Berufungsentscheidung - Steuer (Senat), UFSW vom 12.02.2008, RV/1581-W/07

Erteilung einer UID-Nummer an einen Zusteller von Zeitungen u.ä.

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/1581-W/07-RS1
Die sogenannte sachliche Weisungsgebundenheit (Auftragsgebundenheit, technische Weisungsgebundenheit) beim Ausfahren von Zeitschriften u.ä. an Trafiken und Geschäfte, die in den vorgegebenen Abgabestellen (Route) und dem festgesetzten spätesten Zustellzeitpunkt (6:00 früh) besteht, fällt nicht unter § 2 Abs 2 Z 1 UStG 1994.
RV/1581-W/07-RS2
Unternehmerwagnis kann auch darin bestehen, dass der Erfolg der Tätigkeit nur ausgabenseitig durch eigene Entscheidungen und den Zufall beeinflusst wird.
RV/1581-W/07-RS3
Die Erteilung einer UID-Nummer ist eine Maßnahme der Erhebung der Umsatzsteuer.
RV/1581-W/07-RS4
Ein im Ausland wohnender Unternehmer, der sein Unternehmen inkl. Leitungsfunktionen (nahezu) ausschließlich im Inland betreibt, ohne im Inland über eine feste Niederlassung zu verfügen, betreibt sein Unternehmen nicht vom Ausland aus im Sinne des § 12 AVOG.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat durch den Vorsitzenden Hofrat Dr. Rudolf Wanke und die weiteren Mitglieder Oberrat Mag. Christian Seywald, Landesinnungsmeister Friedrich Nagl und Kammerrat Konrad Antoni im Beisein der Schriftführerin Andrea Ölvedi über die Berufung des Bw, vertreten durch WPStbGes, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend den Antrag (vom , eingebracht am ) auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, nach der am durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung, entschieden:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Wegen der Bindung an die in der Berufungsentscheidung dargelegte Rechtsanschauung gemäß § 289 Abs 3 BAO hat das Finanzamt X eine UID-Nummer zu vergeben.

Entscheidungsgründe

Der Berufungswerber (Bw) wohnt in tschech.Ort in der Tschechischen Republik. Er meldete mit bei der Bezirkshauptmannschaft österr.Bezirkshauptort das Gewerbe der Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen bis 3.500 kg an (eingeschränkt auf ein Kraftfahrzeug, Gewerberegisterauszug: Finanzamtsakt, FA-Akt, Bl 62 und 65). Er leaste einen PKW(aufKleinbusliste) um ca 8.500 € Anzahlung und 300 € Monatsrate und meldete diesen mit einem Kennzeichen der Bezirkshauptmannschaft österr.Bezirkshauptort an. Hierbei war die Zulassungsadresse des Fahrzeuges und der Gewerbestandort zunächst österr.Ort 2 in öst.polit.Gemeinde1, wo der Bw einen Nebenwohnsitz angemeldet hatte, und später neueAdr in öst.polit.Gemeinde2.

Seit liefert der Bw im Auftrag der Fa. A GmbH Presseartikel (Druckerzeugnisse) aus, die er in öst.polit.Gemeinde2, wo die Fa. übergeordneteVertriebsgesellschaft (Bezeichnung) ein Depot hat, übernimmt und auf seiner Route zu Trafiken und Geschäften bringt. Zusätzlich führt er Sondertouren aus, die er ebenfalls der Fa. A GmbH verrechnet. Weiters stellt der Bw seiner Ehefrau und seiner Tochter Transporte in Rechnung. (Vgl aktenkundige Rechnungskopien, ohne Ausweis von USt: FA-Akt Bl 39 - 41 und 72 - 90).

Das ausgefüllte Formular Verf 24 (Fragebogen anlässlich Betriebseröffnung) des Bw vom wurde am (Einlaufstempel) beim Finanzamt X eingereicht (Finanzamtsakt, zwischen Bl 4 und 5), u.a. mit folgenden Angaben: Wohnanschrift und Betriebsort: österr.Ort 2, österr.Gemeinde; voraussichtlicher Jahresumsatz im Eröffnungsjahr 7.344 €, im Folgejahr 21.000 €.

Am (Einlaufstempel) brachte der Bw bei dem Finanzamt X den verfahrensgegenständlichen - mit datierten - Antrag auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer - mit der handschriftlichen Ergänzung "ab " - ein (Finanzamtsakt Bl 15).

Am erschien der Bw, der die deutsche Sprache nicht beherrscht, im Beisein des Herrn C beim Standort österr.Bezirkshauptort des Finanzamtes X betreffend "Information aus Anlass der Neueröffnung eines Betriebes", worüber eine Niederschrift (FA-Akt Bl 23ff) aufgenommen wurde. Herr C habe die Unterlagen zur Betriebseröffnung beim Finanzamt eingebracht und dem Bw bei Behördenwegen, Rechnungswesen und Anschaffung des KFZ geholfen. Der Ort der Geschäftsleitung befinde sich an der Adresse in Öst.Ort 2, wo der Bw ca alle zwei Wochen sei, um die Post abzuholen. Herr C hatte dem Bw ermöglicht, sich an dieser Adresse anzumelden.

Am wurde der Bw am Standort österr.Bezirkshauptort des Finanzamtes X nochmals, diesmal mit einem von der KIAB beigestellten Dolmetscher anhand eines Fragebogens niederschriftlich befragt (FA-Akt Bl 31ff). Auf die Anführung von Detailangaben kann hier verzichtet werden, weil der Bw mittels einer beeideten Dolmetscherin bei der mündlichen Berufungsverhandlung ausführlich vor dem entscheidenden Senat zum maßgeblichen Sachverhalt befragt wurde (siehe unten).

Das Finanzamt X wies mit Bescheid vom (FA-Akt Bl 56; Bl 56a: Zustellung mit Rückschein am ) den Antrag des Bw auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ab. Aufgrund der Niederschrift vom über den beantworteten Fragenkatalog zur Selbständigkeit von EU-Ausländern sei festgestellt worden, dass bei der Tätigkeit für die Firma A GmbH die Merkmale einer Selbständigkeit nicht vorlägen. Nach Ansicht des Finanzamtes lägen demnach Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit vor. Im Antrag vom zur Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer würden keine besonderen Gründe (zur Vergabe einer solchen) angeführt und es werde keine unternehmerische Tätigkeit ausgeübt.

Mit Schreiben vom (=Postaufgabe) erhob der Bw durch seine bevollmächtigte Vertreterin vor Abgabenbehörden (WP u. StbGes, Vollmacht: FA-Akt Bl 1f) gegen den Bescheid betreffend den Antrag auf Vergabe einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer vom Berufung mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides und auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (FA-Akt Bl 58f). Der Bw sei bei der SVA (Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft) pflichtversichert und entrichte regelmäßig die ihm vorgeschriebenen Beiträge. Der Bw sei unternehmerisch tätig, da er seine Leistungen selbständig, nachhaltig und mit der Absicht der Einnahmenerzielung ausführe. Der Bw erbringe seine Leistung in keinem Dienstverhältnis. Der Umstand, dass der Bw während der Gründungsphase seines Gewerbebetriebes ausschließlich für einen Auftraggeber tätig gewesen sei, lasse nicht den Umkehrschluss zu, dass es sich um ein Dienstverhältnis handeln könnte. Der Bw übe eine unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1994 aus, weshalb ihm eine Umsatzsteueridentifikationsnummer zu erteilen sei.

Im Vorlagebericht samt Beiblatt vom (UFS-Akt Bl 1ff) brachte das Finanzamt X vor, dass nach dem wirtschaftlichen Gehalt die Tätigkeit des Bw für die Fa. A GmbH nicht aufgrund eines Werkvertrages, sondern eines Dienstvertrages erfolge, weil - es sich bei der Adresse österr.Ort 2 nur um eine bloße Post-Zustelladresse handle, - der Bw nicht deutsch spreche, - die Tätigkeit nur für einen Auftraggeber erfolge, - es keinen schriftlichen Vertrag gebe, - die Entlohnung auf KM-Basis pauschal in Höhe des KM-Geldes erfolge, - in den Abrechnungen keine USt ausgewiesen werde, - die tägliche Fahrtroute vorgegeben sei und bis 6:00 Uhr beendet werden müsse.

Die Berufungsbehörde richtete am ein Schreiben (Vorhalt, UFS-Akt Bl 25ff) an den Bw und an das Finanzamt X (UFS-Akt Bl 28). Darin wurde auch die sachliche Zuständigkeit des Finanzamtes Graz-Stadt gemäß § 12 AVOG zur Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und keine Betriebsstätte im Inland haben, thematisiert.

Am wurde ein Erörterungsgespräch gemäß § 279 Abs 3 BAO abgehalten, worin seitens des Bw zwei weitere Auftraggeber vorgebracht und neueAdr in öst.polit.Gemeinde2 als aktuelle inländische Adresse des Bw angegeben wurde, wo sich ein vier mal vier Meter großes Holzhaus befinde, das der Bw gemeinsam mit drei Anderen nutze. Die UID-Nummer sei gemäß § 11 Abs 1 Z 6 UStG 1994 ein Rechnungsmerkmal auch bei Inlandsleistungen. Eine schriftliche, mit datierte Transportvereinbarung des Bw mit der Fa. A GmbH wurde vorgelegt. Es werde bezweifelt, dass bei der früheren Einvernahme alles richtig übersetzt worden sei.

Am wurde die mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt:

Der Vertreter des Finanzamtes X berichtete über die nach dem Erörterungstermin durchgeführten Ermittlungen, wonach der Bw laut Niederschriften von Anfang Dezember 2007 ein Nachbar der einen, als zusätzlicher Auftraggeber genannten Person sei. Diese habe ausgesagt, dass der Bw. nicht bei ihr (Pizzeria) beschäftigt sei. Dem Filialleiter des anderen zusätzlich genannten Auftraggebers (Fa. E) sei ein Vertrag mit dem Bw nicht bekannt. (Vgl auch vom Finanzamt übermittelter Aktenvermerk, UFS-Akt Bl 139, wonach eine Wiener KEG alle Auslieferungsfahrten durchführe und für diese ein Herr F den Auftrag für die Filiale in österr.Bezirkshauptort übernommen habe und in Sub weitergebe.) Das Büro des Bw in Österreich habe ein Ausmaß von zwei mal zwei Metern, auf der Außenseite der Holzhütte seien vier Briefkästen angebracht (Foto: UFS-Akt Bl 137). Das Erhebungsorgan des Finanzamtes habe anlässlich einer Besichtigung nicht feststellen können, dass auf dem im Büro befindlichen Computer Daten gespeichert gewesen seien.

Sodann wurde der Bw unter Mitwirkung einer von ihm beigestellten beeideten Dometscherin zum Sachverhalt befragt und machte folgende Angaben: Er habe früher bei der Firma D gearbeitet, bei welcher Herr C der Chef einer Filiale gewesen sei. Der habe ihn über die Möglichkeit, bei Herrn A zu arbeiten, informiert. Er habe Herrn A besucht, welcher ihm die Bedingungen gesagt habe, damit er bei ihm arbeiten könne - welche Arbeiten er ausführen solle und wie viel er verdiene. Der Bw komme am Abend zur Firma des Herrn A und zwar meistens zwischen 22:00 und 24:00 Uhr. Er übernehme sein Material, lade es in sein Auto ein und verteile es auf der Route. Das Material müsse bis sechs Uhr in der Früh zugestellt sein. Es müsse zur Materialübernahme niemand von der Firma A anwesend sein, da er über einen Schlüssel verfüge. Er könne auch früher oder später kommen. Bei den Kunden befänden sich Kisten der Firma übergeordneteVertriebsgesellschaft, für die er einen Schlüssel habe und in die er das Material gebe. Zur Bezahlung habe der Herr A gesagt, der Bw solle einmal in Monat eine Rechnung ausstellen und bekomme dann den Betrag auf sein Konto. Vereinbart seien 96,20 Euro pro Tag gewesen. Dieser Betrag sei anhand der für die Route gefahrenen Kilometer festgelegt. Vereinbart worden sei, dass der Bw ein Auto für diese Transporte zur Verfügung stelle. Es sei auch vereinbart worden, dass der Bw ein Gewerbe anmelden solle, was auch geschehen sei. An dem Tag, an dem er den Gewerbeschein bekommen habe, habe er auch das Auto gekauft. Die Zulassungsadresse sei österr.Ort 2. Dort habe der Herr C gewohnt. Das sei rein eine Postadresse gewesen, gewohnt habe er dort nicht. Die Wohnung in Tschechien sei 47 Kilometer von öst.polit.Gemeinde2 entfernt. Die Tour ende nahe an der Grenze, sodass der Rückweg 10 Kilometer betrage. Es sei kein Problem, dass ihn jemand anderer bei den Fahrten vertrete. Der Bw habe 8.500 Euro Anzahlung für den PKW geleistet und zahle monatlich 300 Euro Leasingraten plus Versicherung. Er habe bei dem Angebot von Herrn A gerechnet, wobei er berücksichtigt habe, dass er auch für seine Frau und für seine Tochter Material ausliefere. Dabei habe er gedacht, dass er auch noch Zeit für weitere Kunden hätte. Es blieben ihm im Monat allein von der Firma A rund 500 Euro Gewinn übrig, auch wenn er alle Kosten im Zusammenhang mit dem Auto tragen müsse. Wenn an dem Auto Reparaturen anfielen, müsste er diese tragen. Ebenso sei es sein Risiko, wenn das Auto kaputt werde. In der Hütte auf dem Gelände der Firma A habe er seinen Firmensitz. Dort erhalte er seine Post, stelle seine Route zusammen, plane den nächsten Tag. Was dort in den Computer geschrieben werde, drucke er zu Hause aus. Er übertrage die Daten mit einer Diskette. Wenn er etwas schreibe, speichere er das direkt auf die Diskette. Er teile sich das Büro mit drei Anderen, die ebenfalls für die Firma A tätig seien. Den Strom bekämen sie von der Firma A, dafür müssten sie nichts zahlen. Seitdem er bei der Firma A arbeite, führe er auch Material seiner Frau und seiner Tochter aus. Dabei handle es sich um Werbeprospekte. Diese Prospekte bekomme dann jeder Haushalt. Er bringe dieses Material jeweils zu einer bestimmten Stelle, wo es dann (von Frau und Tochter) verteilt werde. Der gesamte Zeitaufwand für die gesamte Fahrt werde etwa vier Stunden betragen. Sowohl seine Frau als auch seine Tochter hätten ein eigenes Unternehmen und jede ein eigenes Auto. Da das Material bis zu einer Tonne wiegen könne, werde dies von ihm im Lastwagen zu den vereinbarten Stellen gebracht. Dieses Material bekomme er bei der Firma D. Seine Frau und seine Tochter hätten eine tschechische Gewerbeberechtigung. Die Bezahlung erfolge dort anhand der Zahl der ausgelieferten Werbemittel einmal in Monat. Nach der gefahrenen Kilometeranzahl bekomme er von seiner Frau und seiner Tochter sein Honorar. Das seien im Schnitt tausend Euro von beiden zusammen. Was die Pizzeria anlange, habe er zunächst gewartet, bis die Sache mit der UID-Nummer geklärt sei; mittlerweile sei die Pizzeria geschlossen.

Zur Firma E legte der steuerliche Vertreter des Bw eine Bestätigung der Firma F in Adr.F vom vor, wonach Herr f bestätige, er könne den Bw "ab sofort anstellen und beschäftigen", wenn er als Kleinunternehmer seine UID-Nummer vorlege. Der Bw würde als Sublieferant für einige der von ihm vermittelten Firmen Ware transportieren.

Seitens des Finanzamtes erfolgte dazu keine Äußerung, da die Bestätigung beim Erörterungstermin nicht vorgelegt worden sei und daher keine Überprüfung durch das Finanzamt erfolgen habe können.

Weiters gab der Bw an, derzeit nicht sagen zu können, welcher Teil der von ihm zurückgelegten Strecke im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes X und welcher Teil im Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Nachbarfinanzamt liege. An Bürogebäude, Schreibtisch und Computer bestehe Miteigentum. Man sei jeweils gemeinsam einkaufen gegangen.

Seine Route führe ihn üblicherweise vom Grenzübergang G nach öst.polit.Gemeinde2, von dort nach öst.Ort3, öst.Ort4, öst.Ort5, öst.Ort6 und zurück Richtung öst.Ort7, dann öst.Ort8, öst.polit.Gemeinde2. Dort werde die Retourware abgegeben. Von öst.polit.Gemeinde2 gehe es dann wieder nach G. Dies sei die Tour für die Firma A gewesen. Für Frau und Tochter fahre er von öst.polit.Gemeinde2 nach öst.Ort9 und öst.Ort10, öst.Ort11, öst.Ort12. Es könne auch öst.Ort13, öst.Ort14, öst.Ort15 und andere Orte dabei sein. Eine Tour für den A umfasse 255 Kilometer. Er verrechne nur das vereinbarte Kilometergeld.

Über Vorhalt, dass bei den vom Bw zu tragenden Aufwendungen kaum ein Gewinn übrig bleiben könne: Nach der vorläufigen Einnahmen- und Ausgabenrechnung für 2005 und 2006 habe sich 2005 ein Verlust von 1.011,18 Euro und 2006 ein Gewinn von 8.731,99 Euro ergeben. Mit dem Gewinn könne man in Tschechien gut leben. Derzeit verrechne der Bw ohne USt den Nettobetrag, später wenn er als Unternehmer anerkannt sei, werde er zusätzlich Mehrwertsteuer ausweisen.

Der steuerliche Vertreter des Bw legte betreffend Frau H (Pizzeria-Betreiberin) einen nicht unterfertigten Vertrag vor, wonach der Bw die Kunden an den von Frau H bestimmten Tagen beliefern solle, wobei die Bezahlung nach der Anzahl der gefahrenen Kilometer erfolge. Der Vertrag sei deshalb nicht unterfertigt worden, da Frau H schon seit längerem beabsichtigt habe, die Pizzeria in öst.Ort5 zu schließen.

Über Vorhalt des Vertreters des Finanzamtes, dass Frau H keinen Pizzazustellservice anbiete und noch nie jemanden als Pizzazusteller beschäftigt habe und sie dies auch nicht in Zukunft vorhabe, sowie dass der Bw noch nie für sie gearbeitet habe, erklärte der steuerliche Vertreter, dass er bei der Vernehmung nicht anwesend gewesen sei und möglicherweise die Angaben von Frau H infolge von Sprachschwierigkeiten nicht korrekt wiedergegeben sein könnten. Außerdem sei der Niederschrift nicht zu entnehmen, dass die Auskunftsperson über ihr Recht, einen Rechtsanwalt oder einen Steuerberater beizuziehen, belehrt worden sei.

Der Vertreter des Finanzamtes brachte vor, dass die Vorgabe bestimmter Arbeitszeiten und des Arbeitsortes sowie von Organisationsrichtlinien für eine Weisungsgebundenheit des Bw sprächen. Zum Unternehmerrisiko sei auszuführen, dass der Bw weder die Einnahmen noch die Ausgaben beeinflussen könne, da sich die Einnahmen aus der vorgegebenen Strecke ergäben. Es sei aber richtig, dass der Bw teilweise seine Ausgaben beeinflussen könne.

Der steuerliche Vertreter des Bw brachte vor, dass die Einnahmen vorerst vom Markt diktiert worden seien, da nur zu diesen Preisen Aufträge erteilt würden. Der Bw sei außerdem bestrebt, seinen Kundenkreis zu erweitern. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits judiziert, dass Zeitungszusteller keine Arbeitnehmer seien. Der Bw verstehe nicht, wieso bei vergleichbaren Sachverhalten von anderen Finanzämtern UID-Nummern vergeben würden und bei ihm nicht. Es sei auch unverständlich sei, dass der Bw bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als Selbständiger pflichtversichert sei, das Finanzamt ihn aber nicht als Unternehmer ansehe.

Der Bw sagte: Bevor er sein Unternehmen begonnen habe, habe er sich gemeinsam mit Herr C beim Leiter der Gewerbebehörde in österr.Bezirkshauptort erkundigt und diesem den Sachverhalt geschildert, worauf ihnen erklärt worden sei, dass der Bw als Unternehmer in Österreich arbeiten könne. Er habe auch den Gewerbeschein bekommen. Ohne die Zusage, unternehmerisch tätig sein zu können, hätte er sich kein Auto gekauft und wäre nicht für die Firma A gefahren, sondern bei der Firma D geblieben.

Über die Berufung wurde erwogen:

Art 28 Abs 1 UStG 1994 normiert: "Das Finanzamt hat Unternehmern im Sinne des § 2, die im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen erbringen, für die das Recht auf Vorsteuerabzug besteht, eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen. Das Finanzamt hat Unternehmern, die ihre Umsätze ausschließlich gemäß § 22 versteuern oder die nur Umsätze ausführen, die zum Ausschluss vom Vorsteuerabzug führen, auf Antrag eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu erteilen, wenn sie diese für innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe benötigen.... Der Antrag auf Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist schriftlich zu stellen. In dem Antrag sind Name, Anschrift und Steuernummer, unter der der Antragsteller umsatzsteuerlich geführt wird, anzugeben...."

Eine Steuernummer hat der Bw in seinem, am eingebrachten UID-Nr-Antrag nicht angegeben und auch nicht angeben können, weil ihm das Finanzamt keine Steuernummer zugeteilt hat. Schon deshalb ist das Nichterfüllen der diesbezüglichen, bloßen Ordnungsvorschrift des Art 28 Abs 1 UStG 1994 unschädlich.

Die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nummer) setzt gemäß dem ersten und auch dem zweiten Satz des Art 28 Abs 1 UStG 1994 die Unternehmereigenschaft der betreffenden (natürlichen) Person voraus.

§ 2 UStG 1994 lautet bezughabend: "(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfaßt die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1. soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen derart eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind;

..."

Der erste und der dritte Satz des § 2 Abs 1 UStG 1994 können für den vorliegenden Fall zusammengefasst werden: Unternehmer ist, wer selbständig und nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen tätig ist. Nachhaltigkeit und Einnahmenerzielungsabsicht liegen beim Bw unstrittig vor, stellen aber keine geeigneten Kriterien zur Abgrenzung zwischen unselbständiger und unternehmerischer Tätigkeit dar. Das entscheidende und strittige Kriterium ist die Selbständigkeit.

Der Bw erbrachte und erbringt seine Tätigkeit für die Fa. A GmbH aus folgenden Gründen selbständig, sodass sich ein Eingehen auf die vorgebrachten Tätigkeiten für andere Auftraggeber erübrigt:

Das UStG erläutert nur die Nichtselbständigkeit ausdrücklich. Natürliche Personen sind insoweit nicht selbständig tätig, als sie einem Unternehmen derart eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmens zu folgen verpflichtet sind. Maßgeblich ist das Innenverhältnis (Kolacny/Caganek, UStG3, § 2 Anm 15), und zwar dessen tatsächlichen Umstände und nicht interne Vereinbarungen über abgabenrechtliche Folgen dieser Umstände. Dass die Vereinbarung zwischen Bw und Fa. A GmbH bis zum schriftlichen Festhalten am nur mündlich bestand, ist daher für die Entscheidung der Streitfrage ohne Belang.

Selbständigkeit als Begriff ist durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichnet, die im Einzelfall in unterschiedlicher Intensität auftreten können, sodass auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse abzustellen ist, wobei die Kriterien der Weisungsgebundenheit und des Unternehmerrisikos (Unternehmerwagnisses) am wesentlichsten sind (Ruppe, UStG3, § 2 Tz 74f und 79)

Unter "Weisungen ... zu folgen verpflichtet" ist hier die sogenannte persönliche Weisungsgebundenheit und nicht die sogenannte sachliche Weisungsgebundenheit (Auftragsgebundenheit laut Kolacny/Caganek, UStG3, § 2 Anm 15; technische Weisungsgebundenheit laut Bürgler in Berger ua, UStG, § 2 Rz 79) zu verstehen. Weisungsgebundenheit in persönlicher Hinsicht bedeutet, das eigene Verhalten an den Anordnungen eines anderen auch hinsichtlich der Modalitäten der Leistungserbringung und nicht nur hinsichtlich des Erfolges der Tätigkeit auszurichten. Ein wesentlicher Unterschied ist, dass der Unselbständige die Zur-Verfügung-Stellung seiner Arbeitszeit schuldet und der Selbständige einen bestimmten Erfolg schuldet. (Ruppe, UStG3, § 2 Tz 76) Wie aus den Angaben des Bw in der mündlichen Berufungsverhandlung zur tatsächlichen Gestaltung seiner Tätigkeit für die A GmbH hervorgeht, ist er bei seiner Tätigkeit zur Herstellung eines Erfolges verpflichtet, indem er allen Geschäften und Trafiken auf seiner Route bis 6:00 Uhr früh die Druckwerke durch Einlegen in die übergeordneteVertriebsgesellschaft - Kisten zustellt. Die Festlegung des täglichen (nächtlichen) Tätigkeitsbeginnes steht dem Bw im Rahmen der faktischen Gegebenheiten frei (ab Anlieferung der Druckwerke zum Depot bzw durch Einkalkulieren der Dauer seiner Auslieferungsfahrt). Der Bw ist gegenüber der A GmbH nicht persönlich weisungsgebunden. Die sogenannte sachliche Weisungsgebundenheit (Auftragsgebundenheit, technische Weisungsgebundenheit) ist unmaßgeblich.

Unternehmerrisiko (Unternehmerwagnis) liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit durch eigene Gestaltung und durch den Zufall bestimmt wird (Ruppe, UStG3, § 2 Tz 77). Eine Einflussmöglichkeit (im hier entscheidenden Sinne) des Bw auf den Erfolg seiner Tätigkeit für die Fa. A GmbH besteht ausgabenseitig, insb durch die Entscheidung darüber, welches Fahrzeug er anschaffte. In der Verwendung des zu Tätigkeitsbeginn angeschafften Fahrzeuges auf eigenes Risiko als hauptsächliches Arbeitsmittel besteht auch ein vom Zufall bestimmtes Unternehmerwagnis. Dass sich die Bemessung des gesamten Entgeltes am sogenannten amtlichen Kilometergeld orientiert, ist ein deutlicher Unterschied zu unselbständig Tätigen, die zusätzlich zum Lohn ein allfälliges Kilometergeld erhalten.

Die beiden wesentlichen Kriterien zeigen daher übereinstimmend eine selbständige Tätigkeit des Bw für die A GmbH an. Auf die weiteren Indizien (Anzahl der Auftraggeber, Fehlen eines Urlaubsanspruches, Vertretungsmöglichkeit, Sozialversicherung) braucht daher nicht eingegangen werden.

Auch in der Entscheidung des GZ. RV/2190-W/07 wurde ein Zeitungszusteller (direkt an einzelne Abonnenten), der die Zustellung bis 6:00 Uhr früh beendet haben musste, als selbständig tätig eingestuft.

Aus der Fachliteratur (Bürgler in Berger ua, UStG, § 2 Rz 71ff; Kolacny/Caganek, UStG3, Anm 15f; Ruppe, UStG3, § 2 Tz 73ff) ergibt sich kein Hinweis, dass das Ausmaß der Kenntnis der deutschen Sprache für die Abgrenzung zwischen selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit von Bedeutung wäre.

Wie im ha. Vorhalt vom erwähnt, hätte die Anwendung der Kleinunternehmerbefreiung (gemäß § 6 Abs 1 Z 27 iVm § 12 Abs 3 UStG 1994 mit Ausschluss vom Vorsteuerabzug verbunden) zur Folge gehabt, dass die Erteilung der UID-Nummer gemäß Art 28 Abs 1 Satz 2 UStG 1994 zusätzlich davon abhängig gewesen wäre, dass sie für innergemeinschaftliche Lieferungen oder innergemeinschaftliche Erwerbe benötigt wird.

Die melderechtliche Anmeldung eines Wohnsitzes und ähnliche Angaben können für die Annahme eines Wohnsitzes im abgabenrechtlichen Sinne zwar Indizwirkung haben, jedoch hatte und hat der Bw aufgrund der in der mündlichen Berufungsverhandlung ermittelten tatsächlichen Verhältnisse weder in österr.Ort 2 noch am neueAdr einen Wohnsitz im abgabenrechtlichen Sinne und somit keinen Wohnsitz im Inland:

§ 26 Abs 1 BAO: "Einen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften hat jemand dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird." Da der Bw in österr.Ort 2 nur eine Postadresse hatte, fehlte es dort schon am Innehaben einer Wohnung und daher auch am Beibehalten und Benutzen einer solchen. Die zwei mal zwei Meter große, mit Schreibtisch und Computer ausgestattete Holzhütte am neueAdr ist ebenfalls keine Wohnung (mit dieser Ausstattung jedenfalls nicht für Wohnbedarf benützbar, vgl Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 26 BAO Anm 1, sodass auf die Größe nicht eingegangen werden braucht).

Die Kleinunternehmerbefreiung setzt gemäß § 6 Abs 1 Z 27 UStG 1994 einen Wohnsitz (natürliche Person) bzw Sitz (juristische Person) im Inland voraus und ist auf den Bw daher nicht anwendbar. Das Benötigen der UID-Nummer für innergemeinschaftliche Erwerbe bzw Lieferungen ist daher keine Voraussetzung der Erteilung der UID-Nummer an den Bw.

Der Bw hat daher Anspruch auf Erteilung einer UID-Nummer. Damit ist noch zu klären, ob er den UID-Nr-Antrag beim zuständigen Finanzamt eingebracht hat, denn ein unzuständiges Finanzamt darf die UID-Nummer nicht erteilen, sondern hat nach § 50 Abs 1 Satz 2 BAO vorzugehen.

Die Zuständigkeitsregelungen bauen idR auf dem Begriff der "Erhebung der Abgaben" auf. Hierzu wird sehr umfassend durch § 49 Abs 2 BAO definiert: "Unter Erhebung im Sinn dieses Bundesgesetzes sind alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen." Die in Art 28 UStG 1994 geregelte Erteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist daher eine Maßnahme der Erhebung der Umsatzsteuer.

In der Regel ist zunächst die sachliche Zuständigkeit festzustellen und danach - sofern es mehr als ein sachlich zuständiges Finanzamt gibt - die örtliche Zuständigkeit.

§ 12 AVOG: "Dem Finanzamt Graz-Stadt obliegt unbeschadet des § 13 für den Bereich des gesamten Bundesgebietes die Erhebung der Umsatzsteuer von Unternehmern, die ihr Unternehmen vom Ausland aus betreiben und im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen." Da der Amtsbereich des Finanzamtes Graz-Stadt für diese sachliche Zuständigkeit das gesamte Bundesgebiet umfasst, ist dessen örtliche Zuständigkeit immer gegeben, wenn ein sog ausländischer Unternehmer iSd § 12 AVOG im Inland unternehmerisch tätig wird. (§ 13 AVOG betraf Vorgänge zwischen den österreichischen Gemeinden Mittelberg und Jungholz sowie der Bundesrepublik Deutschland auf Grund des Abkommens BGBl 1974/241, welches wegen Österreichs EU-Beitritt gegenstandslos geworden ist; Ritz, BAO3, 1108 mit Verweis auf Kolacny/Mayer, UStG2, 896).

Laut Ritz, BAO3, § 12 AVOG Tz 2, wird ein Unternehmen von dort betrieben, wo sich die Leitung befindet.

Einen ähnlichen Begriff wie § 12 AVOG mit "vom Ausland aus betreiben" wird in § 3a Abs 12 UStG 1994 mit "Ort ..., von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betreibt" verwendet. Ähnlich wie im Vorhalt vom könnten die diesbezüglichen Kommentare zu § 3a UStG 1994 den Schluss nahelegen, dass bei einer natürlichen Person hierbei primär auf die Stätte im Sinne von fester Niederlassung, an der sich die Geschäftsleitung befindet und subsidiär auf Wohnsitz bzw gewöhnlichen Aufenthalt abzustellen wäre (vgl Ruppe, UStG3, § 3a Tz 107f; Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, Rz 264f zu § 3a UStG). Wenn die Holzhütte in öst.polit.Gemeinde2 nicht als Ort der Geschäftsleitung angesehen wird, wäre nach dieser Auslegungsvariante somit auf den Wohnsitz des Bw in der Tschechischen Republik abzustellen bzw brächte auch das Abstellen auf den gewöhnlichen Aufenthalt dasselbe Ergebnis, denn keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben Grenzgänger, die täglich nach Hause ins Ausland zurückkehren (Ritz, BAO3, § 26 Tz 13 und 15).

Wie aus der Beschränkung der Anwendbarkeit auf Unternehmer, die im Inland weder eine Betriebsstätte haben noch Umsätze aus der Nutzung eines im Inland gelegenen Grundbesitzes erzielen, hervorgeht, liegt der Sinn der sachlichen Sonderzuständigkeit des Finanzamtes Graz-Stadt gemäß § 12 AVOG in Folgendem: Die Erhebung der Umsatzsteuer von sogenannten ausländischen Unternehmern, die keine örtliche Nahebeziehung zu einem der Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenbereich haben, wird bundesweit bei einem einzigen Finanzamt zusammengefasst, wogegen die Umsatzsteuer von sogenannten ausländischen Unternehmern mit örtlicher Nahebeziehung zu Finanzämtern mit allgemeinem Aufgabenbereich von Letztgenannten erhoben wird. Dem widerspräche eine Auslegung des § 12 AVOG, die trotz des nahezu ausschließlichen Betreibens im Inland mangels der Geschäftsleitung von einer inländischen festen Niederlassung aus den ausländischen Wohnsitz des Unternehmers als Betreiben vom Ausland aus fingieren würde.

Die subsidiäre Heranzierung des Wohnortes des Unternehmers zur Bestimmung des Ortes der Dienstleistung eines Unternehmers ohne feste Niederlassung bei der Auslegung von § 3a Abs 12 UStG 1994 ist angemessen, weil dessen Auslegung gemeinschaftsrechtskonform zu erfolgen hat (vgl Ruppe, UStG3, § 3a Tz 107/4) und Art 9 Abs 1 der 6. MwSt-Richtlinie ausdrücklich in Ermangelung ... einer solchen festen Niederlassung auf den Wohnort (oder üblichen Aufenthaltsort) des Dienstleistenden verweist. Entsprechend verweist Art 43 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem subsidiär auf den Wohnsitz (oder gewöhnlichen Aufenthaltsort) des Dienstleistungserbringers.

Da der Bw sein Unternehmen (nahezu - mit Ausnahme des Ausdruckens von Rechnungen) inkl der Leitungsfunktionen (Kontakt mit Auftraggeber, Anschaffung des Kraftfahrzeuges, Behördenkontakte) ausschließlich in Österreich betrieb bzw betreibt, ist auch vom Wortlaut des § 12 AVOG eine Subsumtion unter "vom Ausland aus betreiben" nicht vorzunehmen. Daher - und mangels Anwendbarkeit der besonderen sachlichen Zuständigkeitsregelungen zur Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Umsatz gemäß § 10 Z 1 AVOG für den Bereich des Landes Wien - sind für die Erhebung der Abgaben des Bw gemäß § 3 Abs 1 AVOG die Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis sachlich zuständig, ohne dass noch näher auf die Eigenschaft der Holzhütte in öst.polit.Gemeinde2 als Betriebsstätte gemäß § 29 BAO, etwa als Stätte der Geschäftsleitung, eingegangen werden bräuchte.

Gemäß § 3 Abs 3 AVOG iVm § 2 Wirtschaftsraum-Finanzämter-Verordnung gibt es mehrere Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis, sodass noch die örtliche Zuständigkeit zu klären ist, um schließlich ein einziges zuständiges Finanzamt festzustellen.

Mit Bezug zum vorliegenden Fall sind als Finanzämter mit allgemeinem Aufgabenkreis insb eingerichtet:

- Finanzamt Nachbarfinanzamt für die politischen Bezirke Amtssprengel1,

- Finanzamt X für die politischen Bezirke Amtssprengel2.

§ 61 BAO: "Für die Erhebung der Umsatzsteuer ist das Finanzamt örtlich zuständig, dem die Erhebung der Abgaben vom Einkommen des Abgabepflichtigen ... obliegt."

Die örtliche Zuständigkeit für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen natürlicher Personen wird in §§ 55 und 56 BAO geregelt. Klarzustellen ist, dass die in diesen Paragraphen verwendeten Klammerausdrücke "unbeschränkt Steuerpflichtige" und "beschränkt Steuerpflichtige" aufgrund von Novellierungen anderer Gesetze (zB Einfügung des § 1 Abs 4 EStG 1988) nicht mehr deckungsgleich mit den - allein maßgebenden - normativen Anknüpfungen am inländischen Wohnsitz bzw inländischen gewöhnlichen Aufenthalt sind (Ritz, SWK 31/2007, S 872).

Wie oben bereits festgestellt wurde, hat der Bw keinen inländischen Wohnsitz, und auch sein gewöhnlicher Aufenthalt liegt nicht im Inland, weshalb § 56 BAO anzuwenden ist, der lautet: "Für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 26) haben (beschränkt Steuerpflichtige), ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich sich Vermögen des Abgabepflichtigen befindet; trifft dies für mehrere Finanzämter zu, so ist das Finanzamt zuständig, in dessen Bereich sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet. Hat der Abgabepflichtige im Inland kein Vermögen, so ist das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bereich die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Inland vorwiegend ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist."

Im Bereich des Finanzamtes X befindet sich folgendes Vermögen des Bw: Miteigentum am Holzhaus in öst.polit.Gemeinde2, Miteigentum am Schreibtisch darin, Miteigentum am Computer darin. Weiters ist die Anmeldung seines Kraftfahrzeuges im Bezirk österr.Bezirkshauptort erfolgt. Damit ist das Finanzamt X zuständig für die Erhebung der Abgaben vom Einkommen und Umsatz des Bw.

Auch der bei Nichtvorliegen von Vermögen in Österreich wirksame Auffangtatbestand des § 56 BAO hätte die Zuständigkeit des Finanzamtes X gezeigt: Die Ausübung der Tätigkeit des Bw erfolgt in den Amtssprengeln der Finanzämter X und Nachbarfinanzamt, ohne dass sich bei seiner Zustellungsroute ein Überwiegen in dem einen oder anderen Amtssprengel klar ergäbe. Da er aber sein Fahrzeug in öst.polit.Gemeinde2 belädt, übt der Bw seine Tätigkeit für die Fa. A GmbH vorwiegend im Amtssprengel des Finanzamtes X aus. Auch die für andere Auftraggeber vorgebrachten Tätigkeiten würden daran nichts ändern, weil sie nicht tatsächlich ausgeübt bzw für seine Ehefrau und seine Tochter nach den in der mündlichen Berufungsverhandlung genannten Orten ohnehin vorwiegend im Amtsprengel des Finanzamtes X ausgeübt wurden.

Da der Bw Anspruch auf Erteilung einer UID-Nummer hat und das Finanzamt X, bei dem der Bw seinen UID-Nr-Antrag gestellt hat und das den angefochtenen Bescheid erlassen hat, für die Angelegenheit der Erteilung einer UID-Nummer zuständig ist, ist eine zur beantragten Vergabe führende Berufungsentscheidung zu fällen, die aber im Rahmen des vorgegebenen, EG-weit zusammenhängenden und auf einer Überprüfung der Gültigkeit der UID-Nummer in Echtzeit beruhenden Systems der UID-Nummern bleibt. Deshalb erfolgt auch nur eine teilweise Stattgabe durch ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Eine direkte Vergabe der UID-Nummer ist dem UFS in dem vorgegebenen UID-Nummern-System nicht möglich. Nach dem Verfahren der UID-Nummern-Bestätigung in Echtzeit ist auch eine rückwirkende Vergabe der UID-Nummer, wie sie bei einer vollinhaltlichen Entsprechung des UID-Nr-Antrages vom - "ab " - erfolgen würde, nicht sinnvoll, weil Bestätigungsanfragen an das UID-Nummern-System in der Vergangenheit nicht mehr möglich sind.

Durch die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides wird dem Bw die Vergabe einer UID-Nummer durch das Finanzamt X gesichert, weil der UID-Nr-Antrag vom wiederum unerledigt ist und bei der - durch die Entscheidungspflicht gemäß § 311 Abs 1 BAO gebotenen - nochmaligen Entscheidung über diesen Antrag durch das Finanzamt X § 289 Abs 3 BAO zu beachten sein wird, welcher lautet: "Im Verfahren betreffend Bescheide, die Berufungsentscheidungen (Abs. 2) abändern, aufheben oder ersetzen, sind die Behörden an die für die Berufungsentscheidung maßgebliche, dort dargelegte Rechtsanschauung gebunden." Der in Entscheidung über den UID-Nr-Antrag ergehen werdende Bescheid wird dieselbe "Sache" betreffen wie die vorliegende Berufungsentscheidung, sodass er die vorliegende Berufungsentscheidung im Sinne des § 289 Abs 3 BAO ersetzen wird.

Ergeht auch an Finanzamt X.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 2 Abs. 2 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Art. 28 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 12 AVOG, Abgabenverwaltungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 18/1975
§ 49 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Zuständigkeit
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
Umsatzsteueridentifikationsnummer
ausländischer Unternehmer
sachliche Weisungsgebundenheit
Auftragsgebundenheit
Unternehmerrisiko
Unternehmerwagnis
Betreiben vom Ausland aus

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