverordnung geregelt im BGB."

Auch widerspreche es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Studierender, welcher über eine Neubauwohnung in unmittelbarer Umgebung der Universität verfügen könne, es vorziehe, in die Obersteiermark zu pendeln, anstatt am Studienort zu nächtigen. Sohin sei davon auszugehen, dass der unterhaltspflichtige Sohn die Wohnung regelmäßig während seines Studiums nutze.

Das Finanzamt folgte dieser Auffassung in den im wiederaufgenommenen Verfahren ergangenen Bescheiden für die Jahre 2008 und 2009 und in den Bescheiden für das Streitjahr 2010 bzw. in den Festsetzungsbescheiden 2011.

Dagegen wandte sich die Bw. mit dem Rechtsmittel der Berufung und führte darin aus, dass sie die Wohnung aus der Überlegung heraus, eine Altersvorsorge zu haben, gekauft habe. Sie sei 15 Jahre lang nicht erwerbstätig gewesen und hätte jetzt ein Arbeitsverhältnis mit 30 Wochenstunden. Da sie von ihren Eltern nicht aufgezogen werden konnte, habe sie vor allem von ihrer Mutter im Laufe ihres Lebens immer wieder Geld geschenkt bekommen, welches sie nun zur Finanzierung der Wohnung herangezogen hätte.

Diese Wohnung habe sie an ihren Ehegatten vermietet, der, wenn es sein Arbeitsablauf erfordere, immer wieder in Graz übernachte. Er habe seinen Hauptwohnsitz jedoch weiter am Ort des gemeinsamen Familienhauptwohnsitzes in B.. Ab dem Jahr 2011 habe ihr Ehegatte in dieser Wohnung seinen Nebenwohnsitz gemeldet.

Ihr Sohn studiere zwar in Graz und nutze manchmal die Möglichkeit in der Mietwohnung seines Vaters zu übernachten. Er habe seinen Hauptwohnsitz jedoch im Haus seiner Eltern in B., da dort die Räumlichkeiten zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses bestehen. In Graz sei bis zum Jahr 2011 nur der Nebenwohnsitz angemeldet gewesen, da es sich für den Sohn als Erleichterung erwiesen hätte, sich ab und zu in Graz in der Wohnung des Vaters aufzuhalten. "Eigentümer der Wohnung" so die Ausführung der steuerlichen Vertretung weiter, "ist der Vater, Herr Josef A. - nicht der Sohn. Der Sohn kann nicht über die Wohnung verfügen".

Die Bezahlung der Miete erfolge monatlich vom Ehegatten auf das Konto der Bw., über welches nur sie verfügungsberechtigt sei. Wie sich aus den Berufungsausführungen weiter ergibt, wurden die Betriebskosten direkt an den Bauträger gezahlt.

In weiterer Folge machte die steuerliche Vertretung Ausführungen zu den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 20 und 28 EStG 1988 und brachte im Speziellen dazu vor:

Zu der Unterstellung im Bericht über die Außenprüfung, dass die Wohnung nur deshalb gekauft worden sei, damit die Befriedigung des Wohnbedürfnisses des Sohnes gedeckt werden könne, werde darauf hingewiesen, dass der Mietvertrag mit Herrn A. abgeschlossen worden sei. Dieser sei der Ehegatte und nicht das Kind der Steuerpflichtigen. Aufgrund seiner nichtselbständigen Tätigkeit könne er selbst gut für seinen Unterhalt sorgen. Von seinem Gehalt zahle er die Miete ab August 2009 an seine Ehegattin. Das Wohnbedürfnis sowohl des Ehegatten als auch des Sohnes sei im gemeinsamen Familienwohnsitz völlig gedeckt und befriedigt.

Zu der Frage des Mietverhältnisses unter Angehörigen wurde in der Berufung ausgeführt, dass es der Bw. wichtig sei, diese Wohnung sicher zu vermieten, das heiße, dass sie ihre Mieteinnahmen anhaltend, rechtzeitig und voll bekomme. Daher sei es für sie naheliegend gewesen, diese Wohnung an ihren Gatten zu vermieten. Von ihm hätte sie gewusst, dass er die Miete pünktlich und rechtzeitig bezahlen würde. Sie hätte sich damit viel Ärger erspart gegenüber Mietern, die die Miete nicht bezahlen könnten, denn dann müsste eine Räumungsklage eingeleitet werden und es entstünden Rechtsanwaltskosten und es gebe keine Mieteinnahmen. Außerdem wäre sich die Bw. sicher, dass dieser Mieter die Wohnung nicht verunreinigen oder ruinieren würde. Es gebe auch viele Vermieter, die eine Mietzinsverminderung zulassen würden, damit die Wohnanlage nicht leer stehe und nur Kosten verursache. Dies werde von der Abgabenbehörde auch akzeptiert. Im Berufungsfall wurden jedoch diese Gründe, warum dieser Mieter ausgewählt worden sei von der Abgabenbehörde völlig unberücksichtigt gelassen. Aber da der Mieter der Ehegatte sei, werde mit zweierlei Maß gemessen. Gemäß Artikel 7 der Bundesverfassung müssten alle Menschen gleich behandelt werden. Es könne nicht sein, dass die Tatsache des "Verheiratetseins" steuerlich ein anderes - in diesem Fall negatives Ergebnis bewirke.

Zum Kritikpunkt der Behörde, dass keine Kaution vereinbart worden sei, werde bemerkt, dies sei im Fall der Bw. nicht notwendig gewesen sei, da sie den Mieter kenne und wisse, dass er zuverlässig, ehrlich, rechtschaffen und vertrauenswürdig sei und seine Miete pünktlich bezahle.

Den weiteren diesbezüglichen Beanstandungen wurde entgegen gehalten, dass Konto Nummer und Datum der Unterfertigung keine wesentlichen Bestandteile eines Mietvertrages seien.

Zur Aussage lt. Bericht der Abgabenbehörde: "es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Studierender, welcher über eine Neubauwohnung in unmittelbarer Umgebung der Universität verfügen kann es vorzieht, in die Obersteiermark zu pendeln, anstatt am Studienort zu nächtigen", werde entgegnet, dass die Abgabenbehörde einfach eine Behauptung aufstelle. Sie setze sich hier voll und ganz über die Ereignisse aus der realen Welt hinweg und ignoriere die Aussagen der Steuerpflichtigen, dass der Sohn das Zusammensein mit seiner Freundin in Leoben oder B. bevorzuge, das gesamte Obergeschoß zu Hause benutze, das Wohnbedürfnis dort befriedigt werde, die Versorgung dort stattfinde und er das KFZ des Vaters für die Heimreise benutze.

In diesem Fall werde der § 21 Abs. 1 BAO von der Abgabenbehörde dafür verwendet, den real verwirklichten abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt der Anschaffung der Wohnung um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, welche als Pensionsvorsorge dienen und mit diesem Sachverhalt auch unternehmerisch tätig zu sein, einfach nicht anzuerkennen, damit der Vorsteuerabzug aus dem Kauf der Wohnung versagt werden könne. Dies sei natürlich für die Abgabenbehörde vorteilhafter. "Es ist jedoch nicht korrekt, da die tatsächlich verwirklichten Sachverhalte und der tatsächlich stattfindende Leistungsaustausch - die Miete wird monatlich in dem Fremdvergleich standhaltender Höhe bezahlt - nicht besteuert wird."

Wenn im Bericht vom gem. § 150 BAO über das Ergebnis der Außenprüfung erläutert werde, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Ehemann und Mieter, einen Teil der Finanzierung übernommen habe, werde entgegnet:

Die Bw. habe all ihr gespartes Geld verwendet, um den Kaufpreis von 140.371,20 Euro zu finanzieren. Es sei immer alles von dem Konto bezahlt worden, über welches nur die Bw. verfügungsberechtigt sei. Die Sparbücher seien bei der Auflösung alle vernichtet worden. Es könne ein Auszug vom Girokonto vorgelegt werden, wo ein großer positiver Kontostand ersichtlich sei.

Im Vorlagebericht vom wurde vom Finanzamt ergänzend ausgeführt:

Mietkalkulation:

Dazu führte das Finanzamt aus, es gehe mit dem von der Bw. vorgelegten Schreiben der Firma SOB Immobilien hinsichtlich der marktüblichen Miethöhe iHv 7,60 Euro pro m2 konform. Im Mietvertrag zwischen dem Ehepaar A. wurde weder die Terrasse noch der Tiefgaragenplatz erwähnt, sodass davon auszugehen sei, dass dafür auch keine Miete bezahlt bzw. berechnet worden sei. Nach den Berechnungen des Finanzamtes zeige sich, dass beim Ansatz des als marktüblichen Preis angenommenen Wertes von 7,60 Euro pro m2 für die Wohnfläche und für die Terrasse plus der Miete für den Tiefgaragenstellplatz (das Gebäude befindet sich in der blauen Zone von Graz) iHv 50 Euro eine Differenz von knapp 60% gegenüber der vereinbarten Miete entstehe, sodass für das Finanzamt die Fremdüblichkeit nicht gegeben sei, da in einem vergleichbaren Fall der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2000/14/0114, eine Differenz hinsichtlich der Miethöhe von weniger als 30% als fremdunüblich festgestellt habe.

Unter Bezugnahme auf eine UFS Entscheidung () werde auch darauf hingewiesen, dass die Leistungsbeziehungen bereits zu Beginn fremdüblich gestaltet sein müssen. Davon kann vorliegendenfalls jedoch nicht ausgegangen werden, da folgende Änderungen erst im Zuge und aufgrund der Außenprüfung (Prüfungsbeginn ) vorgenommen worden seien:

Nachträgliche Änderung des Mietvertrages durch eine Indexvereinbarung Nachträgliche Mieterhöhung

Zusätzlich seien noch weitere Änderungen während der Außenprüfung erfolgt: Abmeldung als Nebenwohnsitz vom Sohn Anmeldung als Nebenwohnsitz vom Mieter der Wohnung.

Mieter der Wohnung

Nach Ansicht des Finanzamtes sei im Berufungsfall eine familienhafte Veranlassung gegeben. Der Ehegatte der Bw. habe auf die Frage nach seinen Motiven eine Wohnung in Graz zu mieten zu Protokoll gegeben, dass es für ihn bequem sei aufgrund längerer Dienstzeiten oder wenn er im Burgenland sei, eine Wohnung in Graz zu haben. Auch komme es immer wieder vor (zB auf Baustellen), dass er seine Kleidung wechseln müsse. Dazu sei festzuhalten, dass der Ehegatte Angestellter bei der Firma Y am Standort X im Bezirk Graz Umgebung sei. Laut eigenen Angaben sei er zu 60% im Innendienst und zu 40% im Außendienst tätig.

Die Entfernung von der Wohnung in Graz zum Hauptwohnsitz betrage 57 km (43 min) laut Routenplaner. Die Fahrt vom Büro des Ehegatten zu seiner Grazer Mietwohnung dauere laut Routenplaner länger (20 km, 22 min) als zu seinem Hauptwohnsitz (39 km, 21 min).

Ein fremder Dritter würde bei einem Dienstort, der weniger als eine halbe Stunde vom Wohnsitz entfernt ist und der selbst bei einem notwendigen Aufenthalt in Graz lediglich eine dreiviertel Stunde für die Heimfahrt benötige, kein Mietverhältnis aus dienstlichen Interessen in Graz eingehen.

Zusammenfassend liege nach Ansicht des Finanzamtes eine familienhafte Veranlassung für das Mietverhältnis vor, da die vorliegende Gestaltung unter wirtschaftlich agierenden Fremden nicht denkbar erschiene. Für das Finanzamt sei der gewählte Weg über den Mietvertrag nur mit der Vorsteuerinanspruchnahme der Berufungswerberin erklärbar. Zudem verbliebe die vom Mieter an die Gattin gezahlte Miete innerhalb des Familienverbandes, sodass das Mietverhältnis als solches nicht anerkannt werden könne. Damit würden keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung vorliegen, die zu einem Vorsteuerabzug führen könnten.

Über die Berufung wurde erwogen:

Wiederaufnahme des Verfahrens

Gemäß § 303 Abs. 4 BAO ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter den Voraussetzungen des Abs. 1 lit. a und c und in allen Fällen zulässig, in denen Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen, die im Verfahren nicht geltend gemacht worden sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist das Neuhervorkommen von Tatsachen und Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. ). Das Neuhervorkommen von Tatsachen bezieht sich damit auf den Wissensstand, der sich auf Grund der Abgabenerklärungen und ihrer Beilagen ergibt (vgl. ).

Werden sowohl der Wiederaufnahmebescheid als auch im wieder aufgenommenen Verfahren ergangene Sachbescheide mit Berufung bekämpft, so ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zunächst über die Berufung gegen den Wiederaufnahmebescheid zu entscheiden.

Entscheidend für die Beurteilung der Frage ist jedoch, ob im gegenständlichen Fall das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln zu bejahen ist. Aus den Inhalten der jeweiligen Abgabenerklärungen und ihren Beilagen, in welchen die Bw. ihre Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und den Gesamtbetrag der abziehbaren Vorsteuer erklärte, war die Tatsache der Vermietung an Familienangehörige und die damit verbundene Problematik nicht ersichtlich, sodass sich die Abgabenbehörde erst nach durchgeführter Betriebsprüfung ein vollständiges Bild über den relevanten Sachverhalt verschaffen konnte.

In Anbetracht der Tatsache, dass die steuerlichen Auswirkungen im gegenständlichen Fall nicht geringfügig sind ist die Ermessensentscheidung des Finanzamtes, die Wiederaufnahme des Umsatz- und Einkommensteuerverfahrens für das Jahr 2008 zu verfügen und damit dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit Vorrang vor dem der Billigkeit einzuräumen, nicht zu beanstanden, weshalb die angefochtenen Bescheide nach Auffassung des Unabhängigen Finanzsenates zu Recht ergangen sind.

Umsatz- und Einkommensteuer

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge nicht abgezogen werden.

Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 erster Satz UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesenen Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1994 gelten nicht als für das Unternehmen ausgeführt Lieferungen, sonstige Leistungen oder Einfuhren, deren Entgelte überwiegend keine abzugsfähigen Ausgaben (Aufwendungen) im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Einkommensteuergesetzes 1988 oder §§ 8 Abs. 2 und 12 Abs. 1 Z 1 bis 5 des Körperschaftssteuergesetzes 1988 sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH können vertragliche Vereinbarungen zwischen nahen Angehörigen für den Bereich des Steuerrechts - ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Gültigkeit - nur als erwiesen angenommen werden und damit Anerkennung finden, wenn sie

nach außen ausreichend zum Ausdruck kommen;

einen eindeutigen, klaren und jeden Zweifel ausschließenden Inhalt haben und

auch zwischen Familienfremden unter den gleichen Bedingungen abgeschlossen worden wären.

Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen und haben ihre Bedeutung im Rahmen der - vom VwGH nur auf ihre Schlüssigkeit zu prüfende - Beweiswürdigung und kommen daher in jenen Fällen zum Tragen, in denen berechtigte Zweifel am wahren wirtschaftlichen Gehalt einer behaupteten vertraglichen Gestaltung bestehen. Die Rechtsprechung über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen ist Ausfluss der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des § 21 BAO.

Werden Verträge zwischen nahen Angehörigen geschlossen, sind diese im Speziellen darauf zu untersuchen, ob nicht hinter einer nach außen vorgegebenen Leistungsbeziehung in Wahrheit eine familienhafte Veranlassung besteht. Entspricht die Vertragsgestaltung nicht fremdüblichen Gegebenheiten, so sind die mit der Nutzung in Zusammenhang stehenden Aufwendungen nicht abzugsfähige Aufwendungen der privaten Lebensführung. In diesem Fall liegt auch keine Unternehmereigenschaft vor, sodass keine Umsatzsteuer festzusetzen ist bzw. keine Vorsteuerabzugsberechtigung besteht.

Die Fremdüblichkeit von Vereinbarungen muss nicht auf fiktiver, sondern auf realer Basis geprüft werden (). Die Leistungsbeziehungen müssen bereits zu Beginn fremdüblich gestaltet sein ().

Der Unabhängige Finanzsenat kann bei der Beurteilung dieser Frage von nachstehendem Sachverhalt ausgehen:

Mit Kaufvertrag vom erwarb die Bw. die gegenständliche Eigentumswohnung in bester städtischer Lage um 140.371,20 Euro. Laut Punkt III des Kaufvertrages besteht die Wohnung aus Vorraum, Abstellnische, WC, Küche, Bad, 2 Zimmer mit 52, 64 m2 Nutzfläche, Terrasse mit 12,31 m2, Gartenfläche mit 53,81 m2 und Kellerabteil mit 8,98 m2, sowie einem Tiefgaragen PKW Abstellplatz mit 12,25 m2.

Laut einem mit ihrem Ehegatten abgeschlossenen Mietvertag (ohne Datum) vermietete die Bw. ab diese Wohnung ohne genaue Bezeichnung des Mietobjektes auf unbestimmte Zeit. Die Betriebskosten iHv 135,01 Euro für die Wohnung und für den Tiefgaragenplatz iHv 19,66 Euro wurden direkt an die ÖWGES bezahlt.

Die Miete von monatlich 380 Euro (netto 345,45 das sind 6,56 pro m2) wurde vom Konto des Ehegatten, über welches auch die Bw. (Niederschrift vom ) verfügungsberechtigt ist, auf das Girokonto der Bw. überwiesen.

Nach eigenen Aussagen der Bw. in der Niederschrift vom stand als Zweck des Kaufes der Gedanke der Geldanlage im Vordergrund. "Erst später kam der Gedanke von meinem Mann die Wohnung zu mieten, da er selbst immer wieder in Graz ist."

Es ist weiter unbestritten, dass die Bw. diese Wohnung ihrem Sohn und ihrem Mann ausschließlich zur privaten Nutzung überlassen hat.

Im Zuge der Außenprüfung kam es zu einer nachträglichen Änderung des Mietvertrages durch eine Indexvereinbarung, die jedoch für die zu beurteilende Frage nicht von Bedeutung ist, da wie bereits angemerkt wurde, die Leistungsbeziehungen bereits zu Beginn fremdüblich gestaltet sein müssen.

Von der Bw. selbst wurde ein an sie gerichtetes Schreiben der Firma SOB Immobilien vom vorgelegt, worin bestätigt wurde, dass ein Hauptmietzins von 7,60 Euro je m2 für den Standort als marktüblich erscheine.

Unter Zugrundelegung dieses Betrages kommt das Finanzamt im Vorlagebericht zu folgenden Vergleichswerten:


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Marktpreis
Vertrag
Nettomiete
400,06
345,45
Terrasse
93,56
0,00
Tiefgarage
50,00
0,00
Summe Netto
543,62
345,45
10% USt
54,36
34,55
Summe brutto
597,98
380,00
Differenz
57,4%

Auch der Unabhängige Finanzsenat hält den Ansatz von 7,60 Euro pro m2 für gerechtfertigt. Dieser Ansatz wird nicht nur in dem von der Bw. vorgelegten Schreiben einer Immobilien Firma als marktüblich bezeichnet, auch die von der Betriebsprüfung zitierte Firma IRG Immobilien Rating Bewertung und Analyse weist für diesen Stadtteil einen Wert von 7,00 bis 8,50 Euro pro m2 aus. Auf diese Werte bezieht sich auch die Bw. in ihrer Berufung.

Vorliegendenfalls ist es von maßgeblicher Bedeutung, dass es sich bei dem gegenständlichen Objekt um eine Neubauwohnung, in bester städtischer und teuerster Lage handelt, die von Gärten umgeben und einer nur unwesentlichen Verkehrsbelastung ausgesetzt ist. Bei dieser Bestlage ist es selbstverständlich, dass der Mietpreis pro m2 weit über dem Richtwertzins von 6,52 pro m2 liegen muss.

Dazu kommt, dass vom Ansatz einer gesonderten Miete für den Tiefgaragenabstellplatz vor allem im Hinblick auf die vorliegende Kurzparkzone, verbunden mit einer prekären Parkplatzsituation, auszugehen ist. Der vom Finanzamt dafür angesetzte Betrag von 50 Euro entspricht den in diesem Bezirk nach der allgemeinen Erfahrung verlangten Mieten.

Nicht gesondert zu berücksichtigen ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates jedoch eine Miete für die Terrasse. Da laut "Leitfaden zur Berechnung der Nutzfläche", Balkone und Terrassen keine Nutzfläche sondern Wohnungszubehör darstellen, ist die Berechnung des Finanzamtes um die dafür angesetzten 93,56 Euro zu vermindern.

Das Vorhandensein einer Terrasse in der gegebenen Größe und die Benützung eines Gartenanteiles von 53,81 m2 haben jedoch sehr wohl Einfluss auf die Miete und können nicht unberücksichtigt bleiben. Im Gegensatz zu Wohnungen ohne Balkon und Gartenanteil führt das zu einer enormen Lebensqualitätssteigerung, die sich natürlich im Mietpreis wiederspiegelt und zur Folge hat, dass der Preis von 7,60 Euro auf keinen Fall durch die von der Bw. in der Berufung angedachten (möglichen) Abschläge (Einbruchsgefahr, Kinderspielplatz, etc.) unterschritten werden darf.

Eine Gegenüberstellung der erzielten Miete von 380 Euro und der erzielbaren Miete von 495 Euro zeigt, dass die Vereinbarung keineswegs fremdüblich gestaltet ist. Es ist nicht fremdüblich einen vereinbarten Mietzins in der Nähe des Richtwertzinses anzunehmen, wenn diese Wohnung mit all den Annehmlichkeiten am freien Markt den Ansatz eines wesentlich höheren Mietzinses erlaubt hätte, der der behaupteten Intention einer Altersvorsorge viel eher gerecht geworden wäre.

Wenn nun die Bw. eine Neubauwohnung zu Konditionen vermietet, die gerade ihre Betriebskosten und Absetzung für Abnutzung decken (2.543,58 Euro), widerspricht das eindeutig dem von ihr angegebenen Grund der Altersvorsorge. Eine derartige Vorgangsweise ist nur zwischen Familienangehörigen denkbar, wo der zwischen Familienfremden bestehende Interessengegensatz, der aus dem Bestreben der Vorteilsmaximierung jedes Vertragspartners resultiert, fehlt.

Bestärkt wird diese Ansicht weiters durch die gänzlich unübliche Vorgangsweise, keine Kaution festzusetzen. Denn die Rechtfertigung der Bw., bei ihrem Ehegatten müsse sie keine Kaution festsetzen, da dieser auf die Wohnung ohnehin aufpasse, spricht ja geradezu für die von Abgabenbehörde erster Instanz angenommene Fremdunüblichkeit. Ein mit einer fremden Person abgeschlossener Mietvertrag würde selbstverständlich eine Kaution als Sicherstellung für offene Mietzinsrückstände oder für Kosten der Behebung von Schäden am Mietgegenstand vorsehen. Ein Fehlen dieser Vereinbarung kann nicht mit dem Hinweis auf § 9 des Mietvertrages (Kleinreparaturen) abgetan werden, wie dies die steuerliche Vertretung der Bw. in der Berufung versucht hat. Da die Bw. über das Konto, von dem die Miete bezahlt wird, selbst verfügungsberechtigt ist, ist das Fehlen einer Kautionsvereinbarung für offenen Mietzinsrückstände verständlich, spricht aber keinesfalls für eine Fremdüblichkeit. Die von der Bw. gewählte Vorgangsweise spiegelt jedoch die wahre Intention, nämlich eine Kapitalanlage zu schaffen, wieder. So hat die Bw. in der Niederschrift vom 22. September, auf die Frage, was die Beweggründe eine Wohnung in Graz zu kaufen gewesen wären, geantwortet: "Als Pensionsvorsorge - als Geldanlage". Der Ehegatte, der von der Bw. offensichtlich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Eigentümer angesehen wird ("Eigentümer der Wohnung ist der Vater, -Hr Josef A." Berufung, Seite 3), gibt in der mit ihm aufgenommenen Niederschrift vom 22. September als Motiv, ein Wohnung in Graz zu mieten, an: "Ein weiterer Grund war, dass ich im Jahr 2008 die Kundendienstleistung in X übernommen habe und somit ein Wohnsitz in Graz von großem Vorteil für mich ist". Wie dies das Finanzamt im Vorlagebericht bereits aufgezeigt hat, ist auch für den Unabhängigen Finanzsenat darin kein Vorteil erkennbar, zumal der Bw. seinen Familienwohnsitz schneller erreichen kann als die Wohnung in Graz.

Im Hinblick auf die eindeutige fremdunübliche Mietzinsvereinbarung war nicht weiter auf die Frage einzugehen, ob diese Wohnung nicht überhaupt von dem an der TU Graz studierenden und (zu Prüfungsbeginn) in dieser Wohnung gemeldeten Sohn genutzt wird. Zu der Behauptung der Bw., ihr Sohn nehme die tägliche Fahrt von und nach Graz (114 km) auf sich, wird jedoch Nachstehendes angemerkt:

Der Sohn der Bw. hat im Herbst 2009 mit dem Bachelor-Studium Chemie begonnen. Laut Studienplan beginnt dieses Studium mit der STEOP (Studieneingangs- und Orientierungsphase) und der Laborkette. Zu dieser gehören eine Einführungsvorlesung, die große Vorlesung "Allgemeine Chemie", die dazugehörige Übung und die Vorlesung "Einführung in die Laboratorienpraxis". Dass es sich dabei um eine extrem zeitintensive Phase handelt, ergibt sich zwangsläufig (lt. Curriculum Chemie) und zeigt, dass diese Behauptung der Bw. nicht den tatsächlichen Umständen entsprechen kann.

Vorliegendenfalls stellt diese fremdunübliche Überlassung der Wohnung an den Ehegatten eine klassische private Verwendung im Rahmen der Lebensführung dar, sodass das Finanzamt zu Recht einen Anwendungsfall des Vorsteuerausschlusses nach § 12 Abs. 2 Z 2 lit. a UStG 1944 angenommen und das Mietverhältnis mangels Fremdüblichkeit der Mietvereinbarung nicht anerkannt hat.

Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage war wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

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