Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSI vom 20.11.2013, RV/0506-I/11

Einlagenrückzahlung; Bewertung Einlagenevidenzkonto bei Einbringung gem. Art. III UmgrStG

Beachte

Revision eingebracht. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2014/15/0002. Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0506-I/11-RS1
Der Stand der rückzahlbaren Einlagen im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988 ist nach den steuerrechtlichen Bewertungsvorschriften zu ermitteln, wobei Einlagen im Anwendungsbereich des UmgrStG mit den umgründungssteuerrechtlichen Werten anzusetzten sind. Eine davon abweichende unternehmensrechtliche Neubewertung des Einbringungsvermögens bei der übernehmenden Körperschaft nach § 202 UGB (im Streitfall: Ansatz eines Firmwertes) ist unmaßgeblich. Bei einer Bewertung nach dem beizulegenden Wert wären außerdem alle umgründungsbedingten Rücklagen mit einer Ausschüttungssperre (§ 235 Z 3 UGB) belegt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden B und die weiteren Mitglieder C, D und E über die Berufung der Berufungswerberin, vertreten durch Berater, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ABC, vertreten durch Finanzanwalt vom betreffend Haftungsbescheid gemäß § 95 Abs. 3 EStG 1988 hinsichtlich Kapitalertragsteuer für das Kalenderjahr 2008 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Bw1 hat die Tätigkeit als A in der Rechtsform eines Einzelunternehmens ausgeübt. Mit Einbringungsvertrag vom wurde das nicht protokollierte Einzelunternehmen nach Art III UmgrStG (Buchwertfortführung) in die Bw (Berufungswerberin) eingebracht.

Vertraglich wurde festgehalten, dass die Voraussetzung des § 19 Abs. 2 Z 5 UmgrStG (Unterbleiben der Gewährung neuer Anteile) vorliege, weil der Einbringende (Bw1) Alleingesellschafter der Bw sei. Weiters wurde festgehalten, dass der Wert des Einbringungsvermögens einer Kapitalrücklage zugeführt werde.

Am wurde dem Finanzamt eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung übermittelt. Für das Kalenderjahr 2008 wurden Kapitalerträge von 291.255,19 € ausgewiesen, die keinem KESt-Abzug unterliegen. Begründend wurde ausgeführt, es sei eine Einlagenrückzahlung gemäß § 4 Abs. 12 EStG (Rückzahlung der Kapitalrücklage im Wege der Ausschüttung) durchgeführt worden.

Nach Durchführung einer Außenprüfung wurde mit Ausfertigungsdatum ein an die Bw gerichteter Haftungsbescheid erlassen. Der Bw wurde Kapitalertragsteuer in Höhe von 72.315,78 € (25 % von 289.263,10 €) vorgeschrieben. Als Empfänger der Kapitalerträge wurde der Alleingesellschafter Bw1 angeführt. Begründet wurde ausgeführt, bei der von der Bw am beschlossenen Rückzahlung einer Kapitalrücklage (Firmenwert) im Wege der Ausschüttung handle es sich um steuerabzugspflichtige Kapitalerträge gemäß § 93 Abs. 2 Z 1 lit. a EStG 1988. Eine Befreiung vom Kapitalertragsteuerabzug trete nur hinsichtlich jenes Teiles ein, der anlässlich der Umgründung dem Kapitalrücklagensubkonto (1.992,09 €) zuzuweisen gewesen sei. Die unternehmensrechtlich durch den Umgründungsvorgang mit Einstellung eines Firmenwertes generierte Kapitalrücklage sei einer steuerfreien Einlagenrückzahlung nach § 4 Abs. 12 EStG 1988 nicht zugänglich. Vielmehr sehe § 235 Z 3 UGB eine Ausschüttungssperre derartiger ungebundener Einlagen vor bzw. beschränke deren Verwendung auf eine Verrechnung mit Verlusten (vgl. w).

Die Rückzahlung des den Evidenzkontenzugang übersteigenden handelsrechtlichen Eigenkapitals stelle sich mangels entsprechender Evidenzbeträge als Gewinnausschüttung dar. Rechnerisch ermittle sich der kapitalertragsteuerabzugspflichtige Betrag unter der Annahme, dass die Kapitalertragsteuer vom Gesellschafter getragen werde - wie folgt:


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Ausschüttung
291.255,19
Kapitalrücklagensubkonto
1.992,09
Bemessungsgrundlage
289.263,10
Davon 25 % Kapitalertragsteuer
72.315,78

Gegen den genannten Bescheid wurde mit Eingabe vom fristgerecht berufen und ausgeführt, die Abgabenbehörde vertrete die Meinung, dass § 235 Z 3 UGB eine Ausschüttungssperre für ungebundene Kapitalrücklagen vorsehe. Dies werde aber von der herrschenden Literaturmeinung verneint (Beiser, Die Ausschüttungssperre für umgründungsbedingte Kapitalrücklagen, GesRZ 2005, Hübner-Schwarzinger, Nochmals: Ausschüttungssperre für umgründungsbedingte Kapitalrücklagen, GesRZ 2005, Hirschler Klaus, Ausschüttungssperre und Umgründungen, Ges 2004).

Im Übrigen stelle § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 auf die unternehmensrechtlichen Begriffe "aufgebrachtes Stammkapital" sowie "Kapitalrücklage" ab. Folglich sei die Bewertung in der Unternehmensbilanz für die Höhe des Einlagenbetrages maßgeblich.

Die Anknüpfung an den steuerlich maßgebenden Sacheinlagewert sei unzulässig, weil der Wortlaut des § 4 Abs. 12 Z 1 EStG ausdrücklich an unternehmensrechtliche Bilanzpositionen ("aufgebrachtes Stammkapital", "Kapitalrücklage") anknüpfe, sodass eine Anknüpfung an das steuerliche Stammkapital dem Wortlaut des § 4 Abs. 12 EStG völlig widerspreche.

Mit dem Begriff "aufgebrachtes Stammkapital" könne nur das gesellschaftsrechtliche Stammkapital gemeint sein. Dazu gehöre die Aufbringung sowohl in Geldeinlagen als auch die Aufbringung in Sacheinlagen. Nach § 19 Abs. 1 UmgrStG müsse die Einbringung ausschließlich gegen Gewährung von neuen Anteilen an der übernehmenden Körperschaft erfolgen. Die Gewährung von neuen Anteilen könne ua dann unterbleiben, wenn die unmittelbaren oder mittelbaren Eigentums- oder Beteiligungsverhältnisse am eingebrachten Vermögen der prozentuellen Beteiligung an der übernehmenden Körperschaft unmittelbar oder mittelbar entsprechen würden.

Dies gelte sinngemäß für den Begriff der "Kapitalrücklage", die demnach nur den unternehmensrechtlichen Wert umfassen könne, weil eine differenzierte Anwendung die Bewertungsmaßstäbe (unternehmensrechtlich oder steuerrechtlich) für Einlagen in Form von "aufgebrachten Stammkapital" und in Form von "Kapitalrücklagen" sachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Die Gesetzesformulierung des § 4 Abs. 12 EStG 1988 sei so eindeutig, dass der grammatikalischen Auslegung der Vorrang eingeräumt werden müsste. Überdies sei ursprünglich auch das BMF von einer Maßgeblichkeit der unternehmensrechtlichen Ansätze ausgegangen.

Bei einbringenden natürlichen Personen bestehe überdies die Gefahr einer Umgehung einer Ausschüttungsbesteuerung von thesaurierten Gewinnen nicht, weshalb § 4 Abs. 12 Z 2 EStG nicht anwendbar sei.

Die Berufung wurde ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung direkt der Abgabenbehörde zweiter Instanz vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Mit Einbringungsvertrag vom wurde das nicht protokollierte Einzelunternehmen Bw1 nach Art III UmgrStG in die Bw eingebracht. Einbringungsstichtag war der ..

In der unternehmensrechtlichen Einbringungsbilanz des Bw1 wurde ein Firmenwert von 300.000 € aktiviert. Ferner wurden Entnahmen im Sinne des § 15 Abs. 5 Z 1 und 2 UmgrStG im Betrag von 233.000 € und 8.000 € passiviert. Das unternehmensrechtliche Eigenkapital des Einzelunternehmens Bw1 betrug 291.255,19 €. Das steuerliche Eigenkapital betrug 1.992,09 € (vgl. Einbringungsbilanz zum laut Steuerrecht).

Die Bw (als aufnehmende Gesellschaft) wurde zur Fortführung eines seit mehr als fünf Jahren bestehenden Unternehmens gegründet. Laut Gesellschaftsvertrag vom . beträgt das Stammkapital der Bw 35.000 €. Dieses wurde von Bw1 übernommen und sofort bar eingebracht und einbezahlt.

Mit Gesellschafterbeschluss vom wurde der ausgewiesene Bilanzgewinn des Jahres 2008 ua Höhe von 566.589,10 € genehmigt. Ferner wurde nachstehender Umlaufbeschluss gefällt:

"Aus dem Bilanzgewinn des Geschäftsjahres 2008 wird ein Betrag von € 291.255,19 an die Gesellschafter ausgeschüttet, der Restbetrag in Höhe von € 275.333,91 wird auf neue Rechnung vorgetragen. In der Gewinnausschüttung ist eine Einlagenrückzahlung gemäß § 4 Z 12 EStG in Höhe von € 291.255,19 enthalten."

Der steuerliche Gewinn der Bw betrug im Jahr 2007 267.153,36 € und im Jahr 2008 222.195,74 €.

2.) Gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 gilt die Einlagenrückzahlung von Körperschaften, auch wenn sie im Wege einer Einkommensverwendung erfolgt, als Veräußerung einer Beteiligung und führt beim Anteilsinhaber (Beteiligten) sowohl bei einem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5) als auch bei einer Einnahmen-Ausgabenrechnung (§ 4 Abs. 3) nach Maßgabe zu einer Minderung und Erhöhung von Aktivposten des Betriebsvermögens:

1. Einlagen im Sinne dieser Vorschrift sind das aufgebrachte Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapital und sonstige Einlagen und Zuwendungen, die als Kapitalrücklage auszuweisen sind oder bei Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften auszuweisen waren einschließlich eines Partizipations- und Genussrechtskapitals im Sinne des § 8 Abs. 3 Z 1 des Körperschaftsteuergesetztes 1988, sowie jene Verbindlichkeiten denen abgabenrechtlich die Eigenschaft eines verdeckten Grund-, Stamm- oder Genossenschaftskapitals zukommt.

2. Nicht zu den Einlagen gehören Beträge, die unter § 32 Z 3 fallen oder die infolge einer Umgründung im Sinne des Umgründungssteuergesetzes die Eigenschaft einer Gewinnrücklage oder eines Bilanzgewinnes verloren haben.

3. Die Körperschaft hat den Stand der Einlagen im Sinne dieser Vorschrift im Wege eines Evidenzkontos zu erfassen und seine Erhöhungen durch weitere Einlagen und Zuwendungen und Verminderungen durch Ausschüttungen oder sonstige Verwendungen laufend fortzuschreiben. Das Evidenzkonto ist in geeigneter Form der jährlichen Steuererklärung anzuschließen.

3.) Einbringungen führen ua dann zu Einlagen iSd § 4 Abs. 12 EStG 1988, wenn sie in einer Vermögenszuwendung an die übernehmende Körperschaft iSd Einlagenbegriffes des § 8 Abs. 1 KStG bestehen, die von Personen in ihrer Eigenschaft als Anteilsinhaber geleistet werden. Bei Einbringungen nach Art III UmgrStG werden im Regelfall derartige Einlagentatbestände erfüllt.

Eine Einbringung im Sinne des UmgrStG liegt vor, wenn Vermögen (Betrieb, Teilbetrieb, Mitunternehmeranteil oder qualifizierter Kapitalanteil) auf Grundlage eines schriftlichen Einbringungsvertrages (Sacheinlagevertrages) und einer Einbringungsbilanz nach Maßgabe des § 19 UmgrStG auf die übernehmende Körperschaft tatsächlich übertragen wird.

4.) Nach Meinung der Finanzverwaltung richtet sich die Bewertung der Einlagen nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften, wobei Einlagen im Anwendungsbereich des UmgrStG mit den umgründungssteuerrechtlichen Werten anzusetzen sind. Der steuerlich maßgebende Sacheinlagewert entspricht bei Einbringungen von Betriebsvermögen somit dem Einbringungskapital gemäß §§ 15 iVm 16 bzw bei der Einbringung von nicht betriebszugehörigen Kapitalanteilen dem nach § 17 maßgebenden Wert. Der unternehmensrechtliche Sacheinlagewert oder eine unternehmensrechtliche Neubewertung des Einbringungsvermögens bei der übernehmenden Körperschaft nach § 202 UGB sind nach Ansicht der Finanzverwaltung unmaßgeblich (vgl. Furherr in Kofler, UmgrStG § 18 Rz 152).

5.) Zur Frage der Bewertung der Einlagen werden in der Literatur unterschiedliche Auffassungen vertreten.

Hügel/Mühlehner/Hirschler vertreten die Meinung, dass der Wortlaut des § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988, der auf die gesellschaftsrechtlichen Begriffe des Nennkapitals und der Kapitalrücklage verweise, ausschlaggebend sein (vgl. Hügel/Mühlehner/Hirschler, Umgründungssteuergesetz, Kommentar, § 18 Rz 45 ff).

Helbich/Wiesner/Bruckner halten die Anknüpfung an den steuerlich maßgebenden Sacheinlagewert für problematisch, weil der Wortlaut des § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 ausdrücklich an handelsrechtliche Bilanzpositionen anknüpfe, sodass eine Anknüpfung an die - häufig höhere - handelsrechtliche Einlagenbewertung gemäß § 202 HGB naheliegend sei (Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen, § 18 Rz 40).

Wundsam/Zöchling/Huber/Khun knüpfen bei Einlagenrückzahlungen nach Einbringungen an das steuerliche Einbringungskapital an (Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG, Kommentar, 4. Auflage, § 18 Rz 61-54).

Furherr in Kofler, UmgrStG, gibt zur Frage der Bewertung von Einlagen und den Einlagenstand gemäß § 4 Abs. 12 EStG 1988 lediglich die divergierenden Literaturmeinungen wieder (vgl. Furherr in Kofler, UmgrStG § 18 Rz 152).

Nach Marschner (Jakom/Marschner EStG, 2012, § 4 Rz 499) folgt die Bewertung der Einlage der steuerlichen Bewertung. Die unternehmensrechtliche Aufwertung von Wirtschaftsgütern im Wege von Umgründungen lässt den steuerlichen Einlagestand unberührt. Dies führt zu einem Auseinanderfallen von unternehmensrechtlichen und steuerlichen Werten.

Die Bewertung einer Einlagenrückzahlung ist im Hinblick auf die Vorschriften über die Bewertung der Einlagen in die Körperschaft auch im umgekehrten Fall mit dem Ansatz des gemeinen Wertes oder des nach dem UmgrStG maßgeblichen Wertes bestimmt und damit das Ausmaß rückzahlungsfähiger Einlagen bei der Körperschaft definiert. Der bilanzmäßige Ausweis von Einlagen im Eigenkapital der Körperschaft muss daher nicht mit dem steuerlichen Stand der Einlagen übereinstimmen (Wiesner/Grabner/Wanke, EStG, Kommentar, § 4 Anm 213 und 222).

Auch Doralt (vgl. Doralt, EStG11, Rz 453) vertritt die Meinung, dass am (Kapital-)Rücklagen-Subkonto der steuerliche Einlagenstand in den Kapitalrücklagen ausgewiesen wird. Er geht davon aus, dass in vielen Fällen der Einlagenstand auch den Kapitalrücklagen in der unternehmensrechtlichen Bilanz entspricht.

6.) Zutreffend mag sein, dass § 4 Abs. 12 Z 1 EStG 1988 dem Wortlaut nach an den unternehmensrechtlichen Begriff der Kapitaleinlagen anknüpft. Das Ertragssteuerrecht ist vom Grundsatz der Maßgeblichkeit der Unternehmensbilanz für die Steuerbilanz geprägt. Hinsichtlich der Bewertung geht allerdings die steuerliche Bewertung (§ 6) der in der Unternehmensbilanz vor (vgl. Doralt, EStG11, § 4 Rz 137).

Dies bedeutet aber, dass die (steuerliche) Bewertung der Einlagen nach den Bestimmungen des UmgrStG zu erfolgen hat. Aus steuerlicher Sicht sieht § 18 Abs. 5 UmgrStG unter Verweis auf § 3 Abs. 2 und 3 vor, dass Buchgewinne und Buchverluste bei Einbringungen grundsätzlich steuerneutral zu behandeln sind. Da im Steuerrecht grundsätzlich eine verpflichtende Buchwertfortführung gilt und unternehmensrechtlich unter Umständen eine Aufwertung möglich ist, gilt der Grundsatz der Maßgeblichkeit im Rahmen der Bewertung nicht (vgl. Metzler, Steuerrechtliche Umgründungen, S. 150 ff).

Eine Trennung von Handels- und Steuerbilanz und damit die Anknüpfung der Evidenzkonten an die steuerlichen, und nicht etwa an die möglicherweise höheren unternehmensrechtlichen Übertragungswerte, vertritt auch Huber in "Die Einlagenrückzahlung gemäß § 4 Abs. 12 EStG" (SWK 1998/14/15, S. 381 ff). Im Ergebnis spreche für die Auslegung des Erlasses (gemeint des GZ 06 0257/1-IV/6/98, Anmerkung des Senates), dass die Maßgeblichkeit eines handelsrechtlichen Bewertungswahlrechtes (§ 202 HGB) für die Abgrenzung zwischen Einlagenrückzahlung und Gewinnausschüttung sachlich fragwürdig wäre.

Auch Beiser tritt im Hinblick auf die unterschiedlichen Zielsetzungen von Unternehmens- und Steuerbilanz für eine klare Trennung dieser Bilanzen ein. Im Handelsrecht stehe die Verschaffung eines umfassenden "true and fair view" um Vordergrund. Die Aufklärungs-, Informations- und Warnfunktion des handelsrechtlichen Jahresabschlusses sei oberste Maxime. Im Steuerrecht seien hingegen die Prinzipien der Leistungsfähigkeit und der Einmalerfassung zu wahren. Im Zuge von Einbringungen nach Artikel III UmgrStG komme es nicht selten zu einer Aufwertung auf die aktuellen Tageswerte in der Handelsbilanz und zu einer steuerlichen Fortführung der Buchwerte. Ein steuerlich negatives Einbringungskapital schade der Buchwertfortführung nicht. Handelsrechtliches Eigenkapital und "Stand der Einlagen" laut steuerlichem Evidenzkonto würden in zahlreichen Punkten voneinander abweichen. Dies schließe eine Bindung an die Handelsbilanz bei der Bestimmung des steuerlichen Einlage-Kapitals aus. Der "Stand der Einlagen" sei steuerlich autonom zu bestimmen.

Nach der Ansicht von Beiser kann eine Kapitalgesellschaft ihren Gesellschaftern nur dann Einlagen nach § 4 Abs. 12 EStG zurückzahlen, wenn nachstehende Voraussetzungen vorliegen:

- Ein positiver Einlagenstand iS des § 4 Abs. 12 EStG (steuerliche Schranke).
- Die handelsrechtliche Möglichkeit einer Gewinnausschüttung oder effektiven Kapitalherabsetzung (handelsrechtliche Schranke) [vgl. Beiser, Die handelsrechtliche Ausschüttungspolitik im Licht der steuerlichen Einlagenrückzahlung, SWK 1999/222, S. 489, ecolex spezial, Einlagenrückzahlung in Handels- und Steuerbilanz (Wien 2000), 29 ff, 35 ff].

7.) Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zählt nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen der eine Rückzahlung des Nominalbetrages des angelegten Kapitals darstellende Zufluss. Die Rückzahlung von bereits versteuertem oder überhaupt nicht steuerpflichtigen und zur Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen verwendeten Vermögen ist einer (neuerlichen) Einkommensbesteuerung entzogen (vgl. ).

Auch diese Voraussetzungen treffen im Streitfall nicht zu. Die in der Kapitalrücklage ausgewiesenen Gesellschaftsmittel (Firmenwert) entsprechen steuerlichen Gewinnen, die erst in der Zukunft realisiert werden. Derartige Mittel, die durch Ausübung von unternehmensrechtlichen Wahlrechten (§ 202 HGB) lukriert werden, können nach Ansicht des Senates nicht steuerfrei an die Gesellschafter rückbezahlt werden.

Der Senat schließt sich aus den genannten Erwägungen (steuerliches Buchwertfortführungsgebot, Realisationsprinzip) der in der Literatur verbreiteten Meinung an, wonach der Stand der rückzahlbaren Einlagen (im Sinne des § 4 Abs. 12 EStG 1988) nach den steuerlichen Bewertungsvorschriften zu ermitteln ist.

8.) Was den Hinweis der Bw auf eine Anfragebeantwortung des anbelangt, ist festzuhalten, dass der Senat an die dort wiedergegebene Rechtsansicht nicht gebunden ist. Abgesehen davon ist der Anfragebeantwortung nicht zu entnehmen, von welchem konkreten Sachverhalt das BMF ausgegangen ist, und ob in der bezüglichen Kapitalrücklage "unternehmensrechtliche Aufwertungsbeträge" enthalten waren.

9.) Nach § 235 Z 3 UGB darf der ausschüttbare Gewinn eines Geschäftsjahres nicht vermehrt werden um Erträge aufgrund der Auflösung von Kapitalrücklagen, die durch Umgründungen unter Ansatz des beizulegenden Wertes gemäß § 202 Abs. 2 Z 1 in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen dem Buchwert und dem höheren beizulegenden Wert entstanden ist.

Im Jahr 2003 hat sich der OGH erstmals mit der oben angeführten Bestimmung auseinandergesetzt. Er ging dabei in Übereinstimmung mit dem (überwiegenden) Schrifttum von einem Redaktionsversehen aus, bei dem "die Formulierung des Gesetzes durch einen Fehler in der sprachlichen Ausarbeitung nachweislich nicht mit dem gesetzgeberischen Willen übereinstimmt". Dem Gesetzgeber könne "nicht die Absicht der Normierung eines sinnwidrigen Gesetzesverweises unterstellt werden" ( w). Nach Ansicht des OGH sei dieses Redaktionsversehen nicht durch einschränkende Auslegung auf Fälle des Ansatzes des beizulegenden Wertes gemäß § 202 Abs. 1 zu bereinigen, sondern der Gesetzeswortlaut des § 235 Z 3 sei "insoweit verständlich und bestimmt, dass alle umgründungsbedingten Rücklagen erfasst sein sollen und mit einer Ausschüttungssperre belegt werden". Die Bestimmung komme daher dann zur Anwendung, wenn "wegen der Buchwertfortführung die eingebrachten Sachwerte zu einer Rücklagenbildung führen".

Nach Ergehen dieser höchstgerichtlichen Entscheidung hat sich im jüngeren Schrifttum die Auffassung durchgesetzt, dass die Ausschüttungssperre auch auf Erträge aus der Auflösung solcher Kapitalrücklagen anzuwenden ist, die im Zuge von Umgründungen mit Buchwertfortführung dotiert werden (zB Hübner-Schwarzinger, GesRZ 2005, 243f; Hirschler, GeS 2004, 224 ff; Christiner, RWZ 2004, aA nur Beiser, GesRZ 2005, 6). Voraussetzung ist dabei jedoch, dass solche Buchwertumgründungen in wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit dem beizulegenden Wert bewertet wurden. Das ist dann der Fall, wenn ein Umgründungsmehrwert bzw ein darüber hinausgehender Firmenwert aktiviert wurde. Nur in solchen, der Bewertung unter Ansatz des beizulegenden Wertes gelagerten Fällen erscheint die Anwendung einer Ausschüttungssperre gerechtfertigt (vgl. Straube, (Hrsg), UGB, Wiener Kommentar, Band II, 3. Auflage, § 235, Rz 11-25 und die dort angeführte Literatur).

Der Senat schließt sich dieser im jüngeren Schrifttum verbreiteten Meinung an. Betrachtet man die einzelnen Sperrtatbestände des § 235 UGB (Zuschreibungen Z 1, Auflösung von Bewertungsreserven Z 2, Auflösung von umgründungsbesdingten Kapitalrücklagen Z 3) so ist festzustellen, dass der ausschüttungsbedingte Gewinn nicht von der Ausnützung von Bewertungswahlrechten abhängig sein soll. Die Ausschüttungssperre liegt somit - wie bereits ausgeführt - für Erträge aus der Auflösung von Kapitalrücklagen vor, die aus Umgründungen resultieren und für die aktivseitig ein Aufwertungsbetrag angesetzt worden ist (so auch Hübner-Schwarzinger, Nochmals: Ausschüttungssperre für umgründungbedingte Kapitalrücklagen gem. § 235 Z 2 HGB, GesRZ 2005, 242).

10.) Mit Schriftsatz vom wurde von der Bw bekanntgegeben, dass die Bewertung nach § 202 Abs. 1 UGB erfolgt ist. Bei Bewertung nach dem beilzulegenden Wert hat es in der Literatur aber stets weitgehende Einigkeit gegeben, dass die Ausschüttungssperre des § 235 Z 3 UGB auf Erträge aus der Auflösung umgründungsbedingter Kapitalrücklagen Anwendung findet (vgl. Straube, (Hrsg), UGB, Wiener Kommentar, Band II, 3. Auflage, § 235, Rz 11-25 und die dort angeführte Literatur).

11.) Zum Vorbringen im Schriftsatz vom , wonach nach herrschender Lehre bei Auflösung von Kapitalrücklagen auf die Handelsbilanz abzustellen sei, ist Folgendes zu bemerken:

Die von der Bw zitierte Literaturstelle (ecolex 2012, 824) gibt eine Entscheidung des wieder, wonach die Vorlage des Evidenzkontos keine materielle Voraussetzung für das Vorliegen einer steuerneutralen Einlagenrückzahlung sei. Aus der Entscheidung des UFS kann für den Streitfall nichts gewonnen werden.

Auch die von den Autoren (E. Pamperl und E. Schaffer) getätigten Anmerkungen zur zitierten Entscheidung können den Rechtsstandpunkt der Bw nicht stützen. Die in den zitierten Erkenntnissen getroffenen Aussagen können nämlich nicht losgelöst von den diesen Entscheidungen zugrunde liegenden Sachverhalten gesehen werden.

Die von den Autoren in den Anmerkungen zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen (, , 91/13/0011) betrafen völlig anders gelagerte Sachverhalte. Die Beschwerdeführer erwarben Aktien an einer im liechtensteinischen Handelsregister eingetragenen Limited. Im Gefolge dieses Aktienerwerbes flossen den Beschwerdeführern Zahlungen dieser Limited zu, deren einkommensteuerliche Qualifikation ebenso wie die bewertungsrechtliche Beurteilung dieses Aktienpaketes strittig war.

Ein Beschwerdeführer erwarb über die G. Company Limited zehn Aktien (Nominale von 5.000 US-Dollar/Aktie). Laut Jahresbericht 1977 des Verwaltungsrates der G. Company Limited sei ihr in 270 Aktien zerteiltes Aktienkapital von 1.350.000 US-Dollar zur Finanzierung eines Bohrprogrammes bei der W. verwendet worden. Auf diese Weise sei eine 20-ige Beteiligung am Ertrag dieser Bohrlöcher über die A. erreicht worden. Die A. (wiederum) habe der G. Company Limited eine Beteiligung von 50% aus dem Bohrprogramm solange zugesagt, bis der Investitionsbetrag von 1.350.000 US-Dollar aus den Erträgen zurückgeflossen sei. Die W. schütte ihre Gewinne anteilsmäßig über diverse Sitzgesellschaften, ua. die A. aus. Von A. seien die Gewinnanteile über die G. Company Limited an die Aktionäre weitergeleitet worden. In der ordentlichen Generalversammlung der G. Company Limited. vom sei beschlossen worden, die Beteiligung an der W. rückwirkend auf 70 % zu erhöhen. In der ordentlichen Generalversammlung der G. Company Limited am sei der Beschluss gefasst worden, das Aktienkapital von US-$ 1.350.000,-- auf US-$ 540.000,-- herabzusetzen, wobei die Rückzahlung des Betrages von US-$ 3.000,-- pro Aktie durch "Verrechnung mit den Aktionärsdarlehen" erfolgt sei. Nachdem der Jahresbericht 1985 für die G. Company Limited die Erklärung enthalte, dass nach vorsichtigen Schätzungen mit einem künftigen Nettoeinkommen der G. Company Limited von US-$ 765.100,-- zu rechnen sei, habe die ordentliche Generalversammlung der G. Company Limited vom zur Beschlussfassung geführt, die bis 1985 angesammelten Gewinne in Höhe von US-$ 380.000,-- auszuschütten und gleichzeitig das Aktienkapital erneut, und zwar von US-$ 540.000,-- auf US-$ 27.000,-- herabzusetzen, wobei die Rückzahlung ebenso wieder durch "Verrechnung mit den Aktionärsdarlehen" erfolgen sollte.

"Rechtlich folgerte der Prüfer, dass der Umstand der Verbuchung der von der W. über die A. ausgeschütteten Gewinnanteile bei der G. Company Limited nicht als Ertrag und der Ausschüttung von Dividenden erst im Jahre 1986 unter gleichzeitiger Verminderung des Aktienwertes von US-$ 5.000,-- auf US-$ 100,-- erweise, dass durch verschiedene Scheinhandlungen die Besteuerung von Einkünften aus Kapitalvermögen vermieden werden habe sollen". Die tatsächliche Geschäftstätigkeit der G. Company Limited habe sich lediglich auf eine Art Treuhänderfunktion zur Weiterleitung des von natürlichen Personen eingezahlten "Aktienkapitals" an die W. und zur Weiterleitung der "Erträge aus der Beteiligung an der W." an die "Aktionäre" beschränkt; in Wahrheit sollte durch die formelle Zwischenschaltung der G. Company Limited die Besteuerung der Zinserträge bei den natürlichen Personen vermieden werden. Demzufolge sei in wirtschaftlicher Betrachtungsweise die als Aktienkauf dargestellte Beteiligung des Beschwerdeführers an der W. steuerrechtlich als echte stille Beteiligung zu behandeln; die laut Kontoauszug als "Ausschüttungen" dem Beschwerdeführer zugeflossenen Beträge seien demnach als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern, die Qualifikation der dem Beschwerdeführer zugeflossenen Zahlungen als Kapitalrückgewähr sei unbewiesen geblieben. In vermögensteuerlicher Betrachtung sei die Beteiligung des Beschwerdeführers mit dem Nennwert von US-$ 50.000,-- anzusetzen, eine mit dem Hinweis auf die beschlossenen Kapitalherabsetzungsvorgänge geltend gemachte Abwertung dieser Beteiligung sei mangels wirtschaftlicher Begründung und Erweislichkeit nicht anzuerkennen.

12.) Insoweit die Bw auf Hofstätter/Reichel, Kommentar zum EStG, § 4 Abs. 12, Rz 1, hinweist, ist ihr zu erwidern, dass in der zitierten Kommentarstelle die Rechtsentwicklung zur Einlagenrückzahlung dargestellt wird.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs wurde Geld, das anlässlich der Herabsetzung von Stammkapital (Grundkapital) zurückgewährt wurde, zunächst immer als Einlagenrückzahlung angesehen.

Bei fehlendem Kapitalherabsetzungsbeschluss wurde im zeitlichen Geltungsbereich des KStG 1966 die Auffassung vertreten, eine steuerliche Gewinnausschüttung würde auch dann vorliegen, wenn Einlagen (Gesellschafterzuschüsse) ausgeschüttet worden seien.

Trotz Fehlen eines Kapitalherabsetzungsbeschlusses habe der Gerichtshof im Erkenntnis vom , 87/14/0136, die Ausschüttung als Einlagenrückzahlung gewertet, weil die Gesellschaft noch keine Gewinne erwirtschaftet habe.

Den Entscheidungen 91/13/0005 und auch 87/14/0136 sei die Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs zugrunde gelegen, dass unabhängig von einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalherabsetzung eine steuerneutrale Rückzahlung von Kapital erfolgen könne. Das Problem liege auf der Beweisebene. Komme es nicht zu einer gesellschaftsrechtlichen Kapitalherabsetzung, so könne kaum der Beweis erbracht werden, dass nicht Gewinn, sondern Kapital zurückgezahlt werde, es sei denn die Gesellschaft habe Gewinne gar nicht erzielt.

Sodann wird im Kommentar ausgeführt, dass sich die Beweissituation seit Inkrafttreten des RLG (idR Bilanzierung 1992) geändert habe, weil nunmehr Einlagen in der Handelsbilanz als Kapitalrücklagen (§ 229 Abs. 2 HGB) ausgewiesen würden. Bei erstmaliger Anwendung des RLG waren alle Rücklagen in Kapital- und Gewinnrücklagen zu trennen. Seit dem RLG könnte somit der Nachweis für die Rückzahlung von Kapitalrücklagen geführt werden, wenn der Bilanzgewinn durch die Auflösung von Kapitalrücklagen zustande gekommen sei und ausgeschüttet werde.

Nach Meinung des Senates kann aus der im Kommentar wiedergegebenen Rechtsentwicklung nicht geschlossen werden, dass die Ausschüttbarkeit vom umgründungsbedingten Kapitalrücklagen, die durch Ausübung eines unternehmensrechtlichen Wahlrechtes entstanden sind, gegeben ist.

13.) Wie bereits dargelegt, kann die Bestimmung des § 4 Abs. 12 EStG 1988 nicht losgelöst von den übrigen steuerlichen Bestimmungen gesehen werden. Die steuerlichen Bewertungsvorschriften gehen aber zwingend von einer Buchwertfortführung aus und lassen den Ansatz eines Firmenwertes nicht zu. Die Anwendung des Maßgeblichkeitsprinzips scheidet aus. Es bedarf daher keiner verfassungskonformen Auslegung des § 4 Abs. 12 EStG 1988 (vgl. Eingabe der Bw vom ).

Die Berufung war als unbegründet abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

06 0257/1-IV/6/98
Zitiert/besprochen in
Hirschler/Sulz/Oberkleiner in
StExp 2014/71
Pinetz in ecolex 2014/151
Hebenstreit/Stückler in

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at