Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 24.09.2010, RV/0364-I/10

Abzugsfähigkeit einer Versorgungsrente als Sonderausgabe


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Miterledigte GZ:
RV/0722-I/10
RV/0723-I/10

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufungen des Bw. gegen die Bescheide des Finanzamtes A vom betreffend Einkommensteuer 2006 bis 2008 entschieden:

Den Berufungen wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der Abgaben sind den als Beilage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen. Sie bilden einen Bestandteil dieses Bescheidspruchs.

Entscheidungsgründe

Unter Tz. 2 des Berichts vom über eine Außenprüfung im Unternehmen des Berufungswerbers (kurz: Bw.) ist festgehalten, dass anlässlich der Übergabe des Betriebs an den Steuerpflichtigen vereinbart worden sei, dass der Übernehmer (Bw.) für den Erhalt des Betriebs bzw. sonstiger Liegenschaften an die Mutter (Ehegattin des Übergebers) eine Rente von 400 € monatlich zu bezahlen habe. Im Übergabsvertrag seien die Besitzverhältnisse genau dargestellt. Ersichtlich sei, dass die Rentenberechtigte weder Eigentümerin bzw. Besitzerin von Liegenschaften gewesen sei noch "das Einzelunternehmen" betrieben habe. Freiwillige Zuwendungen iSd § 20 Abs. 1 Z 4 erster Teilstrich EStG 1988 seien Ausgaben, denen keine wirtschaftlichen Gegenleistungen gegenüberstünden und die ohne zwingende rechtliche Verpflichtung des Gebers getätigt würden; sie dürften auch dann nicht abgezogen werden, wenn sie im Einzelfall durch betriebliche Erwägungen mitveranlasst seien.

Der Bw. wandte gegen die - auf der Grundlage des Prüfungsberichts - nach Wiederaufnahme der Verfahren bzw. Bescheidbehebung gemäß § 299 BAO berichtigt erlassenen Einkommensteuerbescheide der Jahre 2006 bis 2008 ein, dass für die Übertragung des Betriebs eine sog. Verbindungsrente vereinbart worden sei. Der Grund der Zahlungen des Bw. an die Mutter sei der Erhalt "des Betriebs". Es bestehe somit ein kausaler Zusammenhang zwischen der Zahlung und dem Erhalt "der Einzelunternehmen". Die Zahlungen seien nicht freiwillig erfolgt, sondern als Gegenleistung für den Erhalt der zwei Einzelunternehmen. Im vorliegenden Fall liege eine "außerbetriebliche Versorgungsrente" vor, die als Sonderausgabe steuerlich abgesetzt werden könne.

Die Berufungen wurden - ohne Erlassung von Berufungsvorentscheidungen - der Abgabenbehörde zweiter Instanz unmittelbar zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufungen wurde erwogen:

1.) Bei der Ermittlung des Einkommens sind, soweit es sich nicht um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handelt, ua. Renten und dauernde Lasten, die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhen, abzuziehen (§ 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988).

Werden Renten oder dauernde Lasten als angemessene Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern geleistet, gilt folgendes: Die Renten und dauernden Lasten sowie Abfindungen derselben sind nur insoweit abzugsfähig, als die Summe der verausgabten Beträge (Renten, dauernde Lasten, gänzliche oder teilweise Abfindungen derselben sowie allfällige Einmalzahlungen) den Wert der Gegenleistung (§ 29 Z 1 EStG) übersteigt.

Stellt eine aus Anlass der Übertragung eines Betriebes, Teilbetriebes oder Mitunternehmeranteils vereinbarte Rente oder dauernde Last keine angemessene Gegenleistung für die Übertragung dar, so sind die Renten oder dauernden Lasten nur dann abzugsfähig, wenn keine Betriebsausgaben vorliegen und keine derart unangemessen hohen Renten oder dauernden Lasten vorliegen, dass der Zusammenhang zwischen Übertragung und Vereinbarung einer Rente oder dauernden Last wirtschaftlich bedeutungslos und damit ein Abzug nach § 20 Abs. 1 Z 4 erster Satz EStG ausgeschlossen ist.

2.) § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 erfasst unter anderem die "außerbetriebliche Versorgungsrente", die nach der in der Verwaltungspraxis gebräuchlichen Rententypologie dadurch gekennzeichnet ist, dass der Barwert der Rente - wie hier -- weniger als 75 % (oder aber mehr als 125%, aber nicht mehr als 200%) des Werts des übertragenen Betriebsvermögens beträgt. Unbestritten ist, dass im vorliegenden Fall eine solche Rente vereinbart worden ist.

3.) Gemäß Punkt II. des Übergabsvertrags vom übergibt Herr B nunmehr zur Fortführung der Gewerbebetriebe und Sicherung des Unterhaltes für sich und seine Ehegattin die Liegenschaft EZl. xxx sowie die beiden näher genannten Einzelunternehmen an seinen Sohn (den Bw.). Unter Punkt IV des Vertrags, der mit "Gegenleistungen" überschrieben ist, wurde die folgende Vereinbarung getroffen:

"Als Gegenleistungen werden für die oben näher bezeichnete Übergabe erbracht: 1. Der Übernehmer verpflichtet sich, auf Verlangen des Übergebers für die Übergabe der Einzelunternehmen seiner Mutter C auf deren Lebenszeit beginnend ab eine monatliche Rente in Höhe von 400 € bis zum Fünften eines jeden Monats mittels Abbuchungsauftrages abzugs- und spesenfrei auf ein Konto der Berechtigten zu überweisen. Nach dem Tode der Berechtigten C steht diese monatliche Rente in voller Höhe ihrem Gatten B als Berechtigtem auf dessen Lebenszeit zu. ..."

4.) Mit der Frage der Zurechnung von auf Grund von Übergabsverträgen vom Übernehmer an die Ehegattin des Übergebers bezahlten Versorgungsrenten hat sich der VwGH bereits in seinem Erkenntnis vom , 83/14/0078, beschäftigt. Er hat dabei zum Ausdruck gebracht, dass die anlässlich der Übergabe eines Betriebs vereinbarte Rente der Gattin des Bw. zuzurechnen ist, wenn diese ein unmittelbares Recht erworben hat, vom Leistungspflichtigen die Erfüllung der Versorgungsrentenzusage an sie zu fordern und nötigenfalls im Klagsweg durchzusetzen (§ 881 Abs. 2 ABGB).

Vom Vorliegen eines (solchen) echten Vertrags zugunsten Dritter ist der VwGH auch in seinem Erkenntnis vom , 91/14/0166, ausgegangen. Er hat dabei auf Tanzer in Ruppe, Handbuch der Familienverträge, 742, verwiesen. Dort ist ausgeführt, dass ein echter Vertrag zu Gunsten Dritter iSd § 881 ABGB vor allem dann anzunehmen sei, wenn der Dritte das eigenständige Recht besitzt, den Betrieb im Namen des Übernehmers, jedoch auf eigene Rechnung zu verkaufen, falls die Zahlungen ausbleiben oder der Übernehmer in Konkurs verfällt, oder der Dritte dem Übergabsvertrag sogar rechtsförmlich "beigetreten" ist. Andernfalls (also bei Vorliegen eines unechten Vertrags zu Gunsten Dritter) hätte sich der vorherige Eigentümer des Betriebs der diesbezüglichen Einkunftsquelle (noch) nicht begeben. Deren weiteres Schicksal wäre zwischen dem Übergeber und dem Dritten in Schwebe, sodass auch der Übergeber die zugeflossenen Rentenleistungen zunächst als eigene Bezüge versteuern müsste.

Handelte es sich im vorliegenden Fall um einen echten Vertrag zu Gunsten Dritter, verfügte die Ehegattin des Übergebers über ein Rentenstammrecht (es handelte sich dann um keine "Einkommensverwendung" des Übergebers). Läge aber ein solcher Fall nicht vor, wofür das "Verlangen des Übergebers" sprechen könnte, wären die Rentenleistungen von Anfang an dem Übergeber zuzurechnen.

5.) Im vorliegenden Fall braucht jedoch die Frage, wem die Rentenleistungen als Empfänger zuzurechnen sind, nicht abschließend beantwortet zu werden. Strittig ist die Abzugsfähigkeit der Leistungen beim Rentenverpflichteten. Die Beurteilung dieser Frage ist nicht davon abhängig, ob die Renten in steuerlicher Sicht dem Übergeber oder aber dessen Ehegattin zuzurechnen sind.

6.) Die Abzugsfähigkeit von Renten als Sonderausgaben korrespondiert mit der Steuerpflicht der Renten als wiederkehrende Bezüge. Die Symmetrie der Renten besteht auch bei anderen als den sog. Gegenleistungsrenten. Bei den "anderen" Renten tritt Steuerpflicht kraft Rentenform nach Maßgabe des Zufließens ein, wie auch die Abzugsfähigkeit in vollem Ausmaß der verausgabten Renten gewährleistet ist (Stoll, Rentenbesteuerung, 4.Auflage, Wien 1997, 577).

7.) Gemäß § 20 Abs. 2 EStG 1988 können Aufwendungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG nicht als Sonderausgaben abgezogen werden.

a.) § 20 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 erfasst

"freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen, auch wenn die Zuwendungen auf einer verpflichtenden Vereinbarung beruhen.

Derartige Zuwendungen liegen auch vor,

- wenn die Gegenleistung für die Übertragung von Wirtschaftsgütern weniger als die Hälfte ihres gemeinen Wertes beträgt oder

- soweit für die Übertragung von Wirtschaftsgütern unangemessen hohe Gegenleistungen gewährt werden und

wenn es sich in den vorgenannten Fällen nicht um die Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen handelt, aus Anlass deren Übertragung eine Rente oder dauernde Last als unangemessene Gegenleistung vereinbart wird.

Werden bei Übertragungen im Sinne des vorstehenden Satzes derart unangemessen hohe Renten oder dauernde Lasten vereinbart, dass der Zusammenhang zwischen Übertragung und Vereinbarung der Rente oder dauernden Last wirtschaftlich bedeutungslos ist, ist der erste Satz anzuwenden."

b.) Die Wirksamkeit des Abzugsverbots für "Zuwendungen an gesetzlich unterhaltsberechtigte Personen" setzt voraus, dass nach den anzuwendenden unterhaltsrechtlichen Bestimmungen Unterhaltspflicht besteht. Die vom Übergabsvertrag erfassten Wirtschaftsgüter wurden zwar - nach Punkt II. des Vertrags - auch zur Sicherung des Unterhalts der Gattin des Übergebers übertragen. Soweit den angefochtenen Bescheiden aber die Ansicht zugrunde liegt, dass "die Rente an eine unterhaltsberechtigte Person zu zahlen ist, der Rentenverpflichtete jedoch von dieser Person weder einen Betrieb noch ein Wirtschaftsgut erhielt", kann dies nicht zur Folge haben, dass die Rente nicht abzugsfähig wäre. Wohl ist das Kind den Eltern gegenüber unterhaltsverpflichtet. Nach § 143 Abs. 2 ABGB handelt es sich dabei aber um eine subsidiäre Unterhaltspflicht. Vorrangig ist ua. die Unterhaltspflicht des Ehegatten. Dass der Übergeber seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Gattin nicht nachkommen könnte, wurde im vorliegenden Fall gerade nicht festgestellt.

c.) Über die Unterhaltspflicht hinausgehende Leistungen an objektiv Unterhaltsberechtigte fallen unter das Abzugsverbot für "freiwillige Zuwendungen", es sei denn, dass der Rechtsgrund der Leistungen in vermögensrechtlichen Vereinbarungen gelegen ist. Vermögensrechtliche Vereinbarungen in der Art eines Leistungsaustausches schließen das wirtschaftliche Merkmal der "Freiwilligkeit" aus (Stoll, aaO., 587).

Eine Rentenzahlung erfolgt immer dann iSd § 20 Abs. 1 Z 4 EStG "freiwillig", wenn der Rentenverpflichtung keine Leistung des Begünstigten gegenüber steht. Die (außerbetriebliche) Versorgungsrente wurde zwar in der neueren Rechtsprechung des VwGH bei Überwiegen der Unentgeltlichkeit - abweichend von der Verwaltungspraxis - ebenfalls als freiwillige Zuwendung angesehen. Durch das Steuerreformgesetz 2000 wurde dieser Rentenform aber wieder Steuerwirksamkeit verliehen. Eine außerbetriebliche Versorgungsrente stellt keine adäquate Gegenleistung für die Übertragung von Betrieben dar. Sie ist vom zweiten und dritten Satz des § 20 Abs. 1 Z 4 EStG ausgenommen. Wird der Übernehmer - wie im vorliegenden Fall - bereichert, kann keine Rede davon sein, dass sie freiwillig geleistet wird.

d.) Eine außerbetriebliche Versorgungsrente ist auch anzunehmen, wenn sie an eine gesetzlich unterhaltsberechtigte Person geleistet wird (Jakom/Kanduth-Kristen EStG (2010), § 29 Rz 28). Sie erfordert zwar eine Versorgungsabsicht. Sie muss die Versorgung des Rentenberechtigten aber nicht sicherstellen. Es genügt, wenn sie zu seiner Versorgung beiträgt. § 18 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 steht einem Abzug einer außerbetrieblichen Versorgungsrente, wie sie im vorliegenden Fall vorliegt, nicht entgegen.

Der Berufung war daher Folge zu geben. Die strittigen Beträge ergeben sich aus der Berufung sowie aus dem Prüfungsbericht.

Beilage : 3 Berechnungsblätter

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Verweise


Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at