Mangelnde Berufungslegitimation
Entscheidungstext
Bescheid
Der Unabhängige Finanzsenat hat durch die Vorsitzende Mag. Eva Woracsek und die weiteren Mitglieder Mag. Andreas Stanek, Dr. Franz Kandlhofer und Gregor Ableidinger über die Berufung des Bw., gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten betreffend Zurückweisung eines Rechtsbehelfs mangels Aktivlegitimation nach der am in 1030 Wien, Hintere Zollamtsstraße 2b, durchgeführten Berufungsverhandlung entschieden:
Die Berufung betreffend Zurückweisungsbescheid vom wird als unzulässig zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
1. Vorgeschichte:
Die GesmbH (in weiterer Folge kurz GesmbH) betrieb in W das Gewerbe des Computerhandels (Handel mit Soft- und Hardware) und wurde vom Finanzamt unter der Steuernummer 123/4567 erfasst.
Die Gesellschafter AE (in der Folge kurz AE) und CS (in der Folge kurz CS), die die GesmbH auch als Geschäftsführer gemeinsam nach außen vertraten, waren zu je 50% am Stammkapital beteiligt. Die steuerliche Vertretung der GesmbH wurde von der BKS (in weiterer Folge kurz BKS) wahrgenommen.
Im Anschluss an eine Außenprüfung bei der GesmbH hinsichtlich der Umsatzsteuervoranmeldungszeiträume Februar 2006 bis März 2007 versagte das Finanzamt die Anerkennung von Vorsteuern im Ausmaß von € 86.803,76, weil bei drei Eingangsrechnungen die im § 11 UStG geforderten Rechnungsvoraussetzungen - Angabe einer Scheinadresse des Lieferanten - nicht erfüllt waren.
Mit Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der GesmbH wurde die GesmbH am aufgelöst.
Die von der GesmbH gegen das Versagen des Vorsteuerabzuges erhobene Berufung wurde vom Unabhängigen Finanzsenat mit Berufungsentscheidung vom - RV/2852-W/07 - als unbegründet abgewiesen und erwuchs diese Entscheidung in Rechtskraft. Eine Beschwerde wurde bei den Höchstgerichten nicht eingebracht.
Am wurde der Konkurs der GesmbH nach der Schlussverteilung aufgehoben.
2. gegenständliches Rechtsmittelverfahren:
Mit Schriftsatz vom beantragte die BKS (wörtlich)"... im Auftrag des Geschäftsführers [CS] für die [GesmbH] St.Nr 123/4567 ..." die Wiederaufnahme des durch die Berufungsentscheidung vom abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 303 BAO sowie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO. Begründend verwies der Antrag auf die jüngere Judikatur des EuGH:
"... Nunmehr hat sich aus der aktuellen Literatur ergeben, dass der EuGH in seiner Grundsatzentscheidung vom klargestellt hat, dass bloße Zweifel der Finanzbehörden nicht ausreichen, dem Bürger das Recht auf Vorsteuerabzug zu verwehren.
Die in diesen beiden EuGH-Urteilen (C-80/11 und C-142/11) getroffenen Kernaussagen des EuGH (Rn. 35, 37-39, 41-42, 44, 49-50, 59) sind auf unseren Fall zur Gänze zu übernehmen. ... "
Am wurde die amtswegige Löschung der GesmbH gemäß § 40 FBG im Firmenbuch durchgeführt (siehe FB-Auszug).
Mit Ergänzungsersuchen vom - adressiert an die GesmbH zu Handen der BKS - forderte das Finanzamt die GesmbH auf, eine Vollmacht für die steuerliche Vertretungsbefugnis der BKS zu den gestellten Anträgen vom vorzulegen.
Dieses Ergänzungsersuchen mit E-Mail vom beantwortend berief sich die BKS auf die vom Gesellschafter CS erteilte Vollmacht und führte wiederholt aus, dass
" ... der Antrag auf Wiederaufnahme im Auftrag des Gesellschafters CS eingebracht wurde, da dieser auf Grund seines Vermögens für die Bankverbindlichkeiten der Gesellschaft, die infolge Insolvenzeröffnung noch offen waren, zur privaten Haftung als Bürge und Zahler herangezogen wurde. ... "
Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den
"Antrag gemäß § 303 Abs. 1 Bundesabgabenordnung vom , eingebracht am betreffend [GesmbH] - Umsatzsteuerbescheid 3/2007 - mangels Parteienstellung im Verfahren als unzulässig zurück"
und adressierte diesen Zurückweisungsbescheid an
"Firma BKS Adresse.BKS"
Im Wesentlichen begründend führte das Finanzamt dabei aus, dass die Vollmacht zur steuerlichen Vertretung der GesmbH durch die BKS von beiden zur gemeinsamen Vertretung befugten Geschäftsführern der GesmbH erteilt werden müsse. Da eine derartige Vollmachtserklärung durch den zweiten zur gemeinsamen Vertretung befugten Geschäftsführer nicht vorliege, liege auch keine rechtsgültige Vollmacht der GesmbH zur steuerlichen Vertretung durch die BKS vor.
Mit Schriftsatz vom erhob die BKS "... im Auftrag des Geschäftsführers [CS] für die [GesmbH] ... " im Wesentlichen mit der Begründung Berufung, dass der Antrag auf Wiederaufnahme aufgrund der Bevollmächtigung durch CS berechtigt sei, weil eben Parteistellung vorliege.
Es werde die Stattgabe der Berufung beantragt. Für den Fall der Vorlage der Berufung werde die Anberaumung einer mündlichen Senatsverhandlung beantragt.
Ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung legte das Finanzamt die Berufung dem unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vor.
Über die Berufung wurde erwogen:
Als für die Bescheidqualität unverzichtbare Bestandteile eines Bescheides normiert § 93 BAO dessen ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid, den Spruch und die Nennung der Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft), an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten). Der Adressat ist namentlich zu nennen.
Ist der Bescheidadressat unrichtig bezeichnet, so ist dies nur dann unbeachtlich, wenn zweifelsfrei feststeht, an welchen Adressaten sich der Bescheid richtet.
Wenn der Bescheidadressat nicht im normativen Text selbst, sondern nur am Kopf des Bescheides (im Adressfeld) genannt ist, schadet dies nicht (Ritz, BAO4, § 93 Tz 6 mit Verweis Judikatur des VwGH).
Die Abgabenbehörde hat eine Berufung gemäß § 273 Abs. 1 lit. a BAO durch Bescheid zurückzuweisen, wenn die Berufung nicht zulässig ist. Nicht zulässig ist eine Berufung, wenn mangelnde Aktivlegitimation des Einschreiters vorliegt (Ritz, BAO4, § 273, Tz 2).
Gemäß § 246 Abs. 1 BAO ist zur Einbringung einer Berufung jeder befugt, an den der den Gegenstand der Anfechtung bildende Bescheid ergangen ist (Ritz, BAO4, § 273, Tz 4).
Im vorliegenden Fall ist Adressat des Zurückweisungsbescheides vom die BKS. Die Feststellung des Bescheidadressaten ergibt sich einerseits aus dem Adressfeld und andererseits aus der Würdigung der Begründung des Zürückweisungsbescheides.
Das Finanzamt hat den berufungsgegenständlichen Zurückweisungsbescheid vom nämlich an die
"Firma BKS Adresse.BKS"
gerichtet und in der Begründung ausgeführt, dass dieser kein Vertretungsrecht zukomme. Gegen diesen Bescheid wurde von dem durch die BKS vertretenen CS, einem der beiden früheren Geschäftsführer der am im Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 FBG gelöschten GesmbH, für die GesmbH Berufung erhoben ("... Wir schreiben Ihnen im Auftrag des Geschäftsführers CS für die GesmbH in...St. Nr. 123/4567 ...").
Der berufungsgegenständliche Zurückweisungsbescheid richtet sich aber nicht an den Wiederaufnahmswerber bzw. den nunmehrigen Berufungswerber, sondern an die für diesen eingeschrittene steuerliche Vertreterin, die BKS, nachdem das Finanzamt der Rechtsauffassung war, dass dieser kein Vertretungsrecht zukommt. Bescheidadressat im Sinne des § 93 Abs. 2 BAO ist demnach unzweifelhaft die BKS und nicht der Bw., weshalb dieser auch nicht zur Einbringung der gegenständlichen Berufung befugt ist.
Die Berufung war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung konnte gemäß § 284 Abs. 3 BAO abgesehen werden.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 93 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 273 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte | Berufungslegitimation Bescheidadressat |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at
Fundstelle(n):
HAAAD-30184