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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSG vom 19.11.2013, RV/0303-G/11

Verzicht des Leistungsempfängers auf Forderung gegen den leistenden Unternehmer (Aufrechnung)

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zl. B 220/2014 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt und zur Entscheidung an den VwGH abgetreten. Beim VwGH anhängig zur Zl. Ro 2014/15/0032. Zurückweisung mit Beschluss vom .

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Erwin Csaszar und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Karl Fink, Mag. Walter Zapfl (Landwirtschaftskammer Steiermark) und Mag. Friedrich Koiner (Arbeiterkammer Steiermark) über die Berufung des Bw., Kaufmann, G., vertreten durch Mag. Albert Ferk, Steuerberater, 8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 14/III, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 2002, 2003, 2007 und 2008 (beide nach Berichtigung gemäß § 293b BAO) sowie 2009 (nach Aufhebung gemäß § 299 BAO), vertreten durch Amtsdirektorin Heidelinde Haindl nach der am in 8018 Graz, Conrad von Hötzendorf-Straße 14-18, in Anwesenheit der Schriftführerin Dagmar Brus durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt hat unter Zugrundelegung der berichtigten Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2002 und 2003 erklärungsgemäße - unter Bedachtnahme auf die den Berufungswerber (Bw.) betreffende Berufungsentscheidung vom , RV/0151-G/04, sind die aus dem Mietverhältnis mit der Fa. X. AG resultierenden Mieten dem Normalsteuersatz in Höhe von 20% unterworfen worden - Umsatzsteuerbescheide erlassen. Am selben Tag hat das Finanzamt einerseits in den gemäß § 293b BAO berichtigten Umsatzsteuerbescheiden 2007 und 2008 und andererseits nach Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO im Umsatzsteuerbescheid 2009 die jeweiligen normalsteuersatzpflichtigen Umsätze aus dem Titel "Miete X. AG" um den Betrag von € 43.800,72 erhöht.

Gegen diese Bescheide hat der Bw. mit nachstehender Begründung das Rechtsmittel der Berufung erhoben:

Die Berufung richte sich in materieller Hinsicht in allen Streitjahren gegen die Versteuerung einer monatlichen Miete in Höhe von € 3.650,06 zum Normalsteuersatz in Höhe von 20% (= € 730,01) für die von der Fa. X. AG benützten Geschäftsräume in G., die er jedoch als Entgelt nicht erhalten habe.

In formeller Hinsicht seien alle Umsatzsteuerbescheide gemäß § 879 Abs. 1 ABGB wegen fehlender Geschäftsfähigkeit des Bw. nichtig, da gemäß §§ 79 und 80 BAO hiefür die bürgerlich rechtlichen Bestimmungen gelten würden.

Überdies fehlten mit Ausnahme des Umsatzsteuerbescheides 2009 bei allen Bescheiden konkrete aktuelle, dem letzten Stand entsprechende Ermittlungsergebnisse, die in der Begründung hinsichtlich der fiktiven X. AG-Miete zum Ausdruck kommen müssten.

Als einzige Begründung werde lediglich auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/15/0018, das aber nicht zur Streitfrage der Umsatzsteuer der fiktiven Miete sondern bezüglich der Höhe der Bewertung eines Rentenstammrechtes aus einer Kostenleibrente ergangen sei, hingewiesen.

Die Berichtigung der rechtskräftigen Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 gemäß § 293 BAO sei unzulässig, da sie nicht einen Schreib- oder Rechenfehler, sondern den wesentlichen Inhalt betreffen würde. Überdies sei eine derartige Berichtigung gemäß § 302 Abs. 2 BAO nur innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des zu berichtigenden Bescheides möglich, weshalb sich im vorliegenden Fall die Berichtigungen als unzulässig erweisen würden.

Das vorhin zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffe weder formell noch materiell die fiktive X.-Miete und sei daher nicht einschlägig. Der maßgebliche Sachverhalt stelle sich wie folgt dar:

Es sei aktenkundig, dass der Bw. Alleineigentümer eines Gebäudekomplexes, der in den Vollanwendungsbereich des MRG falle, sei. Aktenkundig sei auch der streitgegenständliche Hauptmietzinseinnahmenverzicht des Bw. in der Vereinbarung vom , Punkt 6, die ihm von der X. AG unter Ausschluss jeder Abänderung zwangsweise auferlegt worden sei. Dieser zehnjährige Hauptmietzinsverzicht sei vom Finanzamt seinerzeit als rechtsgültiger Kompensationsvorgang - Schadensbehebung durch zehnjährigen Hauptmietzinsverzicht - angesehen und der monatlichen fiktiven Umsatzsteuervorschreibung in Höhe von € 730,01 zugrunde gelegt worden.

Lt. XXXXX. habe der Bw. während der gegen ihn bestehenden Zwangsverwaltung seiner in Rede stehenden Liegenschaft über seine Hauptmietzinseinnahmen nicht rechtswirksam verfügen können, da dies dem Zwangsverwalter mit Zustimmung des Exekutionsgerichtes vorbehalten gewesen wäre. Die am bewilligte Zwangsverwaltung sei sowohl dem Finanzamt als auch der betreibenden Partei, der Fa. X. AG und deren Rechtsanwalt sehr wohl bekannt gewesen. Damit sei das darin enthaltene Mietzinsverfügungsverbot auch ausdrücklich der betreibenden Partei, der Fa. X. AG und ihrem Rechtsanwalt seit 1999, also lange vor dem "Vergleichsdiktat 2002" bekannt gewesen. Dies habe der Rechtsanwalt der Fa. X. AG in seinem Schreiben vom an den Zwangsverwalter durch die Mitteilung, dass ihm das Verbot der Abtretung von erst einzuziehenden Hauptmietzinsen gemäß § 42 Abs. 2 MRG bekannt sei, bestätigt.

Da die Einstellung der Zwangsverwaltung erst am - rechtskräftig mit - erfolgt sei, sei erwiesen, dass die Verfügung über die Hauptmietzinse zugunsten der Fa. X. AG am noch während der aufrechten Zwangsverwaltung rechtsunwirksam nach der Exekutionsordnung erfolgt sei.

Nach § 42 MRG habe der Bw. auch mietrechtlich grundsätzlich keine rechtswirksame Verfügung über die zukünftigen Mietzinserträgnisse des voll dem MRG unterliegenden Gebäudekomplexes treffen und diese Einnahmen nicht der Hauptmietzinsreserve der Hausmieter durch irgendein Rechtsgeschäft entziehen können. Nach dem Kommentar zum Mietengesetz von Swoboda und dem Bericht des Justizausschusses zur Erlassung des Mietengesetzes sei diese Einschränkung der Vertragsfreiheit und der Exekutionsführung für die Hauptmietzinse aus öffentlichem Interesse erfolgt, um diese Einnahmen für die Erhaltung und Verbesserung der Häuser nach den Vorschriften des Mietengesetzes zu erhalten und zu verwenden.

Nach § 42 Abs. 6 MRG seien diese Exekutionsbeschränkungen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen.

Da gemäß § 879 Abs. 1 ABGB ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot, hier gegen die Exekutionsordnung verstoße und nach dem MRG verboten sei, absolut nichtig und dies von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen sei, seien alle angefochtenen Umsatzsteuerbescheide von Amts wegen infolge absoluter Nichtigkeit aufzuheben.

Da nach §§ 79 und 80 BAO für die Rechts- und Handlungsfähigkeit des Bw. die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes gelten würden, werde zur Bekräftigung der in der Berufung vorgetragenen Tatsachen der Antrag gestellt, gemäß § 177 BAO auf seine Kosten einen öffentlich bestellten Sachverständigen aus dem Fach des bürgerlichen Rechtes zur fachmännischen Beurteilung der rechtserheblichen Tatsachen beizuziehen, da diese mangels entsprechender Kenntnis vom Finanzamt bislang nicht beachtet worden seien, was die permanent wiederholte Vorschreibung einer fiktiven Umsatzsteuer an den handlungs- und geschäftsunfähigen Bw. für seinen exekutions- und mietrechtlich nichtigen Hauptmietzinsverzicht beweise. Ferner werde die Bestellung des gerichtlich beeideten Sachverständigen WP Dr. X.Y. für allfällige sonstige Beurteilungen beantragt.

Die rechtliche Folge der Berufung bestehe darin, dass die erfolgte fiktive Umsatzsteuervorschreibung von Anfang an gesetzwidrig zu Unrecht erfolgt sei, da der Hauptmietzinsverzicht des Bw. mehrfach absolut nichtig und von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen sei. Außerdem habe der Bw. gegenüber der Fa. X. AG auf seine Hauptmietzinseinnahmen nicht verzichtet und diese bisher vergeblich eingemahnt und geklagt. Er strebe daher eine Räumung wegen Nichtzahlung des geschuldeten Hauptmietzinses gegen die Fa. X. AG als säumige Schuldnerin klageweise an. Nach dem derzeitigen Stand der Dinge sei die Miete als uneinbringlich zu betrachten.

Kein Vermieter habe in Österreich jemals für einen nicht zahlenden Mieter die nicht erhaltene Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt und eine Schadensbehauptung ohne gerichtlich festgestellten Schadenstitel anerkannt, zumal dem Finanzamt bekannt sei, dass der Bw. als Vermieter mit seiner Mieterin, der Fa. X. AG bereits im Bestandvertrag 1976 eine kostenlose Hofverbauung ohne deren Zustimmung vereinbart gehabt habe. Die namentlich genannten drei Vorstände der Fa. X. AG und deren Rechtsanwalt seien zur vereinbarten kostenlosen Hofverbauung lt. Bestandvertrag 1976 und zum zu Unrecht behaupteten Schadenersatz sowie zur Abstandnahme von der Geltendmachung der fiktiven Umsatzsteuer des Bw. als Vorsteuer und zum nichtigen Hauptmietzinsverzicht als Zeugen einzuvernehmen.

In der ersten Berufungsergänzung vom hat der Bw. im Wesentlichen Nachstehendes ausgeführt:

1) Keine Präjudizialität von Vorentscheidungen

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2008/15/0215 sei auf Seite 7 ausdrücklich ausgeführt, dass die vermeintlich nichtige Verfügung über die X.-Mieten durch den Bw. und seine Frau nicht Gegenstand der Beschwerde gewesen sei und über diesen Rechtsgrund daher nicht entschieden worden sei.

Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2006/15/0339 bestehe bei der Anfechtung von Umsatzsteuerjahresbescheiden keine Bindung an Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für einzelne Voranmeldungszeiträume (Kalendermonate).

Aus diesen beiden Gründen sei daher aus dem noch nicht angefochtenen Rechtsgrund der Nichtigkeit des vereinbarten Hauptmietzinsverzichtes gegenüber der vom Finanzamt bisher angenommenen Kompensation - Mietzinse gegen Schadenersatz - mit einer für die Umsatzsteuer anzunehmenden fiktiven Miete nicht entschieden worden.

2) Absolute Nichtigkeit der Verfügung über die Hauptmietzinse durch den Bw. und seine Frau

Zur weiteren Verdeutlichung des schon offen gelegten Sachverhaltes, dass eine absolute, von Amts wegen wahrzunehmende und unverjährbare Nichtigkeit sowohl nach den allgemeinen Rechtsvorschriften des Zivilrechtes (ABGB) und des Verfahrensrechtes (AVG), als auch des besonderen Zivilrechtes, des MRG und des besonderen Verfahrensrechtes, der BAO gegeben sei, werde auf diverse Kommentarstellen verwiesen.

3) Entgeltsänderung gemäß § 16 UStG 1994 infolge Uneinbringlichkeit

Trotz Nichtigkeit des Hauptmietzinszahlungsverzichtes des Bw. und seiner Frau, die durch das bestätigt worden sei, sei es dem Bw. und seiner Frau bis dato in achtjähriger Prozessdauer in vier Prozessen nicht gelungen auch nur einen Teil dieser Hauptmietzinsforderung einbringlich zu machen.

Es werde der Antrag gestellt, diese Gerichtsakten zu Beweiszwecken beizuschaffen.

Auch das letzte Verfahren vor dem BG Graz-West gegen X. und L. sei nunmehr in zweiter Instanz aus immer anderen Gründen verloren gegangen, wobei im Urteil des LG für Zivilrechtssachen vom , 7 R 166/10y auch die ordentliche Revision ausgeschlossen worden sei.

Es sei daher erwiesen, dass diese Mietzinsforderung bei vernünftiger kaufmännischer Überlegung in absehbarer Zeit aufgrund von vier Gerichtsurteilen nicht einbringlich sei und unverhältnismäßig verlorene Kosten (drei Verfahren mit Kosten in Höhe von € 167.680,20) verursacht habe.

Nach Lehre und Rechtsprechung sei es nicht zu rechtfertigen dem leistenden Unternehmer auf lange Sicht mit der Vorfinanzierung einer Umsatzsteuer zu belasten, die er voraussichtlich nicht bekommen werde. Außerdem sei in § 16 Abs. 3 Z 1 UStG 1994 ja bestimmt, dass dann, wenn das Entgelt nachträglich vereinnahmt werde, der Steuerbetrag und der Vorsteuerabzug sowieso zu berichtigen seien, damit keine Seite ungerechtfertigt bereichert werde.

Zusätzlich sei darauf hinzuweisen, dass die Fa. X. lt. Auskunft ihres Rechtsanwaltes und der Steuerberatungskanzlei (vgl. Schreiben vom ) für sich keine Vorsteuer beanspruche, da sie diese Mietzinseinnahme als steuerfreien echten Schadenersatz in ihrer Buchhaltung verrechne.

4) Keine aufrechte Bürgschaft (Schuldübernahme oder Schuldbeitritt) der L.

Falls die Berufungsbehörde der Ansicht sein sollte, dass anstelle des Bw. und seiner Frau die L. zur Bezahlung der Schadensforderung der Fa. X. wegen des Mietzinsausfalles herangezogen werden könnte, so sei dem zu entgegnen, dass gemäß § 1351 ABGB Verbindlichkeiten, die nie zu Recht bestanden haben oder schon aufgehoben sind, weder übernommen noch bekräftigt werden könnten. Eine Bürgschaft für bereits aufgehobene oder nicht gültig entstandene Verbindlichkeiten sei aufgrund der Akzessorietät nicht möglich. Dies gelte nach herrschender Meinung auch für Schuldübernahme und -beitritt.

In der zweiten Berufungsergänzung vom hat der Bw. nach weitgehender Wiederholung seiner vorangegangenen Ausführungen die Kosten der vier Prozesse mit € 211.912,33 beziffert und betont, dass zur Präjudizialität dieser Prozessergebnisse heute auch noch der gegnerische Einwand der Verjährung hinzutrete. Auch aus diesem weiteren Grund der Uneintreibbarkeit sei der Berufung stattzugeben.

Schließlich hat der Bw. in der dritten Berufungsergänzung vom Folgendes vorgebracht:

Kurz zusammengefasst gehe es im gegenständlichen Berufungsverfahren darum, ob der Bw. im Zeitraum vom bis eine fiktive Umsatzsteuer für einen von der Fa. X. nicht ausbezahlten Hauptmietzins zu leisten habe.

Formell habe dies die Berufungsbehörde gemäß §§ 115, 280 und analog § 303 BAO nach allen Richtungen hin zu prüfen und zu würdigen und der Rechtsrichtigkeit den Vorrang zu geben. Diese fiktive Umsatzsteuervorschreibung sei aus folgenden vier Hauptgründen unrichtig:

1) Aufgrund der Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit des Bw. zum Verzicht auf seine zehnjährigen Hauptmietzinseinnahmen aus dem in Rede stehenden Gebäudekomplex im Vergleich vom .

Während dieses Zeitraumes sei nur der damalige Zwangsverwalter über alle Liegenschaftseinnahmen des Bw. verfügungsberechtigt gewesen. Diese Tatsache sei in den bisherigen Berufungsausführungen bereits ausführlichst dargestellt und durch Urkunden bescheinigt worden.

2) Aufgrund der Bestimmungen des § 42 MRG sei es dem Bw. als Liegenschaftseigentümer untersagt, die voll dem MRG unterliegenden Hauptmietzinseinnahmen zur Schadensbefriedigung dritter Gläubiger zu verwenden, da diese Mieteinnahmen gesetzlich nur zur Sicherung eines zur ordnungsgemäßen Erhaltung oder notwendigen oder nützlichen Veränderung (Verbesserung) aufgenommenen Darlehens an diesen Darlehensgläubiger abgetreten bzw. verpfändet werden dürften. Auch dieser Umstand sei in den bisherigen Berufungsausführungen bereits ausführlichst dargestellt und durch Urkunden bescheinigt worden.

3) Aufgrund der umsatzsteuerlichen Bestimmungen des echten Schadenersatzes sei für den Bw. ebenfalls keine Umsatzsteuer zu leisten.

Im gegenständlichen Fall sei echter Schadenersatz sowohl deliktisch durch die Besitzstörungsverurteilung des Bw. als auch aufgrund besonderer gesetzlicher Vorschriften hinsichtlich der Prozesskosten der Fa. X. gegeben. Nach dem Schreiben des Rechtsanwaltes der Fa. X. vom unter Bezugnahme auf das Schreiben der Steuerberatungskanzlei der Fa. X. vom seien die Vergleichszahlungen als Nettobarzahlung von € 360.000,00 und der zehnjährige Hauptmietzinsverzicht als reine Schadenersatzleistungen für entgangenen Gewinn sowie für Rechtsberatung und Prozesskosten geleistet worden.

"Diese Schadensfestlegung und Bezahlungsmodalität erfolgte im Vergleich vom , Seite 8, Pkt. 6 oben, siehe Beilage./48, in welchem ausdrücklich die Barzahlung mit NETTO und der Hauptmietverzicht analog ohne Umsatzsteuer als Schadenersatzsumme angeführt sind, sodass eine Umdeutung wider Treu und Glauben ist."

Zum Umfang des angefallenen Prozesskostenersatzes würden die X.-Strafanzeige und die Aufstellung über 148 BENE-Ordner über die stattgefundenen Prozessverfahren vorgelegt werden.

4) Da sich die Fa. X. von all diesen Schadenersatzleistungen des Bw. nach ihrem eigenen Vorbringen keine Vorsteuer abgezogen habe, dessen Überprüfung auch der Bw. erstinstanzlich vergeblich beantragt habe, wäre daher auch aus diesem Grund der Umsatzsteuer-Kostenneutralität zwischen dem Bw. und der Fa. X. als Unternehmer die weitere Aufrechterhaltung der Einhebung einer Umsatzsteuer vom Bw. ein willkürlich geübter Ermessensmissbrauch, genauso wie die Verweigerung der beantragten Rückzahlung der rechtsgrundlos schon bezahlten fiktiven Umsatzsteuer in Höhe von € 64.970,89.

In der am abgehaltenen mündlichen Berufungsverhandlung wurde ergänzend Folgendes ausgeführt:

"Der bevollmächtigte Vertreter des Bw. wendet bezüglich der angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 ein, dass diese nicht, wie vom Referenten in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, nach § 293b BAO, sondern nach § 293 BAO berichtigt worden sind.

Der Bw. legt einerseits dem erkennenden Senat ein Beilagenverzeichnis der Berufung und andererseits das vor, wonach nach der Übergabe des Exekutionsobjektes an den Zwangsverwalter der Mieter eines Bestandobjektes auf der verwalteten Liegenschaft gegen Mietzinsforderungen des Verpflichteten als Vermieter jedenfalls mit Forderungen aufrechnen kann, die gegen den Verpflichteten bereits bestanden. Diese Aufrechnungsbefugnis betrifft auch Mietzinsforderungen, die erst nach der Übergabe des Exekutionsobjekts an den Zwangsverwalter bestanden. Dies bedeute für die vorliegende Streitfrage, dass die Fa. X. ihre Schadenersatzforderung dem Zwangsverwalter zur Kenntnis bringen hätte können und dieser diese Forderung entweder anerkennen oder bestreiten hätte können. Dies hätte der Zwangsverwalter allerdings nur während des Zeitraumes der aufrechten Zwangsverwaltung ( bis ) vornehmen können.

Des Weiteren bringt der Bw. Auszüge aus ABGB Praxiskommentar Schwimann (Beilage 64) und Kurzkommentar UStG 1994 Kolacny/Caganek (Beilage 63) in Vorlage.

Weiters legt der Bw. Auszüge aus dem BAO Kommentar Ritz, 2011 unter Hinweis auf die Bestimmung des § 116 BAO vor. Demnach wären für das Abgabenverfahren nur zivilrechtliche Entscheidungen beachtlich, die in einem Verfahren in dem amtswegige Ermittlungspflicht vorherrscht, ergangen sind. In diesem Sinne wird unter Vorlage des XXXXX. (Beilage 11) darauf hingewiesen, dass darin der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs. 2 GBG iVm § 14 Abs. 1 AußStrG zurückgewiesen wurde.

Die Vertreterin der Amtspartei hält den bisherigen Rechtsstandpunkt aufrecht und ersucht abschließend die Berufung als unbegründet abzuweisen.

Der bevollmächtigte Vertreter des Bw. bringt abschließend Nachstehendes vor:

Der Inhalt des Vergleiches mit der Fa. X. durch den Zwangsverwalter des Bw. am ist aus den vielfach angeführten Gründen rechtswidrig (Abtretung oder Kompensation von Hauptmietzinsen ist lt. MRG rechtswidrig). Damit kommt eine Aufrechnung der Schadenersatzforderungen der Fa. X. mit Mietzinsen des Bw. nicht zum Tragen. Der Bw. hat die wegen der Rechtswidrigkeit des Vergleiches von der Fa. X. geforderten Mietzinse nicht erhalten. Es liegt daher ein endgültiger Forderungsausfall hinsichtlich der Mietzinse vor. Aus diesem Grunde ist eine fiktiv angenommene Umsatzsteuer zu stornieren. Die Vorgangsweise des Finanzamtes ist rechts- und systemwidrig, weshalb der Berufung stattzugeben ist. Das Anführen des VwGH-Erkenntnisses vom , 2007/15/0018 stellt keinen Grund dar, die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 wegen eines Schreib- oder Rechenfehlers gemäß § 293 BAO zu berichtigen. Hinsichtlich dieser beiden Bescheide sind daher wieder die ursprünglichen Umsatzsteuerbescheide in Kraft zu setzen."

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 UStG 1994 wird der Umsatz im Falle des § 1 Abs. 1 Z 1 nach dem Entgelt bemessen. Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten (Solleinnahme).

Entgelt kann jeder Vermögensvorteil sein, den der Leistungsempfänger oder ein anderer dem Unternehmer für die Leistung zuwendet. Regelmäßig wendet der Leistungsempfänger einen Geldbetrag für die Leistung auf. Entgelt kann aber auch jede andere Art der geldwerten Gegenleistung sein, wie zB der Verzicht von Forderungen gegenüber dem Unternehmer (Aufrechnung) [vgl. Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band III, Anm. 47 und 48 zu § 4 und Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 4, Tz 12] .

Zufolge § 17 Abs. 3 erster Teilstrich ist die Steuer in den Fällen des Abs. 2 Z 1 mit Beginn des Kalenderjahres, für das die Buchführungspflicht eingetreten ist, nach vereinbarten Entgelten zu berechnen.

Demnach kommt die Istbesteuerung nicht mehr zur Anwendung, wenn für einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder einen Gewerbebetrieb (im gegenständlichen Fall gewerbliche Vermietung) die Buchführungspflicht eingetreten ist (vgl. Kolacny-Caganek, Umsatzsteuergesetz 1994, Kurzkommentar, Wien 2005, Anm 15 zu § 17).

Da im gegenständlichen Fall aufgrund der für die Streitjahre bestehenden Buchführungsverpflichtung - die im § 125 BAO normierte Umsatzgrenze von € 400.000 wird seit jeher (aktenkundig seit 1993) bei weitem überschritten - zwingend die Sollbesteuerung zur Anwendung gelangt, entsteht die Steuerschuld für sonstige Leistungen gemäß § 19 Abs. 2 Z 1 lit. a) UStG 1994 mit Ablauf des Kalendermonates, in dem die sonstigen Leistungen ausgeführt worden sind (Sollbesteuerung); dieser Zeitpunkt verschiebt sich um einen Kalendermonat, wenn die Rechnungsausstellung erst nach Ablauf des Kalendermonates erfolgt, in dem die sonstige Leistung erbracht worden ist.

Im Lichte dieser Rechtslage konnte der Berufung, in der sich der Bw. im Wesentlichen gegen die "gesetzwidrige Vorschreibung fiktiver Umsatzsteuer von nicht vereinnahmten Mieten" - "Kurz zusammengefasst geht es im gegenständlichen Berufungsverfahren darum, ob der Bw. im Zeitraum vom bis eine fiktive Umsatzsteuer für einen von der Fa. X. nicht ausbezahlten Hauptmietzins zu leisten hat." (vgl. 3. Berufungsergänzung vom , erster Absatz) - wendet, aus nachstehenden Erwägungen kein Erfolg beschieden sein:

Die für die Lösung der gegenständlichen Streitfrage maßgeblichen Bestimmungen des zwischen der Fa. X. AG und dem Bw., seiner Gattin und der L. Immobilienverwaltung GmbH Nfg OHG rechtswirksam gewordenen Vergleiches vom lauten:

"6. Zur Abgeltung der meiner Mandantschaft bereits entstandenen und bis entstehenden Schäden bezahlt Bw. an meine Mandantschaft zu meinen Handen einen Pauschalbetrag von € 360.000,-- (Euro dreihundertsechzigtausend) netto und verzichten Bw. und seine Gattin für den Zeitraum bis einschließlich auf den Hauptmietzins für das gesamte Mietobjekt meiner Mandantschaft, für welches von meiner Mandantschaft in diesem Zeitraum lediglich anteilige Betriebskosten und laufende öffentliche Abgaben sowie Anteil an besonderen Aufwendungen, jeweils samt darauf entfallender Umsatzsteuer, zu entrichten sind. Bw. und seine Gattin verpflichten sich, diese Vereinbarung der Mietfreistellung auf jeden Rechtsnachfolger im Eigentum oder in der Nutzung der Liegenschaft zu überbinden. Bw. und seine Gattin verpflichten sich ferner, über erste Aufforderung meiner Mandantschaft alle Unterschriften in beglaubigter Form zu leisten, damit das Bestandrecht meiner Mandantschaft bis gemäß Bestandvertrag vom , Bestandvertrag vom , "Mietvertragsergänzung" vom und den Abänderungen in diesem Vergleichsvorschlag in das Grundbuch eingetragen wird und die Mietzinsvorauszahlung bis grundbücherlich angemerkt wird. [...]

8. In den anhängigen Gerichtsverfahren (Zivilprozessen und Außerstreitverfahren gemäß Mietrechtsgesetz) wird "ewiges Ruhen" (Ruhen mit allseitigem Verzicht auf Fortsetzung des Verfahrens) vereinbart. Nach rechtswirksamen Zustandekommen dieses Vergleiches bleiben Tagsatzungen beiderseits unbesucht. Von bereits ergangenen und allenfalls noch ergehenden Exekutionstiteln wird von keiner Seite Gebrauch gemacht, soweit dies mit dem Inhalt dieses Vergleiches in Widerspruch stünde. [...]

10. Hinsichtlich der wechselseitigen Exekutionsverfahren wird vereinbart, dass beide Seiten binnen einer Woche ab Rechtswirksamkeit dieses Vergleiches die Einstellung beantragen, erlegte Sicherheiten wie insbesondere die von meiner Mandantschaft zugunsten des BG Mödling beigebrachte Bankgarantie ausdrücklich freigeben und, soweit von der jeweils verpflichteten Partei Beugestrafen entrichtet wurden, die Rückzahlung dieser Beugestrafen an die jeweils verpflichtete Partei beantragen. [...]

11. Mit diesem Vergleich sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus und im Zusammenhang mit der Errichtung der Tiefgarage auf den eingangs genannten Hofflächen bereinigt und verglichen, welche Generalklausel jedoch der Geltendmachung von Ansprüchen aus diesem Vergleich nicht entgegen steht."

Dieser Vergleich, der im Übrigen unter Punkt 5. ausdrücklich die Weitergeltung der bisherigen bestandrechtlichen Vereinbarungen feststellt, stellt nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Lösung der Streitfrage dar. Denn darin wird ausdrücklich vereinbart, dass der Bw. das bestehende Mietverhältnis mit der Fa. X. AG jedenfalls bis zum (vgl. Punkt 6. des Vergleiches, wonach das Bestandrecht der Fa. X. AG bis gemäß Bestandvertrag vom , Bestandvertrag vom , "Mietvertragsergänzung" vom und den Abänderungen in diesem Vergleichsvorschlag in das Grundbuch eingetragen wird und die Mietzinsvorauszahlung bis grundbücherlich angemerkt wird) aufrechterhält. Bezüglich der Entrichtung des monatlichen Mietzinses wurde unter Punkt 6. ausdrücklich und unmissverständlich vereinbart, dass der Bw. "zur Abgeltung der bereits entstandenen und bis entstehenden Schäden an die Fa. X. AG einen Pauschalbetrag von € 360.000,00 netto bezahlt und der Bw. und seine Gattin für den Zeitraum bis einschließlich auf den Hauptmietzins für das gesamte Mietobjekt verzichten." Somit ist die aus dem Bau der Tiefgarage durch den Bw. resultierende, von der Fa. X. AG bereits gerichtlich geltend gemachte Schadenersatzforderung für entgangenen Gewinn sowie für Rechtsberatung und Prozesskosten (vgl. Schreiben der Auditor Treuhand GmbH vom an den Rechtsanwalt der Fa. X. AG) mit den aus der Vermietung resultierenden Mietzinsforderungen für den Zeitraum bis verrechnet worden. In wirtschaftlicher Sicht kann daher keineswegs, wie der Bw. vermeint, von einem "fiktiven" Entgelt bzw. von einer "fiktiven Umsatzsteuer" gesprochen werden. Denn der dem Bw. als Vermieter aus dem aufrechten Bestandverhältnis monatlich zustehende Hauptmietzins wird von der Leistungsempfängerin, der Fa. X. AG, aufgrund der vorhin dargelegten Vergleichsbedingungen dem Bw. nicht in barer Münze zugewendet, sondern unter Vermeidung des Geldflusses mit der bestehenden Schadenersatzforderung der Fa. X. AG verrechnet, sodass abgesehen von dem vereinbarten Pauschalbetrag, kein weiterer Geldfluss stattfindet. Aus umsatzsteuerlicher Sicht liegt aber unter Bedachtnahme auf die eingangs dargelegte Rechtslage jedenfalls ein Entgelt vor, da unter den im § 4 Abs. 1 UStG 1994 weit gefassten Entgeltsbegriff auch der Verzicht auf eine Forderung gegenüber dem leistenden Unternehmer im Wege einer Aufrechnung subsumierbar ist (vgl. Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, Wien 2011, § 4, Tz 12 und das dort zitierte Erkenntnis des , wonach Umsatzsteuer auch von einem Entgelt, dessen Zahlung im Wege einer Aufrechnung durchgeführt worden ist, zu entrichten ist).

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0151-G/04, in der ua. auch die vorliegende Streitfrage - im Verwaltungsgerichtshofverfahren unangefochten () - Verfahrensgegenstand bezüglich der Umsatzsteuerfestsetzungszeiträume Juli bis Dezember 2002 und Jänner bis April 2003 gewesen ist, zu verweisen. Darin wurde auch auf die Ausführungen im Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Mag. Dr. Y. vom wie folgt Bedacht genommen: "Sehr wohl bedeutsam ist, dass der Gutachter auf Seite 5 unter 2. von der Prämisse ausgeht, dass dem Vergleich vom ein Leistungsaustausch (tauschähnlicher Umsatz nach § 3a Abs. 2 UStG 1994), der steuerbar und nach den Bestimmungen des § 4 Abs. 6 UStG 1994 zu bemessen wäre, zugrunde liegt. Der Gutachter führt weiter aus, dass "von der Sicht des Bw. (und Gattin) aus betrachtet, die Vermietungsleistungen mit den (verzichteten) Mietzinsen zu bemessen sein würden, wenn er von der Option nach § 6 Abs. 2 UStG 1994 Gebrauch machen würde." Damit gibt wohl auch der Gutachter eindeutig und zweifelsfrei zu erkennen, dass hinsichtlich des Mietverhältnisses mit der Fa. X. AG auch unter Bedachtnahme auf die im Vergleich vom getroffene Vereinbarung zur Abgeltung der vom Bw. verursachten Schäden auf Seiten der Mieterin dennoch von einem steuerbaren Leistungsaustausch zwischen dem Bw. und der Fa. X. AG auszugehen ist."

Bezüglich der Option zur Steuerpflicht hinsichtlich der strittigen Mieteinnahmen finden sich in der vorhin zitierten Berufungsentscheidung folgende Ausführungen:

Im Rechtsgutachten "vertritt der Gutachter die Rechtsmeinung, dass durch entsprechenden Widerruf bis zur (materiellen) Rechtskraft des Jahresumsatzsteuerbescheides die bisherige steuerpflichtige Behandlung der Vermietungsleistungen an die Fa. X. AG wieder rückgängig gemacht werden könne, was aber aufgrund der eindeutig und unmissverständlichen Erklärung in der Berufungsergänzung vom - "Ich erkläre meine Option für eine Steuerpflicht hinsichtlich der Mieteinnahmen von der Firma X. und ich nehme meine gegenteilige Erklärung (vgl. diesbezüglichen Antrag vom 5. Oktober bzw. ) zurück" - keine rechtliche Relevanz mehr hat."

Der Einwand, der Bw. wäre aufgrund der Handlungs- und Geschäftsunfähigkeit infolge der bestehenden Zwangsverwaltung im Vergleich vom nicht über die Liegenschaftseinnahmen verfügungsberechtigt gewesen, geht aus folgendem Grund ins Leere:

Im Punkt 10. des Vergleiches vom ist hinsichtlich der wechselseitigen Exekutionsverfahren vereinbart worden, dass beide Seiten binnen einer Woche ab Rechtswirksamkeit des Vergleiches die Einstellung beantragen. Mit Beschluss des BG für Zivilrechtssachen Graz vom , 51 E 189/99 b-387 (rechtskräftig mit ) ist aufgrund des einvernehmlichen Antrages vom der Fa. X. AG als betreibende Partei und des Bw. als verpflichtete Partei die gegen den Bw. als verpflichtete Partei bewilligte Exekution durch Zwangsverwaltung der in Rede stehenden Liegenschaft eingestellt worden. Da der Bw. nach rechtskräftiger Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens, somit ab bezüglich der Mieteinnahmen der in Rede stehenden Liegenschaft wieder verfügungsberechtigt war, erweist sich der erst ab über einen Zeitraum von zehn Jahren wirksame Verzicht auf den Hauptmietzins jedenfalls als rechtswirksam. Auch wenn der Vergleichsvorschlag von der Fa. X. AG nicht dem Zwangsverwalter unterbreitet worden ist, bewirkt die vom Bw. gerügte fehlende Zustimmung des Zwangsverwalters keinesfalls die vom Bw. relevierte absolute Nichtigkeit der Verzichtserklärung, da deren Rechtswirkungen ohnedies erst nach rechtskräftiger Einstellung des Zwangsverwaltungsverfahrens eingetreten sind.

Außerdem ist unter Punkt 15. des Vergleiches bezüglich des rechtswirksamen Zustandekommens als spätest möglicher Zahlungseingang für den Pauschalbetrag von € 360.000,00 der festgelegt. Da die Fa. X. AG als betreibender Gläubiger jedoch bereits mit Antrag vom die Einstellung der Zwangsverwaltung beantragt hat, hatte diese offenkundig keine Veranlassung an der Verfügungsberechtigung des Bw. über die ab entstehenden Mietzinsforderungen zu zweifeln.

Überdies ist gemäß § 23 Abs. 3 BAO, wenn ein Rechtsgeschäft wegen eines Formmangels oder wegen des Mangels der Rechts- oder Handlungsunfähigkeit nichtig ist, dies für die Erhebung der Abgaben insoweit und so lange ohne Bedeutung, als die am Rechtsgeschäft beteiligten Personen dessen wirtschaftliches Ergebnis eintreten und bestehen lassen.

Knüpft ein Abgabentatbestand an wirtschaftliche Vorgänge an, so ist die Nichtigkeit im Zusammenhang mit diesen Vorgängen stehender Rechtsgeschäfte bei Verwirklichung der betreffenden Vorgänge bedeutungslos. Dies gilt nicht nur, wenn diese Rechtsgeschäfte als Folge ihrer Rechtswidrigkeit (zB gemäß § 879 ABGB) nichtig sind, sondern auch, wenn sich diese Nichtigkeit wegen eines Formmangels oder des Mangels der Rechts- und Handlungsfähigkeit ergibt (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2011, § 23, Tz 12).

Abgesehen davon, dass aus dem oben angeführten Grund nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ohnehin nicht von einer zivilrechtlichen absoluten Nichtigkeit der Verzichtserklärung auszugehen ist, wäre eine solche aufgrund der Bestimmung des § 23 Abs. 3 BAO für die Erhebung der Umsatzsteuer ohne Bedeutung, da sowohl der Bw. als auch die Fa. X. AG das wirtschaftliche Ergebnis des rechtsgültigen Vergleiches vom , das im Wesentlichen im zehnjährigen Verzicht auf den Hauptmietzins durch den Bw. als Abgeltung für den durch die Realisierung des Tiefgaragenprojektes der Fa. X. AG zugefügten Schadens bestanden hat, eintreten haben lassen.

Da der vom Bw. in diesem Zusammenhang zitierte über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Bw. gegen den Beschluss des LG für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , AZ 4 R 382/01g gefasst worden ist und damit den Zeitraum vor dem Abschluss des Vergleiches vom betrifft, kann daraus nichts für die gegenständliche Streitfrage gewonnen werden.

Dem Einwand, dass die Bestimmung des § 42 Abs. 2 MRG, wonach jede Verfügung über Mietzinse für Mietgegenstände in Gebäuden durch Abtretung, Anweisung, Verpfändung oder durch ein anderes Rechtsgeschäft, sofern auf den Mietvertrag die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Anwendung finden, vom Tage des Wirksamkeitsbeginnes dieses Bundesgesetzes angefangen ohne rechtliche Wirkung sind, von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens wahrzunehmen sei und demzufolge die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide wegen absoluter Nichtigkeit aufzuheben seien, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Der Bw. übersieht dabei, dass das in den angefochtenen Bescheiden zur Versteuerung gelangte Entgelt im Vermögensvorteil zu erblicken ist, den er durch den Verzicht der Fa. X. AG auf die ihr zustehenden Schadenersatzforderungen - im Rahmen des vorliegenden Vergleiches ist davon auszugehen, dass sich die Schadenersatzforderungen in Höhe der grundsätzlich geschuldeten Miete für den Zeitraum bis bewegen - erzielt hat und die im Vergleich mit endgültiger Wirksamkeit vereinbarten Bedingungen vom Bw. und der Fa. X. AG erfüllt worden sind. Ein umsatzsteuerrechtlich beachtlicher Zusammenhang der im § 42 MRG normierten Exekutionsbeschränkungen ist für den erkennenden Senat nicht erkennbar.

Dem Argument des Bw., dass aufgrund der umsatzsteuerlichen Bestimmungen des echten Schadenersatzes nach herrschender Literatur für ihn keine Umsatzsteuer zu leisten sei, ist wie folgt zu entgegnen:

Der Bw. hat sich als Schädiger nach den im Vergleich vom genannten Bedingungen neben der Bezahlung eines Barbetrages durch den zehnjährigen Verzicht auf die Hauptmietzinseinnahmen verpflichtet Schadenersatz an die Fa. X. AG als Geschädigten zu leisten. Die Frage der umsatzsteuerlichen Qualifikation der Schadenersatzleistungen - Bezahlung eines Barbetrages und zehnjähriger Verzicht auf die Bezahlung der Mieten - kann sich somit nur auf der Seite des Geschädigten stellen. In diesem Sinne sind auch die Ausführungen der Steuerberatungskanzlei der Fa. X. AG im Schreiben vom an den Rechtsanwalt der Fa. X. AG, wonach die "Fa. X. AG in keiner Weise auf die Nutzung des Parkplatzes verzichtet hat und die Vergleichszahlung als reine Schadenersatzzahlung für entgangenen Gewinn sowie für Rechtsberatung und Prozesskosten geleistet wurde," zu verstehen. Hingegen ist der von der Fa. X. AG im Wege der Aufrechnung gegen die Mietzinsforderungen des Bw. geleistete Verzicht auf die Schadenersatzforderung, wie oben ausgeführt, als Entgelt im Sinne des § 4 Abs. 1 UStG 1994 zu qualifizieren.

Mit der Argumentation, dass nach derzeitigem Stand der Dinge die Miete als uneinbringlich zu betrachten sei, übersieht der Bw., dass aufgrund der im rechtsgültig zustande gekommenen Vergleich vom vereinbarten Kompensation der wechselseitigen Forderungen (Miete gegen Schadenersatz) der Rechtsanspruch auf Bezahlung der laufenden Miete bis erloschen ist.

Schlussendlich vermögen auch die Ausführungen des Bw., wonach "sich die Fa. X. AG von all diesen Schadenersatzleistungen des Bw. nach ihrem eigenen Vorbringen keine Vorsteuer abgezogen hat" und daher aus dem Grund der Kostenneutralität zwischen dem Bw. und der Fa. X. AG als Unternehmer die weitere Aufrechterhaltung der Einhebung einer Umsatzsteuer vom Bw., genauso wie die Verweigerung der beantragten Rückzahlung der rechtsgrundlos schon bezahlten fiktiven Umsatzsteuer ein willkürlich geübter Ermessensmissbrauch sei, aus nachstehendem Grund nicht zu überzeugen:

Da die Entstehung der Umsatzsteuerschuld ausschließlich nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 UStG 1994 zu beurteilen ist, kann die Tatsache der mangelnden Geltendmachung des Vorsteuerabzuges, der im Übrigen nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 eine Rechnung im Sinne des § 11 leg. cit. zur Voraussetzung hat, dahingestellt bleiben.

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

Dem Vorwurf, die Berichtigung gemäß § 293 BAO der Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 würde nicht einen Schreib- oder Rechenfehler, sondern den wesentlichen Inhalt betreffen und diese sei überdies gemäß § 302 Abs. 2 BAO nur innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des zu berichtigenden Bescheides möglich, weshalb die durchgeführten Berichtigungen unzulässig seien, ist wie folgt zu entgegnen:

Im Zusammenhang mit der aus der Erlassung der ebenfalls angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 2002 und 2003 erkennbaren Willensbildung des Finanzamtes - die beim Finanzamt am eingelangten, unter Bedachtnahme auf die Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom , RV/0151-G/04 (steuerpflichtige Mieteinnahmen von der Fa. X. AG für den Zeitraum Juli bis Dezember 2002 in Höhe von € 21.900,36 netto und für den Zeitraum Jänner bis Dezember 2003 in Höhe von € 43.800,72 netto) berichtigten Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2002 und 2003 wurden erklärungsgemäß veranlagt - ist erkennbar, dass das Finanzamt bei der Erlassung der gemäß § 293 BAO berichtigten Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 (sämtliche Bescheide sind am ergangen) nur die Bestimmung des § 293b BAO gemeint haben konnte. Dieser Würdigung entspricht auch die Begründung - "Erhöhung der Umsätze 20% um den "fiktiven" Betrag Miete X. 43.800,72" - des ebenfalls am ergangenen Umsatzsteuerbescheides 2009.

Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

§ 293b soll eine Handhabe gegen Abgabepflichtige bieten, die darauf hoffen, dass offensichtliche Unrichtigkeiten in ihren Abgabenerklärungen bei der Veranlagung übersehen werden und später mangels verfahrensrechtlicher Handhaben nicht mehr berichtigt werden können (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2011, § 293b, Tz 1).

Maßgeblicher Zeitpunkt, zu welchem die Unrichtigkeit zu beurteilen ist, ist der Zeitpunkt der Erlassung des zu berichtigenden Bescheides (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2011, § 293b, Tz 4).

Da im Zeitpunkt der Erlassung der zu berichtigenden Umsatzsteuerbescheide 2007 () und 2008 () die strittige Frage der Steuerpflicht der Mieteinnahmen bereits vom Unabhängigen Finanzsenat in der Berufungsentscheidung vom , RV/0151-G/04 - dieser Streitpunkt blieb im Verwaltungsgerichtshofverfahren unangefochten (vgl. ) - abschlägig entschieden war, ist jedenfalls von einer offensichtlichen Unrichtigkeit auszugehen.

Zufolge § 302 Abs. 1 BAO sind Bescheidberichtigungen gemäß § 293b BAO bis zum Ablauf der Verjährungsfrist zulässig (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, Wien 2011, § 293b, Tz 18).

Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre.

Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist gemäß § 209 Abs. 1 BAO um ein Jahr.

Da demnach die Verjährung bezüglich der Umsatzsteuer für das Jahr 2007 Ende 2013 und jene bezüglich der Umsatzsteuer für das Jahr 2008 Ende 2014 eintritt, sind die angefochtenen Berichtigungsbescheide vom jedenfalls innerhalb der Verjährungsfrist und damit rechtmäßig erlassen worden.

Die Beweisanträge waren aus nachstehenden Erwägungen abzulehnen:

Gemäß § 183 Abs. 3 BAO sind von den Parteien beantragte Beweise aufzunehmen, soweit nicht eine Beweiserhebung gemäß § 167 Abs. 1 zu entfallen hat. Von der Aufnahme beantragter Beweise ist abzusehen, wenn die unter Beweis zu stellenden Tatsachen als richtig anerkannt werden oder unerheblich sind, wenn die Beweisaufnahme mit unverhältnismäßigem Kostenaufwand verbunden wäre, es sei denn, dass die Partei sich zur Tragung der Kosten bereit erklärt und für diese Sicherheit leistet, oder wenn aus den Umständen erhellt, dass die Beweise in der offenbaren Absicht, das Verfahren zu verschleppen, angeboten worden sind. Gegen die Ablehnung der von den Parteien angebotenen Beweise ist ein abgesondertes Rechtsmittel nicht zulässig.

Zufolge § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Da die für die Beurteilung der rechtlichen Relevanz der Bestimmung des § 42 Abs. 2 MRG für die Lösung der umsatzsteuerlichen Streitfrage notwendigen zivilrechtlichen Kenntnisse dem Unabhängigen Finanzsenat wohl jedenfalls zuzugestehen sind und Im Übrigen einem Sachverständigen keinesfalls die Lösung von Rechtsfragen - im vorliegenden Fall der Entgeltscharakter des von der Fa. X. AG nach dem Vergleich vom rechtswirksam gewordenen Verzichtes auf die ihr zustehenden Schadenersatzforderungen - zukommt (vgl. ), war der Antrag des Bw. auf seine Kosten einen Sachverständigen aus dem Fach des bürgerlichen Rechtes zur fachmännischen Beurteilung der rechtserheblichen Tatsachen beizuziehen, abzulehnen.

Die Beachtlichkeit eines Beweisantrages nach § 183 Abs. 3 BAO setzt die ordnungsgemäße (konkrete und präzise) Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, voraus. Beweisanträgen, die nicht ausreichend erkennen lassen, welche konkreten Tatsachenbehauptungen im Einzelnen durch das angebotene Beweismittel erwiesen werden soll, braucht die Abgabenbehörde im Grunde des § 183 Abs. 3 BAO nicht zu entsprechen (vgl. ).

Da der Antrag, den gerichtlich beeideten Sachverständigen WP Dr. X.Y. "für allfällige sonstige Beurteilungen" zu bestellen, diesem Erfordernis nicht einmal ansatzweise entspricht, war dem Beweisantrag mangels Erheblichkeit nicht zu entsprechen.

Auch dem Antrag, drei Vorstände der Fa. X. AG und deren Rechtsanwalt zur kostenlosen Hofverbauung lt. Bestandvertrag 1976 und zum zu Unrecht behaupteten Schadenersatz sowie zur Abstandnahme von der Geltendmachung der "fiktiven" Umsatzsteuer als Vorsteuer und zum Hauptmietzinsverzicht als Zeugen einzuvernehmen, war aus nachstehenden Erwägungen nicht zu entsprechen:

Bezüglich des aktenkundigen Bestandvertrages handelt es sich um eine offenkundige Tatsache im Sinne des § 167 Abs. 1 BAO, die keines weiteren Beweises bedarf. Der Feststellung, der Schadenersatzanspruch sei von der Fa. X. AG zu Unrecht behauptet worden, ist entgegenzuhalten, dass nach den allgemeinen Erfahrungen im Wirtschaftsleben wohl nicht davon auszugehen sein wird, dass der Bw. im Vergleich vom rechtsgrundlos bereit gewesen ist einen Pauschalbetrag in Höhe von € 360.000,00 und einen zehnjährigen Verzicht auf den Hauptmietzins (= € 438.007,20) zu leisten.

Da, wie bereits oben ausgeführt, die Entstehung der Umsatzsteuerschuld ausschließlich nach den Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 UStG 1994 zu beurteilen ist, kann die Tatsache der Abstandnahme von der Geltendmachung des Vorsteuerabzuges durch die Fa. X. AG, der im Übrigen nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 eine Rechnung im Sinne des § 11 leg. cit. zur Voraussetzung hat, dahingestellt bleiben.

An dieser Beurteilung vermag auch die "4. Berufungsergänzung mit der Zusammenfassung des gesamten wesentlichen Berufungsvorbringens" vom , die sich im Wesentlichen in einer Wiederholung des bisherigen Vorbringens erschöpft, nichts zu ändern.

Es war daher wie im Spruch ersichtlich zu entscheiden.

Graz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise

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