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Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSF vom 14.10.2011, RV/0244-F/10

Versicherungsagent gebührt Handelsvertreterpauschale zuzüglich Vorsteuern als Betriebsausgaben

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0186 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. als unbegründet abgewiesen.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/0244-F/10-RS1
Auf Versicherungsagenten im Sinne des § 94 Z 76 GewO ist die Pauschalierungsverordnung anwendbar. Führt ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, kann er für jeden Betrieb gesondert entscheiden, ob er die Pauschalierung in Anspruch nimmt. Das Betriebsausgabenpauschale ist nach seinem klaren Wortlaut eine Nettogröße. Deshalb sind die darauf entfallenden Vorsteuern nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen zusätzlich als Betriebsausgaben abziehbar.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Kopf und die weiteren Mitglieder Dr. Gerald Daniaux, Mag. Patricia Kathan-Simma und Dr. Klaus Holbach im Beisein der Schriftführerin Veronika Pfefferkorn über die Berufung des Bw, vertreten durch WT, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Bregenz vom betreffend Einkommensteuer 2008 nach der am in 6800 Feldkirch, Schillerstraße 2, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die Einkommensteuer 2008 wird - unter Verweis auf die Berechnung in der Berufungsvorentscheidung vom - mit 30.263,76 € festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber, nachfolgend Bw abgekürzt, ist am Betrieb der XOG als Mitunternehmer beteiligt. Zudem betreibt er als Versicherungsagent ein Einzelunternehmen. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr gab er bekannt, als Einzelunternehmer den Gewinn nach dem USt-Bruttosystem zu ermitteln und das 12%ige Betriebsausgabenpauschale für Handelsvertreter zu beanspruchen.

Das Finanzamt veranlagte den Bw abweichend von seiner Erklärung zur Einkommensteuer mit der Begründung, das Handelsvertreter-Pauschale sei nicht gewährt worden, da es bereits bei der Mitunternehmerschaft berücksichtigt worden sei. Den auf den Bw entfallenden Gewinnanteil aus seiner Beteiligung an der Mitunternehmerschaft setzte das Finanzamt entsprechend dem Bescheid vom betreffend einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung an.

Der Bw erhob Berufung. In ihr führte er aus, die Inanspruchnahme der Pauschalierung sei bei mehreren Einkunftsquellen zulässig. Eine Einschränkung auf eine einzige Einkunftsquelle könne der Pauschalierungsverordnung nicht entnommen werden.

Das Finanzamt erließ die Berufungsvorentscheidung vom . Mit ihr änderte es den angefochtenen Bescheid insoweit ab, als es den Durchschnittssatz für Betriebsausgaben mit dem Höchstbetrag von 5.825 € berücksichtigte.

Der Bw brachte einen Vorlageantrag ein. In ihm stellte er als unecht umsatzsteuerbefreiter Unternehmer unter Hinweis auf EStR 2000, Rz 4131, den Antrag, zusätzlich die auf die abpauschalierten Betriebsausgaben entfallenden Vorsteuern (vereinfacht ermittelt in Höhe des Vorsteuerpauschales gemäß § 14 UStG) als Betriebsausgaben zu berücksichtigen

Über die Berufung wurde erwogen:

Nach § 17 Abs. 4 Einkommensteuergesetz 1988 (EStG) können für die Ermittlung des Gewinnes mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen Durchschnittssätze für Gruppen von Steuerpflichtigen aufgestellt werden. Die Durchschnittssätze sind auf Grund von Erfahrungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse bei der jeweiligen Gruppe von Steuerpflichtigen festzusetzen.

Aufgrund dieser Verordnungsermächtigung hat der Bundesminister für Finanzen , BGBl. II 2000/95, die Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung von Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträgen bei Handelsvertretern vom , BGBl. II 2000/95, erlassen.

Nach § 1 dieser Verordnung können bei einer Tätigkeit als Handelsvertreter im Sinne des Handelsvertretergesetzes 1993, BGBl. Nr. 88/1993 , im Rahmen
1. der Gewinnermittlung bestimmte Betriebsausgaben
2. der Entrichtung der Umsatzsteuer bestimmte abziehbare Vorsteuerbeträge
jeweils mit Durchschnittssätzen angesetzt werden.

Nach § 2 der Verordnung gilt bei der Anwendung von Durchschnittssätzen folgendes:
(1) Durchschnittssätze können nur für die in Abs. 2 und 3 angeführten Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge angesetzt werden. Neben dem jeweiligen Durchschnittssatz dürfen Betriebsausgaben oder Vorsteuerbeträge nur dann berücksichtigt werden, wenn sie in vollem Umfang nach den tatsächlichen Verhältnissen angesetzt werden.
(2) Der Durchschnittssatz für Betriebsausgaben umfasst:
- Mehraufwendungen für die Verpflegung (Tagesgelder im Sinne des § 4 Abs. 5 in Verbindung mit § 26 Z 4 des Einkommensteuergesetzes 1988)
- Ausgaben für im Wohnungsverband gelegene Räume (insbesondere Lagerräumlichkeiten und Kanzleiräumlichkeiten)
- Ausgaben anlässlich der Bewirtung von Geschäftsfreunden
- üblicherweise nicht belegbare Betriebsausgaben wie Trinkgelder und Ausgaben für auswärtige Telefongespräche.
Der Durchschnittssatz beträgt 12% der Umsätze, höchstens jedoch 5.825 Euro jährlich.

Die oben wiedergegebenen Bestimmungen werden von Lehre (Doralt, EStG11, § 4 Tz 330, Stichwort: Vorsteuern; Doralt, EStG12, § 17 Tz 28/1, 70/6 und 70/7; Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, § 4 Abs. 3 Tz 7, § 17 Tz 51, 52), Rechtsprechung (; , -F/04, -6/04) und Verwaltungspraxis (EStR 2000 Rz 4131, 4132, 4355, 4356) im gegebenen Zusammenhang übereinstimmend wie folgt ausgelegt: Auf Versicherungsagenten im Sinne des § 94 Z 76 GewO ist die Pauschalierungsverordnung anwendbar. Führt ein Steuerpflichtiger mehrere Betriebe, kann er für jeden Betrieb gesondert entscheiden, ob er die Pauschalierung in Anspruch nimmt. Das Betriebsausgabenpauschale ist nach seinem klaren Wortlaut eine Nettogröße. Deshalb sind die darauf entfallenden Vorsteuern nach allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen zusätzlich als Betriebsausgaben abziehbar.

(Ob und inwieweit das Berufsgruppenpauschale bereits beim Betriebsergebnis der Mitunternehmerschaft allenfalls zu Unrecht Berücksichtigung gefunden hat, ist im Grunde des § 192 BAO ohne Belang, da die im Bescheid gem. § 188 BAO getroffenen Feststellungen dem Einkommensteuerbescheid zwingend zugrunde zu legen sind.)

Damit aber ist das Schicksal der Berufung bereits entscheiden, da das Begehren des Bw in der geschilderten Rechtslage Deckung findet. Ihr war stattzugeben, zumal auch das Finanzamt weder sachverhaltsbezogene noch in rechtlicher Hinsicht Bedenken dagegen vorgebracht hat.

Feldkirch, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 17 Abs. 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
HVertrG 1993, Handelsvertretergesetz, BGBl. Nr. 88/1993
§ 26 Z 4 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 192 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 188 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000


-F/04
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 4131
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 4132
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 4355
EStR 2000, Einkommensteuerrichtlinien 2000 Rz 4356
Zitiert/besprochen in
UFS Newsletter 2011/06
UFSjournal 1/2012, 40

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at