Arbeitszimmer eines Trainingsleiters (Verkaufstraining, Führungskräftetraining)
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des B, vertreten durch S, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 9., 18., und 19. Bezirk und Klosterneuburg vom betreffend Einkommensteuer 2008 entschieden:
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe sind dem als Beilage angeschlossenen Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruches.
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber ist seit Dienstnehmer der Firma GS GESMBH.
Er machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2008 unter anderem folgende Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend:
- anteilige Raumkosten für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer (Miete, Betriebskosten für vier Monate) in Höhe von 639,32 €,
- anteilige AfA für ein an der Wohnungseingangstür angebrachtes Balkenschloss in Höhe von 68,67 € (Anschaffungskosten 1.030,00 €, davon 1/3 = 343,33 €, verteilt auf fünf Jahre).
Auf ein Ergänzungsersuchen des Finanzamtes teilte der Berufungswerber dem Finanzamt mit, er sei als Trainer und Vortragender tätig. Da sein Arbeitgeber lediglich über ein Repräsentationsbüro und keine Arbeitsräume verfüge, benötige er für seine Tätigkeit ein Arbeitszimmer. Das Arbeitszimmer habe ein Flächenausmaß von 15 m2, das entspräche 16,67 % der Gesamtfläche der Wohnung von 90 m2.
Im Einkommensteuerbescheid 2008 vom wurden die oben angeführten Aufwendungen mit folgender Begründung nicht anerkannt:
"Nach der Judikatur () liegt der Tätigkeitsmittelpunkt (Tätigkeitsschwerpunkt) bei Vortragenden außerhalb des Arbeitszimmers. Die beantragten Raumkosten in Höhe von 639,32 € sowie die AfA vom Balkenschloss in Höhe von 68,67 € können daher nicht in Abzug gebracht werden."
Gegen den Einkommensteuerbescheid 2008 erhob der Berufungswerber Berufung mit folgender Begründung:
Der Mittelpunkt seiner Tätigkeit sei nicht außerhalb des Arbeitszimmers gelegen. Er müsse einerseits seine Aufträge auch selbst akquirieren, andererseits seien mit seiner Vortragstätigkeit auch Vorbereitung, Nachbereitung und administrative Aufgaben verbunden. Dies führe dazu, dass er monatlich durchschnittlich 8 bis 9 Vortragstage habe, während 12 bis 14 Arbeitstage das Arbeitszimmer benützt werde. Infolge seiner überwiegenden Tätigkeit vom Arbeitszimmer aus, sei die Abzugsfähigkeit zu Unrecht versagt worden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung mit folgender Begründung ab:
"Die Beurteilung, ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, hat nach dem Maßstab der Verkehrsauffassung, sohin nach dem typischen Berufsbild, zu erfolgen. Bei derartigen Tätigkeiten bestimmt (prägt) die außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübte (Tätigkeits-)Komponente das Berufsbild entscheidend. Die mit der Tätigkeit (auch) verbundene (Tätigkeits-)Komponente, die auf das Arbeitszimmer entfällt, ist demgegenüber bei Beurteilung des Berufsbildes typischerweise nicht wesentlich. Der Mittelpunkt der Tätigkeit eines Vortragenden liegt vom materiellen Gehalt her nach der Verkehrsauffassung nicht im häuslichen Arbeitszimmer, sondern an jenem Ort, an dem die Vermittlung von Wissen selbst erfolgt ( 2002/13/0202 )."
Gegen die Berufungsvorentscheidung stellte der Berufungswerber den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz (Vorlageantrag), welchen er wie folgt begründete:
Wie bereits in der Berufung ausgeführt, beträfe sein Aufgabenbereich nicht nur die Abhaltung von Trainings, sondern auch die komplette Akquisition. Er sei der Geschäftsstelle Stuttgart unterstellt und verfüge über keinen Arbeitsplatz beim Dienstgeber. Im Jahr 2009 habe er nachweislich 37 Trainingstage und 39 Kundentermine außer Haus, die durchschnittlich einen halben Tag dauerten, gehabt. Das bedeute, dass er mindestens 144 Tage vom Arbeitszimmer aus tätig war und somit rund 75 % der Tätigkeit dort anfiel. Der Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit sei somit das Arbeitszimmer gewesen.
Mit Vorhalt vom ersuchte der unabhängige Finanzsenat den Berufungswerber, nachstehende Fragen zu beantworten und die angesprochenen Unterlagen vorzulegen:
"Bitte um genaue Beschreibung Ihrer beruflichen Tätigkeit.
Bitte um Darlegung, welche Teile Ihrer beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer durchgeführt werden.
Stehen Ihnen bei einzelnen Kunden neben den Trainingsräumen auch Räumlichkeiten für die Vorbereitung, Nachbereitung und administrative Aufgaben zur Verfügung?
Bitte um Vorlage von Zeitaufzeichnungen (auch für die Folgejahre, Kopien genügen), aus denen die Zahl der Vortragstage (Trainingstage) und die Zahl der Tage im Arbeitszimmer hervorgeht.
Bitte um Vorlage eines Wohnungsplanes oder einer Wohnungsskizze.
Bewohnen Sie die Wohnung alleine oder mit Familie (wie viele Personen?)?
Welche Einrichtungsgegenstände befinden sich im Arbeitszimmer?
Werden im Arbeitszimmer auch privat genutzte Gegenstände (Bücher, Kleidung, Fernsehgerät etc.) aufbewahrt?"
Mit Schreiben vom beantwortete der Berufungswerber den Vorhalt des unabhängigen Finanzsenates wie folgt:
"1. Bitte um genaue Beschreibung Ihrer beruflichen Tätigkeit.
Ich war von bis als Trainingsleiter bei GSGESMBH in Wien angestellt. Die Tätigkeit umfasst:
- Leitung von Trainings (vorwiegend Verkaufstraining und Führungskräftetrainings)
- Vor- und Nachbereitung dieser Trainings
- Akquisition und Betreuung von Kunden
- Gewinnen von Neukunden
Anbei sende ich Ihnen auch eine Kopie des Dienstvertrages. Er enthält auch eine Aussage (S3) zur Einrichtung eines häuslichen Arbeitszimmers.
2. Bitte um Darlegung, welche Teile Ihrer beruflichen Tätigkeit im Arbeitszimmer durchgeführt werden.
Folgende Tätigkeiten werden im Arbeitszimmer ausgeführt:
2.1. Verkaufstätigkeit: Da ich für jedes Jahr konkrete Umsatzziele für meine Verkaufstätigkeit hatte, umfasst die Tätigkeit erstens intensive Telefonakquise zu bestehenden Kunden sowie zu neuen, potentiellen Kunden. Zweitens die Erstellung kundenspezifischer Angebote über die vorgeschlagenen Trainingsmaßnahmen. Ziel dieser Tätigkeit ist es, neue Trainingsprojekte zu verkaufen.
2.2. Trainingsvorbereitung: Da die Kunden unterschiedliche Trainingsziele, Ausgangssituationen, Vorqualifikationen der Mitarbeiter haben, sowie in unterschiedlichen Märkten/Branchen tätig sind, ist für jeden Trainer in diesem Bereich eine individuelle Trainingsvorbereitung erforderlich. Weiters müssen Handouts und Arbeitsmaterialien oft angepasst und von mir selbständig ausgedruckt werden.
2.3. Trainingsnachbereitung: Die GS Trainings erstrecken sich in aller Regel über mehrere, meist 4-10 Trainingstage mit Intervallen von ca. 4 Wochen zwischen den Trainingstagen. In diesen Intervallen sind schriftliche Arbeiten der Teilnehmer vom Trainingsleiter zu lesen, korrigieren etc. Weiters sind die Folge-Trainingstage in Abhängigkeit des Verlaufs der vorangegangenen Trainingstage anzupassen. Nach abgeschlossenem Training erhalten Kunden einen Abschlussreport über den Trainingsverlauf und die Trainingsergebnisse.
2.4. Administrative Tätigkeiten: Koordination mit dem Büro, Verfassen von Reports an Vorgesetzte (für monatliches Meeting), Organisation der mit den Trainings verbundenen Reisen, Spesenabrechnungen, etc.
2.5. Lagerung von Trainingsunterlagen Weiters dient das Arbeitszimmer der Lagerung von Trainerhandbüchern für die unterschiedlichen GS Trainings, von Handouts für Trainings, Postern, Merkkarten, Flipchart, Overheadprojektor, Merkkarten, Ordnern und Schreibsets für Trainingsteilnehmer etc.
3. Stehen Ihnen bei einzelnen Kunden neben den Trainingsräumen auch Räumlichkeiten für die Vorbereitung, Nachbereitung und administrative Aufgaben zur Verfügung?
Die Trainings finden ausschließlich in geeigneten Seminarhotels statt, nicht in den Räumlichkeiten der Kunden. Dies ist wichtig, damit sich die Teilnehmer für das Training aus ihrer üblichen Umgebung lösen und nicht vom Alltagsgeschäft abgelenkt sind. In einem solchen Seminarhotel steht ausschließlich der vom Kunden gebuchte Trainingsraum und ausschließlich für den gebuchten Trainingstag selbst zur Verfügung. Es können dort keine Vorbereitungs-, Nachbereitungs- oder administrative Tätigkeiten ausgeübt werden.
4. Bitte um Vorlage von Zeitaufzeichnungen (auch für Folgejahre, Kopien genügen), aus denen die Zahl der Vortragstage (Trainingstage) und die Zahl der Tage im Arbeitszimmer hervorgeht.
Siehe beigefügte Zeitaufzeichnungen.
5. Bitte um Vorlage eine Wohnungsplans oder einer Wohnungsskizze.
Siehe beigefügte Skizze.
6. Bewohnen Sie die Wohnung alleine oder mit Familie (wie viele Personen?)?
Bis zum August 2011 habe ich die Wohnung alleine bewohnt. Im August 2011 ist meine Lebensgefährtin aus O in Serbien zu mir nach Wien gezogen und auch in meiner Wohnung gemeldet. Seit September 2011 sind wir verheiratet. Das Arbeitszimmer jedoch nutze ich ausschließlich selbst.
7. Welche Einrichtungsgegenstände befinden sich im Arbeitszimmer?
Ein SchreibtischEin DrehsesselEin Metallsessel4 Regale2 Drucker1 PC Arbeitsplatz
Anbei Bilder (gesamter Raum von rechts nach links abfotographiert)
8. Werden im Arbeitszimmer auch privat genutzte Gegenstände (Bücher, Kleidung, Fernsehgerät etc.) aufbewahrt?
Mit Ausnahme der auf den Photos ersichlichen Bilder an den Wänden befinden sich keine privat genutzten Gegenstände im Arbeitszimmer. Der Fernseher befindet sich im Wohnzimmer, wo sich auch ein eigener PC für den Privatgebrauch befindet. Gerne können Sie den Raum jederzeit besichtigen.
Weitere Unterlagen:
Sollte es für Ihre Entscheidung hilfreich sein, kann ich gerne Beispieldokumente für die im Arbeitszimmer erstellten Angebote (Tätigkeit 2.1) sowie für die im Arbeitszimmer erstellten Abschlussreports (Tätigkeit 2.3) bereitstellen."
Der Vorhaltsbeantwortung lagen ein Wohnungsplan, Fotos des Arbeitszimmers, Zeitaufzeichnungen für die Jahre 2008 bis 2012 sowie der zwischen der GS GMBH und dem Berufungswerber abgeschlossene Dienstvertrag bei.
Nach dem vorgelegten Wohnungsplan besteht die Wohnung aus Wohnzimmer, Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Küche, Vorzimmer und Bad/WC.
Aus den Zeitaufzeichnungen ergibt sich, dass die Anzahl der Trainingstage 9 Tage (im Zeitraum September bis Dezember 2008), 39 Tage (im Jahr 2009), 54 Tage (im Jahr 2010), 81 Tage (im Jahr 2011) und 42 Tage (im Zeitraum Jänner bis Juni 2012) betragen hat.
Im Dienstvertrag ist - auszugsweise - Folgendes festgelegt:
"Funktion
Trainingsleiter mit den Aufgaben:
- Leitung der GSTRAININGS
- Akquisition und Betreuung von Kunden einschließlich Führung der Vertragsverhandlungen bis zur Unterschriftsreife
Der Trainingsleiter ist zur rechtsgeschäftlichen Vertretung der GSGESMBH nicht berechtigt.
Der Trainingsleiter wird administrativ und organisatorisch der Geschäftsstelle Stuttgart unterstellt und verpflichtet sich zur Teilnahme an den jeweilig vorgegebenen TL-Meetings bzw. Ausbildungsmaßnahmen. Die GSGESMBH behält sich vor, den Trainingsleiter einer anderen Geschäftsstelle zu unterstellen und seinen regionalen Einsatzbereich zu verändern."
"Grundgehalt / Provision
Der Grundgehalt beträgt EUR 70.000,00 brutto per anno inklusive des 13. und 14. Monatsgehaltes, zahlbar zu 12 gleichen Teilen von EUR 5.000,00 zum Ende eines jeden Monats.
Geld- und Sachprämien oder sonstige Zuwendungen über das Grundgehalt hinaus gelten - auch bei wiederholter Gewährung - als freiwillige Leistungen der GSGESMBH, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Eine Abgeltung ausgelobter Sachprämien in Geld ist ausgeschlossen.
Darüber hinaus hat der Trainingsleiter Anspruch auf Provision gemäß beigefügter Provisionsregelung.
..."
"Häusliches Arbeitszimmer
Der Trainingsleiter ist nicht zur Einrichtung eines privaten Büros oder Arbeitszimmers verpflichtet. Richtet er sich ein privates Arbeitszimmer ein, so erfolgt dies auf seine eigenen Kosten. Die GSGESMBH ist damit einverstanden, dass der Trainingsleiter seine Tätigkeit von einem häuslichen Arbeitszimmer aus ausübt, falls dieses über die üblichen Kommunikationsmöglichkeiten verfügt und soweit nicht betriebliche Erfordernisse dem entgegenstehen. Dieses Einverständnis ist jederzeit widerrufbar."
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Arbeitszimmer
Gemäß § 16 Abs. 1 EStG 1988 sind Werbungskosten die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen.
Nach § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 dürfen die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, was nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 auch für Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung gilt, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 dürfen bei den einzelnen Einkünften Aufwendungen oder Ausgaben für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer und dessen Einrichtung sowie für Einrichtungsgegenstände der Wohnung nicht abgezogen werden. Bildet ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen, sind die darauf entfallenden Aufwendungen und Ausgaben einschließlich der Kosten seiner Einrichtung abzugsfähig.
Ob ein Arbeitszimmer den Tätigkeitsmittelpunkt im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 darstellt, hat nach der Verkehrsauffassung und damit nach dem typischen Berufsbild zu erfolgen (vgl. zB ; ). Dient das Arbeitszimmer einer Tätigkeit, die im Wesentlichen außerhalb des Arbeitszimmers ausgeübt wird, dann sind die Aufwendungen generell - auch unabhängig von der darin verbrachten Zeit - nicht abzugsfähig. Dementsprechend stellt nach der Rechtsprechung etwa bei einem Lehrer oder Vortragenden ein für Vorbereitungs- und Korrekturzwecke verwendetes häusliches Arbeitszimmer nicht den Tätigkeitsmittelpunkt dar. Dieser liegt vielmehr dort, wo die Vermittlung von Wissen und Können selbst erfolgt (vgl. zB ). Lässt sich der materielle Schwerpunkt nicht eindeutig festlegen, ist darauf abzustellen, ob das Arbeitszimmer in zeitlicher Hinsicht für mehr als die Hälfte der Tätigkeit im Rahmen der konkreten Einkunftsquelle benützt wird (vgl. ; ). Auf dieses zeitliche Überwiegen wurde vom Verwaltungsgerichtshof beispielsweise bei Versicherungsvertretern (; ; ; ) und vom unabhängigen Finanzsenat bei Persönlichkeits- und Kommunikationstrainern (; ) sowie im Fall eines Verkaufs- und Produkttrainers () abgestellt (Doralt/Kofler, EStG11, § 20 Tz 104/5, 104/6).
Die im gegenständlichen Fall zu beurteilende Tätigkeit entspricht nicht dem typischen Berufsbild eines Vortragenden, weil der Berufungswerber neben der Trainingsvorbereitung und Trainingsnachbereitung in erheblichem Ausmaß auch administrative und akquisitorische Aufgaben zu erfüllen hatte. Der Berufungswerber musste laut Dienstvertrag für jedes Jahr konkrete Umsatzziele erreichen (im ersten vollen Beschäftigungsjahr 70.000 €, im zweiten Beschäftigungsjahr 185.000 €, ab dem dritten Jahr 360.000 €). Seine Tätigkeit umfasste daher intensive Telefonakquise zu bestehenden und neuen Kunden. Weiters musste der Berufungswerber kundenspezifische Angebote betreffend die jeweiligen Trainingsmaßnahmen erstellen. Die administrativen Tätigkeiten umfassten laut der Vorhaltsbeantwortung die Koordination mit dem Dienstgeber, das Verfassen von Reports an Vorgesetzte, die Organisation der mit den Trainings verbundenen Reisen, Spesenabrechnungen etc. und konnten ebenfalls nur im Arbeitszimmer durchgeführt werden.
Da nach der Art der vom Berufungswerber ausgeübten Tätigkeit deren materieller Schwerpunkt nicht eindeutig feststeht, ist entscheidend, ob das Arbeitszimmer zeitlich gesehen für mehr als die Hälfte der Tätigkeit genutzt wurde. Dies ist aufgrund der vom Berufungswerber geführten Zeitaufzeichnungen zu bejahen, da nach diesen Aufzeichnungen die Anzahl der Trainingstage 9 Tage (im Zeitraum September bis Dezember 2008), 39 Tage (im Jahr 2009), 54 Tage (im Jahr 2010), 81 Tage (im Jahr 2011) und 42 Tage (im Zeitraum Jänner bis Juni 2012) betragen hat.
Aufgrund dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Berufungswerbers dargestellt hat. Die Voraussetzung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988 ist daher als erfüllt anzusehen.
Weitere - aus § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 ableitbare - Voraussetzungen für die steuerliche Berücksichtigung der Aufwendungen für ein Arbeitszimmer sind, dass nach der Tätigkeit des Steuerpflichtigen die betriebliche oder berufliche Nutzung eines Arbeitszimmers erforderlich und der als Arbeitszimmer bestimmte Raum tatsächlich ausschließlich oder nahezu ausschließlich beruflich genutzt und auch dementsprechend eingerichtet ist (vgl. zB ; ; ).
Der Berufungswerber hat seine Tätigkeit als Trainingsleiter bei der Firma GS GMBH im Zeitraum September bis Dezember 2008 sowie in den Folgejahren hauptberuflich ausgeübt. Beim Dienstgeber ist ihm kein Arbeitsraum zur Verfügung gestanden. Der Berufungswerber hat die 90 m2 große Wohnung, die Wohnzimmer, Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Küche sowie sanitäre Nebenräume umfasst, im Berufungsjahr 2008 alleine bewohnt. Das Arbeitszimmer ist als Büro eingerichtet. Es werden keine privaten Gegenstände, sondern nur umfangreiche geschäftliche Unterlagen darin aufbewahrt.
Die oben angeführten weiteren Voraussetzungen (Notwendigkeit des Arbeitszimmers, nahezu ausschließliche berufliche Nutzung, Einrichtung als Arbeitszimmer) sind somit ebenfalls als erfüllt anzusehen.
Die strittigen Aufwendungen in Höhe von 639,32 € sind daher als Werbungskosten anzuerkennen.
2. Balkenschloss
Nach § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 dürfen Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung bei den einzelnen Einkünften nicht abgezogen werden, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen.
Die Bestimmung des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 enthält als wesentliche Aussage ein Verbot des Abzuges gemischt veranlasster Aufwendungen, dem der Gedanke der Steuergerechtigkeit insoweit zu Grunde liegt, als vermieden werden soll, dass ein Steuerpflichtiger auf Grund der Eigenschaft seines Berufes eine Verbindung zwischen beruflichen und privaten Interessen herbeiführen und dadurch Aufwendungen der Lebensführung steuerlich abzugsfähig machen kann, was unsachlich gegenüber jenen Steuerpflichtigen wäre, die eine Tätigkeit ausüben, die eine solche Verbindung zwischen beruflichen und privaten Tätigkeiten nicht ermöglicht, und die derartige Aufwendungen aus ihrem bereits versteuerten Einkommen tragen müssen (vgl. zB ; ; ).
Das berufungsgegenständliche an der Wohnungseingangstür angebrachte Balkenschloss dient sowohl der privaten als auch der beruflichen Sphäre. Da die betreffenden Aufwendungen nicht (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst sind, sind sie zur Gänze nicht abzugsfähig.
Der Einkommensteuerbescheid 2008 wird daher insoweit abgeändert, als die anteiligen Raumkosten für das Arbeitszimmer in Höhe von 639,32 € als Werbungskosten in Abzug gebracht werden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Wien, am
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 20 Abs. 1 Z 2 lit. d EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 16 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at