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Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSS vom 17.02.2006, RV/0042-S/06

Überschreitung der höchstzulässigen Studienzeit

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw, inXY, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Salzburg-Land vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe für den Zeitraum bis  für das Kind M entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Der im Jahre 1981 geborene Sohn des Berufungswerbers (kurz: Bw) studiert die Studienrichtung "Internationale Betriebswirtschaft", Kennzahl 157, an der Universität Wien.

Der Bw legte das zweite Diplomprüfungszeugnis seines Sohnes, ausgestellt am , vor. Darin ist festgehalten, dass der zweite Studienabschnitt im Juni 2005 ("abgeschlossen am: ") erfolgreich beendet wurde.

Das Finanzamt teilte dem Bw mit, dass für den Sohn ein Familienbeihilfenanspruch für den Zeitraum von Jänner 2003 bis Juli 2004 und ab Juni 2005 bestehe.

Mit Schriftsatz vom stellte der Bw den Antrag die Familienbeihilfe von August 2004 bis Mai 2005 zuzuerkennen und begründete dies wie folgt:

Gem. § 2 Abs. 1 FLAG sei bei volljährigen Kindern eine Berufsausbildung dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten ...... Anspruch ab dem zweiten Studienjahr bestehe nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird.

Das Studium gliedere sich in drei Studienabschnitte, wobei die ersten beiden jeweils zwei Semester, das viert vier Semester umfasst, die Gesamtstundenanzahl betrage 125 Semesterstunden. Wie aus den vorgelegten Unterlagen zu entnehmen sei, seien die ersten beiden Abschnitte absolviert, auch der dritte Abschnitt sei weitgehend abgeschlossen. Die angeschlossene "Bestätigung über positiv absolvierte Prüfungen" weise 122 Semesterstunden auf. Der Anspruch auf Familienbeihilfe sei hingegen im Gesamtzeitraum bis Mai 2005 erst für 6 Semester und zwei Monate realisiert worden. Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe sei vielmehr der Nachweis, dass das Studium ernsthaft und zielstrebig betrieben wird (unter Hinweis auf das Erkenntnis des VwGH 94/15/0130). Die nachgewiesenen Studienleistungen des Sohnes würden daher den von der Rechtsprechung entwickelten Mindeststandarts entsprechen.

Das Finanzamt wies den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeit vom August 2004 bis Mai 2005 mit angefochtenem Bescheid ab und begründete dies damit, dass der Sohn den zweiten Studienabschnitt am , das ist das Datum der letzten Prüfung, erfolgreich beendet hat, weshalb erst ab diesem Monat wieder ein Anspruch bestehe.

Fristgerecht wurde Berufung erhoben und ergänzend vorgebracht, dass es unzulässig sei, dem "Rechtssatz" des VwGH, 94/15/0130, eine Lösung gleichzusetzen, die, wie die der angefochtenen Entscheidung, die Bewertung dieser Frage schlichtweg an eine bestimmte Standardstruktur der Studiengänge und eine darauf abgestimmte Struktur von Zeit- und Stichtagsfaktoren, hier mit dem 2. Studienabschnitt und dem Zeitpunkt der zweiten Diplomprüfung, binde. Die Studienpläne würden zwar alles anbieten, was zum Ablauf der Studiengänge gehöre, im Gegensatz aber etwa zum festen Lehr- bzw. Stundenplan einer Pflichtschule keine vorgegebene Systematik kennen würden, die zu konsumieren dem Studenten gewährleistet sei. Es sei vielmehr Sache und Risiko des Studenten, sich das Studienprogramm von Semester zu Semester zu organisieren. Im Betriebswirtschaftlichen Zentrum der Universität Wien unterliege der Student dabei einem Prinzip, das einer Auktion gleiche. Er habe einen bestimmten "Punktepool" zur Verfügung und müsse versuchen, sich den Zugang zu den Fächern des jeweiligen Studienabschnittes zu "ersteigern". Manchmal gelinge dies nicht. Das bedeute in der Praxis, dass sich Studienabschnitte überschneiden würden, Fächer des 3. Abschnittes würden vorgezogen, solche des 2. Abschnittes würden nachgeholt. Schon darin könnten "Verspätungen" gründen. § 2 Abs. 1 FLAG knüpfe das Kriterium der "Berufsausbildung" vermutlich auch deshalb nicht bloß an die Studienzeit pro "Studienabschnitt", sondern an die, vom Studienabschnitt losgelösten autonomen Variante, vorgesehene "Ausbildungszeit".

Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung und wies darauf hin, dass bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten jeder Abschnitt in Bezug auf die Familienbeihilfe für sich zu betrachten ist.

Dagegen wurde fristgerecht der Antrag gestellt, die Berufung der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorzulegen.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b 1. Satz Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (kurz: FLAG), in der für den Streitzeitraum geltenden Fassung BGBl. I 23/1999, besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder, die das 26. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet werden.

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten (§ 2 Abs. 1 lit. b 2. Satz FLAG).

Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z.B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester (§ 2 Abs. 1 lit. b 4. und 5. Satz FLAG).

Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992 angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe (§ 2 Abs. 1 lit. b 10. Satz FLAG).

Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr (§ 2 Abs. 1 lit. b 11. Satz FLAG).

Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für die Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß (§ 2 Abs. 1 lit. b 12. bis letzter Satz FLAG).

Nach den vorstehend ausgeführten Gesetzesbestimmungen ist bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes (StudFG) 1992 genannte Einrichtung besuchen, eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschreiten.

Bei Einrichtungen, in denen die Studienzeit in Jahren gerechnet wird, verlängert sich die vorgesehene Studienzeit um ein Ausbildungsjahr.

Bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten ist in Bezug auf die Gewährung der Familienbeihilfe somit jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten. Unter "vorgesehene Studienzeit" ist dabei jene in Semestern oder Studienjahren definierte Zeitspanne zu verstehen, die in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnittes oder eines Studiums festgelegt ist (= gesetzliche Studiendauer). Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit plus einem weiteren Semester nicht absolviert, fällt der Anspruch auf die Familienbeihilfe weg und die Familienbeihilfe kann erst mit Beginn des Monats weiter gewährt werden, in dem dieser Studienabschnitt erfolgreich vollendet wurde.

Wird ein Studienabschnitt erst nach Ablauf der vorgesehenen Studienzeit in irgendeinem Monat vollendet, wird die Familienbeihilfe ab diesem Monat weitergewährt. Es wird also bezüglich der Semesterzählung des nächsten Abschnittes nicht zugewartet. Es werden in diesem Fall daher von dem letzten zu gewährenden Semester jene Monate abgezogen, für die die Familienbeihilfe ab erfolgreicher Vollendung des vorigen Studienabschnittes bis zum Beginn jenes Semesters, mit dem die Semesterzählung für den folgenden Abschnitt erfolgt, gewährt wurde.

Im gegenständlichen Berufungsfall hat der Sohn des Bw mit dem Studium an der Universität Wien eine in § 3 des StudFG 1992 genannte Einrichtung besucht. Die Studienzeit wird nach Studienabschnitten gerechnet.

Die durch Gesetz bzw. Verordnung festgelegte Studiendauer des zweiten Studienabschnittes in der vom Sohn betriebenen Studienrichtung war nach dem geltenden Studienplan mit zwei Semestern festgelegt. Da erst bei Überschreitung der vorgesehenen Studienzeit pro Studienabschnitt um mehr als ein Semester das Vorliegen der Berufsausbildung nicht mehr anzunehmen ist, ergibt sich durch das in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG normierte "Toleranzsemester", somit für den zweiten Studienabschnitt im vorliegenden Fall eine Anspruchsdauer von drei Semestern.

Nachdem der Sohn des Bw das Studium im Wintersemester 2000/01 begonnen hat, wurde der erste Studienabschnitt im Jänner 2003 erfolgreich abgeschlossen. Ab diesem Monat wurde die Familienbeihilfe gewährt.

Der zweite Studienabschnitt begann im Sommersemester 2003 (März 2003). Die vorgesehene Studienzeit des zweiten Studienabschnittes unter Berücksichtigung des Toleranzsemesters hätte mit dem Ende des Sommersemesters 2004 (September 2004) geendet. Unter Berücksichtigung bzw. Abzug der für die Monate Jänner und Februar 2003 bereits bezogenen Familienbeihilfe, ergibt sich somit ein Familienbeihilfenanspruch bis Juli 2004. Mit Beginn des Wintersemesters 2004/05 hatte der Studierende bereits das vierte Semester des zweiten Studienabschnittes begonnen und damit die vorgesehene Studienzeit des zweiten Studienabschnittes um mehr als ein Semester überschritten. Die Anspruchsvoraussetzungen für die (Weiter-)Gewährung der Familienbeihilfe sind somit erst wieder gegeben, wenn der Nachweis über die Vollendung des zweiten Studienabschnittes vorliegt (zweites Diplomprüfungszeugnis).

Da auf Grund der Aktenlage eine individuelle Studienbehinderung durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, wodurch auch eine allfällige Verlängerung der Studienzeit bewirkt werden könnte, nicht vorliegt und vom Bw auch nicht begehrt wird, ist nach den vorstehenden Ausführungen davon auszugehen, dass ab Beginn August 2004 bis zum Abschluss des zweiten Studienabschnittes, im gegenständlichen Fall am , eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG nicht gegeben war und die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe für August 2004 bis Mai 2005 nicht vorlagen. Aufgrund des klaren Gesetzeswortlautes ist es auch nicht relevant, wenn der Sohn bereits Lehrveranstaltungen des dritten Abschnittes vorgezogen hat.

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das vom Bw zitierte Erkenntnis des , die Rechtslage bis 1992 betrifft. Durch das Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201/1996, wurde erstmals das Erfordernis der Absolvierung eines Studienabschnittes in der vorgesehenen Studienzeit in das Gesetz (§ 2 Abs. 1 FLAG) aufgenommen. Diese Voraussetzungen für die Gewährung der Familienbeihilfe waren erstmals für das SS 1997 maßgebend (vgl. § 50h Abs. 3 FLAG).

Der angefochtene Bescheid entspricht daher der Rechtslage, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Studiendauer
Studienabschnitt

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at