Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 14.11.2013, RV/0903-W/13

Geschäftsführerhaftung bei Zahlungserleichterungen, wenn die Fristenkette nicht geschlossen ist

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2013/16/0240 eingebracht. Einstellung des Verfahrens mit Beschluss vom wegen Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages. VwGH-Revision zur Zl. Ro 2014/16/0004 eingebracht.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Senat-10 im Beisein der Schriftführerin über die Berufung des Bw., vertreten durch Mag. Karl Estl, Steuerberater, 7350 Oberpullendorf, Hubertusgasse 1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Haftung gemäß § 9 BAO iVm § 80 BAO in nichtöffentlicher Sitzung entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Haftung für nachstehende Abgaben auf € 210.077,56 (statt € 218.905,90) herabgesetzt:


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Dienstgeberbeitrag 2009
1.403,52
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009
137,23
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
35.940,64
Lohnsteuer 01/2010
3.789,09
Lohnsteuer 02/2010
3.761,04
Dienstgeberbeitrag 02/2010
4.355,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010
425,83
Dienstgeberbeitrag 07/2010
4.281,49
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2010
675,55
Kraftfahrzeugsteuer 07-09/2010
16.431,62
Umsatzsteuer 10/2010
31.746,40
Lohnsteuer 11/2010
4.439,09
Dienstgeberbeitrag 11/2010
5.227,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010
511,16
Umsatzsteuer 11/2010
47.970,26
Lohnsteuer 12/2010
12.473,15
Dienstgeberbeitrag 12/2010
8.821,97
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010
862,59
Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2010
16.547,62
Lohnsteuer 05/2011
5.186,62
Lohnsteuer 10/2011
5.089,89

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom Datum-1 wurde der über das Vermögen der P-GmbH am Datum-2 eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 4,03294 % aufgehoben.

Mit Haftungsprüfungsvorhalt vom ersuchte das Finanzamt den Berufungswerber (Bw.) um Bekanntgabe der Verwendung der liquiden Mittel und Darlegung der Gläubigergleichbehandlung.

In Beantwortung dieses Schreibens teilte der Bw. am mit, dass die Gesellschaft seit dem Jahr 2000 im Bereich der Güterbeförderung tätig gewesen wäre und im Laufe der Jahre einen rasanten Anstieg der Geschäftsgröße zu verzeichnen gehabt hätte. In Spitzenzeiten wären über 90 Dienstnehmer beschäftigt und bis zu 60 Fahrzeuge für die Firma unterwegs gewesen. Das Hauptproblem der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH in den letzten Jahren wäre der stark steigende Dieselpreis und die zunehmende Konkurrenz nach der Ostöffnung der EU gewesen.

Wie aus der beiliegenden Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung der GmbH ersehen werden könne, hätte es in den Jahren 2005 bis 2010 stark schwankende Ergebnisse gegeben, die fast korrespondierend mit der Dieselpreisentwicklung gewesen wären. Dazwischen hätte es zwar immer wieder Jahre der Erholung gegeben (2006, 2007 und 2009), doch den neuerlichen Dieselpreisanstieg im Jahr 2011 hätte die Gesellschaft nicht mehr verkraften können.

Seit dem verheerenden Geschäftsjahr 2008 hätte das Unternehmen immer wieder Abgabenrückstände beim Finanzamt aufzuweisen gehabt. So wären im Laufe der letzten Jahre mehrere Anträge auf Zahlungserleichterung gestellt worden, die auch immer wieder bewilligt worden wären. Für das letzte Zahlungserleichterungsansuchen vom wäre eine ausführliche Fortführungsprognose erstellt worden. Bei den damaligen Planungsannahmen (leicht sinkender Dieselpreis ab Mitte 2011) hätte die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft aufrechterhalten werden können. Tatsächlich wäre aber der Dieselpreis dann im Herbst 2011 doch wieder angestiegen, was schlussendlich zur Insolvenz geführt hätte.

Dieses letzte Zahlungserleichterungsansuchen (vor der Insolvenzeröffnung) wäre antragsgemäß mit Bescheid vom bewilligt worden und hätte gleichmäßige monatliche Raten von € 15.000,00 zur Abdeckung des Gesamtrückstandes vorgesehen. Diese Raten wären auch bis Dezember 2011 entrichtet worden. Die am fällige Rate hätte nicht mehr bezahlt werden können und das Unternehmen hätte am das Insolvenzverfahren einleiten müssen.

Somit wäre von Seiten der Gesellschaft die per vorhandenen Altschulden beim Finanzamt entsprechend des bewilligten Zahlungserleichterungsansuchens bis zum in voller Höhe und termingerecht bezahlt worden. Damit könne für diesen Zeitraum dem Geschäftsführer kein Vorwurf gemacht werden, dass er diese Altschulden beim Finanzamt nicht korrekt bedient hätte, da zu diesem Zeitpunkt ein aufrechter Ratenbescheid vorgelegen wäre.

Rückwirkend betrachtet wäre jede weitere Zahlung an das Finanzamt für diese Altschulden sogar eine Gläubigerbegünstigung zum Vorteil des Finanzamtes gewesen.

Es stelle sich somit nur noch die Frage, ob die Gesellschaft die nach dem fälligen Abgaben bezahlt hätte. Dazu werde festgestellt, dass bis auf die Kraftfahrzeugsteuer 04-06/2011 alle Selbstbemessungsabgaben bis zur Fälligkeit vollständig, wenn auch mit leichter Verspätung bezahlt worden wären. Von den am fälligen Selbstbemessungsabgaben wäre nur mehr die Umsatzsteuer 09/2011 mit € 73.340,58 entrichtet worden. Die Lohnabgaben und Kfz-Steuer hätten nicht mehr bezahlt werden können, weil bereits die liquiden Mittel gefehlt hätten. Es wäre daher davon auszugehen, dass in diesem Zeitraum das Stadium der Zahlungsunfähigkeit begonnen hätte und so hätten auch die Löhne November und das Weihnachtsgeld der Dienstnehmer nicht mehr bezahlt werden können.

Nachdem am Fälligkeitstag bereits das Stadium der Zahlungsunfähigkeit begonnen hätte und nur mehr die Umsatzsteuer hätte aufgebracht werden können, wären der Gesellschaft einfach nicht mehr liquide Mittel zur Verfügung gestanden und der Bw. hätte die Abgabenfälligkeiten nur mehr aliquot befriedigen können. Von den am fälligen Selbstbemessungsabgaben wären zumindest 77,11 % (Umsatzsteuer) bezahlt worden, der Rest (Lohnabgaben und Kfz-Steuer) hätte einfach nicht aufgebracht werden können.

Zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung für den Zeitraum bis versuchte der Bw. einen Liquiditätsstatus zum Nachweis der Gläubigergleichbehandlung zu erstellen, wonach das negative "Working Capital" von 100 % auf 91,36 % und der Abgabensaldo von 100 % auf 94,68 % reduziert worden wären.

Es wäre daher nach Ansicht des Bw. auf den ersten Blick keine signifikante Abweichung zwischen der Entwicklung des offenen Saldos Finanzamt in Bezug auf alle anderen Verbindlichkeiten zu erkennen. Die Werte zum wären für Zwecke der Gläubigergleichbehandlung irrelevant, da bereits Zahlungsunfähigkeit eingetreten gewesen wäre und andererseits durch überhöhte Anmeldung von Lohn- und Gehaltsforderungen samt Nachforderung der Gebietskrankenkasse das Bild deutlich verfälscht werde.

Der offene Saldo der Gebietskrankenkasse per Juli, für den eine Ratenvereinbarung mit der Burgenländischen Gebietskrankenkasse bestanden hätte, resultiere aus einer Beitragsprüfung für Vorjahre. Der Anstieg per 31. August resultiere aus den doppelten Gebietskrankenkassenbeiträgen auf Grund des Urlaubsgeldes, der bei Fälligkeit nicht vollständig hätte beglichen werden können, aber wieder mittels Ratenansuchen abgestottert worden wäre. Der Saldo der Burgenländischen Gebietskrankenkasse wäre daher im Vergleichszeitraum Juli bis November 2001 nicht abgesunken, sondern sogar angestiegen, womit keinerlei Gläubigerbegünstigung vorliegen könne.

Der offene Saldo Löhne und Gehälter per Monatsende beinhalte immer nur die Nettolöhne samt Aufwandsentschädigungen des jeweiligen Monats, die am Anfang des Folgemonats zur Überweisung gebracht worden wären. Es wären auch alle Löhne einschließlich Oktober 2011 an die Dienstnehmer ausbezahlt worden. Ab November hätten die Löhne auf Grund der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit nicht mehr ausbezahlt werden können. Auch hier könne daher keine Gläubigerbegünstigung vorliegen.

Beim Verrechnungskonto ZX handle es sich um ein Kreditinstitut, an das die Lieferforderungen der Gesellschaft mittels Forderungszession abgetreten worden wären. Hier könne es zu keiner Gläubigerbegünstigung kommen.

Bei den YX-Mietkäufen handle es sich um zwei Fahrzeugfinanzierungen, die im Juli 2011 mit den Restraten ausgelaufen wären.

Bei den Lieferantenverbindlichkeiten handle es sich um für die Gesellschaft erbrachte Leistungen, die für den laufenden Geschäftsbetrieb notwendig gewesen wären. Dies wären insbesondere Subfrächter, Treibstoffe, Kfz-Reparaturen, Miete für LKW´s, Maut, Telefon, Quartiere für Fernfahrer und Lohnverrechnung gewesen. Alle Lieferantenverbindlichkeiten wären kurzfristig fällig gewesen und hätten ein normales Zahlungsziel von zwei bis vier Wochen gehabt. Einzig die Firma YZ hätte die LKW-Reifen unter Eigentumsvorbehalt geliefert und längerfristige Zahlungsziele gewährt. Auf Grund von Zahlungsstockungen wären diese Zahlungsziele ab September drastisch reduziert worden. Auf Grund des vereinbarten Eigentumsvorbehaltes hätte die Firma YZ dann im Dezember 2011 noch unbenutzte Reifen im Gesamtwert von brutto € 17.760,00 zurückfordern und somit den offenen Saldo komplett ausgleichen können. Alle anderen Positionen der Lieferantenverbindlichkeiten würden zwar per Monatsletztem teilweise unterschiedliche Werte aufweisen, da auch die Kundeneingänge in unregelmäßigen Abständen erfolgt wären, jedoch handle es sich durchwegs um laufende Verbindlichkeiten aus dem normalen Geschäftsverlauf, die nach Maßgabe der finanziellen Möglichkeiten laufend bezahlt worden wären, ohne irgendwelche einzelnen Lieferanten zu bevorzugen.

Die Girokonten bei der Erste Bank und Raika hätten zur Abwicklung der täglichen finanziellen Gebarung gedient (reine Kontokorrentkonten), um finanzielle Spitzen, die sich aus Kundeneingängen und Lieferantenausgängen ergeben hätten, auszugleichen. Auf Grund der Tatsache, dass mit Ende November 2011 keine liquiden Mittel zur Auszahlung der Löhne November und der Weihnachtsgelder vorhanden gewesen wären, hätte der Bw. die laufenden Zahlungen via Girokonten per Ende November praktisch eingestellt. Nur mehr die allernotwendigsten Ausgaben wie Leasingraten, dringende Reparaturen, Versicherung, Telefon, etc. wären von den Girokonten bezahlt worden. Andererseits wären laufend Kundeneingänge entweder direkt oder via Factorbank (der Zessionsvertrag mit der Factorbank werde vorlegt) auf die beiden Girokonten geflossen, wodurch beide Konten per praktisch ausgeglichen gewesen wären. Da der Bw. die Zahlungsunfähigkeit bereits Ende November erkannt hätte, wäre er gezwungen gewesen, die Zahlungen einzustellen und die entsprechenden Schritte einzuleiten. Durch die Zahlungseingänge von Kundenseite wäre es zu den dargestellten Kontoständen gekommen. Diese Entwicklung stelle aber jedenfalls keine bewusste Gläubigerbegünstigung zu Ungunsten der Abgabenbehörde dar.

Der Bw. wäre ständig bemüht gewesen, die ihm obliegenden Pflichten eines ordentlichen Geschäftsführers auch in diesen schweren Zeiten bestmöglich zu erfüllen. In den Jahren 2007 bis 2010 hätte die Gesellschaft folgende Steuerleistungen erbracht:


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2007
965.669,88
2008
947.595,15
2009
959.788,28
2010
663.373,63

Setze man diese Beträge in Relation zu den nunmehr tatsächlich haftungsrelevanten Abgaben, so ergebe sich ein verschwindend kleiner Prozentsatz von restlichen nicht beglichenen Abgaben im Verhältnis zur Gesamtsteuerleistung.

Zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Bw. werde ausgeführt, dass er nunmehr lediglich als Geschäftsführer der H-GmbH beschäftigt wäre. Darüber hinaus beziehe er noch Einkünfte aus der Vermietung einer Liegenschaft (Abstellplatz), die er gemeinsam mit seiner Gattin versteuere. Der Lebensunterhalt werde aus diesen Einkünften bestritten. Ein Schuldenregulierungsverfahren wäre nicht geplant.

Mit Bescheid vom wurde der Bw. gemäß § 9 Abs. 1 BAO iVm § 80 BAO als Geschäftsführer der P-GmbH für Abgaben in der Höhe von € 218.905,90, nämlich


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Abgabe
Betrag
Fälligkeit
Dienstgeberbeitrag 2009
1.462,50
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009
143,00
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
37.451,02
Lohnsteuer 01/2010
3.948,32
Lohnsteuer 02/2010
3.919,09
Dienstgeberbeitrag 02/2010
4.538,02
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010
443,72
Dienstgeberbeitrag 07/2010
4.461,42
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2010
703,94
Kraftfahrzeugsteuer 07-09/2010
17.122,15
Umsatzsteuer 10/2010
33.080,52
Lohnsteuer 11/2010
4.625,64
Dienstgeberbeitrag 11/2010
5.447,49
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010
532,64
Umsatzsteuer 11/2010
49.986,17
Lohnsteuer 12/2010
12.997,32
Dienstgeberbeitrag 12/2010
9.192,71
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010
898,84
Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2010
17.243,02
Lohnsteuer 05/2011
5.404,58
Lohnsteuer 10/2011
5.303,79

zur Haftung herangezogen, da diese durch die schuldhafte Verletzung der ihm als Vertreter der Gesellschaft auferlegten Pflichten nicht hätten eingebracht werden können.

Hinsichtlich der Verantwortung des Bw., dass ihm Zahlungserleichterungen gewährt worden wären, führte das Finanzamt aus, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur eine zu Recht in Anspruch genommene Zahlungserleichterung eine Pflichtverletzung des Vertreters ausschließe. Die Tatbestandsvoraussetzung des § 212 Abs. 1 BAO der Nichtgefährdung der Einbringlichkeit unterstreiche sogar die Notwendigkeit, gefährdete Abgaben sofort zu entrichten. Wäre dessen ungeachtet die negative (eine Zahlungserleichterungsbewilligung ausschließende) Tatbestandserfüllung trotz objektiv gefährdeter Einbringlichkeit in Abrede gestellt worden (nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH trete bei Begünstigungstatbeständen die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers in den Hintergrund), könne der Vertreter zur Haftung herangezogen werden, weil er durch die ungerechtfertigte Inanspruchnahme einer Zahlungserleichterung und Verletzung seiner Offenlegungspflicht gemäß § 119 Abs. 1 BAO schuldhaft zum Abgabenausfall beigetragen hätte.

Durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen werde lediglich der Zeitpunkt der Verpflichtung zur Entrichtung der Abgaben hinausgeschoben. Die Abgabenfälligkeit erfahre durch die Bewilligung der Zahlungserleichterung keine Änderung. Ein am Fälligkeitstag eingebrachtes Zahlungserleichterungsansuchen ändere auch nichts daran, dass Abgaben pflichtgemäß bei Eintritt ihrer Fälligkeit zu entrichten wären. Würden Abgaben in der Folge unentrichtet bleiben, wäre der für die Haftungsfrage maßgebende Verursachungszusammenhang zwischen Verletzung der Offenlegungspflicht und Uneinbringlichkeit der Abgaben auf den Fälligkeitstag der Abgaben abzustellen und nicht dann anzunehmen, wenn bei oder nach Fälligkeit vorhandene Zahlungsmittel nicht durch gleichmäßige Aufteilung dieser Mittel auf alle gleichzeitig fällig gewordenen Verbindlichkeiten verwendet worden wären.

Nach vorliegender Aktenlage wären im Haftungsprüfungszeitraum drei Zahlungserleichterungsansuchen eingebracht worden. Das Ansuchen vom wäre mit Bescheid vom positiv erledigt worden. Von den gewährten zwölf Monatsraten wären vier Raten á € 5.000,00 bezahlt worden. Ein neuerliches Ratenansuchen vom wäre mit stattgebendem Bescheid vom erledigt worden. Hier wäre keine einzige Rate á € 25.000,00 pünktlich laut Bescheid bezahlt worden. Das dritte Ansuchen um Ratenzahlung vom wäre mit Bescheid vom seitens der Behörde erneut positiv erledigt worden. Es wäre von elf Raten nur die erste Rate á € 30.000,00 bezahlt worden. Durch die Nichteinhaltung der gewährten Raten wäre laufend Terminverlust entstanden. Eine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten liege auch dann vor, wenn der Vertreter Zahlungserleichterungen mit der wahrheitswidrigen Behauptung erwirke, dass die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Zahlungsaufschub nicht gefährdet werde ().

In der Vorhaltsbeantwortung wäre eine Analyse der haftungsrelevanten Abgaben, Saldenlisten und Darstellungen der Kontoentwicklung ausschließlich für das Jahr 2011 eingebracht worden. Da die Beweisführung für das Jahr 2011 hätte glaubhaft gemacht werden können, wären die betreffenden Abgaben (ausgenommen Lohnsteuer) aus der Haftungssumme genommen worden. Auch wäre ein Betrag von € 60.000,00, welcher sich aus Abgaben des Anfechtungsverfahrens zusammengesetzt und sich somit zu Unrecht in der Haftungssumme befunden hätte, aus der Haftung genommen worden. Für den Zeitraum 2010 hätte der Nachweis bzw. die Glaubhaftmachung der "Gläubigerbevorzugung" (gemeint wohl: Gläubigergleichbehandlung) nicht erbracht werden.

In der dagegen am rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Bw. ein, dass der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 90/13/0087, ausgeführt hätte, dass zu Recht in Anspruch genommene Zahlungserleichterungen die Haftungsinanspruchnahme für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe ausschließe.

Die Pflicht zur Führung der gesetzmäßigen Aufzeichnungen für die Darstellung und Berechnung von Abgaben wäre vom Bw. jedenfalls erfüllt worden. So wäre eine EDV-Buchhaltung bis Ende Dezember 2011 erstellt und wären sämtliche Abgaben (mit Ausnahme der erst nach Konkurseröffnung fälligen Kfz-Steuer 10-12/2011) exakt berechnet und an das Finanzamt gemeldet worden. Die Jahressteuererklärungen wären unter Einhaltung der gesetzlichen Fristen eingereicht worden. Vereinzelt wären Selbstbemessungsabgaben verspätet gemeldet worden, teilweise mittels Selbstanzeige. Jedenfalls wären aber sämtliche Besteuerungsgrundlagen ordnungsgemäß ermittelt und großteils zeitgerecht bekanntgegeben worden. Es wäre zu keiner einzigen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Schätzungsweg gekommen.

Die ordnungsgemäße Führung von gesetzmäßigen Aufzeichnungen und die zeitgerechte Einreichung von Abgabenerklärungen könne daher keine Verletzung der abgabenrechtlichen Pflichten im gegenständlichen Fall darstellen.

Es stelle sich nunmehr die Frage, ob der Vertreter die Abgabenentrichtung aus den Mitteln, die er verwaltet hätte, ordnungsgemäß durchgeführt hätte. Diese Pflicht bestehe nur insoweit, als hierfür liquide Mittel vorhanden gewesen wären. Für den Zeitraum 2011 hätte der Nachweis dafür bzw. die Glaubhaftmachung von keiner Gläubigerbevorzugung erbracht werden können, weshalb die relevanten Haftungsbeträge aus der Haftungssumme herausgenommen worden wären.

Für den Zeitraum 2010 wäre in der Vorbehaltsbeantwortung keine Stellungnahme abgegeben worden, weil nicht davon auszugehen gewesen wäre, dass dieser Zeitraum haftungsrelevant wäre, da die Ratenbewilligung vom bis zum auch eingehalten worden wäre. Erst danach wäre für die Gesellschaft das Stadium der Zahlungsunfähigkeit eingetreten und das Konkursverfahren am eröffnet worden. Nachdem davon ausgegangen worden wäre, dass die Zahlungserleichterung laut Bescheid vom zu Recht in Anspruch genommen worden und daher eine Haftung für diese Beträge auszuschließen wäre, wäre auf eine weitere Analyse der Liquiditätsentwicklung vor dem in der Vorhaltsbeantwortung verzichtet worden.

Da nunmehr im gegenständlichen Haftungsbescheid von Seiten des Finanzamtes eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme einer Zahlungserleichterung und somit eine Verletzung der Offenlegungspflicht gemäß § 119 Abs. 1 BAO unterstellt werde, stelle sich die Frage einer Gläubigergleichbehandlung ohnehin nur bedingt. In weiterer Folge werde daher analysiert, ob zum Zeitpunkt der gestellten Ratenansuchen im Jahr 2010 und 2011 eine faktische Gefährdung der Einbringlichkeit gegeben gewesen wäre oder nicht. Dies könne natürlich nur auf der Grundlage der jeweiligen wirtschaftlichen Situation zum Zeitpunkt des gestellten Zahlungserleichterungsansuchens beurteilt werden.

Antrag auf Zahlungserleichterung vom (bewilligt am )

Zum Zeitpunkt dieses Ratenansuchens hätte ein Abgabenrückstand (ohne Vorauszahlungen im beantragten Ratenzeitraum) von € 255.542,05 bestanden. Das Ansuchen wäre mit den Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise begründet worden, die einen großen Jahresverlust 2008 hinterlassen hätte, sowie der Tatsache, dass die Mineralölfirmen die Lieferantenkreditlinien gekürzt hätten und die Hausbank auf Grund der schlechten Eigenkapitalausstattung (vor allem bedingt durch das schlechte Bilanzjahr 2008) keine weiteren Kreditlinien gewährt hätte.

Als Begründung, warum zu diesem Zeitpunkt keine Gefährdung der Einbringlichkeit gegeben gewesen wäre, wären der Wegfall einer anderen Ratenvereinbarung (Burgenländische Gebietskrankenkasse), der (zu diesem Zeitpunkt) niedrige Dieselpreis und die steigende Nachfrage nach Transportaufträgen genannt worden.

Sowohl die Begründung, warum der Rückstand nicht auf einmal bei Fälligkeit bezahlt werden könne, als auch die Begründung, warum keine Gefährdung der Einbringlichkeit zu diesem Zeitpunkt gegeben gewesen wäre, lasse sich wie folgt belegen:

Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise

Die Tatsache, dass im Jahr 2008 die von den USA ausgehende Finanzkrise zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Gesamtsituation in Österreich geführt hätte, bedürfe keiner weiteren Erläuterung. Gepaart mit dem starken Anstieg der Dieselpreise im Jahr 2008 wäre es zum dramatischen Jahresverlust 2008 gekommen. Auf Grund des stabilen Dieselpreises im Jahr 2009 hätte trotz rückläufiger Umsätze ein Jahresgewinn von € 63.019,00 erzielt werden können.

Kürzung der Lieferantenkreditlinien Mineralölfirmen

Auf Grund von zahlreichen Insolvenzverfahren in der Transportbranche sowie dem schlechten Rating der P-GmbH auf Grund des Bilanzergebnisses 2008 hätte die Lieferfirma XZ im November 2009 den Lieferantenkredit für die Dieseleinkäufe der Firma P-GmbH drastisch reduziert. Bis Oktober 2009 wären die Diesellieferungen alle 14 Tage in Rechnung gestellt und der Firma ein 14-tägiges Zahlungsziel eingeräumt worden. Ab dem November 2009 wäre diese Kreditlinie gekürzt und alle Diesellieferungen im Abstand von nur mehr 7 Tagen mit einem Zahlungsziel von 7 Tagen in Rechnung gestellt worden. Somit hätte nur mehr ein Lieferantenkredit von ca. einem halben Monatsverbrauch bestanden. Hätte der durchschnittliche Lieferantenkredit bei der Firma XZ bis Oktober 2009 noch rund € 200.000,00 betragen, hätte sich dieser und somit die liquiden Mittel der Gesellschaft um rund € 100.000,00 reduziert. Diese Tatsache hätte auch schon zum vorgelagerten Ratenansuchen vom geführt.

Wegfall Ratenvereinbarung Burgenländische Gebietskrankenkasse

Auf Grund der eingeschränkten Liquidität ab November 2009 hätten die Beiträge für die Burgenländische Gebietskrankenkasse für die Monate Dezember 2009 (doppelt wegen Weihnachtsgeld) und Jänner 2010 nicht vollständig bei Fälligkeit bezahlt werden können. Mittels Ratenvereinbarung hätte der Rückstand aber bis Ende Juli 2010 abgezahlt werden können.

Dieselpreis zum Zeitpunkt Ratenansuchen

Der Dieselpreis wäre im Zeitraum 01-12/2009 bis Ende Februar 2010 auf einem durchaus konstant niedrigen Niveau gewesen. Dies hätte auch zum befriedigenden Bilanzergebnis 2009 geführt. Zum Zeitpunkt des Ratenansuchens wäre aus damaliger Sicht nicht mit einem deutlichen Anstieg des Dieselpreises zu rechnen gewesen, nachdem über Monate hindurch der Dieselpreis, innerhalb einer geringen Schwankungsbreite, als eher stabil zu bezeichnen gewesen wäre. Hinsichtlich der Einbringlichkeit des Abgabenrückstandes wäre daher von einem weiteren konstanten Dieselpreis ausgegangen worden. Tatsächlich wäre aber der Dieselpreis im beantragten Ratenzeitraum wieder deutlich gestiegen. Für den Zeitraum April bis Dezember 2010 hätten sich ungeplante Mehrkosten für Diesel in der Gesamthöhe von € 177.000,00 ergeben.

Steigende Nachfrage nach Transportaufträgen

Diese im Ratenansuchen angeführte Behauptung lasse sich im Nachhinein nur auf Grund der persönlichen Einschätzung des Bw. und des Nachlassens der Auswirkungen der Wirtschaftskrise begründen. Tatsache zum Zeitpunkt des Ratenansuchens wäre aber gewesen, dass mit einem Großteil der Kunden, im Rahmen der jährlichen Verhandlungen über die Frachtpreise, eine Fuhrpreiserhöhung ab von durchschnittlich 4 % hätte durchgesetzt werden können.

Zusammenfassende Beurteilung der Gefährdung der Einbringlichkeit zum Zeitpunkt des Ratenansuchens vom :

Der Jahresabschluss 2009 weise einen Gewinn von € 63.019,00 aus. Unter Herausrechnung von nicht zahlungswirksamer Abschreibung (Absetzung für Abnutzung) und Abgang Restbuchwerte ergebe sich für das Jahr 2009 ein Cash-Flow von € 369.038,00. Angesichts der Tatsache, dass die Bilanz zum einen "Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag" von € 419.702,84 ausweise, ergebe sich eine fiktive Schuldentilgungsdauer (ohne Berücksichtigung von Investitionen und De-Investitionen) von rund einem Jahr. Nachdem die Gesellschaft nur über einen sehr geringen Eigen-Fuhrpark verfügt hätte und praktisch alle LKWs angemietet oder geleast gewesen wären, hätten die erforderlichen Mittel aus dem Cash-Flow für Investitionen kaum eine Rolle gespielt. Die Neuzugänge (Investitionen) hätten im Jahr 2009 € 52.958,27 und im Jahr 2010 € 12.556,75 betragen.

Aus dem zeitlichen Blickwinkel des März 2010 hätte der Bw. als Geschäftsführer der P-GmbHdaher von folgenden Annahmen für die weitere wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft ausgehen können:

Basierend auf dem zufriedenstellenden Ergebnis 2009 hätte von einem erzielbaren Cash-Flow von bis zu € 370.000,00 ausgegangen werden können. Für das Jahr 2010 wären keine wesentlichen Investitionen geplant gewesen, die diesen Cash-Flow schmälern hätten sollen. Es wäre mit einer konstanten Dieselpreisentwicklung auf dem Niveau 2009 bzw. 01-03/2010 kalkuliert worden. Durch die Fuhrpreiserhöhung von durchschnittlich 4 % hätte mit zusätzlichen Erträgen gerechnet werden können. Die Liquiditätseinschränkung auf Grund der Kürzung des Lieferantenkredites hätte zu diesem Zeitpunkt bereits teilweise überwunden werden können und das Ratenansuchen bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse wäre bereits bewilligt gewesen. Theoretisch hätten zu diesem Zeitpunkt sicherlich auch noch geringfügige stille Reserven im Anlagevermögen bestanden, die eventuell Liquidität im Ratenzeitraum hätten schaffen können.

Aus diesen Gründen wäre aus der Sicht des Bw. im Zeitpunkt des Ratenansuchens mit keinerlei Gefährdung der Einbringlichkeit zu rechnen gewesen, weshalb die bewilligte Zahlungserleichterung für den Abgabenrückstand zu Recht erwirkt worden wäre.

Auch die Tatsache, dass das Ratenansuchen innerhalb einer Woche bewilligt worden wäre und dem Finanzamt auf Grund der eingereichten Steuererklärung 2009 (eingereicht am ) bereits das durchaus befriedigende Ergebnis 2009 bekannt gewesen wäre, spreche dafür, dass keine Gefährdung der Einbringlichkeit aus der Sicht des Finanzamtes gegeben gewesen wäre.

Die bewilligten Raten des Ansuchens vom wären bis inklusive bezahlt worden. Nachdem aber laufende Abgabenschuldigkeiten, die nicht in der bewilligten Zahlungserleichterung enthalten gewesen wären, nicht innerhalb der für die Entrichtung zur Verfügung stehenden Frist in voller Höhe entrichtet worden wären (Umsatzsteuer 05/2010 wäre erst mit 14-tägiger Verspätung einbezahlt), wäre Terminverlust eingetreten, der mit Verständigung gemäß § 230 Abs. 5 BAO vom der Gesellschaft mitgeteilt worden wäre.

Auf Grund des Terminverlustes und der Tatsache, dass mit auf Grund der angespannten Liquiditätslage wegen der ausbezahlten Urlaubsgelder von ca. 90 Beschäftigten die laufenden Selbstbemessungs- und Lohnabgaben nicht termingerecht und in voller Höhe hätten bezahlt werden können, wäre am ein neuerliches Ratenansuchen für den durch den Terminverlust aushaftenden Altrückstand sowie die zwischenzeitig fällig gewordenen laufenden Selbstbemessungs- und Lohnabgaben gestellt worden. Der Gesamtrückstand zu diesem Zeitpunkt (ohne im Ratenzeitraum fällige Körperschaftsteuer) hätte € 356.845,72 betragen, wobei allerdings € 61.483,02 sofort (am ) als Anzahlung in Überweisung gebracht worden wären. Für den verbleibenden Restbetrag wären 12 Monatsraten zu je € 25.000,00 erbeten worden, die auch Ende September, Oktober und November einbezahlt worden wären. Das Ratenansuchen wäre formell erst am bewilligt worden.

Antrag auf Zahlungserleichterung vom (bewilligt am )

Das Ratenansuchen selbst wäre praktisch mit der identen Begründung wie das Ratenansuchen vom gestellt worden. An den Gründen, warum die Gesellschaft den Rückstand nicht in voller Höhe und sofort begleichen hätte können, hätte sich seit nicht allzu viel geändert. Auf Grund der Tatsache, dass aber neben dem Alt-Rückstand aus dem Ratenansuchen vom noch laufende Selbstbemessungs- und Lohnabgaben dazu gekommen wären, wäre vom Bw. durch den Versuch, eine den finanziellen Mitteln damals entsprechende höchstmögliche Anzahlung (von eben € 61.483,02) zu leisten, Rechnung getragen worden. Auf Grund der Erfahrungswerte des Bw. der letzten vier Monate, in denen jeweils monatliche Raten von je € 25.100,00 (€ 20.000,00 an die Burgenländische Gebietskrankenkasse und € 5.000,00 an das Finanzamt) liquiditätsmäßig verkraftet hätten werden können, wären der Finanzverwaltung monatliche Raten von € 25.000,00 für 12 Monate angeboten worden. Auf Grund der Tatsache des zwischenzeitig (seit dem ursprünglichen Ratenansuchen vom ) deutlich gestiegenen Dieselpreises hätte der Bw. nur Monatsraten von € 25.000,00 und den Ratentilgungszeitraum (aus der Sicht des ursprünglichen Ratenansuchens vom ) praktisch um weitere vier Monate verlängern können. Diese angebotene Monatsrate wäre aus der damaligen Sicht liquiditätsmäßig vertretbar gewesen und hätte auch in den Monaten September bis November eingehalten werden können.

Somit stelle sich wieder die Frage, ob zum Zeitpunkt des Ratenansuchens vom mit einer Gefährdung der Einbringlichkeit zu rechnen gewesen wäre.

Nachdem der Dieselpreis in den Monaten April und Mai deutlich angestiegen wäre, hätte der Bw. mit dem Hauptkunden (XY ) im Juni und Juli 2010 Gespräche über eine außerordentliche, unterjährige Fuhrpreiserhöhung aufgenommen. Dies wäre zu diesem Zeitpunkt von immenser Bedeutung für die Liquidität gewesen, da die Auszahlung der Urlaubsgelder für die Dienstnehmer vor der Türe gestanden wäre. Im Zuge dieser Fuhrpreisverhandlungen wäre es dem Bw. gelungen, eine durchschnittliche Fuhrpreiserhöhung zwischen 8 % und 11,11 % ab Anfang September 2010 zu erreichen. Die Routen nach Deutschland und Holland hätten weit über 90 % des Gesamtumsatzes mit der Firma XY ausgemacht. Anhand dieser beiden Hauptrouten hätte sich durch die außerordentliche Fuhrpreiserhöhung ab ein Mehrumsatz (nur auf Grund der Preiserhöhung) von rund € 48.900,00 für die Monate September bis Dezember und bei Hochrechnung für ein ganzes Jahr ein Mehrumsatz von über € 250.000,00 ergeben. Diese neue Fuhrpreisvereinbarung hätte für die kommenden Monate eine deutliche Entlastung der Liquiditätssituation für die Gesellschaft bringen sollen.

Wie den Ausführungen zum Ratenansuchen vom zu entnehmen wäre, hätte der Bw. auf dem "guten" Jahr 2009 aufbauend und mit angehobenen Fuhrpreisen ab bzw. insbesondere ab bei der Firma XY sowie unter der Annahme von konstanten Dieselpreisen berechtigterweise mit keinerlei Gefährdung der Einbringlichkeit zum Zeitpunkt rechnen können. Die Tatsache, dass der Dieselpreis vom bis zum deutlich angestiegen wäre, hätten den Bw. eben dazu veranlasst, den Ratenzeitraum aus Vorsichtsgründen zu verlängern und eine deutlich vorsichtigere Aussage zur Gefährdung der Einbringlichkeit zu treffen. Trotzdem wäre er davon ausgegangen, dass bei einem eventuellen Rückgang des Dieselpreises auf das Niveau 2009 sehr wohl der Cash-Flow des Jahres 2009 (oder sogar mehr) erzielbar wäre, der Abgabenrückstand innerhalb der erbetenen Frist bezahlt werden könnte und daher keine Gefährdung der Einbringlichkeit zu diesem Zeitpunkt gegeben gewesen wäre.

Die Tatsachen, dass sich der Dieselpreis in den Monaten November und Dezember 2010 nochmals deutlich erhöht hätte, des frühen Wintereinbruches, der dazu geführt hätte, dass die Transportleistungen für das Baugewerbe und die Zementindustrie frühzeitig hätten beendet werden müssen, und einer Beitragsnachzahlung der Gebietskrankenkasse hätten zu massiven Liquiditätsproblemen im November und Dezember 2010 geführt. Die ohnehin angespannte Liquiditätslage zu diesem Zeitpunkt auf Grund der Weihnachtsgelder hätte die Situation noch verschärft.

Nachdem mit der Burgenländischen Gebietskrankenkasse eine Ratenvereinbarung für den Rückstand erreicht hätte werden können, wäre am ein neuerliches Ratenansuchen beim Finanzamt eingebracht worden. Dies wäre erforderlich gewesen, da die laufenden Selbstbemessungs- und Lohnabgaben wieder nicht termingerecht und in voller Höhe entrichtet hätten werden können und daher wieder Terminverlust eingetreten wäre.

Antrag auf Zahlungserleichterung vom (bewilligt am )

Als Begründung, warum der gesamte Abgabenrückstand nicht in voller Höhe termingerecht einbezahlt werden könne, wären die in den vorstehenden Absätzen genannten Gründe aufgezählt worden. Hinsichtlich der Nichtgefährdung der Einbringlichkeit wäre auf die vorgenommene Fuhrpreiserhöhung ab verwiesen worden. Eine Dieselpreisklausel hätte mit einzelnen Kunden ausverhandelt werden können, was ebenfalls eine Entlastung bringen hätte sollen. Dennoch wäre die Lage zu diesem Zeitpunkt auf Grund des schlechten Jahres 2010 (Bilanzverlust € 350.246,00) extrem angespannt gewesen. Trotzdem hätte der Bw. zu Recht davon ausgehen können, dass bei entsprechender Entwicklung des Dieselpreises auch dieser Abgabenrückstand innerhalb der erbetenen Frist beglichen werden könne.

Denn, wie die Entwicklung der letzten Jahre gezeigt hätte, wäre das wirtschaftliche Ergebnis der Gesellschaft extrem stark von der Dieselpreisentwicklung abhängig gewesen, die von ihm nicht beeinflusst hätte werden können. Wie aus diesen betriebswirtschaftlichen Auswertungen (aus den Jahresabschlüssen abgeleitet) ersehen werden könne, wären jeweils in Jahren, in denen die Treibstoffkosten deutlich unter 30 % vom Transportumsatz gelegen wären, zumeist positive Ergebnisse und in Jahren, in denen auf Grund der Dieselpreisentwicklung die Treibstoffkosten über 30 % vom Transportumsatz betragen hätten, negative Bilanzergebnisse erzielt worden.

Es hätte daher auch im Zeitpunkt die berechtigte Hoffnung bestanden, dass wieder eine Dieselpreisentwicklung nach unten möglich wäre, was wieder zu einem ausreichenden Cash-Flow zur Bedienung der Verbindlichkeiten führen hätte können. Nachdem der Dieselpreis zum Zeitpunkt dieses Ratenansuchens (im Vergleich zu den zwei Jahren davor) auf einem sehr hohen Niveau gewesen wäre, wäre der Bw. von keinem weiteren Ansteigen des Dieselpreises ausgegangen. Unter dieser Prämisse hätten die erbetenen Raten innerhalb des beantragten Ratenzeitraumes bedient werden können, weshalb insofern keine Gefährdung der Einbringlichkeit angenommen worden wäre. Leider hätte die Entwicklung des Dieselpreises in den folgenden Monaten einen weiteren Anstieg gebracht.

Betrachte man den Treibstoffmonitor und berechne wieder (wie oben bereits anhand des Jahres 2010) die effektiven Mehrkosten durch den steigenden Dieselpreis auf der Basis Jänner 2011 (Datum Ratenansuchen), dann erkenne man, dass bereits ab dem Monat März massive Mehrkosten auf Grund des Dieselpreisanstieges auf die Gesellschaft zugekommen wären, die aus dem zeitlichen Blickwinkel des nicht vorhersehbar gewesen wären. So hätte der Dieselpreisanstieg im Laufe des Jahres 2011 effektive Mehrkosten für die Gesellschaft von über € 181.000,00 ergeben. Diese Entwicklung hätte schlussendlich auch zur Insolvenz des Unternehmens geführt.

Aus der Sicht des Datums der beantragten Zahlungserleichterung hätte aber noch immer keine wirklich dramatische Gefährdung der Einbringlichkeit der aushaftenden Abgabenforderung unterstellt werden können.

Erst mit dem Zeitpunkt Mitte 2011 hätte wirklich mit einer effektiven Gefährdung der Einbringlichkeit gerechnet werden müssen. Zu diesem Zeitpunkt wäre der Dieselpreis, entgegen der Annahmen vom , nochmal deutlich gestiegen und durch die geringfügigen Fuhrpreiserhöhungen ab hätte diese Entwicklung nicht kompensiert werden können. Auf Grund dieser Tatsache hätten von den Raten laut Bescheid vom nur die Anzahlung von € 50.431,35 und die erste Rate von € 30.000,00 bezahlt werden können, weshalb am ein neuerliches Ratenansuchen gestellt worden wäre.

Antrag auf Zahlungserleichterung vom (bewilligt am )

Für dieses Ratenansuchen wäre vom Finanzamt im Wege eines Ergänzungsauftrages vom eine positive Fortbestehensprognose abverlangt worden. Diese Prognoserechnung wäre dem Finanzamt mit umfassendem Schreiben am vorgelegt worden. Fazit dieser Prognoserechnung wäre gewesen, dass aus dem laufendem Geschäftsergebnis unter der Annahme von gewissen Dieselpreisentwicklungen (Variante Realistisch-Optimistisch) nur mehr eine geregelte Abstattung des Abgabenrückstandes innerhalb von zwei Jahren möglich wäre. Diese Prognoserechnung wäre unter größtmöglicher Sorgfalt und Genauigkeit sowie unter Berücksichtigung aller zu diesem Zeitpunkt bekannter Umstände erstellt worden.

Diese Prognoserechnung samt abgeändertem, auf den Ergebnissen der Prognoserechnung aufbauendem Vorschlag zur Abstattung des Abgabenrückstandes wäre vom Finanzamt geprüft und mit Ratenbescheid vom bewilligt worden.

Auf Grund der in der Prognoserechnung umfassend dargelegten Problematik der finanziellen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft und der angenommenen Varianten der Dieselpreisentwicklung könne davon ausgegangen werden, dass dem Finanzamt alle Daten hinsichtlich der Gefährdung der Einbringlichkeit offengelegt worden wären. Es wäre im Schreiben vom unmissverständlich darauf hingewiesen worden, dass eine kurzfristige (weniger als 24 Monate dauernde) Ratenvereinbarung und eine pessimistische Entwicklung des Dieselpreises unweigerlich eine extreme Gefährdung des Bestandes der Gesellschaft bedeuten würden.

Dies müsse eindeutig so ausgelegt werden, dass der Bw. sehr wohl zu diesem Zeitpunkt bereits auf die mögliche Gefährdung der Einbringlichkeit unter gewissen Umständen hingewiesen hätte, allerdings bei Zustimmung des Finanzamtes zur beantragten Ratenvereinbarung keine Gefährdung der Einbringlichkeit vorläge.

Die dem Bw. zu diesem Zeitpunkt bereits bewusste mögliche Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschulden hätte auch dazu geführt, dass er ab diesem Zeitpunkt bereits versucht hätte, alle Verbindlichkeiten, soweit dies möglich gewesen wäre, gleichförmig zu befriedigen, um bei einer eventuellen Insolvenz mit keinerlei Vorwürfen hinsichtlich Gläubigerbevorzugung konfrontiert zu sein. Dies wäre auch mittels Beantwortung des Ergänzungsersuchens vom (Beantwortung Haftungsprüfungsvorhalt vom ) entsprechend nachträglich nachgewiesen und auch vom Finanzamt im Haftungsbescheid dezidiert akzeptiert worden.

Abschließend und zusammenfassend halte der Bw. fest, dass sämtliche Zahlungserleichterungen im Zeitraum 2010 und 2011 zu Recht in Anspruch genommen worden wären. Es wäre (mit Ausnahme des letzten Ansuchens) keine objektive Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgabenschulden vorgelegen. Die zum Zeitpunkt bereits, in bestimmten Fallkonstellationen, gegebene objektive Gefährdung der Einbringlichkeit wäre offen dargelegt worden. Trotzdem wäre vom Finanzamt eine antragsgemäße Zahlungserleichterung gewährt worden. Dies hätte in diesem Fall nur aus dem vollen Bewusstsein einer eventuellen Gefährdung der Einbringlichkeit zu diesem Zeitpunkt geschehen sein können. Diesfalls wäre auch diese Zahlungserleichterung nicht zu Unrecht in Anspruch genommen worden.

Haftung für nicht entrichtete Umsatzsteuer

Im angefochtenen Haftungsbescheid wäre dem Bw. auch die Haftung für nicht entrichtete uneinbringliche Umsatzsteuerbeträge vorgeworfen worden (enthalten in der Haftungssumme mit € 33.080,52 für Umsatzsteuer 10/2010 und € 49.986,17 für Umsatzsteuer 11/2010). Auf Grund einschlägiger Bestimmungen hafte der Geschäftsführer für die nicht entrichtete Umsatzsteuer auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft zur Verfügung gestanden wären, hierfür nicht ausreichen würden, es sei denn, er weise nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwende, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hätte als andere Verbindlichkeiten. Der Zeitpunkt, für den zu beurteilen wäre, ob der Vertretene die für die Abgabenentrichtung erforderlichen Mittel gehabt hätte, bestimme sich danach, wann die Abgabe bei Beachtung der Abgabenvorschriften zu entrichten gewesen wäre.

Die in der Haftungssumme enthalten Umsatzsteuerbeträge hätten eine gesetzliche Fälligkeit (für die Umsatzsteuer 10/2010) und (für die Umsatzsteuer 11/2010) gehabt. Dass für die Bezahlung dieser Umsatzsteuerbeträge zu den gesetzlichen Fälligkeitsterminen die erforderlichen Mittel nicht vorhanden gewesen wären, wäre bereits vorstehend näher erläutert worden (Beitragsnachzahlung Gebietskrankenkasse, früher Wintereinbruch 2010, hoher Dieselpreisanstieg November und Dezember 2010). Aus diesem Grunde wäre es auch zum weiteren Ratenansuchen vom gekommen, in dem beide Umsatzsteuerbeträge enthalten gewesen wären.

Wie bereits in der Beantwortung des Haftungsprüfungsvorhaltes vom werde in der Beilage mit dem gleichen System und dem gleichen zu Grunde liegenden Datenmaterial versucht, den Nachweis zu erbringen, dass die Entwicklung der Verbindlichkeit Finanzamt keine signifikante Abweichung zur Entwicklung der sonstigen Verbindlichkeiten aufweise. Eine Schlechterstellung des Finanzamtes betreffend die in der Haftungssumme enthaltenen Umsatzsteuerbeträge werde daher bestritten und beantragt, die Beträge aus den Umsatzsteuern 10/2010 und 11/2010 aus der Haftungssumme herauszunehmen, da keine Benachteiligung des Abgabengläubigers erkennbar wäre und alle erzielten Einnahmen im betreffenden Zeitraum auch anteilsmäßig auf alle Gläubiger aufgeteilt worden wären.

Haftung für nicht entrichtete Lohnsteuer

Für die in der Haftungssumme enthaltenen Beträge an Lohnsteuer gebe es eine Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Geschäftsführer hafte für die nicht entrichtete Lohnsteuer, weil diesfalls nur eine vom Arbeitnehmer geschuldete Abgabe einzubehalten und abzuführen wäre. Er hätte, bei nicht ausreichend vorhandenen Mitteln, nicht den vollen Arbeitslohn auszubezahlen, sondern nur einen anteiligen (im Verhältnis der vorhandenen liquiden Mittel) und daher die Lohnsteuer auch nur vom verminderten Auszahlungsbetrag voll zu entrichten. Nur solch eine Vorgangsweise befreie den Geschäftsführer aus dieser Haftung.

Diese in der Judikatur entwickelte Rechtsmeinung (zB ) basiere auf einer eher realitätsfremden juristischen Ansicht, die im faktischen wirtschaftlichen Leben nicht praktizierbar wäre. Wie solle der Geschäftsführer einer GmbH mit über 80 Dienstnehmern wissen, um wie viel er am Monatsletzten die Löhne kürzen müsste, weil er am 15. des Folgemonats die Lohnsteuer eventuell nicht oder nicht zur Gänze bezahlen könne. Wie aus dem Betriebsjahreskonto 2010 ersehen werden könne, hätte die Gesellschaft im Jahresdurchschnitt ca. € 90.000,00 monatlich an Nettolöhnen zur Auszahlung zu bringen. Die durchschnittliche Lohnsteuer hätte ca. € 4.500,00 pro Monat bzw. ca. € 13.000,00 beim Weihnachtsgeld betragen. Selbst bei einem geübten Personalverrechner würde die Berechnung des exakt richtigen Betrages an abzuführender Lohnsteuer bei einem (auf Grund mangelnder Liquidität) eventuell betragsmäßig zu kürzenden Nettolohn vor eine fast unlösbare Aufgabe stellen. Außerdem wäre es für einen Geschäftsführer in einer derartigen Betriebsgröße bei einer solch angespannten Liquiditätslage kaum planbar, wie viel liquide Mittel aus der Sicht Monatsletzter bei Fälligkeit der abzuführenden Lohnsteuer (14 Tage später) wirklich effektiv zur Verfügung stünden. Der kleinste finanzielle Zwischenfall in diesem Zeitraum würde jegliche Vorausberechnung ad absurdum führen.

Auch die faktische Situation, die bei einer eventuellen Kürzung der Nettolöhne eine gewaltige Unruhe in den gesamten Personalstand hineingebracht hätte, mit nicht absehbaren Konsequenzen für den reibungslosen Ablauf eines Güterbeförderungsunternehmens, hätten den Bw. von einer solchen, im Nachhinein gesehen "haftungsbefreienden" Maßnahme zurückschrecken lassen. Im Nachhinein betrachtet vielleicht unklug, aber in der konkreten Situation einfach mit nicht absehbaren wirtschaftlichen Folgen verbunden und daher sinnvoll.

Im gegenständlichen Fall wäre auch entlastend anzumerken, dass die Nichtabfuhr der Lohnsteuer für die in der Haftungssumme angeführten Beträge zu diesen Zeitpunkten eher "passiert" wäre. Die Fälligkeiten der haftungsrelevanten Lohnsteuern würden durchwegs Zeiträume betreffen, in denen die Liquiditätslage besonders angespannt gewesen wäre und daher neuerliche Ratenansuchen beim Finanzamt gestellt worden wären. Die jeweiligen Fehlbeträge an Lohnsteuer wären daher auch jeweils in die kurz darauf gestellten Ratenansuchen mitaufgenommen worden. Für die Lohnsteuer 11/2010 und 12/2010 wäre im Ratenansuchen vom auch eine entsprechend hohe Anzahlung von € 50.431,35 angeboten und auch am bezahlt worden. Dabei könnte man durchaus auch der Ansicht sein, dass damit bei entsprechender Verrechnungsweisung und Verbuchung diese Lohnsteuerbeträge bezahlt worden wären.

Zusammenfassend wäre zum haftungsrelevanten Thema der Lohnsteuer zu sagen, dass der Bw. in der konkreten Situation der Fälligkeitstermine der jeweiligen Lohnsteuerbeträge vielleicht nicht immer "haftungsoptimal" agiert hätte, aber, auf Grund der unvorhersehbaren Konsequenzen einer eventuellen Nettolohnkürzung, sicherlich betriebswirtschaftlich richtig gehandelt hätte. Es wäre jedenfalls nie seine Intention gewesen, irgendwelche Beträge an Lohnsteuer hintanzuhalten oder nicht offenzulegen. Sämtliche Beträge wären auf Grund ordnungsgemäßer Aufzeichnungen korrekt ermittelt und offengelegt worden. Außerdem wären mittels vorstehend ausführlich dargestellter Historie der Ratenansuchen immer einvernehmliche Lösungen zur Abdeckung der rückständigen Beträge mit dem Finanzamt gesucht worden.

Es werde daher ersucht, im Rahmen der Ermessensübung von der Haftungsinanspruchnahme für Beträge aus dem Titel der Lohnsteuer Abstand zu nehmen.

Ermessen

Die Geltendmachung der Haftung liege im Ermessen der Abgabenbehörde (; ; ; ).

Laut Ritz, Kommentar zur BAO², § 7, wäre bei der Ermessensübung vor allem der Zweck der Haftungsbestimmung zu berücksichtigen. Haftungsbestimmungen wären Besicherungsinstitute, woraus sich eine gewisse Nachrangigkeit der Haftung im Verhältnis zur Inanspruchnahme des Hauptschuldners ergebe.

Bei der Ermessensübung wäre zu berücksichtigen:

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen
(; ; )

Laut Einkommensteuerbescheid 2011 hätte der Bw. über ein Nettojahreseinkommen von rund € 24.000,00 verfügt. Auch die derzeitige Einkommenssituation wäre ähnlich, er verfüge über einen derzeitigen Nettolohn von € 1.350,00 pro Monat zuzüglich einem Einkommen aus seiner 50 %igen Beteiligung an der Vermietung eines Familiengrundstückes. Nachdem er für zwei Kinder (Studentin bzw. Schüler) unterhaltspflichtig wäre und für seinen Hälfteanteil am elterlichen Wohnhaus sämtliche Betriebskosten zu tragen hätte, wären keine großen finanziellen Spielräume vorhanden. Sein Besitz wäre im Haftprüfungsvorhalt mittels Vermögensverzeichnisses detailliert dargestellt worden.

Grad des Verschuldens des Vertreters
(; )

Wie in den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Erlangung von Zahlungserleichterungen und Gläubigergleichbehandlung ausführlich dargestellt, könne dem Bw. im besten Fall nur ein geringfügiger Grad des Verschuldens objektiv nachgewiesen werden. Seiner Ansicht nach hätte er mit bestem Wissen und Gewissen und der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers mit vollstem Einsatz versucht, einen wirtschaftlichen Erfolg für die Gesellschaft und die Beschäftigten zu erzielen. Dass dies nicht gelungen wäre, wäre zum weitaus überwiegenden Teil auf äußere Umstände zurückzuführen.

Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld
()

Von einem effektiven Mitverschulden der Abgabenbehörde könne im gegenständlichen Fall sicherlich nicht gesprochen werden. Allerdings wäre anzumerken, dass insbesondere nach ausführlichster Offenlegung der wirtschaftlichen und finanziellen Sachverhalte anlässlich der abverlangten Prognoserechnung 2011 und der daraufhin folgenden Zustimmung zu einer weiteren Zahlungserleichterung die Abgabenbehörden vollsten Einblick in die Gesamtsituation gehabt hätte. Auf diesem Wissensstand aufbauend wäre einer Ratenvereinbarung zugestimmt worden, obwohl objektiv zu diesem Zeitpunkt mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit sehr wohl mit einer möglichen teilweisen Uneinbringlichkeit zu rechnen gewesen wäre.

Unbilligkeit angesichts lange verstrichener Zeit
(, 91/13/0038)

Auf Grund des nicht zutreffenden Sachverhaltes wäre dieser Punkt bei der Ermessensübung nicht zu berücksichtigen.

Unbilligkeit wegen Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben

Dabei wäre im gegenständlichen Fall wieder auf die letzte Zahlungserleichterung, welche auf der umfangreichen Prognoserechnung basiert wäre, abzustellen. Der Bw. hätte auf Grund der lückenlosen Offenlegung und Darstellung der prekären Situation und der objektiv nachvollziehbaren Berechnung der maximal möglichen Monatsraten, die vom Finanzamt bewilligt worden wären, darauf vertrauen können, dass auch von Seiten der Finanzverwaltung keine Gefährdung der Einbringlichkeit gesehen werde, ansonsten das Ratenansuchen niemals hätte bewilligt werden dürfen. Er hätte daher darauf vertrauen können, dass die Zahlungserleichterung rechtmäßig erlangt worden wäre, und, nachdem die bewilligten Raten bis zum Eintritt der effektiven Zahlungsunfähigkeit bezahlt worden wären, auch auf eine entsprechende Haftungsbefreiung.

Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung

Ob und inwiefern dieser Grundsatz bei der Ermessensübung des Finanzamtes bei Erstellung des gegenständlichen Haftungsbescheides Berücksichtigung gefunden hätte, wäre aus dem Spruch des Bescheides nicht ableitbar. Es entziehe sich auch der Kenntnis und der Beurteilung des Bw., was im gegenständlichen Fall noch als sparsame wirtschaftliche und zweckmäßige Vollziehung anzusehen wäre. Bei voller Kenntnis der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Bw., der detailliert offengelegten wirtschaftlichen und finanziellen Situation der Primärschuldnerin und in Anbetracht der Höhe der bescheidmäßig festgesetzten Haftungssumme sowie des zu erwartenden Rechtsmittelverfahrens stelle sich zumindest die Frage, ob der Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung in die Ermessensübung eingeflossen wäre. Jedenfalls wäre bescheidmäßig nicht darüber abgesprochen worden.

Neben diesen beispielsweise zu berücksichtigenden Faktoren für die Ermessensübung wären im gegenständlichen Fall noch folgende Punkte anzumerken:

Der Bw. wäre seiner Offenlegungspflicht jederzeit nachgekommen, wäre in ständigem Kontakt mit der Abgabenbehörde gewesen und hätte dabei weder Tatsachen verheimlicht noch beschönigt oder überhaupt mutwillig verschwiegen. Er pflege einen anständigen und geregelten Lebenswandel, wäre unbescholten und hätte ein Unternehmen mit bis zu 90 Dienstnehmern bei durchaus moderatem Geschäftsführergehalt geführt.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung teilweise stattgegeben und die Haftung auf € 135.930,63 herabgesetzt. Begründend wurde vorgebracht, dass der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom , 90/13/0087, bereits ausgeführt hätte, dass eine schuldhafte Pflichtverletzung im Sinne des § 9 Abs. 1 BAO ausgeschlossen werden könne, wenn für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe tatsächlich zu Recht eine Zahlungserleichterung in Anspruch genommen wäre (vgl. -G/07). Keinesfalls entschuldige es den Vertreter jedoch, wenn er eine Zahlungserleichterung mit der Behauptung erwirke, die Einbringlichkeit der Abgabe werde durch den Aufschub nicht gefährdet, obwohl diese Behauptung nicht zutreffe.

Gegenständlich hätte die Primärschuldnerin im Zeitraum vom bis vier Anträge auf Zahlungserleichterung eingebracht. Die jeweils neuerliche Antragstellung wäre aus dem Grunde erfolgt, dass die in der vorangegangenen Zahlungserleichterungsvereinbarung die vom Bw. in Aussicht gestellten Raten nicht hätten eingehalten werden können. Zuletzt wären am seitens des Finanzamtes 11 Raten zu je € 30.000,00 vereinbart worden. Ab wäre jedoch Terminverlust eingetreten, da die laufend anfallenden Abgaben nicht mehr bezahlt worden wären. Auf die diesbezügliche Verständigung gemäß § 230 BAO hätte die Partei nicht mehr reagiert.

Durch die Tatsache der Nichteinhaltung der vereinbarten Zahlungen wäre die Behörde zur Überzeugung gekommen, dass der Vertreter trotz Vorliegens einer objektiven Gefährdung der Einbringlichkeit diese in Abrede gestellt und zu Unrecht die Zahlungserleichterung in Anspruch genommen hätte. Der Bw. hätte die Bezahlung der Abgaben trotz gefährdeter Einbringlichkeit hinausgeschoben und daher ein Verschulden am Abgabenausfall zu verantworten. Durch den Terminverlust wären die in Rede stehenden Abgaben in ihrer Gesamtheit fällig gestellt worden. Eine zeitlich später erfolgte Genehmigung von Ratenzahlungen stehe daher der Annahme, dass die Entrichtung bei Eintritt der Fälligkeit auf Grund einer schuldhaften Pflichtverletzung unterblieben wäre, nicht entgegen.

Der Einwendung des Bw., eine ungerechtfertigte Inanspruchnahme der Zahlungserleichterungen durch Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungspflicht gemäß § 119 Abs. 1 BAO wäre nicht gegeben, da eine zum Zeitpunkt bereits erkennbare Gefährdung der Einbringlichkeit offen dargelegt worden wäre und das Finanzamt dem Zahlungserleichterungsansuchen trotz Erkennbarkeit dieser möglichen Gefährdung zugestimmt hätte, könne entgegnet werden, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bei Begünstigungstatbeständen die amtswegige Ermittlungspflicht gegenüber der Behauptungs- und Beweislast des Antragstellers in den Hintergrund trete. Es obliege dem Antragsteller, die zutreffenden Angaben zur Frage der Gefährdung der Einbringlichkeit der Abgaben darzulegen. Im vorliegenden Fall hätte die Partei der Behörde die Möglichkeiten der Einhaltung der vereinbarten Ratenzahlung immer wieder dargelegt und begründet. Die Gefährdung der Einbringlichkeit wäre erst durch den Terminverlust am ersichtlich geworden. Die Behörde trage daher kein Mitverschulden hinsichtlich der vom Bw. zu Unrecht in Anspruch genommenen Zahlungserleichterung.

Hätte der Geschäftsführer Gesellschaftsmittel zur Verfügung gehabt, die zur Befriedigung sämtlicher Schulden der Gesellschaft nicht ausgereicht hätten, so wäre er für die Umsatzsteuern, Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen nur dann haftungsfrei, wenn er nachweise, dass die noch vorhandenen Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet worden wären. Unterbleibe dieser Nachweis, könnten ihm die uneinbringlichen Abgaben zur Gänze vorgeschrieben werden.

Es bestehe somit für den Vertreter eine qualifizierte Mitwirkungspflicht in der Form, dass dieser im Haftungsverfahren die Gleichbehandlung aller Gläubiger ziffernmäßig darzustellen hätte. Die Behörde wäre der Rechtsmeinung des Bw. dahingehend gefolgt, dass sie aus dem zum Beweis des Gleichbehandlungsgrundsatzes beigelegten Unterlagen nach Gegenüberstellung der Verbindlichkeiten und deren Zahlungen eine Gläubigerbenachteiligung zu Lasten des Finanzamtes für Umsatzsteuer 10/2010, Dienstgeberbeitrag 11/2010 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010 in Höhe von 14 % und für Umsatzsteuer 11/2010, Dienstgeberbeitrag 12/2010 und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010 in Höhe von 17 % errechnet hätte. Die Haftungsbeträge wären entsprechend gekürzt worden.

Auch für die Lohnsteuer wäre maßgebend, wann die Abgaben bei ordnungsgemäßer Selbstberechnung abzuführen gewesen wären. Die seitens des Bw. angeführte Anzahlung von € 50.431,35 hätte mangels Verrechnungsweisung nicht auf die Lohnsteuer 11/2010 und 12/2010 angerechnet werden können. Die Zahlung wäre gemäß § 214 Abs. 1 BAO auf die dem Fälligkeitstag nach älteste verbuchte Abgabenschuldigkeit zu verrechnen gewesen.

Werde wie gegenständlich die auf ausbezahlte Löhne entfallende Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, wäre nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Problematik der Primärschuldnerin von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Die Verpflichtung eines Vertreters gemäß § 80 BAO gehe hinsichtlich der Lohnsteuer über das Gebot der gleichmäßigen Behandlung aller Schulden hinaus, weshalb diese somit im Haftungsbescheid festzusetzen gewesen wäre.

Es wären keine Gründe vorgebracht worden, die Anhaltspunkte für einen Ausschluss des Kausal- bzw. Rechtswidrigkeitszusammenhanges bieten würden, solche wären auch nicht aktenkundig. Die pauschale Behauptung, dass weder Pflichtverletzung noch Ursächlichkeit zwischen einer allfälligen Pflichtverletzung und der Einbringlichkeit der Abgaben vorlägen, genüge dazu nicht. Aus diesen Gründen hätte die Behörde daher zu Recht von einer schuldhaften Pflichtverletzung als Ursache für die Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben ausgehen können.

Die Geltendmachung der Haftung stelle die letzte Möglichkeit zur Durchsetzung des Abgabenanspruches dar. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folge, dass diese in der Regel dann ermessenskonform wäre, wenn die betroffene Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich wäre. Dieser öffentliche Auftrag zur Ergreifung aller Mittel, um vollstreckbare Abgaben hereinzubringen, überwiege bei einer vorzuwerfenden Pflichtverletzung meist auch alle anderen Billigkeitsgründe, die für eine Abstandnahme von der Haftung ins Treffen geführt werden würden.

In diesem Zusammenhang wäre vorgebracht worden, der Bw. hätte ein Nettoeinkommen von € 24.000,00, er wäre für zwei Kinder unterhaltspflichtig und hätte für seinen Hälfteanteil am elterlichen Wohnhaus sämtliche Betriebskosten zu bezahlen, weshalb daher keine großen finanziellen Spielräume vorhanden wären.

Dazu wäre auszuführen, dass die Haftung keineswegs nur bis zum aktuellen Vermögen des Haftungspflichtigen geltend gemacht werden könne. Die Haftung wäre nach ständiger Judikatur des VwGH selbst dann noch zweckmäßig, wenn die Haftungsschuld im Zeitpunkt der Geltendmachung uneinbringlich wäre, da dies nicht ausschließe, dass künftig neu hervorgekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen könnten. Der Bw. wäre 47 Jahre alt und damit noch eine geraume Zeit erwerbsfähig.

Hinsichtlich des Einwandes eines nur geringfügigen Grades des Verschuldens werde bezugnehmend auf § 9 BAO entgegnet, dass zur Haftungsinanspruchnahme bereits leichte Fahrlässigkeit ausreiche. Zum argumentierten Mitverschulden der Behörde bzw. Treu und Glauben werde auf die obigen Ausführungen betreffend die zu Unrecht in Anspruch genommenen Zahlungserleichterungen verwiesen.

Insgesamt gesehen wäre die Haftungsinanspruchnahme daher recht- und zweckmäßig gewesen.

Fristgerecht beantragte der Bw. mit Schreiben vom die Vorlage der Berufung zur Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz sowie die Entscheidung durch den Berufungssenat und brachte ergänzend vor, dass der in der Berufungsvorentscheidung dargestellte Sachverhalt unzutreffend wäre. Es wäre richtig, dass das letzte Ansuchen um Zahlungserleichterungen (nach Vorlage einer ausführlichen Prognoserechnung) mit Bescheid vom bewilligt worden wäre. Es wären jedoch nicht 11 Raten zu je € 30.000,00 vereinbart worden, sondern 11 Raten zu je € 15.000,00 und eine Restzahlung von € 178.109,42, wobei in der Begründung zum Ratenbescheid deutlich darauf hingewiesen worden wäre, dass die Zahlungserleichterung "unter der Bedachtnahme auf die gegenwärtigen wirtschaftlichen Verhältnisse" mit 12 Monaten begrenzt worden wäre. Allerdings wäre bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine weitere Zufristung in Aussicht gestellt worden (welche allerdings rechtlich unbedeutend wäre).

Es werde in der "Sachverhaltsdarstellung" von einer "diesbezüglichen Verständigung gemäß § 230 BAO " vom gesprochen. Es hätte aber keine solche Verständigung vom gegeben. Hier liege eine Verwechslung hinsichtlich des Datums vor. Es hätte sehr wohl eine Verständigung gemäß § 230 BAO gegeben, allerdings datiert mit , also genau ein Jahr zuvor. Der Bw. hätte auch nicht auf die "diesbezügliche Verständigung" reagieren können, weil es keine diesbezügliche Verständigung gegeben hätte.

Tatsache wäre, dass die laufend anfallenden Abgaben während des Ratenzeitraumes wie folgt bezahlt worden wären:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Abgaben
Betrag
Fällig am
Bezahlt am
Umsatzsteuer 05/2011 und Lohnabgaben 06/2011
69.443,73
Umsatzsteuer 06/2011 und Lohnabgaben 07/2011
72.949,56
Umsatzsteuer 07/2011 und Lohnabgaben 08/2011
63.563,16
Umsatzsteuer 08/2011 und Lohnabgaben 09/2011
79.019,76

Tatsache wäre weiters, dass die Raten entsprechend dem Ratenbescheid vom wie folgt bezahlt worden wären:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Raten
Fällig am
Bezahlt am
1. Rate
2. Rate
3. Rate

Wie daraus ersehen werden könne, wären die laufenden Abgaben sehr wohl bezahlt worden, wenn auch mit geringfügiger Verspätung. Selbst wenn das Finanzamt eine Verständigung gemäß § 230 BAO herausgegeben hätte, wären die effektiven Zahlungen sehr wohl noch innerhalb der zustehenden Nachfrist des § 227 BAO erfolgt, womit die Wirkungen des Terminverlustes wieder aufgehoben gewesen wären.

Die in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung aufgestellte Schlussfolgerung, dass "durch die Nichteinhaltung der vereinbarten Zahlungen die Behörde zur Überzeugung kam, dass der Vertreter trotz Vorliegens einer objektiven Gefährdung der Einbringlichkeit diese in Abrede stellte und daher zu Unrecht die Zahlungserleichterung in Anspruch nahm", wäre schlichtweg falsch. Es hätte keine Nichteinhaltung von vereinbarten Zahlungen, keine Verständigung nach § 230 BAO und keinen Terminverlust zu diesem Zeitpunkt gegeben.

Die in der "Schlussfolgerung" der Finanzverwaltung ebenfalls aufgestellt Behauptung, dass "eine zeitlich später erfolgte Genehmigung von Ratenzahlungen der Annahme, dass die Entrichtung bei Eintritt der Fälligkeit auf Grund einer schuldhaften Pflichtverletzung unterblieben ist, nicht entgegensteht" gehe völlig ins Leere bzw. wäre im gegenständlichen Fall überhaupt nicht zutreffend, da es keine weitere Genehmigung von Ratenzahlungen nach dem gegeben hätte.

Weiters schreibe das Finanzamt in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung:

"Im vorliegenden Fall hat die Partei der Behörde die Möglichkeiten der Einhaltung der vereinbarten Ratenzahlung immer wieder dargelegt und begründet. Die Gefährdung der Einbringlichkeit wurde erst durch den Terminverlust am offensichtlich."

Diese Feststellung wäre ebenfalls nicht zulässig, da es erstens keinen Terminverlust am gegeben hätte und zweitens der Finanzverwaltung die mögliche Gefährdung der Einbringlichkeit im Schreiben vom (unter Vorlage umfangreicher Planungsrechnung) bereits deutlich aufgezeigt worden wäre.

Aus dem Schreiben an die Finanzverwaltung vom :

"Als Ergebnis der Planungsrechnung kann gesagt werden, dass die gegenständliche Gesellschaft den derzeitigen Rückstand beim Finanzamt aus heutiger Sicht und unter den Annahmen der Planungsrechnung Variante Realistisch-Optimistisch nur innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren in Abdeckung bringen kann. Eine Bezahlung des derzeitigen Rückstandes mit monatlichen Raten von rund € 15.000,00 beginnend ab Ende August 2011 (letzte Rate Gebietskrankenkasse per ) würde die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft aufrechterhalten. Eine deutlich höhere monatliche Belastung oder eine Entwicklung des Dieselpreises entsprechend der Variante Pessimistisch ohne entsprechende Überwälzung der Mehrkosten auf die Kunden hätte schwerwiegende Folgen für die Liquidität der Gesellschaft."

Der Bescheid über die Bewilligung von Zahlungserleichterungen vom wäre, bei anzunehmender gründlicher Prüfung der Planungsrechnung samt erläuterndem Begleitschreiben vom , bei voller Kenntnis der Liquiditätssituation der Gesellschaft erlassen worden. Wie daraus ersehen werden könne, wäre das Finanzamt bereits am deutlich auf die mögliche Gefährdung der Einbringlichkeit hingewiesen worden, wenn gewisse Umstände eintreffen würden. Die positive Erledigung des Zahlungserleichterungsansuchens wäre daher bei voller Kenntnis der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation erfolgt. Die Schlussfolgerung, dass der Terminverlust am die Gefährdung der Einbringlichkeit offensichtlich gemacht hätte, wäre unrichtig und nicht zulässig. Tatsache wäre sogar, dass die Partei die laufenden Abgaben und die bewilligten Raten noch für weitere vier Monate bezahlt hätte.

Es solle an dieser Stelle auch nicht von Mitschuld oder Nicht-Mitschuld des Finanzamtes gesprochen werden, aber immerhin hätte die Finanzverwaltung die Möglichkeit gehabt, das Ansuchen um Zahlungserleichterung auf Grund der dargestellten möglichen Gefährdung der Einbringlichkeit abzulehnen. Dies wäre trotz detaillierter Darstellung einer möglichen Gefährdung nicht gemacht worden, wodurch der Bw. darauf vertrauen hätte können, dass die Zahlungserleichterung zu Recht gewährt worden wäre und somit haftungsbefreiende Wirkung hätte.

Der in der Begründung zur Berufungsvorentscheidung dargestellten Beurteilung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu Lasten des Finanzamtes betreffend Umsatzsteuern 10/2010 und 11/2010 sowie der Lohnabgaben 11/2010 und 12/2010 könne betraglich nicht gefolgt werden. Die errechneten 14 % und 17 % könnten anhand der vorgelegten Unterlagen nicht nachvollzogen werden.

Grundsätzlich wäre aber zur Gleichbehandlungsproblematik zu bemerken, dass die vorgelegten Unterlagen nur ein schätzungsweises Spiegelbild der tatsächlichen Verhältnisse wiedergeben könnten. Die vereinfachte Darstellung der Salden aus der Buchhaltung zum jeweils Monatsletzten lasse keinen 100 %igen Schluss auf die tatsächlichen Verhältnisse der Gläubigerbegünstigung zu. Diesfalls müssten auch alle Bargeschäfte, Zug-um-Zug-Geschäfte (Gegenverrechnungen), Leasing- und andere Dauerschuldverhältnisse und Eventualverbindlichkeiten miteinbezogen werden. Die exakte Analyse würde im gegenständlichen Fall sicherlich den Rahmen der Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit sprengen. So wäre auch aus der überreichten "hilfsweisen" Aufstellung zu ersehen, dass im gesamten dargestellten Beobachtungszeitraum die Verbindlichkeiten des Finanzamtes deutlich stärker gesunken wären als die Gesamtverbindlichkeiten. Der Bw. ersuche daher in dieser Angelegenheit "im Zweifel für den Angeklagten" zu entscheiden und die Gleichbehandlung aller Gläubiger auch für diesen Zeitraum, mangels exakter Analyse, zu akzeptieren und die betroffenen Beträge aus der Haftungssumme auszuscheiden.

Hinsichtlich der zum Zeitpunkt des Konkurses aushaftenden Beträge an Lohnsteuer verwies der Bw. auf die Ausführungen im Berufungsschreiben. Sowohl die Ausführungen und Schlussfolgerungen zur praktischen Unmöglichkeit der aliquoten Kürzung wegen fehlender Mittel zur vollständigen Abfuhr der Lohnsteuer als auch die Ausführungen zur fehlenden Verrechnungsweisung für Anzahlungen auf Grund von Zahlungserleichterungen würden aufrechterhalten. Es werde darum ersucht, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz im Rahmen der Ermessensausübung hinsichtlich dieser Lohnsteuerbeträge von einer Haftungsinanspruchnahme absehe und diese Beträge aus der Haftungssumme ausscheide.

Bezüglich der Zweckmäßigkeit und Billigkeit der Haftungsinanspruchnahme werde in der Berufungsvorentscheidung jegliches Mitverschulden der Behörde und jegliche Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben verneint. Dieser Argumentation könne aus den bisherigen Ausführungen und den offengelegten Sachverhalten nicht gefolgt werden. Auch die im Berufungsschreiben vorgebrachten weiteren Faktoren, die für die Ermessensausübung relevant wären, wären nicht ausreichend behandelt worden.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Die Haftung nach § 9 Abs. 1 BAO ist eine Ausfallshaftung (). Voraussetzung ist die objektive Uneinbringlichkeit der betreffenden Abgaben im Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Haftenden (). Uneinbringlichkeit liegt vor, wenn Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos waren oder voraussichtlich erfolglos wären ().

Im gegenständlichen Fall steht die Uneinbringlichkeit in Höhe von 95,96706 % fest, da mit Beschluss des Landesgerichtes Eisenstadt vom Datum-1 der über das Vermögen der P-GmbH am Datum-2 eröffnete Konkurs nach Verteilung einer Quote von 4,03294 % aufgehoben wurde.

Unbestritten ist auch, dass dem Bw. als Geschäftsführer der genannten Gesellschaft im Zeitraum vom bis zur Konkurseröffnung am die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten der Gesellschaft oblag. Insbesondere ist im Rahmen dieser Verpflichtung für die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Abgaben Sorge zu tragen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Geschäftsführers, die Gründe darzulegen, die ihn ohne sein Verschulden daran gehindert haben, die ihm obliegenden abgabenrechtlichen Verpflichtungen zu erfüllen (, 0038). Er hat also darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge tragen konnte, dass die Gesellschaft die anfallenden Abgaben rechtzeitig entrichtet hat, andernfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf (vgl. ).

Der Bw. brachte in seiner Berufung vor, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , 90/13/0087, ausgeführt hätte, dass eine zu Recht in Anspruch genommene Zahlungserleichterung die Haftungsinanspruchnahme für eine später uneinbringlich gewordene Abgabe ausschließe.

Dazu wird zunächst folgender Sachverhalt festgestellt:

Am brachte der Bw. ein Zahlungserleichterungsansuchen ein, das wie folgt mit Bescheid vom seitens des Finanzamtes erledigt wurde:


Tabelle in neuem Fenster öffnen


Betrag
Rückstand
255.542,05
Bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastende (Viertel-)Jahresbeiträge an Körperschaftsteuer
+ 5.356,03
Summe
260.898,08
1.
5.000,00
2.
5.000,00
3.
5.000,00
4.
5.000,00
5.
30.000,00
6.
30.000,00
7.
30.000,00
8.
30.000,00
9.
30.000,00
10.
30.000,00
11.
30.000,00
12.
30.898,08

Davon wurden folgende Raten geleistet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
5.000,00
2.
5.000,00
3.
5.000,00
4.
5.000,00

Das am eingebrachte weitere Zahlungserleichterungsansuchen wurde mit Bescheid vom bewilligt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen


Betrag
Rückstand
256.271,38
Bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastende (Viertel-)Jahresbeiträge an Körperschaftsteuer
+ 4.635,03
Summe
260.906,41
1.
25.000,00
2.
25.000,00
3.
25.000,00
4.
25.000,00
5.
25.000,00
6.
25.000,00
7.
25.000,00
8.
25.000,00
9.
25.000,00
10.
25.000,00
11.
10.906,41

Davon wurden folgende Raten geleistet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
25.000,00
2.
25.000,00

Mit Bescheid vom wurde das am eingebrachte Zahlungserleichterungsansuchen wie folgt bewilligt:


Tabelle in neuem Fenster öffnen


Betrag
Rückstand
345.364,97
Bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastende (Viertel-)Jahresbeiträge an Körperschaftsteuer
+ 4.635,03
Summe
350.000,00
1.
30.000,00
2.
30.000,00
3.
30.000,00
4.
30.000,00
5.
30.000,00
6.
30.000,00
7.
30.000,00
8.
30.000,00
9.
30.000,00
10.
80.000,00

Davon wurden am eine Anzahlung von € 50.431,35 und am eine Rate von € 30.000,00 geleistet.

Schließlich wurde seitens des Bw. am ein letztes Ratenansuchen eingebracht, das mit Bescheid vom (nach Erstellung einer positiven Fortbestehungsprognose) bewilligt wurde:


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Betrag
Rückstand
341.359,42
Bis zum Ablauf der Zahlungserleichterung zu belastende (Viertel-)Jahresbeiträge an Körperschaftsteuer
+ 1.750,00
Summe
343.109,42
1.
15.000,00
2.
15.000,00
3.
15.000,00
4.
15.000,00
5.
15.000,00
6.
15.000,00
7.
15.000,00
8.
15.000,00
9.
15.000,00
10.
15.000,00
11.
15.000,00
12.
178.109,42

Davon wurden folgende Raten geleistet:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1.
15.000,00
2.
15.000,00
3.
15.000,00
4.
15.000,00

Zu den Zeitpunkten der Einbringung der jeweiligen Zahlungserleichterungsansuchen waren folgende haftungsgegenständliche Abgaben (neben anderen nicht haftungsgegenständlichen) erfasst:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zahlungserleichterungsansuchen vom
Abgabe
Fälligkeit
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
Lohnsteuer 01/2010
Lohnsteuer 02/2010
Dienstgeberbeitrag 02/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010



Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
Lohnsteuer 01/2010
Lohnsteuer 02/2010
Dienstgeberbeitrag 02/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010



Dienstgeberbeitrag 2009
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
Lohnsteuer 01/2010
Lohnsteuer 02/2010
Dienstgeberbeitrag 02/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010
Kraftfahrzeugsteuer 07-09/2010
Umsatzsteuer 10/2010
Lohnsteuer 11/2010
Dienstgeberbeitrag 11/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010
Lohnsteuer 12/2010
Dienstgeberbeitrag 12/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010



Dienstgeberbeitrag 2009
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
Lohnsteuer 01/2010
Lohnsteuer 02/2010
Dienstgeberbeitrag 02/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010
Dienstgeberbeitrag 07/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2010
Kraftfahrzeugsteuer 07-09/2010
Umsatzsteuer 10/2010
Lohnsteuer 11/2010
Dienstgeberbeitrag 11/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010
Lohnsteuer 12/2010
Dienstgeberbeitrag 12/2010
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010

Daraus erhellt, dass sämtliche Zahlungserleichterungsansuchen ausnahmslos erst nach dem Fälligkeitstag der jeweiligen Abgaben gestellt wurden. Die übrigen haftungsgegenständlichen Abgaben (Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2010, fällig am , Lohnsteuer 05/2011, fällig am , und Lohnsteuer 10/2011, fällig am ) wurden erst nach dem letzten Zahlungserleichterungsansuchen gebucht, nämlich am , und , und waren daher nicht vom Ratenantrag erfasst.

Da somit die Fristenkette für die den Zahlungserleichterungsansuchen zu Grunde liegenden Abgaben zufolge bereits davor eingetretener Fälligkeit nicht geschlossen war, kann die durch die mangelnde Entrichtung am Fälligkeitstag ausgelöste Pflichtverletzung nicht durch die nachfolgenden Zahlungserleichterungsbewilligungen nachträglich wieder beseitigt werden, da nämlich die nachfolgende Bewilligung der Ratenansuchen keinen Einfluss mehr darauf haben kann, dass die Abgaben nicht fristgerecht zum Fälligkeitstermin gezahlt wurden ().

Der Fälligkeitstag bleibt nämlich rechtlich auch durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen unberührt, da durch die Bewilligung von Zahlungserleichterungen lediglich der Zeitpunkt der Entrichtung der Abgabenschuld hinausgeschoben wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ändert ein verspätetes Ratenansuchen nichts an dem Umstand, dass der Abgabenausfall keinesfalls eingetreten wäre, wenn die Abgaben bereits pflichtgemäß bei ihrer Fälligkeit entrichtet worden und nicht schuldhafterweise unberichtigt geblieben wären ().

Es erübrigt sich daher ein näheres Eingehen auf die äußerst umfangreichen, jedoch diesfalls nicht zielführenden Ausführungen des Bw. zu den Voraussetzungen von Zahlungserleichterungen gemäß § 212 Abs. 1 BAO, nämlich dass die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgaben durch den Aufschub nicht gefährdet wird.

Zu prüfen war jedoch, ob dem Bw. zu den einzelnen Fälligkeitsterminen der haftungsgegenständlichen Abgaben eine schuldhafte Pflichtverletzung vorzuwerfen ist, da er die Gleichbehandlung der Gläubiger behauptete.

Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die Mittel, die ihm für die Entrichtung aller Verbindlichkeiten zur Verfügung gestanden sind, hierzu nicht ausreichen; es sei denn, er weist nach, dass er diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet, die Abgabenschulden daher im Verhältnis nicht schlechter behandelt hat als andere Verbindlichkeiten ().

Am Bw., dem als Geschäftsführer der Primärschuldnerin ausreichend Einblick in die Gebarung zustand, wäre es gelegen gewesen, das Ausmaß der quantitativen Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten der Abgaben zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen (), da nicht die Abgabenbehörde das Ausreichen der Mittel zur Abgabenentrichtung nachzuweisen hat, sondern der zur Haftung herangezogene Geschäftsführer das Fehlen ausreichender Mittel ().

Weist der Haftungspflichtige nach, welcher Betrag bei anteilsmäßiger Befriedigung der Forderungen an die Abgabenbehörde abzuführen gewesen wäre, dann haftet er nur für die Differenz zwischen diesem und dem tatsächlich bezahlten Betrag. Tritt der Vertreter diesen Nachweis nicht an, dann kann ihm die uneinbringliche Abgabe zur Gänze vorgeschrieben werden ().

Den im Rahmen der besonderen Behauptungs- und Konkretisierungspflicht zur Feststellung des für die aliquote Erfüllung der Abgabenschuld zur Verfügung stehenden Teiles vom Gesamtbetrag der liquiden Mittel geforderte Liquiditätsstatus - in Form einer Gegenüberstellung von liquiden Mitteln und Verbindlichkeiten zum jeweiligen Fälligkeitstag der haftungsgegenständlichen Abgaben - hat der Bw. jedoch nicht aufgestellt, da die (ohnehin nur für 2011) vorgelegten Saldenlisten keine Aussagen über die zwischenzeitig neu eingegangenen Verbindlichkeiten bzw. die zwischenzeitigen Zahlungen und somit die Höhe der vorhandenen liquiden Mittel treffen.

Im Hinblick auf die unterlassene Behauptung und Konkretisierung des Ausmaßes der Unzulänglichkeit der in den Fälligkeitszeitpunkten zur Verfügung gestandenen Mittel zur Erfüllung der vollen Abgabenverbindlichkeiten kommt eine Beschränkung der Haftung der Bw. bloß auf einen Teil der von der Haftung betroffenen Abgabenschulden nicht in Betracht ().

Für aushaftende Abfuhrabgaben wie die Lohnsteuer gelten aber ohnedies Ausnahmen vom Gleichheitsgrundsatz (; , 2000/15/0168), da nach § 78 Abs. 3 EStG der Arbeitgeber, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel nicht zur Zahlung des vollen vereinbarten Arbeitslohnes ausreichen, die Lohnsteuer von dem tatsächlich zur Auszahlung gelangenden niedrigeren Betrag zu berechnen und einzubehalten hat.

Wird Lohnsteuer nicht einbehalten und an das Finanzamt abgeführt, so ist nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH ungeachtet der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der GmbH von einer schuldhaften Pflichtverletzung des Geschäftsführers auszugehen. Nach der durch das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 91/13/0037, 0038, ausdrücklich aufrecht erhaltenen ständigen Rechtsprechung des VwGH fällt es nämlich einem Vertreter im Sinne der §§ 80ff BAO als Verschulden zur Last, wenn er Löhne auszahlt, aber die darauf entfallende Lohnsteuer nicht an das Finanzamt entrichtet.

Die Ausführungen des Bw. hinsichtlich der faktischen Unmöglichkeit der Kürzung der Lohnauszahlung, da man im Vorhinein nicht wissen könne, ob am 15. des darauffolgenden Monats ausreichende Mittel vorhanden sein werden, sind zwar schlüssig, gehen aber ins Leere, da sowohl die gesetzliche Bestimmung des § 78 Abs. 3 EStG 1988 als auch die umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema keinen Interpretationsspielraum zulässt.

Aus dem Vorbringen des Bw., dass die von ihm getätigte Anzahlung von € 50.431,35 lediglich mangels Verrechnungsweisung nicht auf die Lohnsteuer 11/2010 und 12/2010 angerechnet hätte werden können, lässt sich nichts gewinnen, weil eine solche Verrechnungsweisung eben nicht erfolgt ist, weshalb die Zahlung gemäß § 214 Abs. 1 BAO auf die dem Fälligkeitstag nach älteste verbuchte Abgabenschuldigkeit zu verrechnen war.

Daneben hat der Bw. noch weitere schuldhafte Pflichtverletzungen zu verantworten, weil er in seiner Vorhaltsbeantwortung vom angab, am einen Factoringvertrag (Zessionsvertrag) mit der X-Bank mit Abtretung aller Forderungen aus Warenlieferungen und Dienstleistungen für die Gesellschaft abgeschlossen zu haben. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verstößt die Begünstigung von anderen Gläubigern durch Schuldtilgungen durch Abtretung von Forderungen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz (). Die Abtretung sämtlicher Buchforderungen an ein Kreditinstitut zur Kreditbesicherung (Mantelzessionsvertrag) stellt dann eine Pflichtverletzung dar, wenn der Vertreter damit rechnen muss, durch die Zession dem Vertretenen seine liquiden Mittel zur Tilgung anderer Schulden als der Bankschulden (insbesondere der Abgabenforderungen) zu entziehen ().

Infolge der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Bw. konnte die Abgabenbehörde nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (), auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben war.

Die im Rahmen des § 224 BAO zu treffende Ermessensentscheidung iSd § 20 BAO ist innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenze nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen.

Zu den vom Bw. angeführten bei der Ermessensübung zu berücksichtigenden Gründen wird Folgendes ausgeführt:

Nachrangigkeit der Haftung

Wesentliches Ermessenskriterium ist die Vermeidung eines endgültigen Abgabenausfalles. Aus dem auf die Hereinbringung der Abgabenschuld beim Haftenden gerichteten Besicherungszweck der Haftungsnorm folgt, dass die Geltendmachung der Haftung in der Regel ermessenskonform ist, wenn die betreffende Abgabe beim Primärschuldner uneinbringlich ist ().

Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Haftungspflichtigen

Die vom Bw. geltend gemachten "Billigkeitsgründe", deren Berücksichtigung er bei der Ermessensübung vermisst, nämlich seine Vermögens- und Einkommenssituation, stehen in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung (). Soweit der Bw. vorträgt, dass die belangte Behörde nach der Aktenlage von der eingeschränkten Einbringlichkeit der geltend gemachten Verbindlichkeiten bei ihm ausgehen hätte müssen, weshalb die Heranziehung zur Haftung in Ausübung des Ermessens nicht zweckmäßig sei, ist er darauf hinzuweisen, dass sogar eine allfällige derzeitige Uneinbringlichkeit nicht ausschließt, dass künftig neu hervor gekommenes Vermögen oder künftig erzielte Einkünfte zur Einbringlichkeit führen können ().

Grad des Verschuldens des Vertreters

Ein "besonders geringer Grad des Verschuldens", wie er nach dem Erkenntnis des , für die Berücksichtigung im Rahmen der Ermessensübung maximal vorliegen dürfte, ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben, weil zu den jeweils verspätet eingebrachten Zahlungserleichterungsansuchen noch die Zession sämtlicher Forderungen aus Lieferungen und Leistungen an die Bank hinzukommt, weshalb bereits grobes Verschulden anzunehmen ist.

Mitverschulden der Abgabenbehörde an der Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld und Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben

Das behauptete Mitverschulden des Finanzamtes an der Uneinbringlichkeit liegt nicht vor, weil die Zahlungserleichterungsansuchen, wie bereits ausgeführt, verspätet eingebracht wurden und daher die Bewilligung von Ratenzahlungen nichts mehr an der vom Bw. zu verantwortenden Pflichtverletzung der Nichtentrichtung zum Fälligkeitstag ändern kann, weshalb auch keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben vorliegt. Darüber hinaus kommt eine solche Verletzung im gegenständlichen Fall mangels konkreter Rechtsauskünfte nicht in Betracht.

Durch diesen den Grundsatz wird nicht allgemein das Vertrauen des Abgabepflichtigen auf die Rechtsbeständigkeit einer unrichtigen abgabenrechtlichen Beurteilung für die Vergangenheit geschützt, da die Behörden verpflichtet sind, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen (), wobei auch der Umstand, dass eine abgabenbehördliche Prüfung eine bestimmte Vorgangsweise des Abgabepflichtigen unbeanstandet gelassen hat, die Behörde nicht hindert, diese Vorgangsweise für spätere Zeiträume als rechtswidrig zu beurteilen.

Außerdem wurde seitens des Bw. damit argumentiert, dass er zum Zeitpunkt der Einbringung der Zahlungserleichterungsansuchen mit der Nichtgefährdung der Einbringlichkeit der haftungsgegenständlichen Abgaben rechnen durfte. Das gilt auf Grund der vorgelegten Fortbestehensprognose auch für das letzte Ansuchen, weil der Bw. ansonsten damit eine schuldhafte Pflichtverletzung seinerseits einbekennen würde. Daher könne nun im Gegenzug nicht der Behörde vorgeworfen werden, sie hätte das Vorliegen einer Gefährdung erkennen müssen.

Grundsatz der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Vollziehung

Dieser Grundsatz würde nur dann gegen eine Haftungsinanspruchnahme sprechen, wenn der haftungsgegenständliche Betrag nur geringfügig oder beim Haftungspflichtigen auf Dauer gesehen uneinbringlich ist. Beides trifft hier nicht zu.

Auch die übrigen angeführten Punkte, die der Bw. bei der Ermessensübung vermisst, sind nicht geeignet, eine Einschränkung der Haftungsinanspruchnahme zu erwirken, weil diese Faktoren auf die überwiegende Mehrheit der Haftungspflichtigen zutreffen.

Auf Grund des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolgte somit die Inanspruchnahme des Bw. als Haftungspflichtiger für die nachstehenden Abgabenschuldigkeiten der P-GmbH im Ausmaß von nunmehr € 210.077,56 zu Recht:


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Abgabe
Betrag
Abzüglich 4,03294 % Konkursquote
Dienstgeberbeitrag 2009
1.462,50
1.403,52
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2009
143,00
137,23
Kraftfahrzeugsteuer 07-12/2009
37.451,02
35.940,64
Lohnsteuer 01/2010
3.948,32
3.789,09
Lohnsteuer 02/2010
3.919,09
3.761,04
Dienstgeberbeitrag 02/2010
4.538,02
4.355,00
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 02/2010
443,72
425,83
Dienstgeberbeitrag 07/2010
4.461,42
4.281,49
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 07/2010
703,94
675,55
Kraftfahrzeugsteuer 07-09/2010
17.122,15
16.431,62
Umsatzsteuer 10/2010
33.080,52
31.746,40
Lohnsteuer 11/2010
4.625,64
4.439,09
Dienstgeberbeitrag 11/2010
5.447,49
5.227,80
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 11/2010
532,64
511,16
Umsatzsteuer 11/2010
49.986,17
47.970,26
Lohnsteuer 12/2010
12.997,32
12.473,15
Dienstgeberbeitrag 12/2010
9.192,71
8.821,97
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 12/2010
898,84
862,59
Kraftfahrzeugsteuer 01-12/2010
17.243,02
16.547,62
Lohnsteuer 05/2011
5.404,58
5.186,62
Lohnsteuer 10/2011
5.303,79
5.089,89

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 9 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at