1. Einschränkung der Haftung an die Folgen des davor abgeführten Insolvenzverfahrens 2. Aussetzungszinsen auch nach BVE
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Miterledigte GZ: |
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RV/0249-W/12 |
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2012/16/0215 eingebracht. Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom abgelehnt.
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Rechtssätze | |
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Folgerechtssätze | |
RV/0271-W/12-RS1 | wie RV/0092-L/05-RS1 Der Haftungsbescheid hat dem Haftenden gegenüber insoweit konstitutive Wirkung, als Letzterer erst durch die bescheidmäßige Geltendmachung der Haftung zum Gesamtschuldner wird. Ergeht ein Haftungsbescheid gegenüber einem nach Abgabenvorschriften Haftenden erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Haftenden, dann stellt die Haftungsforderung des Abgabengläubigers demnach keine Konkursforderung im Konkursverfahren des Haftungsschuldners dar. Erfolgt die Haftungsinanspruchnahme, nachdem im Konkursverfahren des Haftenden ein Ausgleich bzw. Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt wurde, dann ist bei der Geltendmachung der Haftung auf die Rechtswirkungen des rechtskräftig bestätigten Ausgleiches bzw. Zahlungsplanes (Restschuldbefreiung nach §§ 156 Abs. 1 iVm. 193 Abs. 1 zweiter Satz KO) grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen. Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich bzw. Zahlungsplan zustande und werden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches schon vor der Konkurseröffnung verwirklicht, dann entspricht es allerdings der bei Geltendmachung der Haftung im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der Ausgleichs- bzw. der im Zahlungsplan festgelegten Quote orientiert, wenngleich es der Abgabenbehörde unbenommen ist, im Rahmen der Ermessensübung ergänzend noch auf andere Umstände Bedacht zu nehmen. Dies folgt daraus, dass im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde die Haftungsforderung von den Wirkungen des Ausgleichs bzw. Zahlungsplanes erfasst worden wäre. |
RV/0271-W/12-RS2 | wie RV/3733-W/08-RS1 Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zahlungsplan zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes () grundsätzlich der im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der im Zahlungsplan festgelegten Quote (Ausgleichsquote) orientiert. Im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde wäre die Haftungsforderung von der Wirkung des Zahlungsplanes erfasst worden. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen von Frau A.B., Wien, vertreten durch Dr. Kahlig - Mag. Stauder Rechtsanwälte, 1070 Wien, Siebensterngasse 42,
I. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Haftung gemäß § 12 BAO
II. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom über die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung
entschieden:
I.a. Der Berufung vom wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Haftungsbescheid insoweit abgeändert, als die als Haftungssumme erfassten Abgabenschuldigkeiten um € 70.605,01 auf den Betrag von € 2.056,32 wie folgt vermindert werden:
Umsatzsteuer 12/2008 in Höhe von € 1.359,92, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 4,74, Säumniszuschlag A 2009 in Höhe von € 27,20, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 9,54, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 13,65, Barauslagen 2009 und 2010 in Höhe von € 0,08, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 14,15, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 14,15, Säumniszuschlag B 2009 in Höhe von € 13,60 Säumniszuschlag C 2009 in Höhe von € 13,60 Umsatzsteuer 02/2010 in Höhe von € 3,88, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 539,96, Säumniszuschlag A 2010 in Höhe von € 10,80, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 20,25, Säumniszuschlag B 2010 in Höhe von € 5,40 Säumniszuschlag C 2010 in Höhe von € 5,40.
I.b. Darüber hinaus wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
II. Die Berufung vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom über die Abweisung eines Antrages auf Aussetzung der Einhebung wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
I. Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde A.B. (in weiterer Folge: Bw.) als Haftungspflichtige gemäß § 12 BAO für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der Firma A-KEG im Ausmaß von € 72.661,33, nämlich
Umsatzsteuer 12/2008 in Höhe von € 48.053,59, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 167,59, Säumniszuschlag A 2009 in Höhe von € 961,26, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 337,14, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 482,21, Barauslagen 2009 in Höhe von € 0,55, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 500,02, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 500,02, Barauslagen 2009 in Höhe von € 1,10, Säumniszuschlag B 2009 in Höhe von € 480,54 Säumniszuschlag C 2009 in Höhe von € 480,54 Umsatzsteuer 02/2010 in Höhe von € 137,08, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 19.079,76, Säumniszuschlag A 2010 in Höhe von € 381,60, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 715,63, Barauslagen 2010 in Höhe von € 1,10, Säumniszuschlag B 2010 in Höhe von € 190,80 Säumniszuschlag C 2010 in Höhe von € 190,80
in Anspruch genommen, mit folgender Begründung:
"1.) Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes.
2.) Gemäß § 128 HGB, nunmehr § 161 Abs. 1 UGB haften die Komplementäre/unbeschränkt haftende Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich, unbeschränkt und unmittelbar.
3.) Daraus folgt, dass es bei einer Haftung nach § 12 BAO nicht auf das Verschulden ankommt. Die Haftung nach § 12 BAO ist eine verschuldensunabhängige Haftung, welche rein auf der unbestrittenen Stellung als Komplementär/unbeschränkt haftender Gesellschafter beruht.
4.) Sie waren im Zeitraum von bis zur Löschung im Firmenbuch eingetragener, unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma A-KEG (FN 1). Sie waren somit verpflichtet, die Abgaben aus deren Mittel zu bezahlen.
5.) Hinsichtlich der Heranziehung für aushaftende Umsatzsteuer ist festzuhalten:
Gemäß § 21 Abs. 1 UStG 94 hat der Unternehmer spätestens am 15. Tag des auf den Kalendermonat zweitfolgenden Kalendermonats eine Voranmeldung bei. dem für die Einhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt einzureichen; in der er die für den Voranmeldungszeitraum zu entrichtende Steuer unter entsprechender Anwendung des § 20 Abs. 1 und 2 und des § 16 UStG selbst zu berechnen hat. Der Unternehmer hat eine sich ergebende Vorauszahlung spätestens am Fälligkeitstag zu entrichten. Für folgende Zeiträume-siehe Haftungsbescheid- wurde die Umsatzsteuer gemeldet bzw. rechtskräftig veranlagt, jedoch nicht entrichtet.
6.) Es wird auf die Bestimmungen des § 7 Abs. 2 BAO verwiesen, wonach sich persönliche Haftungen auch auf Nebenansprüche erstrecken.
7.) § 12 BAO ist keine Ausfallshaftung. Durch § 12 BAO wurden die handelsrechtlichen Regelungen über die Möglichkeiten der Inanspruchnahme der Gesellschafter einer KEG in das Abgabenrecht übertragen, sodass dem Abgabengläubiger die nach handelsrechtlichen Maßstäben zu beurteilenden Gläubigerrechte ebenso wie dem Zivilgläubiger offen stehen. Die abgabenrechtliche Haftung setzt nicht voraus, dass der Anspruch gegenüber der Gesellschaft bereits geltend gemacht wurde, wohl aber das Entstehen der Abgabenschuld im Sinne des § 4 BAO."
In der dagegen eingebrachten Berufung vom wurde der Haftungsbescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten.
Mit dem angefochtenen Bescheid sei die Bw. zur Haftung für Abgabenverbindlichkeiten der A-KEG (FN 1) im Betrag von € 72.661,33 herangezogen worden.
Dieser Betrag setze sich zusammen aus dem Umsatzsteuerbescheid 2008 vom sowie dem Bescheid über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 12/2008 vom . Hinsichtlich der in diesen Bescheiden genannten Beträge seien in der Folge Bescheide über Säumnis- und Stundungszinsen ergangen und ergebe sich daraus der nunmehr in Haftung gezogene Betrag von € 72.661,33.
Der Betrag der Steuerschuld der A-KEG sei daher spätestens am festgestanden.
Da die Bw. persönlich haftende Gesellschafterin der A-KEG gewesen sei, sei auch deren Haftung zu demselben Zeitpunkt der Höhe nach festgestanden.
Die Bw. habe schließlich im Mai 2010 das Schuldenregulierungsverfahren beantragt und sei dieses am zur Zahl 10 des Konkursgerichtes eröffnet worden.
Im Antrag auf Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens sei das Finanzamt ausdrücklich als Gläubiger angeführt worden unter Bekanntgabe der Steuernummer 123. Das Finanzamt habe es jedoch unterlassen, seine Forderung im Schuldenregulierungsverfahren geltend zu machen. Die Bw. treffe daran kein Verschulden.
Der Zahlungsplan, dessen Inhalt wie folgt laute: "Die Quote beträgt 5%, das sind € 4.730,79 zahlbar als einmalige Barquote bis " sei am angenommen worden.
Die Forderung des Finanzamtes gegen die Bw. sei daher mangels Anmeldung im Konkursverfahren, wobei die Bw. daran kein Verschulden treffe, erloschen.
Die nunmehrige Erlassung eines Haftungsbescheides am sei zu Unrecht erfolgt. Beweis: Akt 10 des BG, dessen Herbeischaffung beantragt werde.
Es werde daher gestellt der Antrag, die Berufungsbehörde möge den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom , Steuernummer 123, mit welchem die Bw. zur Haftung im Betrag von € 72.661,33 für Abgabenverbindlichkeiten der A-KEG herangezogen worden sei, ersatzlos beheben.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass das Finanzamt die strittigen Haftungsabgaben im Konkursverfahren der Berufungswerberin nicht angemeldet habe, da es sich hierbei um keine Konkursforderungen handle.
Gemäß § 51 Abs. 1 KO seien Konkursforderungen Forderungen von Gläubigern, denen vermögensrechtliche Ansprüche an den Gemeinschuldner zur Zeit der Konkurseröffnung zustehen (Konkursgläubiger). In diesem Zusammenhang habe der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach erkannt, dass in den Konkurs grundsätzlich nur solche vermögensrechtlichen Ansprüche gegen den Gemeinschuldner fallen, die im Konkurseröffnungszeitpunkt schon bestanden haben.
Die Rechtswirkung eines rechtskräftig bestätigten Zahlungsplanes trete nur für alle im Zeitpunkt der Konkurseröffnung (Edikt vom ) bereits gegenüber dem Berufungswerber bestandenen vermögensrechtlichen Ansprüche ein, egal ob sie von den Konkursgläubigern im Konkurs als Konkursforderungen geltend gemacht wurden oder nicht.
Für die Frage, ob die Haftungsschuld der Bw. eine unter die Rechtswirkungen des in ihrem Schuldenregulierungsverfahren rechtskräftig bestätigten Zahlungsplanes fallende und nach Maßgabe des § 197 KO zu behandelnde Konkursforderung darstelle, sei es nicht entscheidend, wann die (haftungsgegenständlichen) Abgabenschuldigkeiten der KEG gemäß § 4 Abs. 1 BAO oder aufgrund spezialgesetzlicher Vorschriften entstanden seien, sondern es komme vielmehr darauf an, wann die Haftungsschuld als solche begründet worden sei (). Dazu vertrete der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Auffassung, dass der Haftungsbescheid dem Haftenden gegenüber insoweit konstitutive Wirkung habe, als Letzterer erst durch die bescheidmäßige Geltendmachung der Haftung (§ 7 Abs. 1 BAO iVm. 224 Abs. 1 BAO) zum Gesamtschuldner werde (; ; ).
Die mit Finanzamtsbescheid vom gegenüber der Bw. nach § 12 BAO geltend gemachte Haftung (Forderung) stelle somit im Hinblick auf das für diese bereits am eröffnete Konkursverfahren keine Konkursforderung dar, sei doch damit dieser vermögensrechtliche Anspruch des Abgabengläubigers gegenüber der Bw. (Forderung aus der Haftungsinanspruchnahme) erst wesentlich nach deren Konkursedikt begründet worden.
Wenn die Bw. mit dem angefochtenen Bescheid also zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der KEG herangezogen wurde, ohne dass dabei die Rechtswirkungen des in ihrem Konkursverfahren rechtskräftig bestätigten Zahlungsplanes berücksichtigt worden seien, so entspreche dies unzweifelhaft dem Gesetz.
Wenngleich die Gesellschafterhaftung keine Ausfallshaftung und daher die Gewissheit der Abgabenuneinbringlichkeit bei der Primärschuldnerin selbst nicht Voraussetzung für ihre Geltendmachung sei, habe auch eine Haftungsinanspruchnahme nach dieser Gesetzesbestimmung, dem Wesen der Haftung entsprechend, in der Regel nur subsidiär, also erst dann zu erfolgen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, dass die Abgabeneinbringung bei der Primärschuldnerin gefährdet oder zumindest nur erschwert möglich sei. Die Uneinbringlichkeit bei der KEG sei aber erst nach Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens festgestellt worden.
Im Schreiben vom beantragt der Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die rechtlichen Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung seien völlig verfehlt. Die A-KEG habe, nachdem die Liquidation des Gesellschaftsvermögens abgeschlossen gewesen sei, am den Antrag auf Löschung beim Konkursgericht gestellt. Mit Beschluss vom sei die A-KEG im Firmenbuch gelöscht worden.
Da die Liquidation abgeschlossen gewesen sei, habe die A-KEG mit diesem Tag zu existieren aufgehört.
Die Bw. sei als Komplementärin der A-KEG Solidarschuldnerin für alle Schulden.
Am sei das Konkursverfahren über das Vermögen der Bw. eröffnet worden. In der Gläubigerliste sei das Finanzamt 2/20/21/22 unter Anführung der Steuernummer 123 als Gläubiger bekannt gegeben worden.
Die Schulden der Bw. beim Finanzamt seien, da die Bw. Solidarschuldnerin gewesen sei, mit Entstehen der Schuld bei der A-KEG entstanden. Spätestens nach der Löschung der A-KEG nach stattgefundener Liquidation hätte selbst für das Finanzamt klar sein müssen, dass von der A-KEG keine Beträge mehr einbringlich zu machen seien.
Im Übrigen werde darauf verwiesen, dass die angeführte Entscheidung nicht mehr der aktuellen Rechtslage entspreche und für die Frage, ob eine Konkurs- oder Masseforderung vorliege, ausschließlich das Entstehen der Verbindlichkeit bzw. der Zeitpunkt des haftungsbegründenden Ereignisses relevant sei (VwGH 1997/01/0023; 95/15/0173 u.v.a.).
Es wird daher gestellt der Antrag, die Abgabenbehörde 2. Instanz möge über die Berufung vom entscheiden und den Bescheid ersatzlos beheben.
II. Mit Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde der Antrag der Bw. vom (wonach der Haftungsbescheid mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu beheben sei, da die Abgabenschuldigkeit der Bw. aufgrund des angenommenen Zahlungsplanes und Nichtanmeldung der Forderung durch das Finanzamt Wien, trotz bereits feststehender Abgabenverpflichtung und Anführung des Finanzamtes in der Gläubigerliste, erloschen sei) auf Aussetzung der Einhebung mit der Begründung abgewiesen, dass die Berufung zwischenzeitig mit Berufungsvorentscheidung vom erledigt worden sei.
In der dagegen eingebrachten Berufung vom wurde dieser Bescheid seinem gesamten Inhalt nach angefochten und ausgeführt, dass über die Berufung vom noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Gegen die Berufungsvorentscheidung vom sei ein Vorlageantrag eingebracht worden. Es werde daher beantragt, den Bescheid ersatzlos beheben.
Mit Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und festgehalten, dass die Abweisung der Berufung deshalb zu Recht erfolgt sei, da die betreffende Berufung mittels Erlassung einer Berufungsvorentscheidung erledigt worden sei. Zwischenzeitig sei der neuerliche Aussetzungsantrag positiv erledigt worden.
Im Schreiben vom beantragte der Bw. die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufungen wurde erwogen:
Ad I: Haftung gemäß § 12 BAO
Gemäß § 12 BAO haften die Gesellschafter von als solche abgabepflichtigen und nach bürgerlichem Recht voll oder teilweise rechtsfähigen Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit persönlich für die Abgabenschulden der Personenvereinigung. Der Umfang ihrer Haftung richtet sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
Die Gesellschafter einer OHG, OEG, KG und KEG werden vom Haftungstatbestand des § 12 BAO erfasst. Dabei kommt es auf die "förmliche Gesellschafterstellung", auf die nach Gesellschaftsrecht zu beurteilende Gesellschafterstellung an (Hinweis Stoll, BAO-Kommentar, 147 f). Der persönlich haftende Gesellschafter einer KEG haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern als Gesamtschuldner persönlich ().
Der Komplementär der Kommanditgesellschaft haftet gemäß § 126 HGB unmittelbar, primär, unbeschränkt, unbeschränkbar und persönlich. Der Vertreter haftet für die Abgabenschulden der Firma auch dann, wenn er als Gesellschafter "faktisch" ausgeschieden ist (/0276).
Unstrittig ist, dass laut Firmenbuch die Bw. im Zeitraum von bis zur Löschung im Firmenbuch am eingetragene, unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma A-KEG (FN 1) gewesen ist, sie somit verpflichtet war, die Abgaben der KEG aus deren Mittel zu bezahlen.
Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom ist über das Vermögen der Bw. das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet worden (AZ 10).
Der Zahlungsplan (die Quote beträgt 5%, das sind € 4.730,79 zahlbar als einmalige Barquote bis ) wurde am angenommen.
Damit war auch dem Finanzamt zum Zeitpunkt der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gegen die Bw. im Mai 2010 bekannt, dass die Abgaben der A-KEG uneinbringlich sein würden. Es wäre Aufgabe des Finanzamtes gewesen, zeitnahe einen entsprechenden Haftungsbescheid zu erlassen, um diese Abgaben auch im Schuldenregulierungsverfahren der Bw. anmelden zu können.
Wie die Abgabenbehörde erster Instanz richtig dargestellt hat, hat der Haftungsbescheid dem Haftenden gegenüber insoweit konstitutive Wirkung, als Letzterer erst durch die bescheidmäßige Geltendmachung der Haftung zum Gesamtschuldner wird. Ergeht ein Haftungsbescheid gegenüber einem nach Abgabenvorschriften Haftenden erst nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Haftenden, dann stellt die Haftungsforderung des Abgabengläubigers demnach keine Konkursforderung im Konkursverfahren des Haftungsschuldners dar. Erfolgt die Haftungsinanspruchnahme, nachdem im Konkursverfahren des Haftenden ein Ausgleich bzw. Zahlungsplan rechtskräftig bestätigt wurde, dann ist bei der Geltendmachung der Haftung auf die Rechtswirkungen des rechtskräftig bestätigten Ausgleiches bzw. Zahlungsplanes (Restschuldbefreiung nach §§ 156 Abs. 1 iVm 193 Abs. 1 zweiter Satz KO) grundsätzlich nicht Bedacht zu nehmen.
Kommt hinsichtlich des Haftenden ein Zwangsausgleich zustande und wurden die Tatbestandserfordernisse für die Entstehung des Haftungsanspruches (Uneinbringlichkeit der Abgabenschuld beim Abgabenschuldner und eine schuldhafte, für den eingetretenen Schaden ursächliche Pflichtverletzung des Vertreters) vor der Konkurseröffnung verwirklicht, so entspricht es grundsätzlich der nach § 20 BAO im Rahmen der Ermessensübung zu berücksichtigenden Billigkeit, dass sich die Inanspruchnahme betragsmäßig an der Ausgleichsquote orientiert. In diesem Zusammenhang ist es aber der Behörde nicht verwehrt, in ihren Überlegungen allenfalls den Umstand zu berücksichtigen, dass es ihr im Hinblick auf den späteren Zeitpunkt der Feststellbarkeit der Uneinbringlichkeit nicht möglich war, ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren zu verfolgen und dabei die entsprechenden Gläubigerrechte (vgl. etwa § 147 KO) wahrzunehmen ()
Im Falle früherer Geltendmachung der Haftung durch die Abgabenbehörde wäre die Haftungsforderung von den Wirkungen des Ausgleichs bzw. Zahlungsplanes erfasst worden (; ).
Hätte die Abgabenbehörde den Haftungsbescheid zeitnahe noch vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens erlassen, wäre die Forderung an die Bw. von € 72.661,33 für Abgabenverbindlichkeiten der A-KEG zweifellos angemeldet worden. Damit hätten sich die Gesamtverbindlichkeiten auf € 167.277,13 erhöht. Bei einer ausgeschütteten Quote von 5 % ergibt dies (ohne die Haftungssumme) einen Schuldenstand von € 94.615,80; zusammen mit der Haftungsschuld errechnet sich ein Gesamtbetrag von € 167.277,13. Unter Berücksichtigung des zu verteilenden Betrages von € 4.730,79 hätte die Abgabenbehörde im Schuldenregulierungsverfahren vom Haftungsbetrag eine Quote von 2,83% erhalten, somit lediglich € 2.056,32.
Angesichts der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen Finanzsenates war daher im Rahmen des Ermessens die Haftung für folgende Beträge aufzuheben
Umsatzsteuer 12/2008 in Höhe von € 46.693,67, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 162,85, Säumniszuschlag A 2009 in Höhe von € 934,06, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 327,60, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 468,56, Barauslagen 2009 in Höhe von € 0,47, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 485,87, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 485,87, Barauslagen 2009 in Höhe von € 1,10, Säumniszuschlag B 2009 in Höhe von € 466,94, Säumniszuschlag C 2009 in Höhe von € 466,94, Umsatzsteuer 02/2010 in Höhe von € 133,20, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 18.539,80, Säumniszuschlag A 2010 in Höhe von € 370,80, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 695,38, Barauslagen 2010 in Höhe von € 1,10, Säumniszuschlag B 2010 in Höhe von € 185,40 und Säumniszuschlag C 2010 in Höhe von € 185,40
und der Haftungsbetrag wie folgt einzuschränken:
Umsatzsteuer 12/2008 in Höhe von € 1.359,92, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 4,74, Säumniszuschlag A 2009 in Höhe von € 27,20, Stundungszinsen 2009 in Höhe von € 9,54, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 13,65, Barauslagen 2009 und 2010 in Höhe von € 0,08, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 14,15, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 14,15, Säumniszuschlag B 2009 in Höhe von € 13,60 Säumniszuschlag C 2009 in Höhe von € 13,60 Umsatzsteuer 02/2010 in Höhe von € 3,88, Umsatzsteuer 2008 in Höhe von € 539,96, Säumniszuschlag A 2010 in Höhe von € 10,80, Pfändungsgebühr 2009 in Höhe von € 20,25, Säumniszuschlag B 2010 in Höhe von € 5,40 Säumniszuschlag C 2010 in Höhe von € 5,40.
Da die Voraussetzungen für eine Haftung gemäß § 12 BAO gegeben sind, war die Berufung für die nunmehr verbleibenden Abgabenbeträge von gesamt € 2.056,32 als unbegründet abzuweisen.
Ad II: Aussetzung der Einhebung
Gemäß § 212a Abs. 1 BAO ist die Einhebung einer Abgabe, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt, auf Antrag des Abgabepflichtigen insoweit auszusetzen, als eine Nachforderung unmittelbar oder mittelbar auf einen Bescheid, der von einem Anbringen abweicht, oder auf einen Bescheid, dem kein Anbringen zugrunde liegt, zurückzuführen ist, höchstens jedoch im Ausmaß der sich bei einer dem Begehren des Abgabepflichtigen Rechnung tragenden Berufungserledigung ergebenden Herabsetzung der Abgabenschuld.
Gemäß § 212a Abs. 2 lit. a BAO ist die Aussetzung nicht zu bewilligen, insoweit die Berufung nach der Lage des Falles wenig erfolgversprechend erscheint.
Gemäß § 212a Abs. 5 BAO besteht die Wirkung einer Aussetzung der Einhebung in einem Zahlungsaufschub. Dieser endet mit Ablauf der Aussetzung oder ihrem Widerruf (§ 294). Der Ablauf der Aussetzung ist anläßlich einer über die Berufung (Abs. 1) ergehenden
a) Berufungsvorentscheidung oder
b) Berufungsentscheidung oder
c) anderen das Berufungsverfahren abschließenden Erledigung
zu verfügen. Die Verfügung des Ablaufes anläßlich des Ergehens einer Berufungsvorentscheidung schließt eine neuerliche Antragstellung im Fall der Einbringung eines Vorlageantrages (§ 276 Abs. 2) nicht aus.
Der Gesetzgeber sieht mit der Bestimmung des § 212a BAO die Möglichkeit der Aussetzung der Einhebung von Abgaben für die Dauer des Berufungsverfahrens vor. Im vorliegenden Fall hat das Finanzamt Wien 2/20/21/22 mit Berufungsvorentscheidung vom die Berufung gegen den Haftungsbescheid als unbegründet abgewiesen und damit einen das Berufungsverfahren abschließenden Bescheid erlassen. Damit hat die Berufung "offensichtlich" zum damaligen Zeitpunkt keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da die Aussichtslosigkeit aufgrund der bereits erlassenen Berufungsvorentscheidung für jede mit der Sache vertraut gemachte Person erkennbar ist.
Entgegen der Ansicht der Bw. ist die Rechtskraft der Entscheidung in den Verfahrensbestimmungen nicht gefordert, da gemäß § 212a Abs. 5 lit. a BAO auch nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung der Ablauf der Aussetzung der Einhebung zu verfügen ist, obwohl dagegen noch - wie im vorliegenden Fall - ein Vorlageantrag möglich ist. Eine Rechtwidrigkeit des angefochtenen Bescheides ist daraus nicht abzuleiten.
Die Abweisung des Aussetzungsantrages nach Ergehen der Berufungsvorentscheidung stand überdies einer neuerlichen Antragstellung nicht entgegen. Zu diesem Thema bleibt abschließend nur festzuhalten, dass die Aussetzung der Einhebung aufgrund eines neuerlichen Antrages zwischenzeitig ohnehin gewährt wurde.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 128 HGB, Handelsgesetzbuch, dRGBl. S 219/1897 |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at