Anspruchszinsen; Einwand der Bemessungsverjährung
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Karl Kittinger und die weiteren Mitglieder Hofrat Dr. Josef Graf, Mag. Bernhard Pammer und Gerhard Mayerhofer über die Berufungen des XY, vertreten durch H-OG, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes für den 12., 13. und 14. Bezirk und Purkersdorf vom betreffend Anspruchszinsen am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, in nicht öffentlicher Sitzung entschieden:
Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
Mit Bescheiden vom setzte das Finanzamt für die Jahre 2002 bis 2004 Anspruchszinsen in Höhe von € 1.028,89, € 3.126,62 und € 701,79 fest.
In den dagegen eingebrachten Berufungen bekämpfte der Berufungswerber (Bw) diese Bescheide insoweit, als als Folge der Veranlagung der Einkommensteuer für die Jahre 2002 bis 2004 Anspruchszinsen entstanden seien. Begründend führte der Bw im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Festsetzung der Einkommensteuer zumindest teilweise Verjährung eingetreten, die Bescheidbegründung nicht nachvollziehbar sei und es jedweder Grundlage für eine Abänderung der Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 mangle.
Es werde daher beantragt, die Bescheide über die Festsetzung von Anspruchszinsen 2002 bis 2004 ersatzlos zu beheben bzw. die Abgabenschulden hinsichtlich der Anspruchszinsen mit € 0,00 festzusetzen und dass über die gegenständliche Berufung gemäß § 282 Abs. 1 Z1 iVm § 284 BAO der gesamte Berufungssenat nach einer mündlichen Verhandlung entscheide.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 205 Abs. 1 BAO sind Differenzbeträge an Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, die sich aus Abgabenbescheiden unter Außerachtlassung von Anzahlungen (Abs. 3), nach Gegenüberstellung mit Vorauszahlungen oder mit der bisher festgesetzt gewesenen Abgabe ergeben, für den Zeitraum ab 1. Oktober des dem Jahr des Entstehens des Abgabenanspruchs folgenden Jahres bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe dieses Bescheides zu verzinsen (Anspruchszinsen). Dies gilt sinngemäß für Differenzbeträge aus
a) Aufhebungen von Abgabenbescheiden,
b) Bescheiden, die aussprechen, dass eine Veranlagung unterbleibt,
c) auf Grund völkerrechtlicher Verträge oder gemäß § 240 Abs. 3 erlassenen Rückzahlungsbescheiden.
Gemäß § 205 Abs. 2 BAO betragen die Anspruchszinsen pro Jahr 2 % über dem Basiszinssatz. Anspruchszinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Anspruchszinsen sind für einen Zeitraum von höchstens 42 Monaten (idF vor BGBl. I 2004/180) festzusetzen.
Gemäß § 205 Abs. 3 BAO kann der Abgabepflichtige, auch wiederholt, auf Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer Anzahlungen dem Finanzamt bekannt geben. Anzahlungen sowie Mehrbeträge zu bisher bekannt gegebenen Anzahlungen gelten für die Verrechnung nach § 214 am Tag der jeweiligen Bekanntgabe als fällig. Wird eine Anzahlung in gegenüber der bisher bekannt gegebenen Anzahlung verminderter Höhe bekannt gegeben, so wirkt die hieraus entstehende, auf die bisherige Anzahlung zu verrechnende Gutschrift auf den Tag der Bekanntgabe der verminderten Anzahlung zurück. Entrichtete Anzahlungen sind auf die Einkommensteuer- bzw. Körperschaftsteuerschuld höchstens im Ausmaß der Nachforderung zu verrechnen. Soweit keine solche Verrechnung zu erfolgen hat, sind die Anzahlungen gutzuschreiben; die Gutschrift wird mit Bekanntgabe des im Abs. 1 genannten Bescheides wirksam. Mit Ablauf des Zeitraumes des Abs. 2 dritter Satz sind noch nicht verrechnete und nicht bereits gutgeschriebene Anzahlungen gutzuschreiben.
Gemäß § 205 Abs. 4 BAO wird die Bemessungsgrundlage für Anspruchszinsen zu Lasten des Abgabepflichtigen (Nachforderungszinsen) durch Anzahlungen in ihrer jeweils maßgeblichen Höhe vermindert. Anzahlungen (Abs. 3) mindern die Bemessungsgrundlage für die Anspruchszinsen nur insoweit, als sie entrichtet sind.
Gemäß § 205 Abs. 5 BAO sind Differenzbeträge zu Gunsten des Abgabepflichtigen nur insoweit zu verzinsen (Gutschriftszinsen), als die nach Abs. 1 gegenüberzustellenden Beträge entrichtet sind.
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
Laut Darstellung des Finanzamtes im Vorlagebericht wurde für die Jahre 2002 bis 2004 die Festsetzungsverjährung betreffend Einkommensteuer durch Amtshandlungen im Sinne des § 209 Abs. 1 BAO wie folgt verlängert:
"2004: Verlängerung der Verjährungsfrist durch Erlassung von Einkommensteuerbescheiden in den Jahren 2006, 2007, 2008.
Verlängerung der Verjährungsfrist Im Verlängerungsjahr 2010 durch Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom .
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2011 durch Erlassung des Feststellungsbescheides vom zu StNr 001 und des Nichtfeststellungsbescheides vom zu StNr 002.
Erlassung des angefochtenen Bescheides im Verlängerungsjahr 2012.
2003: Verlängerung der Verjährungsfrist durch Erlassung von Einkommensteuerbescheiden in den Jahren 2005, 2006, 2008.
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2009 durch Prüfungsmaßnahmen im Feststellungsverfahren zu StNr 001 und 002 .
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2010 durch Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom .
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2011 durch Erlassung des Feststellungsbescheides vom zu StNr 001 und vom zu StNr 002 . Erlassung des angefochtenen Bescheides im Verlängerungsjahr 2012.
2002: Verlängerung der Verjährungsfrist durch Erlassung von Einkommensteuerbescheiden in den Jahren 2004, 2006.
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2008 Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom .
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2009 durch Prüfungsmaßnahmen im Feststellungsverfahren zu StNr 001 und 002.
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2010 durch Prüfungsmaßnahmen im Feststellungsverfahren zu StNr 001 und 002.
Verlängerung der Verjährungsfrist im Verlängerungsjahr 2011 durch Erlassung des Feststellungsbescheides vom zu StNr 001 und zu StNr 002.
Erlassung des angefochtenen Bescheides im Verlängerungsjahr 2012."
Infolge Festsetzung der Einkommensteuer 2002, 2004 und 2005 mit Bescheiden vom in Höhe von € 135.457,53, € 93.392,46, und € 94.467,73 nach Gegenüberstellung mit den bisher vorgeschriebenen Beträgen ergeben sich Differenzbeträge in Höhe von € 7.934,36, € 21.287,17, und € 4.393,97, für welche gemäß § 205 BAO Anspruchszinsen in Höhe von € 1.028,89, € 3.126,62 und € 701,79 festzusetzen waren.
Abgesehen davon, dass nach den obigen Ausführungen entgegen dem Vorbringen des Bw davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide die Verjährungsfrist hinsichtlich der Einkommensteuer nicht abgelaufen war, ist der Bestreitung der Anspruchszinsen lediglich auf Grund einer Unrichtigkeit des Einkommensteuerbescheides infolge des behaupteten Eintrittes der Bemessungsverjährung zu entgegnen, dass Anspruchszinsenbescheide an die Höhe der im Bescheidspruch des Einkommensteuerbescheides ausgewiesenen Nachforderung oder Gutschrift gebunden sind.
Wegen dieser Bindung ist der Zinsenbescheid nicht (mit Aussicht auf Erfolg) mit der Begründung anfechtbar, der maßgebende Einkommensteuerbescheid sei inhaltlich rechtswidrig. Erweist sich der Stammabgabenbescheid nachträglich als rechtswidrig und wird er entsprechend abgeändert (oder aufgehoben), so wird diesem Umstand mit einem an den Abänderungsbescheid (Aufhebungsbescheid) gebundenen Zinsenbescheid Rechnung getragen (zB Gutschriftszinsen als Folge des Wegfalles einer rechtswidrigen Nachforderung). Es ergeht ein weiterer Zinsenbescheid, daher erfolgt keine Abänderung des ursprünglichen Zinsenbescheides (vgl. Ritz, BAO-Handbuch, 128 bzw. , 0332).
Zum Antrag des Bw auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist zu bemerken, dass der Bw durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () zwar in seinem aus § 284 Abs. 1 BAO erfließenden Verfahrensrecht verletzt wird. Auf Grund des zu beachtenden Gebotes der Verwaltungsökonomie (vgl. Ritz, ÖStZ 1996, 70) wurde jedoch in Hinblick darauf, dass nach den vorstehenden Ausführungen ausgeschlossen werden kann, dass er bei Vermeidung dieses Mangels (Durchführung einer mündlichen Verhandlung) zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können, von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at