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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSG vom 13.11.2009, RV/0321-G/09

Vorsteuererstattung

Rechtssätze


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Folgerechtssätze
RV/0321-G/09-RS1
wie RV/0152-G/08-RS1
Dem Antrag auf Vorsteuererstattung sind die Rechnungen im Original beizulegen. Das Nachreichen von Rechnungen bzw. von Kopien verschafft keinen Anspruch auf Vorsteuererstattung.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Steuerberater, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt vom betreffend Vorsteuererstattung an ausländische Unternehmer für den Zeitraum 1-12/2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Mit dem beim Finanzamt am eingelangten Antrag auf Erstattung von Vorsteuern (amtlicher Vordruck U 5) für den Zeitraum 1-12/2007 begehrte die Berufungswerberin (=Bw.) die Erstattung von Vorsteuern in Höhe von 3.086,30 Euro.

Dem Antrag legte die Bw. die Kopien von drei Kontoblättern vor, in denen die mit Vorsteuern behafteten Aufwendungen der Bw. aufgelistet sind. Es wurden weder die bezughabenden Rechnungen im Original (auch nicht in Kopie) noch eine Unternehmerbescheinigung beigelegt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Antrag auf Erstattung abgewiesen.

In der Begründung führte das Finanzamt aus, dass gemäß § 3 Abs. 1 letzter Satz der Verordnung BGBl Nr.: 279/1995 idF BGBl. II Nr. 384/2003 die Rechnungen dem Erstattungsantrag im Original, innerhalb der Sechsmonatfrist vorzulegen seien. Außerdem sei dem Antrag keine gültige Unternehmensbestätigung beigelegt worden.

Gegen diesen Bescheid brachte die Bw. Berufung ein und legte der Berufung die dokumentierenden Rechnungen bei.

Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung abgewiesen.

Das Finanzamt führte darin aus, dass der Antrag auf Erstattung von Vorsteuern unter gleichzeitiger Beilage der Originalrechnungen nach der 13. MwSt-Richtlinie spätestens sechs Monate nach Ende des Kalenderjahres zu erfolgen habe. Die Vorlage von Originalbelegen im Rechtsmittelverfahren nach Ablauf der Sechsmonatsfrist könne somit nicht zu einer positiven Erledigung führen. In der Folge stellte die Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Die Bw. führt darin aus, dass sie ihres Erachtens alle relevanten Unterlagen vorgelegt habe und die Entscheidung nicht nachvollziehen könne.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß Verordnung des Bundesministers für Finanzen, mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmer geschaffen wird (BGBl. Nr. 279/1995 idF BGBl. II Nr. 384/2003), ist die Erstattung der Vorsteuer an Unternehmer, die im Inland weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte haben, abweichend von den §§ 20 und 21 Abs. 1 bis 5 UStG 1994 in einem eigenen Verfahren durchzuführen, wenn der Unternehmer im Erstattungszeitraum (unter anderem) im Inland keine Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausgeführt hat.

§ 3 Abs. 1 der Verordnung (Verfahren) lautet: Der Unternehmer hat die Erstattung mittels amtlich vorgeschriebenem Vordruck beim Finanzamt Graz-Stadt zu beantragen. Der Antrag ist binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist. In dem Antrag hat der Unternehmer den zu erstattenden Betrag selbst zu berechnen. Dem Erstattungsantrag sind die Rechnungen und die Belege über die entrichtete Einfuhrumsatzsteuer im Original beizufügen.

Diese Bestimmung beruht auf der Richtlinienvorgabe des Art. 3 der Achten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (79/1072/EWG) - dessen lit. a bestimmt, dass ein Steuerpflichtiger, der im Inland keine Gegenstände liefert oder Dienstleistungen erbringt, einen Antrag nach dem in Anhang A angeführten Muster zu stellen hat, dem die Originale der Rechnungen und Einfuhrdokumente beizufügen sind.

Nach Art. 7 der zitierten Richtlinie ist der Antrag spätestens sechs Monate nach Ende des Kalenderjahres, in dem die Steuer fällig geworden ist, zu stellen.

Der BFH hatte im Urteil vom , V R 23/05 (vgl. dazu auch UR 9/2007, S. 353 ff) einen dem berufungsgegenständlichen Fall vergleichbaren Fall zu entscheiden (Ein schweizer Unternehmen hatte mit bzw. jeweils einen Vorsteuervergütungsantrag bei der zuständigen deutschen Finanzbehörde noch innerhalb der Frist eingebracht und dem Antrag lediglich die Rechnungen in Kopie beigelegt. Die Originale der Belege wurden erstmals nach der Frist (30. Juni des Folgejahres) im Rechtsmittelverfahren vorgelegt.

Unter Berufung auf die (mit § 3 Abs. 1 der Verordnung BGBl. 279/1995 vergleichbare und vom Wortlaut her sogar weniger restriktive) deutsche Rechtslage hat der BFH die Revision der Klägerin als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass sich die Pflicht des Antragstellers, die Vorsteuerbeträge bereits mit dem Vergütungsantrag durch Vorlage der Rechnungen im Original nachzuweisen, schon aus den gesetzlichen Bestimmungen ableiten lasse.

Diese Auslegung sei laut BFH auch gemeinschaftsrechtlich geboten und ergebe sich aus Art. 3 lit. a Satz 1 der Achten Richtlinie des Rates vom zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige (79/1072/EWG).

Im Lichte dieser zitierten Entscheidung des BFH und der damit vorliegenden höchstgerichtlichen Auslegung der Richtlinienbestimmung (vgl. dazu ausführlich die Erwägungen im Urteil Rz. 29 bis 36) ist es ausgeschlossen, die Originalbelege im Rechtsmittelverfahren nach der Ausschlussfrist des 30. Juni des Folgejahres nachzureichen.

Die Verordnung bestimmt klar und unmissverständlich, dass die Anträge spätestens bis 30. Juni des Folgejahres zu stellen sind. Hierbei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um eine nicht verlängerbare - EU-weit einzuhaltende - Ausschlussfrist (vgl. BFH, Urteil vom , V R 48/01; BFH, Urteil vom , V R 75/98; ).

Mit dem Wortlaut der Verordnung "die Rechnungen sind im Original dem Erstattungsantrag beizufügen" wird der zeitliche Rahmen zur Vorlage der Originalrechnungen dahingehend festgelegt, als die Vorlage der Originalrechnungen innerhalb der Ausschlussfrist zur Vorlage des Antragsformulars zu geschehen hat, um noch als rechtzeitige Vorlage zu gelten (vgl. dazu auch VwGH zum Wortlaut des § 108e Abs. 4 EStG 1988 "ist anzuschließen" vom , 2004/15/0104).

Gem. § 85 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde bei Formgebrechen von Eingaben wie auch dem Fehlen einer Unterschrift dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt.

Formgebrechen sind solche Gestaltungen, die gesetzlich normierten Vorschriften widersprechen, wenn diese Vorschriften die formelle Behandlung eines Anbringens sicherstellen oder die Erledigung für die Behörde erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen sollen (vgl. ; , 2001/16/0178; Ritz, BAO-Kommentar³, § 85 Tz 11).

Dem Vergütungsantrag sind die Rechnungen im Original beizufügen. Hierbei handelt es sich aber nicht bloß um eine Formvorschrift, sondern um eine materiell-rechtliche Voraussetzung im Vorsteuererstattungsverfahren. Ein Antrag ohne Originalbelege ist nicht bloß mangelhaft im Sinne eines Formgebrechens wie etwa das Fehlen einer Unterschrift, sondern es mangelt an der materiell-rechtlichen Voraussetzung eines wesentlichen von der Verordnung vorausgesetzten Tatbestandsmerkmals.

Das Erfordernis der Vorlage der Originalrechnungen innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist dient nicht bloß der formellen Behandlung des Vorsteuererstattungsantrages, sondern sind die Originale als unabdingbarer Teil eines vollständigen Antrages zu werten und (innerhalb der Ausschlussfrist) vorzulegen. Die Vorlage der Originalrechnungen dient auch dazu, dass die zuständige Behörde diese mit ihrem Sichtvermerk versieht, damit die Rechnungen nicht für einen weiteren Antrag dienen können (vgl. Art. 7 Abs. 3 der Achten Richtlinie 79/1072/EWG). Missbrauch und Steuerbetrugsfälle sollen auf diese Weise ausgeschaltet werden.

Die Verpflichtung zur Einleitung eines Mängelbehebungsverfahrens außerhalb des Anwendungsbereiches des § 85 Abs. 2 BAO ist nur in gesetzlich ausdrücklich normierten Fällen wie bei (inhaltlichen) Mängeln eines Wiederaufnahmeantrages, Wiedereinsetzungsantrages, oder einer unvollständigen Berufung vorgesehen (vgl. §§ 303a Abs. 2, 309a Abs. 2, 275 BAO).

Für "mangelhafte" bzw. unvollständige Vorsteuererstattungsanträge gibt es keine diesbezügliche ausdrückliche gesetzliche Bestimmung.

Diese Sichtweise ist auch durch die Erwägungen des VwGH zum NeuFöG (Neugründungs-Förderungsgesetz) begründbar. In seinem Erkenntnis vom , 2006/16/0098, stellt der VwGH fest, dass der gemäß § 4 Abs. 1 NeuFöG vorzulegende amtliche Vordruck bei der Behörde gemeinsam mit dem Befreiungsantrag ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal für die Befreiung darstelle. Dieses müsse wie die übrigen vom Gesetz geforderten Voraussetzungen für die Befreiung im Zeitpunkt der - rechtzeitigen - Antragstellung vorliegen. Eine spätere Vorlage könne den Tatbestand nicht mehr erfüllen, weil dieser eben die rechtzeitige Vorlage verlange. Eine diesbezügliche Vorlage im Berufungsverfahren reiche nicht. Die Durchführung eines Mängelbehebungsverfahrens in diesem konkreten Fall verlangte der VwGH nicht.

Auch die Erstattungsverordnung lässt im Lichte der Richtlinienbestimmungen in ihrer Gesamtheit erkennen, dass eine Vorsteuererstattung nur bei Erfüllung ganz konkreter und rechtzeitig zu erfüllender Voraussetzungen ermöglicht werden soll.

Das Erstattungsverfahren ist als ein durch Förmlichkeit und Strenge geprägtes vereinfachtes Nachweisverfahren konzipiert, in dem der Aspekt der zügigen und sicheren Handhabung überwiegt (vgl. dazu die wiedergegebenen Argumente des vorlegenden Gerichtes in den Schlussanträgen des Generalanwalts vom "Société générale", Rechtssache C-361/96, CELEX-Nr. 61996C0361, Rn. 16 und , Rn. 19, CELEX-Nr. 61996J0361). Das dient nicht zuletzt auch dazu, den administrativen Aufwand für die zuständige Behörde im Hinblick auf ein verwaltungsökonomisches Verfahren zu optimieren.

Ein vereinfachtes "Massenverfahren" ist nur dann administrierbar, wenn die Verfahrensvorgaben seitens der Antragsteller eingehalten werden. Die rechtzeitige Vorlage der Originalrechnungen ist die notwendige Basis für eine zügige Bearbeitung. Weitere Kontaktaufnahmen mit den Antrag stellenden ausländischen Unternehmen erhöhen die Kosten des Verfahrens und den Personalbedarf. Die Einhaltung der nötigen Formvorschriften und das Bestehen darauf sind für eine sparsame Verwaltungsführung im Bereich des Vorsteuererstattungsverfahrens daher unumgänglich und durch die Richtlinienbestimmung vorgegeben.

Dazu kommt, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung sämtliche antragsrelevanten Originalbelege ohnehin bereits vorliegen müssen (bis zur Ausschlussfrist des 30. Juni des Folgejahres, somit jedenfalls seit zumindest einem halben Jahr), da ein Vorsteueranspruch nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 das Vorliegen einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 voraussetzt.

Die Vorgaben des Erstattungsverfahrens sind EU-weit durch die Richtlinien vorgegeben und publik gemacht. Die Ausfüllhinweise zum Vergütungsantrag enthalten den ausdrücklichen Hinweis auf die Ausschlussfrist und die Notwendigkeit der Vorlage der Originalbelege. Unternehmen, die sich dieses Verfahrens bedienen, ist die Einhaltung der Formstrenge und Vorgaben unter Anwendung der nötigen Sorgfalt zumutbar. Außerdem sind diese Vorgaben für alle Antragsteller seit Jahren unverändert.

Die Ausschlussfrist dient auch dazu, um nach Ablauf der Frist den finanziellen Bedeckungsbedarf des Staates feststellen zu können (vgl. in diesem Sinne zur Frist im Zusammenhang mit der Investitionszuwachsprämie). Der Staat soll bis 30. Juni des Folgejahres in die Lage versetzt werden, die Vorsteuererstattungsansprüche ausländischer Unternehmer für das Vorjahr weitestgehend zu überblicken.

Unbestrittene Tatsache im berufungsgegenständlichen Fall ist der Umstand, dass dem Vorsteuererstattungsantrag, eingelangt am , die berufungsgegenständlichen Rechnungen weder im Original (noch in Kopie) beigelegt worden waren, vielmehr wurden diese erst mit der Berufung vom nachgereicht.

Den Anforderungen der oben zitierten Bestimmungen wurde demnach innerhalb der gesetzlichen Frist nicht entsprochen und war dem Erstattungsantrag nicht Folge zu leisten.

Beim gegebenen Sachverhalt liegt weiters kein vergleichbarer Ausnahmefall wie im EuGH-Verfahren zu Rs C-361/96 ("Société générale") vom vor. Die Originale sind nicht außerhalb des Einflussbereiches des Unternehmens abhanden gekommen, sondern wurden verspätet (erst im Berufungsverfahren) vorgelegt.

Aufgrund der europarechtlichen Vorgaben, deren Einhaltung geboten ist und die auch vom BFH in seinem o.a. Urteil bestätigt wurden, war die Berufung abzuweisen.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 3 Abs. 1 Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Schlagworte
Vorsteuererstattungsverfahren
Vorsteuererstattungsantrag
Vorsteuererstattung
Originalrechnungen
Rechnungen im Original
Antragsfrist
Originalbelege
Mängelbehebung
Mängelbehebungsverfahren
Verweise
VwGH, 2006/16/0098
VwGH, 2001/16/0178
VwGH, 2000/15/0032
VwGH, 2000/15/0013
BFH , V R 23/05
BFH , V R 48/01
UFS, RV/0152-G/08
UFS, RV/0225-G/08
UFS, RV/0130-G/08
UFS, RV/0617-G/05

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