Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 11.10.2010, RV/0827-W/08

Verjährung und Vorläufigkeit Rechnungsmerkmale und Vorsteuerabzug


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Miterledigte GZ:
RV/0828-W/08

Beachte

VwGH-Beschwerde zur Zl. 2010/13/0192 eingebracht. Mit Erkenntnis vom Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zl. RV/7101124/2015 erledigt.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Dr. Christian Lenneis und die weiteren Mitglieder Dr. Wolfgang Pavlik, Mag. Belinda Maria Eder und Walter Supper im Beisein der Schriftführerin Ingrid Pavlik über die Berufung des Bw., vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Wien 9/18/19 Klosterneuburg, vertreten durch Hofrat Mag. F.Z., vom betreffend Umsatzsteuer 1999 samt Wiederaufnahme nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.

Entscheidungsgründe

Das Finanzamt (FA) erließ am den vorläufigen Umsatzsteuerbescheid 1999.

Am nahm das FA das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1999 gemäß § 303 Abs 4 BAO wieder auf.
Gleichzeitig wurde der gem § 200 Abs 1 BAO vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1999 erlassen, in dem die Vorsteuer aus der Rechnung der ARGE P-Gasse nicht anerkannt wurde.

In der Bescheidbegründung zu beiden Bescheiden wurde zur Verjährung iw ausgeführt, der Umsatzsteuerbescheid 1999 sei gem § 200 Abs 1 vorläufig ergangen. Grundlage für die Vorläufigkeit sei die Ungewissheit in Bezug auf den Umfang der Abgabepflicht betreffend die Einkunftsquelleneigenschaft "Vermietung C.". Die Einkunftsquelle sei 1991 angeschafft worden und es sei festgestellt worden, dass es ungewiss sei, ob in einem überschaubaren Zeitraum ein Gesamtüberschuss erzielt werden könne. Für dieses Jahr sei dies auch in der Begründung festgehalten worden. Diese Begründung wirke auch auf die vorläufig erlassenen Bescheide der Folgejahre. Auch im Jahr 1999 gäbe es Zweifel an der Anerkennung als Einkunftsquelle (das Erreichen eines Gesamtüberschusses sei nicht gesichert) und die Verjährung beginne erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt sei, zu laufen. Daher sei noch keine Verjährung des Umsatzsteuerbescheides eingetreten.

Zum Sachverhalt wurde ausgeführt, der Bw habe mit Kaufvertrag vom vier Wohnungen erworben. Am habe er einen Bauauftrag für die Sanierung dieser Wohnungen mit der ARGE Ausbau P-Gasse und der X Bau GmbH unterfertigt. Aus dem Zeitablauf und den Mietverträgen gehe hervor, dass drei der vier Tops bereits vor Unterzeichnung des Bauauftrages vermietet worden seien. Der Bw habe fertig sanierte Wohnungen zu einem fix vereinbarten Preis erworben. Der im Nachhinein unterzeichnete Bauauftrag sei steuerlich irrelevant. Der Erwerber sei auch nicht Bauherr gewesen. Er sei nicht Empfänger der Bauleistungen, sondern habe eine steuerfreie Grundstückslieferung vom grundbücherlichen Eigentümer erhalten. Die ARGE habe an ihn die Rechnung ausgestellt, obwohl er nicht Empfänger der Bauleistungen gewesen sei. Ein Einfluss des Bw auf die Sanierungsmaßnahmen sei aus näher dargelegten Gründen auszuschließen.

Auch die Bauherreneigenschaft des Bw liege aus den näher dargestellten Gründen nicht vor.

Der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der ARGE Ausbau P-Gasse sei daher zu versagen.

In der Berufung wurde iw vorgebracht,
bezüglich der Wiederaufnahme sei festzuhalten, dass die Verjährungsfrist für die Umsatzsteuer 5 Jahre betrage. Die Umsatzsteuer 1999 wäre somit mit Ablauf des Jahres 2004 verjährt. Eine Verlängerungshandlung sei mit Erlassung des vorläufigen Umsatzsteuerbescheides am gesetzt worden. Damit verlängere sich die Verjährungsfrist bis Ende 2005.
Die Wiederaufnahme werde mit der Vorläufigkeit des Umsatzsteuerbescheides 1999 vom begründet. In diesem Umsatzsteuerbescheid finde sich aber keinerlei Hinweis bzw Begründung für eine Ungewissheit.
Richtig sei, dass anlässlich einer Bp für ua 1991 dieses Jahr vorläufig veranlagt worden sei mit folgender Begründung:
"Vom Abgabepflichtigen wurde im November 1991 ein Kaufvertrag über den Erwerb eines Liegenschaftsanteiles verbunden mit einer vom Grundeigentümer zu errichtenden Eigentumswohnung im 88. Wiener Gemeindebezirk (Objekt C.) abgeschlossen. Im Jahr 1991 wurde für dieses Objekt in der Einkommensteuererklärung ein Werbungskostenüberschuss von S - 806.748,93,-- bei den Einkünften aus V + V und in der Umsatzsteuererklärung ein Vorsteuerbetrag von S 23.950,-- geltend gemacht. Im Prüfungszeitpunkt war das Gebäude noch nicht fertig gestellt, sodass eine Prognose über die Ertragsfähigkeit dieses Objektes noch nicht vorgelegt werden konnte.
Da das Vorliegen einer Einkunftsquelle im Hinblick auf den aufgetretenen Verlust im Veranlagungszeitpunkt noch ungewiss ist, war die Veranlagung daher vorläufig vorzunehmen."
In der Folge seien sämtliche Umsatz- und Einkommensteuerbescheide der Folgejahre, also ab 1992 bis 2005, vorläufig ergangen. In keinem einzigen der Folgebescheide sei eine Begründung für die Vorläufigkeit angegeben, nur im Umsatz- und Einkommensteuerbescheid 1991.
Die Begründung des FA in den bekämpften Bescheiden sei aus 2 Gründen tatsachenwidrig. Einerseits habe die Bp für das Jahr 1991 im Jahr 1993 stattgefunden. Es sei daher unmöglich, dass zu diesem Zeitpunkt bereits eine Begründung für die Vorläufigkeit des Umsatzsteuerbescheides 1999 gegeben werden konnte. Andererseits sei der vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1999 nicht "wie bereits angeführt auch entsprechend begründet", sondern er sei überhaupt nicht begründet.
Für die Behauptung des FA, die Begründung für 1991 wirke auch auf die vorläufig erlassenen Bescheide der Folgejahre, finde sich in der Literatur und Judikatur kein einziger Anhaltspunkt.
Der Ansicht des FA sei Folgendes entgegenzuhalten.
Ein Bescheid habe nach § 93 Abs 3 lit a BAO eine Begründung zu enthalten, welche nachvollziehbar sein muss. Der Bw habe jedoch im Jahr 1999 aus mehren Objekten Einkünfte aus V + V erzielt, sodass nicht nachvollziehbar sei, in welchem Vermietungsobjekt die Unsicherheit gelegen wäre.
Sinn und Zweck der Begründung eines Bescheides sei letztlich der Rechtsschutz. Der Stpfl muss in der Lage sei, den Bescheid zu überprüfen.
Die Behörde müsse in der Bescheidbegründung ua darlegen welche Ungewissheit für die Vorläufigkeit ausschlaggebend war. Bleibe die Begründung unter diesem rechtsstaatlichen Mindeststandard, könne sie die Vorläufigkeit des Bescheides nicht rechtfertigen.
Wenn somit in einem vorläufigen Bescheid die Ungewissheit nicht bezeichnet und schon gar nicht begründet sei, könne begrifflich in diesem Jahr keine Ungewissheit bestehen. § 208 Abs 1 lit d BAO sei nicht anzuwenden, wenn ein vorläufiger Bescheid erlassen wurde, obwohl keine Ungewissheit bestand. Daher richte sich der Beginn der Verjährung nach § 208 Abs 1 lit a BAO. In diesem Sinne habe auch der UFS entschieden.
Auch ein vorläufiger Bescheid müsse alle Bescheidmerkmale enthalten. Die Vorläufigkeitserklärung bedürfe einer Begründung, welche hier eben fehle.
Die Erlassung eines vorläufigen Bescheides sei eine Ermessensentscheidung, welche ebenfalls begründet werden müsse.
Der Bescheid sei rechtswidrig erlassen worden. Der Umsatzsteuerbescheid 1999 vom könne kein vorläufiger gewesen sein, womit aber Verjährung mit Ende 2005 eingetreten sei.
Weitere Gründe, die gegen die Vorläufigkeit des Umsatzsteuerbescheides 1999 sprechen würden:
Es hätten keinerlei Ermittlungshandlungen stattgefunden, welche die Feststellung einer eventuellen Ungewissheit bzw deren Wegfall zum Gegenstand hätten.
Die Möglichkeit, vorläufige Bescheide zu erlassen, seien nicht dazu bestimmt, der Behörde vorerst die Ermittlung der maßgeblichen Tatsachen und rechtlichen Verhältnisse zu ersparen und sich sogleich die Abgabeneinnahmen zu verschaffen.
§ 200 BAO dürfe nicht zu einer Umkehr der Beweislast und zu einer Aufhebung der amtswegigen Erforschung der materiellen Wahrheit führen.
Die Behörde wäre verpflichtet gewesen, für die Folgejahre nach 1991 den Wegfall der Ungewissheit zu erforschen. Entscheidend sei die objektive Beseitigung des Tatbestandes, dh das tatsächliche Wegfallen der Ungewissheit, gleichgültig ob die Behörde oder die Partei hievon Kenntnis erlangte oder nicht.
Erst nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens könne die Bedingung des Bestehens von Ungewissheiten erfüllt sein.
Vor Feststellung der Vorläufigkeit müsse jedenfalls ein Ermittlungsverfahren stattfinden. Bloße Vermutungen in Richtung Ungewissheit des Sachverhalts reichten für eine vorläufige Veranlagung nicht aus.
Während der Gesetzgeber bei den mit Liebhaberei verbundenen Unsicherheiten ganz selbstverständlich in § 200 BAO die Erlassung vorläufiger Bescheide zu Lasten des Abgabepflichtigen vorsehe, sei dies bei den mit Rückstellungen und Forderungsbewertungen verbundenen Unsicherheiten gleichermaßen selbstverständlich nicht vorgesehen. Eine rechtspolitische Begründung für diese unterschiedliche Behandlung werde vom Gesetzgeber nicht geliefert.
Den bis zum Jahr 1999 erlassenen Umsatzsteuerbescheiden liege eine die Vorläufigkeit rechtfertigende Ungewissheit tatsächlich nicht zu Grunde. Die vorläufigen Bescheide seien zwar nicht bekämpft worden, was zu deren Rechtswirksamkeit geführt habe, doch hätte dies Auswirkungen auf den Lauf der Verjährungsfrist, da in diesem Falle - wenn ein vorläufiger Bescheid erlassen wurde, obwohl keine Ungewissheit bestand - § 208 Abs 1 lit d BAO nicht anzuwenden sei, sondern sich der Beginn der Verjährung nach § 208 Abs 1 lit a BAO richte.
Letztlich sei auf zu verweisen.

Zusammenfassend sei auszuführen, dass der als vorläufig bezeichnete Umsatzsteuerbescheid 1999 vom mangels Begründung der Vorläufigkeit und damit auch fehlender Ermessensbegründung als endgültiger Bescheid zu klassifizieren sei; demzufolge sei mit Ablauf des Jahres 2005 Verjährung eingetreten.

Zum Umsatzsteuerbescheid 1999 sei auszuführen, dass der verwehrte Vorsteuerabzug zu Recht geltend gemacht worden sei. Die vier Wohnungen in 9999 Wien, P-Gasse wären nie gekauft worden, wenn der Vorsteuerabzug aus den Errichtungskosten nicht bestanden hätte. Die Finanzbehörde übersehe die Optionsmöglichkeit zur Umsatzsteuerpflicht von Grundstücksumsätzen. Somit könne keine Rede davon sein, dass die tatsächlich gewählte Konstruktion auf einen ungerechtfertigten Vorsteuerabzug ausgerichtet war. Auch bestehe die Möglichkeit, dass die ARGE die Rechnung storniert, neu an die beiden Verkäufer ausstellt, diese den Vorsteuerabzug geltend machen und an den Bw mit 20% Umsatzsteuer fakturieren.
Die Finanzbehörde lasse außer Acht, dass in die Lieferungen zwei unterschiedliche Unternehmer auf Basis von zwei unterschiedlichen zivilrechtlich gültigen Verträgen eingebunden gewesen seien. Es habe daher keine Aufspaltung einer Lieferung in zwei Teilleistungen gegeben. Eine Zusammenfassung zu einer Leistung sei daher umsatzsteuerlich nicht möglich.
Ausbauten an einer Liegenschaft bildeten umsatzsteuerlich einen eigenständigen lieferfähigen Gegenstand. Ggstdl Ausbauten teilten nicht das Schicksal des Grundstücks.
Die Annahme einer einheitlichen Leistung stehe auch im Widerspruch zur Rechtsprechung des VwGH und des EuGH.
Die Bauherreneigenschaft sei für die Frage des Vorsteuerabzugs nicht erforderlich.
Zur Bescheidbegründung des FA sei noch auszuführen, dass das Datum des Abschlusses des Mietvertrages nicht bedeute, dass das Mietverhältnis auch ab diesem Tag beginnt.
Die Stornierung der Sanierungsrechnungen könnte nur bedeuten, dass diese Gesellschaft nach der Stornierung dieser Rechnungen neue Rechnungen an die ARGE gestellt hat. Damit hätte die ARGE die von der dritten Gesellschaft ausgeführten Sanierungsarbeiten erworben und durfte sie weiterverrechnen.
Vereinbarungen über die Verrechnung der Baukosten an einen späteren Abnehmer und nicht an den Liegenschaftseigentümer seien bei Bauten auf fremdem Grund gängige Praxis. Die Ansichten des UFS fänden im UStG keine Deckung. Der umsatzsteuerliche Leistungsaustausch setze nicht voraus, dass bereits bei Herstellung des später übertragenen Gegenstandes ein Auftrag des (späteren) Leistungsempfängers vorliege. Im Falle eines bereits hergestellten Liefergegenstandes sei mangels anderer gesetzlicher Vorgaben daher ausreichend, dass Willensübereinstimmung über die Übertragung der an diesem bestehenden Verfügungsmacht hergestellt wird.

Das FA legte die Berufung dem Unabhängigen Finanzsenat (UFS) am zur Entscheidung vor.

Der UFS setzte das Berufungsverfahren mit Bescheid vom bis zur Beendigung des beim VwGH zur Zahl Gz 2006/13/0133 schwebenden Verfahrens aus.

Das VwGH Verfahren wurde mit Erkenntnis vom beendet. Die dort angefochtene Berufungsentscheidung des UFS wurde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Die Amtspartei kündigte am an, einen ergänzenden Schriftsatz einzubringen.

Mit Schreiben vom wurde die Amtspartei aufgefordert, den ergänzenden Schriftsatz einzubringen.

Der Schriftsatz langte am ein.
In diesem wurde iw ausgeführt, der Bw habe mit Kaufvertrag vom vier Wohnungen in der P-Gasse XY erworben. Am habe er einen Bauauftrag über die Sanierung dieser Wohnungen unterfertigt. Am habe die ARGE Ausbau P-Gasse den Betrag von ATS 2,760.000,-- inkl 20% USt dem Bw unter dem Titel "Abrechnung Bauauftrag" in Rechnung gestellt.
Die Sanierung zweier Tops sei bereits mit Rechnungen vom abgerechnet worden. Diese Rechnungen seien bei Ausstellung der Rechnung an den Bw wieder storniert worden. Die beiden Wohnungen seien demnach bereits ein Jahr vor der Erteilung des Bauauftrags saniert gewesen.
Drei der vier Wohnungen seien bereits vor dem Erwerb durch die Verkäufer vermietet gewesen.
Eine Beauftragung der ARGE durch den Bw mit der Durchführung von Sanierungsarbeiten sei zivilrechtlich nicht möglich gewesen, da die Sanierung zu diesem Zeitpunkt bereits erbracht war, weshalb der Bauauftrag nichtig und als Scheinauftrag zu qualifizieren wäre.

Der UFS räumte dem Bw mit Schreiben vom die Gelegenheit zur Äußerung zur Stellungnahme der Amtspartei ein.

Am langte die Stellungnahme des Bw beim UFS ein. Darin wurde iw vorgebracht, die Amtspartei sei auf die Argumentation des Bw zur Verjährung nicht eingegangen.
Zur inhaltlichen Argumentation der Amtspartei werde auf das Erkenntnis des verwiesen, in dem die Ansicht des UFS, die auch ggstdl Umsatzsteuerbescheid zu Grunde gelegt worden war, verworfen worden sei.
Das Argument des Scheingeschäfts sei zum Scheitern verurteilt. Auf die Möglichkeit der Option zur Steuerpflicht werde nochmals verwiesen.

Am fand die mündliche Verhandlung vor dem Berufungssenat statt.

Der Bw brachte in dieser zur Wiederaufnahme des Verfahrens iw vor, er habe 1991 eine Wohnung erworben. Da dem FA offenbar nicht klar gewesen sei, ob aus der Vermietung dieser Wohnung ein Gesamtüberschuss erzielt werden wird, sei die Veranlagung gem § 200 Abs 1 BAO vorgenommen worden. Ab diesem Jahr seien sämtliche Veranlagungen ohne Begründung vorläufig erlassen worden. Dies bedeute, dass offensichtlich keine Ungewissheit vorgelegen habe, was zur Folge habe, dass die allgemeinen Bestimmungen des § 208 Abs 1 lit a BAO heranzuziehen wären und im Zeitpunkt des Wiederaufnahmebescheides bereits Verjährung eingetreten sei.
Nach Anschaffung der in Rede stehenden Wohnung sei vier Jahre lang ein Verlust erzielt worden, ab dem Jahr 1994 aber bereits Überschüsse. Das FA habe nicht ermittelt, ab welchem Zeitpunkt ein Gesamtüberschuss entstehen würde.

Dazu führten ein Vertreter der Amtspartei iw aus, es sei zutreffend, dass das FA den ursprünglichen vorläufigen Bescheid 1999 ohne Begründung erlassen habe. Dies habe aber keine rechtliche Konsequenzen, da der Bescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Es sei daher ausschließlich strittig, ob im Jahr 1999 objektiv gesehen eine Ungewissheit vorgelegen habe, was zu bejahen sei. In diesem Fall sei der Bescheid ungeachtet seiner fehlenden Begründung dennoch rechtmäßig ergangen. Der Grund für die Ungewissheit sei die strittige Einkunftsquelleneigenschaft einer vom Bw 1991 erworbenen Wohnung gewesen. Wie aus der Bescheidbegründung 2007 hervorgehe, sei diese Ungewissheit bis zum heutigen Tag nicht beseitigt. Es sei bis heute unklar, ob in der Vermietung der Wohnung tatsächlich eine Einkunftsquelle zu erblicken sei. Daraus folge, dass der Bescheid zu Recht vorläufig erlassen worden sei, weshalb die Verjährung gemäß § 208 Abs 1 lit d BAO erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde, zu laufen beginnt. Da dies bis jedenfalls 2007 nicht der Fall gewesen sei, sei Verjährung nicht eingetreten.
Möglicherweise seien ab 1995 Periodenüberschüsse erzielt worden, dies sage aber nichts aus, ab welchem Zeitpunkt ein Gesamtüberschuss entstehen würde.

Zur Vorsteuer aus dem Ankauf von vier Wohnungen wiederholte der Bw sein bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, die Wohnungen seien nicht völlig fertig gestellt und fertig saniert gewesen; seiner Erinnerung nach hätte er alle Mietverträge neu abgeschlossen.

Die Vertreter der Amtspartei wiederholten ihr bisheriges Vorbringen und führten ergänzend aus, dass auf der Rechnung der Leistungszeitraum fehle; dass zumindest zwei der erworbenen vier Wohnungen zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Bw bereits fertig saniert waren und dass nach den vorliegenden Unterlagen überdies drei der vier Wohnungen bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs durch den Bw vermietet waren; der Bw sei offensichtlich nicht in die Mietverträge eingestiegen; überdies liege die Unterschrift einer der Mieter vor, woraus hervorgehe, dass die Wohnung bereits in saniertem Zustand am angemietet worden sei.

Über die Berufung wurde erwogen:

Folgender Sachverhalt steht fest.

Der Bw erwarb 1991 in 3333 Wien, C., eine Eigentumswohnung, welche er vermietete. Vier Jahre lang erzielte der Bw aus der Vermietung Verluste, dann kleinere Überschüsse. Im Jahr 1999 hatte er aus der Vermietung der Wohnung noch keinen Gesamtüberschuss erzielt.
Im Jahr 1999 stand nicht fest, ob die Tätigkeit der Vermietung der Wohnung auf Dauer gesehen Einnahmenüberschüsse erwarten lässt. Der Umsatzsteuerbescheid durch das FA für das Jahr 1999 erging vorläufig. Die Vorläufigkeit wurde in diesem Bescheid vom nicht begründet. In diesem Jahr erzielte der Bw aus der Vermietung der Wohnung C. laut Steuererklärung einen Überschuss iHv ATS 37.141,20,--.

Am nahm das FA das Verfahren betreffend Umsatzsteuer 1999 gemäß § 303 Abs 4 wieder auf.
Gleichzeitig wurde der gem § 200 Abs 1 BAO vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1999 erlassen, in dem die Vorsteuer aus der Rechnung der ARGE P-Gasse vom nicht anerkannt wurde.

Die Rechnung hat folgendes Aussehen:

"...................................................................................... Wien,

Endabrechnung Bauauftrag
Bvh. 9999 Wien, P-GasseXY/18,20,22,24

Sehr geehrter Herr Dkfm. W.,

vereinbarungsgemäß verrechnen wir Ihnen für die Renovierung der Wohnungen Top 18/19, Top 20/21, Top 22/23 und Top 24 im Objekt 9999 Wien, P-GasseXY gemäß den mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen für insgesamt 4 Wohneinheiten wie folgt:

Bauliche Maßnahmen gemäß Bauauftrag
samt Herstellung Decken, Wände, Böden
samt Elektro- und Sanitärinstallationen...................................................öS 1.690.000,00
Heizungsinstallationen........................................................................ öS.. 230.000,00
Beleuchtungskörper und Sanitäreinrichtungen..........................................öS ..190.000,00
Kücheneinrichtungen...........................................................................öS ..190.000,00

Gesamtrenovierung für 4 Wohneinheiten................................................ öS 2.300.000,00
zuzüglich 20% USt............................................................................. öS ...460.000,00

Gesamtrechnungsbetrag......................................................................öS 2.760.000,00

Die Übernahme der Wohnungen erfolgt von Ihnen am .

Wir ersuchen Sie um kurzfristige Überweisung des Gesamtrechnungsbetrages auf unser Konto ...

..."

Der festgestellte Sachverhalt beruht auf folgender Beweiswürdigung.

Die Vermietung der Wohnung des Bw in Wien, C. seit 1991 ist unbestritten. Dass die ersten 4 Jahre der Vermietungstätigkeit nur Verluste angefallen sind, hat der Bw selbst vorgebracht. Dass später Überschüsse der Einnahmen über die Werbungskosten angefallen sind, ist aktenkundig. Dass im Jahr 1999 noch kein Gesamtüberschuss erreicht wurde, ergibt sich aus der Aktenlage und dem unwidersprochenen Vorbringen des FA vor dem Berufungssenat. Fehlt bei einer Tätigkeit (in der Art, wie sie der Stpfl gestaltet) objektiv die Möglichkeit, Überschüsse zu erzielen, handelt es sich nicht um eine Einkunftsquelle. Entscheidend ist, ob unter Bedachtnahme auf die Art der Betriebsführung Einnahmenüberschüsse erwirtschaftet werden können. In einem absehbaren Zeitraum muss ein Gesamtüberschuss erwartet werden können. Dieser war im Jahr 1999 (nach den Ergebnissen seit Beginn der Vermietung) jedenfalls nicht gegeben und es war daher im Jahr 2001 ungewiss, ob ein solcher nach der Art der Betriebsführung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes zu erzielen sein würde.

Aus rechtlicher Sicht ist auszuführen wie folgt.

Wiederaufnahme des Verfahrens

Mit Bescheid vom wurde der vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1999 vom nach § 303 Abs 4 BAO wieder aufgenommen. Der Bw bringt vor, es sei bereits mit Ende 2005 Verjährung eingetreten.

Nach § 208 Abs 1 lit d BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 200 (Vorläufigkeit) mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewissheit beseitigt wurde. Dies ist eine Ausnahme von der Grundsatzregelung des § 208 Abs 1 lit a BAO, wonach die Verjährung grs mit dem Ablauf des Jahres beginnt, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist. Maßgebend für den Beginn ist der Zeitpunkt des tatsächlichen Wegfalles der Ungewissheit.

BAONach Lehre und Judikatur (s Ritz, BAO Kommentar, 3., überarbeitete Auflage, § 208, Rz 4 mwN) ist § 208 Abs 1 lit d nicht anzuwenden, wenn ein vorläufiger Bescheid erlassen wurde, obwohl keine Ungewissheit bestand. In diesem Fall würde sich der Beginn der Verjährung nach § 208 Abs 1 lit a BAO richten.

Insofern kann den Ausführungen des Bw in der Berufung gefolgt werden (s Berufung S 7 Pkt. 6).

Der Berufungssenat gelangt jedoch im Gegensatz zum Bw zur Ansicht, dass der Bescheid zu Recht vorläufig erlassen wurde, weil eine Ungewissheit bestand.
Es ist zwar richtig und wird auch von der Amtspartei zugestanden, dass die Vorläufigkeit nicht begründet wurde. Dies bedeutet jedoch nicht, dass keine Ungewissheit bestand. Der Bescheid litt an einem Begründungsmangel, der jedoch nicht bekämpft wurde. Der vorläufige Umsatzsteuerbescheid 1999 wurde rechtskräftig. Zu prüfen ist aber nicht, ob der Bescheid ordnungsgemäß begründet wurde, sondern ob eine Ungewissheit im Sinne des § 200 Abs 1 BAO vorlag.

Nach § 200 Abs 1 BAO kann die Abgabenbehörde die Abgabe vorläufig festsetzen, wenn nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens die Abgabepflicht zwar noch ungewiss, aber wahrscheinlich oder wenn der Umfang der Abgabepflicht noch ungewiss ist.

Vorläufige Bescheide dürfen vor allem dann erlassen werden, wenn in der Zukunft liegende Sachverhalte entscheidungsrelevant sind. So kann etwa nach Lehre und Judikatur für die Frage, ob Liebhaberei vorliegt, die Kenntnis der wirtschaftlichen Entwicklung künftiger Jahre bedeutsam sein. Die betroffenen Bescheide dürfen daher vorläufig erlassen werden. (S Ritz, aaO, § 200, Tz 4).

§ 2 Abs 5 Z 2 UStG 1994 sieht vor, dass eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt (Liebhaberei), nicht unternehmerisch ist. Umsätze aus einer solchen Tätigkeit unterliegen daher einerseits nicht der Umsatzsteuer, andererseits können die mit einer derartigen Tätigkeit zusammenhängenden Vorsteuern nicht abgezogen werden.

Nach § 6 LiVO idfd Streitjahr gF kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur bei Betätigungen im Sinne des § 1 Abs. 2, nicht hingegen bei anderen Betätigungen vorliegen.

Bei Betätigungen im Sinn des § 1 Abs. 2 deckt sich hingegen die ertragsteuerliche und die umsatzsteuerliche Beurteilung, nur hier kann Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn vorliegen.

Nach § 1 Abs 2 LiVO ist Liebhaberei bei einer Betätigung anzunehmen, wenn Verluste entstehen ...

"3. aus der Bewirtschaftung von Eigenheimen, Eigentumswohnungen und Mietwohngrundstücken mit qualifizierten Nutzungsrechten."

Im gegenständlichen Fall handelt es sich um die Vermietung einer Eigentumswohnung. Die umsatzsteuerliche Beurteilung folgt der ertragsteuerlichen. Es ist Liebhabereivermutung gegeben. Da nach der Art der Betätigung das Gelingen der Widerlegung der Annahme des § 1 Abs 2 LiVO noch ungewiss ist, ist ein Grund für die Erlassung vorläufiger Bescheide gegeben.

Die Ungewissheit bestand auch im Jahr der Wiederaufnahme noch immer. Es war daher auch gerechtfertigt, den wieder aufgenommenen Umsatzsteuerbescheid 1999 abermals vorläufig zu erlassen.

Verjährung war daher nach § 208 Abs 1 lit d BAO nicht eingetreten.

Die Wiederaufnahme selbst wurde (abgesehen von der behaupteten Verjährung) vom Bw nicht bekämpft.

Die Berufung gegen die Wiederaufnahme des Verfahrens war daher abzuweisen.

Umsatzsteuerbescheid 1999

In Streit steht der Vorsteuerabzug aus der im Sachverhalt dargestellten Rechnung.

§ 12 Abs 1 Z 1 UStG 1994 lautet:

"(1) Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1. Die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Soweit der gesondert ausgewiesene Steuerbetrag auf eine Zahlung vor Ausführung dieser Umsätze entfällt, ist er bereits abziehbar, wenn die Rechnung vorliegt und die Zahlung geleistet worden ist. Wurde die Lieferung oder die sonstige Leistung an einen Unternehmer ausgeführt, der wusste oder wissen musste, dass der betreffende Umsatz im Zusammenhang mit Umsatzsteuerhinterziehungen oder sonstigen, die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen steht, entfällt das Recht auf Vorsteuerabzug. Dies gilt insbesondere auch, wenn ein solches Finanzvergehen einen vor- oder nachgelagerten Umsatz betrifft;"

Gem § 11 Abs 1 UStG 1994 müssen diese Rechnungen die folgenden Angaben enthalten:

"1. Den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;

2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;

3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;

4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (zB Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;

5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und

6. den auf das Entgelt (Z 5) entfallenden Steuerbetrag.

Vereinnahmt der Unternehmer das Entgelt oder einen Teil des Entgeltes für eine noch nicht ausgeführte steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung, so gelten die ersten beiden Sätze sinngemäß. Wird eine Endrechnung erteilt, so sind in ihr die vor Ausführung der Lieferung oder sonstigen Leistung vereinnahmten Teilentgelte und die auf sie entfallenden Steuerbeträge abzusetzen, wenn über die Teilentgelte Rechnungen im Sinne des zweiten Satzes ausgestellt worden sind."

Im ggstdl Fall fehlt auf der Rechnung (s oben Sachverhalt) der Leistungszeitraum gem § 11 Abs 1 Z 4 UStG 1994. Anzugeben ist nämlich der Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung (hier: Renovierung der Wohnung) erstreckt (s Ruppe, UStG Kommentar, 3. Auflage § 11, Rz. 71).

Der Leistungszeitraum ist für den Leistungsempfänger für die Berechtigung zum Vorsteuerabzug von Bedeutung. Enthält eine Urkunde nicht die von § 11 geforderten Angaben, dann ist sie nicht als Rechnung iSd § 11 anzusehen. Aus der Sicht des Leistungsempfängers fehlt dann eine wesentliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Die unvollständige Rechnung kann nicht durch den Sachbeweis ersetzt werden, dass inhaltlich alle Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind. (S Ruppe, aaO, § 11, Tz 57).

Die Judikatur des VwGH betrachtet das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UstG 1994 als eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges, die nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch andere Beweismittel ersetzt werden kann. Bei Fehlen einer ordnungsgemäßen Rechnung steht der Vorsteuerabzug nicht zu, selbst wenn der Rechnungsbetrag bezahlt wurde. Die Bindung des Vorsteuerabzuges an die Rechnung ist auch nicht unsachlich, weil der Leistungsempfänger auf die Ausstellung einer ordnungsgemäßen Rechnung dringen kann und jederzeit eine Berichtigung der Rechnung möglich ist (s Ruppe aaO, § 12, Tz 40 mwN).

Im ggstdl Fall liegt daher keine ordnungsgemäße Rechnung iSd § 11 Abs 1 UStG 1994 vor, da das gesetzlich vorgeschriebene Merkmal des Leistungszeitraumes nicht enthalten ist. Zum Vorsteuerabzug berechtigen aber nur Rechnungen iSd § 11 UStG 1994, sodass schon aus diesem Grund der Vorsteuerabzug versagt werden muss.

Ob der Bw Empfänger der Bauleistungen war, brachte daher nicht geprüft zu werden.

Auf die Möglichkeit der Rechnungsberichtigung durch den Rechnungsaussteller wird hingewiesen.

Die Berufung gegen den Umsatzsteuerbescheid 1999 musste daher abgewiesen werden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 200 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 2 Abs. 5 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 11 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 1 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993
§ 6 Liebhabereiverordnung, BGBl. Nr. 33/1993

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at