Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 24.09.2013, RV/0298-W/13

Kosten einer Studienreise eines Richters nach Jordanien sind nicht als Werbungkosten abzugsfähig.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 12/13/14 Purkersdorf, vom betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw), von Beruf Richter beantragte in der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 Werbungskosten in Höhe von 1.875,88 € (Reisekosten 1.585 €, 10 Tagesdiäten 264 € und Anreise mit PKW 26,88 €) für eine Studienreise nach Jordanien, in der Zeit vom bis .

Über Vorhalt übermittelte der Bw. eine Aufstellung sowie Belege der geltend gemachten Werbungskosten.

Vorgelegt wurden das Programm der "Delegation österreichischer RichterInnen und StaatsanwälteInnen nach Jordanien" sowie die Teilnehmerliste. Ergänzend führte der Bw. aus:

Bei dieser Reise handle es sich um die Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung, die der Erfüllung der aus § 57 RStDG resultierenden Fortbildungsverpflichtung dient. Deshalb werde vom Justizministerium nicht nur Sonderurlaub gewährt, sondern es wurde diese Delegation auch in das vom Justizministerium österreichweit herausgegebene Fortbildungsprogramm aufgenommen. Es bestehe kein Anspruch auf Zulassung, sondern die Bewilligung des jeweiligen Ansuchens um Teilnahme liege im ausschließlichen Interesse des Dienstgebers. Dass der Arbeitgeber die Ansicht teilt und die Teilnahme als der beruflichen Tätigkeit dienlich ansieht, ergibt sich aus der Zulassung in Verbindung mit der Gewährung von Sonderurlaub. Zur freien Dienstzeit wird auf die Ausführungen betreffend die Delegationen in den Jahren 2008 und 2009 verwiesen.

Zum Reiseverlauf:

25.10.: Anreisetag - Treffpunkt um 12.25 Uhr am Flughafen Schwechat, Ankunft um 18.45 Uhr, wegen nicht nachvollziehbarer Probleme im Zuge der Einreise wurde das Hotel erst gegen 21.00 erreicht.

26.10.: Bereits um 8.30 Uhr fand der erste offizielle Termin statt, nämlich ein Arbeitsfrühstück mit dem österreichischen Botschafter, der weitere Tagesverlauf ist dem Programm zu entnehmen und zum Botschaftsempfang ist darauf hinzuweisen, dass mehrere Vorträge über das Rechtssystem in Jordanien und die politische Situation (insbesondere das Verhältnis zu Israel) sowie die wirtschaftliche Lage gehalten und im Anschluss daran Fachgespräche mit der dortigen Kollegenschaft geführt wurden, die erst gegen 22.00 Uhr beendet wurden.

27.10.: Bereits um 9.00 Uhr musste sich der Bw. in der Rechtsfakultät der Universität in Amman einfinden, der gesamte Tagesverlauf sei dem Programm zu entnehmen. Der letzte offizielle Termin bei der Rechtsanwaltsvereinigung endete nach Führung diverser Fachgespräche wieder erst gegen 22.00 Uhr.

28.10 - 31.10.: Ablauf siehe Programm, keine offiziellen Termine.

1.11.: Besuch des Gerichtshofes in Aqaba ab 10.00 Uhr, Besichtigung des Gerichtsgebäudes und Teilnahme an Verhandlungen, danach Arbeitsgespräche mit dort tätigen Kollegen und nichtrichterlichem Personal; Ende des Termins ca. um 15.00 Uhr.

2.11.: von ca. 11.30 Uhr bis 16.00 Uhr überaus interessante Gespräche mit Behördenvertretern, die den Sonderstatus dieser wirtschaftlichen Zone erläutern und auf diverse Probleme in Zusammenhang mit Israel und den Palästinensern aufmerksam machten und versuchten Verständnis für manche kritisierte Vorgangsweise zu wecken.

3.1.: Reisetag

Unter Berücksichtigung der infolge des starken Verkehrsaufkommens vor allem in Amman zumeist erheblichen Zeitspannen für die Anreise zu den offiziellen Terminen sowie den beiden An- und Abreisetagen ergibt sich eine beruflich veranlasste Zeit, die jedenfalls der Normalarbeitszeit von 8 Stunden pro Tag entspricht (6 Arbeitstage - 25., 27., 28., 29.10., 2. und 3.11., daher 48 Arbeitsstunden). Der Umstand, dass die Arbeitsstunden nicht gleichmäßig verteilt auf die gesamte Reisedauer waren, lag einerseits nicht in der Ingerenz der Teilnehmer, ist aber andererseits wegen der für den Berufsstand geltenden freien Dienstzeit ohne Belang.

Das Erlangen von Verständnis und die Kenntnis islamischer Rechtssysteme erlangt infolge der fortschreitenden Globalisierung immer mehr Bedeutung und ist für eine gewissenhafte Berufsausbildung unerlässlich.

Der Bw. verweist auf sein Vorbringen zu den Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 und 2009 und erhebt die allgemeinen Ausführungen, die nicht in direktem Zusammenhang mit den konkreten Reiseverläufen stehen, auch zu seinem Vorbringen für das Jahr 2010.

Als Beweis gibt er seine Parteienvernehmung an.

Reiseprogramm der Delegation österreichischer RichterInnen und StaatsanwältInnen nach Jordanien (25.10. - )


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1. Tag:
Treffpunkt um 12.25 Uhr zwischen Terminal 1 und Terminal 2 am Flughafen Wien. Übergabe der Reiseunterlagen. Abflug in Wien um 14.25 Uhr mit Ankunft Amman um 18.45 Uhr/ RJ128 Transfer zum Hotel (ca. 30 min.)
2. Tag.
08.30 Uhr
Frühstück mit dem Botschafter der Republik Österreich in Jordanien Mag. XX
09.30 - 10.30 Uhr
Empfang beim Justizminister von Jordanien
11.00 - 12.00 Uhr
Besuch beim Präsidenten des Justizrates und des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes
12.30 - 13.30 Uhr
Besuch beim Hohen Rat für Angelegenheiten der Behinderten
17.00 Uhr
Empfang in der Botschaftsresidenz
3. Tag:
09.00 - 10.00 Uhr
Universität Amman, Rechtsfakultät
10.30 - 12.00 Uhr
Ausbildungszentrum der Richter Jordaniens
12.30 - 13.30 Uhr
Familienschutzressort
18.00 - 19.00 Uhr
Empfang bei der Rechtsanwaltsvereinigung
4. Tag:
Jerah & Ajloun & Pella
5. Tag:
Madaba anschließende Fahrt zum Toten Meer
6. Tag:
Petra Übernachtung im Wadi Rum
7.Tag:
Weiterfahrt nach Aqaba Check in im Hotel Möwenpick Aqaba
8. Tag:
10.00 Uhr
Besuch des Gerichtshofes erster Instanz in Aqaba Arbeitsgespräche mit Richtern
9. Tag:
11.30 Uhr
Gespräche mit Vertretern der Behörde dieser besonderen wirtschaftlichen Zone
10. Tag:
Transfer zum Flughafen und Rückflug via Amman nach Wien Aqaba - Amman mit RJ301 / 08.50 - 09.35 Uhr Amman - Wien mit RJ127 / 10.30 - 13.20 Uhr

Das Finanzamt versagte die Anerkennung dieser Kosten als Werbungskosten. Nach den Begründungsausführungen im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2010 liege keine beruflich veranlasste Reise vor. Aus den vorgelegten Unterlagen könne die überwiegende berufliche Bedingtheit nicht abgeleitet werden. Das vorgelegte Reiseprogramm sei keinesfalls so gestaltet, dass es keine Anziehungskraft auf andere Personen als Richter und Staatsanwälte ausüben könne. Auch könne aufgrund des vorgelegten Programms keine eindeutige und einwandfreie Abgrenzung zwischen den beruflichen und privat veranlassten Reiseabschnitten erfolgen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bw. innerhalb offener Frist Berufung und begründete diese wie folgt:

Die beantragten Kosten für die Reise nach Jordanien in Höhe von 1.875 € seien zu Unrecht nicht als Werbungskosten anerkannt worden.

Entsprechend der neueren Judikatur des VwGH (insbesondere der Entscheidung vom , 2010/15/0197) ist bei einer Reise, die abgrenzbare berufliche und private Veranlassungsbeiträge enthält, die jeweils nicht von völlig untergeordneter Bedeutung sind, der beruflich veranlasste Teil der Reisekosten zum Abzug zuzulassen, und es sind Reisekosten, die sowohl den beruflichen als auch den privaten Reiseteil betreffen, zur Umsetzung des anzuwendenden Nettoprinzips aufzuteilen.

Bei der vorliegenden Reise waren jedenfalls die Tage 26.10., 27.10., 1.11. und 2.11. nahezu ausschließlich beruflich veranlasst, sodass hinsichtlich dieser Tage zumindest anteilig eine Anerkennung als Werbungskosten zu erfolgen gehabt hätte. Auch die Reisetage (An- und Abreise) wären nach dieser Entscheidung anteilig zu berücksichtigen gewesen. Die übrigen Tage seien als in Österreich arbeitsfreie Tage bei der Berechnung außer Acht zu lassen.

Der Bw. beantragte Parteienvernehmung, in der er das Ausmaß der offiziellen Termine näher erläutern werde.

Der Bw. stellte den Antrag, die Kosten der Reise nach Jordanien zur Gänze, in eventu aber wenigstens anteilig als Werbungskosten zu berücksichtigen.

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und führte darin begründend aus, dass bei dieser Reise die erforderlichen Voraussetzungen nicht kumulativ vorlägen:

1. Planung und Durchführung der Reise

Aus den vorgelegten Unterlagen könne die weitaus überwiegend berufliche Bedingtheit keinesfalls abgeleitet werden.

2. Erwerb von Kenntnissen, die eine konkrete Verwertung im Beruf zulassen

Österreichische Richter und Staatsanwälte haben ihrer Tätigkeit nach österreichisches Recht auszuüben. Auch wenn die Kenntnisse ausländischer Rechtsvorschriften und der Abläufe der Justizverwaltung von Jordanien von Interesse sein mögen, ist es nicht nachvollziehbar, welche konkrete Verwertung im Beruf als österreichischer Richter ermöglicht wird.

3. Reiseprogramm

Das vorgelegte Reiseprogramm von Jordanien ist keinesfalls so gestaltet, dass es keine Anziehungskraft auf andere Personen als Richter und Staatsanwälte ausüben würde. Ob tatsächlich andere Personen teilgenommen haben, spiele dabei keine Rolle.

3. Abgrenzung zwischen allgemein interessierenden Programmpunkten und beruflich bedingten Programmpunkten

Das vom Finanzamt auf Basis der vorliegenden Unterlagen ermittelte Ausmaß an Zeiträumen mit allgemeinen Freizeitaktivitäten liege weit über jenem Wert, der für eine Absetzbarkeit sprechen würde.

Mit Erkenntnis vom , 2010/15/0197 hat der VwGH seine Rechtsprechung zu Mischreisen geändert. Demnach sind bei gemischt veranlassten Reisen zwei Arten zu unterscheiden: einerseits solche mit getrennten beruflichen und privaten Reiseabschnitten und andererseits solche mit einer untrennbaren Gemengelage zwischen beruflichen und privaten Elementen (sog. "Mischprogramm").

Lassen sich somit bei Studienreisen die beruflich veranlassten Reiseabschnitte klar und einwandfrei von privat veranlassten Reiseabschnitten trennen, ist eine Aufteilung und Zuordnung von Fahrtkosten, Verpflegungsaufwendungen und Nächtigungsgeldern vorzunehmen (vgl. auch LStR 2002, Rz 281). Liegt dagegen ein Mischaufwand vor, das private Erholungs- und Bildungsreisen mit beruflichen Interessen untrennbar vermengt, liegt keine berufliche Veranlassung vor. Die Beurteilung derartigen Mischaufwands hat sich auch durch die jüngere Judikatur des VwGH nicht geändert, es kommt nach wie vor das Aufteilungsverbot des § 20 EStG zur Anwendung (vgl. VwGH: Aufteilungsverbot bleibt unverändert, Reisekosten dennoch absetzbar, RdW 2011, 169).

Aus dem vorgelegten Reiseprogramm ergibt sich nach Ansicht des Finanzamtes keine eindeutige und einwandfreie Abgrenzbarkeit zwischen beruflich und privat veranlassten Reiseabschnitten.

Bei den Empfängen in der österreichischen Botschaft in Jordanien, beim Justizminister, Präsidenten des Justizrates und Präsident des Obersten Gerichtshofes von Jordanien, beim Hohen Rat für Angelegenheiten der Behinderten, bei der Rechtanwaltsvereinigung etc. handelt es sich nach Ansicht des Finanzamtes nicht um eine beruflich veranlasste Veranstaltung, sondern um eine Veranstaltung mit repräsentativem Charakter (vgl. ).

Nach Ansicht des Finanzamtes ist daher nicht von einer eindeutigen und einwandfreien Abgrenzbarkeit zwischen beruflicher und privater Veranlassung an den einzelnen Reiseabschnitten (Tagen) auszugehen; es liege vielmehr eine untrennbare Gemengelage, ein Mischaufwand vor.

Der Bw. führte im Vorlageantrag aus, dass das Programm und die Durchführung dieser Reise sehr wohl nahezu ausschließlich auf interessierte Teilnehmer aus der Richterschaft abgestellt war und für andere Personen ohne Anziehungskraft gewesen wäre.

Infolge ausreichender Abgrenzbarkeit der beruflichen veranlassten Reiseteile von jenen, die privat veranlasst waren, ist jedenfalls eine Aufteilung und Zuordnung von Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwendungen und Nächtigungsgeldern vorzunehmen. Eine untrennbare Vermengung der privat und beruflich veranlassten Reiseteile liege nicht vor.

Als Verfahrensmangel machte der Bw. geltend, dass die von ihm beantragte Parteienvernehmung unterblieben ist, in der er dargelegt hätte, dass diese Reise für Berufsfremde ohne jegliche Anziehungskraft gewesen wäre.

Abschließend stellte der Bw. den Antrag, der Berufung Folge zugeben und die Kosten dieser Reise als absetzbar zu qualifizieren.

Am erschien der Bw. vor dem unabhängigen Finanzsenat und gab zu Protokoll:

Ergänzend zur Berufung bringt der Bw. vor:

Der Bw. vertritt die Meinung, dass die beruflich veranlassten Tage während dieser Reise sehr wohl einen Arbeitstag von 8 Stunden umfassen. Wenn man die Stunden zusammenrechnet, ergeben sich mindestens 8 Stunden pro Tag. Bei den in Rede stehenden Tagen wurden vom Bw. sowohl die Anfangszeiten als auch die Endzeiten angegeben.

Die Beginnzeiten im Seminarprogramm beinhalten nicht die Anfahrtszeiten, die in diesen Städten relativ lang sind.

Seitens des Veranstalters wird kontrolliert, dass sich an diesen Reisen ausschließlich Richter und Staatsanwälte beteiligen. Es mag zutreffen, dass diese Reise auch auf andere Personen als jene aus der Richterschaft eine Anziehungskraft ausüben, aber die einladenden Staaten lassen nur Richter/Staatsanwälte zu einer Besichtigung der in Rede stehenden Organisationen, wie z.B. Gefängnisse und Gerichtsverhandlungen zu.

Der Bw. verweist nochmals auf die tageweise Betrachtung des ausschließlich beruflich veranlassten Teiles einer Reise wie im Erkenntnis des . In diesem Erkenntnis wird explizit auf die Tage abgestellt.

Abschließend ersuchte der Bw. der Berufung Folge zu geben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten allgemein die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.

Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abgezogen werden.

Der VwGH brachte im Erkenntnis vom , 2010/15/0197, zum Ausdruck, dass seine bisherige Rechtsprechungslinie zur Auslegung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bezüglich allgemeiner Mischaufwendungen aufrecht bleibt (Kuprian/Freisinger, UFS 2009, 44). Dies bedeutet, dass allgemeine Kosten von Reisen, die durch private Erholungs- und Bildungsinteressen mit beruflichen Interessen untrennbar vermengt, demnach nicht einwandfrei und nachvollziehbar aufteilbar sind, zu keinen Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Demgegenüber führen Reisen, die zusätzlich zu ausschließlich beruflich veranlassten Reiseabschnitten rein private Reiseabschnitte umfassen, zur anteiligen Absetzbarkeit.

Bei der Prüfung der Reise ist eine reiseabschnittsbezogene Betrachtung im Zusammenhang mit dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 vorzunehmen, wobei eine getrennte Beurteilung jedes einzelnen Reisetages vorzunehmen ist. Der VwGH hat dabei auf die Aufenthaltstage als maßgebliche Zeiteinheit für die Beurteilung der einzelnen Reiseabschnitte abgestellt, nicht auf kleinere Zeiteinheiten (vgl. Zorn, ÖStZ 2011, 213). Im Fall einer untrennbaren Gemengelage von privaten und mit der Einkünfteerzielung zusammenhängenden Umständen in einer Reise bzw. einem Reiseabschnitt führen die Reiseaufwendungen nicht zu Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten, es sei denn, der private Aspekt ist nur von untergeordneter Bedeutung (vgl. ).

Ergibt demgegenüber die Prüfung der Reise für den einzelnen Aufenthaltstag eine ausschließliche betriebliche oder berufliche Veranlassung in dem Sinne, dass von einem ausschließlich betrieblichen oder beruflichen Reiseabschnitt ausgegangen werden kann, stehen dafür die anteiligen Ausgaben als Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu.

Die Prüfung der ausschließlichen betrieblichen oder beruflichen Veranlassung hat dabei nach den vom VwGH für Studienreisen aufgestellten Kriterien zu erfolgen (vgl. , Zorn, ÖStZ 2011, 213). Danach muss bei Aufwendungen, die auch in den Kreis der privaten Lebensführung fallen können, ein strenger Maßstab angelegt und eine genaue Unterscheidung vorgenommen werden (Hinweis auf ). Weiter besteht nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bei den einzelnen Einkünften ein Abzugsverbot von Aufwendungen der Lebensführung, selbst wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen. Bei der Prüfung einer Reise bzw. eines Reiseabschnittes müssen demnach die vom VwGH für Studienreisen geforderten und vom Finanzamt bereits in der Berufungsvorentscheidung genannten vier Voraussetzungen kumulativ vorliegen, wenn die ausschließliche betriebliche oder berufliche Veranlassung bejaht werden soll und Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 ausgeschlossen werden sollen.

Vor diesem Hintergrund ist für den Berufungsfall auszuführen:

Planung und Durchführung der gegenständlichen Reise

Zur Planung und Durchführung der gegenständlichen Reise ist auszuführen, dass diese von der österreichischen Richterschaft und den Staatsanwälten organisiert und durchgeführt worden ist. Eine lehrgangsmäßige Organisation der Reise war auf Grund des vorgelegten Reiseprogramms nicht zu erkennen. Die Reise zeigt, wie noch nachfolgend dargestellt wird, auch an den einzelnen Aufenthaltstagen keine einwandfrei erkennbare überwiegende berufliche Bedingtheit auf.

Die Reise wäre durchaus auch für ein allgemeines Publikum von Interesse gewesen. Dass der Teilnehmerkreis vom Veranstalter bewusst exklusiv gehalten worden ist und sich auf Richter und Staatsanwälte beschränkt hat, würde nichts an der Tatsache ändern, dass das Reiseprogramm zu überwiegenden Teilen auch auf ein nicht fachspezifisches Publikum eine gewisse Anziehungskraft entfaltet hätte.

Reiseprogramm und konkrete Verwertung im Beruf

Der VwGH rechnet Aufwendungen für eine Reise, deren Gestaltung ungeachtet ihrer fachspezifischen Ausrichtung auf die Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen für einen weltoffenen, vielseitig interessierten Teilnehmer auch außerhalb des beruflichen Tätigkeitsfeldes des Steuerpflichtigen nicht jede Anziehungskraft nimmt, den Aufwendungen der Lebensführung zu (). Das vorgelegte Reiseprogramm sieht für den 26.10, 27.10., 1.11 und 2.11 beispielsweise ein Frühstück beim Botschafter der Republik, einen Empfang beim Justizminister, einen Besuch beim Präsidenten des Justizrates und des Präsidenten des Obersten Gerichtshofes, einen Besuch beim Hohen Rat für Angelegenheiten der Behinderten, sowie einen Empfang in der Botschaftsresidenz als Tagesordnungspunkte vor. Diese zeigen trotz ihres repräsentativen Charakters klar auf, dass das durch die Teilnahme an diesen Besuchen und Empfängen erworbene Wissen im Sinne des vorhin erwähnten Erkenntnisses des VwGH nicht nur für einen Richter, sondern auch für einen aufgeschlossenen, vielseitig politisch oder wirtschaftlich allgemeininteressierten Bildungsreisenden auch außerhalb des beruflichen Tätigkeitsfeldes des Bw. von Interesse sein kann (vgl. ). Der Bw. hat diesbezüglich auch keine konkrete berufliche Verwertung im Rahmen seiner Tätigkeit als Richter nachgewiesen, obgleich es an ihm gelegen wäre, darzutun, welche speziellen Ergebnisse die Reise für seine richterliche Tätigkeit gebracht habe.

Daraus folgt jedoch, dass diese konkreten Reiseprogrammpunkte nicht nur in einem allgemeinen beruflichen Kontext zur richterlichen Tätigkeit standen, sondern darüber hinaus eine Anziehungskraft auf andere als in der spezifischen Richtung beruflich interessierte Teilnehmer ausgeübt haben. Dabei kommt es nicht darauf an, ob im konkreten Fall die Teilnahme Dritter an der Studienreise zulässig gewesen wäre, sondern ob das Reiseprogramm an diesen Tagen auch für Dritte von touristischem Interesse gewesen wäre. Dies traf auf den konkreten Fall hinsichtlich sämtlicher Aufenthaltstage zu.

Auch steht im Berufungsfall eine berufliche Veranlassung als auslösendes Ereignis für die zu beurteilenden Reiseabschnitte qualitativ nicht so sehr im Vordergrund, dass die Reisekosten aus diesem Grund zur Gänze zu berücksichtigen wären. Es lag auch kein beruflicher Umstand bezüglich der einzelnen Aufenthaltstage vor, der eindeutig für den Antritt der in Rede stehenden Reise als fremdbestimmt zu werten gewesen wäre. Dies würde z.B. beispielsweise für jene Fälle gelten, in denen eine Reise auf Grund einer Anordnung des Arbeitgebers in Sinne eines Dienstauftrages durchgeführt wird, was jedoch auf den Berufungsfall nicht zutrifft. Vor diesem Hintergrund muss im Ergebnis eine berufliche Veranlassung nach dem Reiseprogramm für den 26.10. und am 27.10. verneint werden.

Zur beruflichen Veranlassung der einzelnen (Aufenthaltstage) als maßgebende Zeiteinheit für die Beurteilung einzelner Reiseabschnitte ist außerdem auszuführen, dass der 25.10. als Tag der Anreise als neutraler Zeitraum zu behandeln war. Die bereits oben erwähnten Tage (28.10., 29.10., 30.10 und 31.10) waren mit ihren umfassenden Besichtigungsprogrammen, die bei allen typischen Touristenreisen für Jordanienreisende angeboten werden (Jerash & Ajloun & Pella, Madaba, Petra) als ausschließlich privat veranlasst zu beurteilen. Berufliche Aspekte waren an diesen Tagen dem Programm nicht zu entnehmen und vom Bw. auch nicht dargelegt worden.

Abgrenzung zwischen allgemein interessierenden und beruflich bedingten Programmpunkten

Nach Lehre und Rechtsprechung ist bei der Prüfung der ausschließlichen beruflichen Veranlassung der Programmpunkte von einer durchschnittlichen Normalarbeitszeit von acht Stunden täglich auszugehen (Jakom/Lenneis, EStG 2013, § 4 Rz 330, ).

Laut Programm abzüglich des An- und Abreisetages standen als neutrale Zeit acht Tage in Jordanien zur Verfügung gestanden, von denen vier ausschließlich privat genutzt worden wären (8.10., 29.10., 30.10 und 31.10). Zwei Tage wären beruflich genutzt worden (26.10 und 27.10). Nur diese würden eine ausschließliche berufliche Widmung erkennen lassen. Der 1.11. und der 2.11. würden zwar berufliche Elemente beinhalten, wären aber dem vorgelegten Reiseprogramm folgend gemischt genutzt: Der 1.11. weise lediglich einen Programmpunkt um 10.00 Uhr (Besuch des Gerichtshofes in Aqaba, Arbeitsgespräche mit Richtern) auf, der 2.11. einen Termin um 11.30 Uhr, sodass über die Dauer der Gespräche mit Vertretern der Behörde und des Besuches des Gerichtshofes erster Instanz lediglich spekuliert werden kann und insgesamt gesehen von einer nicht einwandfreien und nicht nachvollziehbaren Trennung von privaten und beruflich veranlassten Zeiten auszugehen war.

Alle sonstigen berufsrelevanten Zeiten der Reiseteilnehmer würden dem offiziellen Reiseprogramm folgend einen detaillierten Programmablauf und eine kleinteilige Zeitplanung aufweisen (wie etwa der 26.10. oder der 27.10.), die beiden fraglichen Tage würden diese Genauigkeit jedoch vermissen lassen. Demgegenüber seien die privaten Programmpunkte im vorliegenden Reiseplan durch eine lediglich knappe Nennung eines Ortes gekennzeichnet. Dass folglich am 1.11. bzw. 2.11. der berufliche Anteil überwogen hätte bzw. dieser die Intensität eines normalen in der Regel acht Stunden dauernden Arbeitstages erreicht hätte, sei aus dem offiziellen Reiseprogramm nicht zu entnehmen gewesen und habe der Bw. auch nicht nachweisen können. Die diesbezüglichen Aufwendungen waren daher der privaten Lebensführung zuzuordnen.

Zusätzlich zu den oben dargelegten Gründen ist die ausschließliche berufliche Veranlassung der Reise für den 26.10 und 27.10. auch deshalb zu verneinen, da die Programmpunkte am 26.10. (mangels Angabe einer Endzeit des Empfanges in der Botschaftsresidenz) und am 27.10. nicht erwiesenermaßen die Dauer von acht Stunden erreichten.

Die verfahrensgegenständliche zehntägige Reise beinhaltet zwei Reisetage, ein ganzer Tag mit repräsentativem Charakter (26.10.), ein Tag (27.10.) mit überwiegenden repräsentativen Charakter, vier ganze Tage touristische Ausflugsziele (28.10. - 31.10.) und an zwei Tagen (1.11. und 2.11.) berufliche Gespräche, deren Dauer nicht nachgewiesen wurde.

Der Vorhaltsbeantwortung, wonach der Bw an sechs Arbeitstagen (25.10., 27.10., 28.10., 29.10., 2.11. und 3.11.) eine beruflich veranlasste Zeit von mindestens acht Stunden pro Tag erreichte (insgesamt 48 Stunden), kann daher nicht gefolgt wurden. Eine Aufsummierung aller im Reiseprogram angegebenen beruflich bezogenen Punkte inklusive Anreise und Abreise widerspreche nämlich der für die Überprüfung des Vorliegens einer 40-Stunden Woche zur reiseabschnittsbezogenen Betrachtung im Zusammenhang mit dem § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 bestehenden höchstgerichtlichen Judikatur (vgl. ).

Zwar ist der VwGH in Anlehnung an die geänderte Rechtsansicht des deutschen BFH vom strikten Aufteilungsverbot abgegangen, doch trifft er weiterhin eine klare Unterscheidung hinsichtlich der Prüfung der Veranlassung einer Reise und jener der folgenden Reisegestaltung und legt bei der Beurteilung der Veranlassung einen strengen Maßstab an ( und 2010/15/0043). Im besagten Erkenntnis ist die Reise des Bw. nach China eindeutig fremdbestimmt und beruflich veranlasst gewesen. Der folgende private Interessen befriedigende Aufenthalt in Tibet war bei der Wahl des konkreten Reiseziels nicht bestimmend gewesen. Darüber hinaus tritt der private Anteil von vier Tagen gegenüber dem beruflichen von 20 Tagen auch deutlich in den Hintergrund.

Auch vor dem Hintergrund der oben angeführten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes kann im gegenständlichen Verfahren keine klare Trennung eines beruflich und eines privat veranlassten Reiseabschnittes vorgenommen werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at