Suchen Hilfe
Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 22.02.2005, RV/1667-L/02

Vorliegen eines Wohnsitzes als Voraussetzung für die unbeschränkte Steuerpflicht

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Adr., vertreten durch Stb., vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X, vom betreffend Einkommensteuer 2000 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin reichte am eine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 am Finanzamt FA ein. Als Wohnanschrift wurde Adresse angegeben. Es wurden Einkünfte in Höhe von ATS 1.344.628,38 unter der Kennzahl 440 (Einkünfte, für die das Besteuerungsrecht aufgrund von Doppelbesteuerungsabkommen einem anderen Staat zusteht) erklärt. In einer Beilage wurde ausgeführt, dass sich die Berufungswerberein von bis bis auf wenige Tage ununterbrochen in den USA aufgehalten habe. Im Veranlagungsjahr habe sie sich mehr als 183 Tage in den USA befunden, die ihr zugeflossenen Einkünfte würden lediglich solche aus nicht selbständiger Tätigkeit betreffen und würden von ihrem Arbeitgeber, AG, ausbezahlt. Das Besteuerungsrecht stehe gemäß Art. 15 Abs. 2 lit an DBA Österreich/USA ausschließlich den USA zu. In Summe sei die Berufungswerberin im Jahr 2000 273 Tage in den USA gewesen. Aus diesen Gründen sei sie für das Jahr 2000 von der Besteuerung ausgenommen. In der Folge wurde vom Finanzamt FA am ein Vorhalt ausgefertigt, in welchem die Berufungswerberin aufgefordert wurde, Ihre Aufenthaltsdauer in den USA entsprechend zu dokumentieren und den Einkommenssteuerbescheid der USA vorzulegen. In Beantwortung des gegenständlichen Vorhalts übermittelte die Berufungswerberin am eine Kopie des Reisepasses und führte aus, sie habe den Mittelpunkt der Lebensinteressen in den USA gehabt und sei daher iSd Art. 4 DBA Österreich-USA in den USA ansässig gewesen. Daher seien die Einkünfte ausschließlich in den USA zu versteuern. Am erließ das Finanzamt FA einen Einkommensteuerbescheid 2000 und setzte ATS 1.344.628,-- als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ohne inländischen Steuerabzug an, wodurch eine Einkommensteuernachforderung in Höhe von € 40.278,48 entstand. Als Begründung wurde diesbezüglich ausgeführt, die Berufungswerberin sei ihren Angaben zu Folge im Steuerjahr 2000 sowohl in den USA als auch in Österreich mit Ihren Einkünften aus unselbständiger Tätigkeit unbeschränkt steuerpflichtig (Welteinkommen). Als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sehe Art. 22 Abs. 3 lit. a allerdings vor, dass Österreich auf die vom Einkommen zu erhebende Steuer den Betrag anrechne, der der in den USA gezahlten Steuer vom Einkommen entspreche. Da die Berufungswerberin Nachweise über diese Steuer schuldig geblieben sei, sei eine Anrechnung einer eventuell bezahlten Steuer nicht möglich. Gegen diesen Bescheid wurde am fristgerecht Berufung erhoben und ausgeführt, gemäß dem DBA Österreich-USA richte sich das Besteuerungsrecht an den Aktivbezügen grundsätzlich nach dem jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Dienstnehmers. Gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich-USA dürften Löhne, Gehälter und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit beziehe, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit werde in dem anderen Staat ausgeübt. Der Begriff "Ansässigkeit" werde in Art. 4 DBA Österreich-USA bestimmt. Demnach gelten eine Person in dem Staat ansässig, in dem sie über eine ständige Wohnstätte verfüge; verfüge sie in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, so gelte sie als in dem Staat ansässig, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen habe (Mittelpunkt der Lebensinteressen); könne nicht bestimmt werden, in welchem Staat die Person den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen habe, so gelte sie als in dem Staat ansässig, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt habe. Wie bereits in der Beilage zur Einkommensteuererklärung ausgeführt, habe sich die Berufungswerberin in der Zeit vom bis bis auf wenige Tage ununterbrochen in den USA aufgehalten. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen, jedenfalls aber der gewöhnliche Aufenthalt sei in den USA gelegen, diese hätten daher das alleinige Besteuerungsrecht. Im Übrigen würden die Einnahmen nach Abzug der Werbungskosten nur ATS 860.069,60 betragen. Am wurde seitens des Finanzamtes neuerlich ein Vorhalt ausgefertigt und unter "Ergänzungspunkte" ausgeführt: "1. Wie lautet der genaue Name (Firmenbezeichnung) sowie die Anschrift ihres deutschen Arbeitgebers? 2. Legen Sie bitte eine Jahreslohnbescheinigung über sämtliche von Ihrem Arbeitgeber bezogenen Löhne und Gehälter sowie Ablichtungen des Bankkontos (Kontoauszüge) vor, auf das ihnen die Lohnzahlungen für die unselbständige Arbeit überwiesen wurden. 3. Der Lohnzahlungszeitraum beträgt Ihren Angaben zu Folge rund 2 Monate und die Tätigkeit wurde in den USA ausgeübt. Worin bestand die Art der Tätigkeit und wo (in welchem Land) wurde die von Ihnen erbrachte Dienstleistung verwertet bzw. welcher Volkswirtschaft war/ist diese zu dienen bestimmt? 4. Ihre Angaben in der Einkommensteuererklärung und der Berufungsschrift sind betraglich ungereimt. In der ESt-Erklärung geben Sie "Einkünfte" aus nichtselbständiger Arbeit idHv ATS 1.344.628,-- ab; nach der Berufungsschrift seien die "Einnahmen" nach Abzug der damit im Zusammenhang stehenden Werbungskosten aber ATS 860.069,60. Welche Bemessungsgrundlage stimmt nur? Außerdem verweisen Sie in diesem Zusammenhang auf eine "Beilage" (vermutlich Überschussermittlung). Diese Beilage ist nicht vorhanden - reichen Sie diese daher nach. 5. Legen Sie eine Ablichtung ihres Angestelltendienstvertrages bei ArbG vor. 6. Sie erklären, Sie seien vom "14.8.- (=64 Tage) Angestellte bei ArbG gewesen. Handelt es sich bei dieser Zeitspanne um ein ununterbrochenes Dienstverhältnis? Endete am sowohl das Dienstverhältnis mit ArbG als auch ihr USA-Aufenthalt? 7. Zur abschließenden Beurteilung Ihrer Wohnsitzverhältnisse werden Sie ersucht, eine "Ansässigkeitsbescheinigung" der US-amerikanischen Steuerverwaltung über den maßgeblichen Aufenthaltszeitraum in den USA vorzulegen. 8. Welche Aufenthaltsadressen in den USA hatten Sie im Zeitraum bis und über welche Art von Wohnstätten verfügten Sie in den USA (Mietwohnung, Hotelzimmer, etc.)? 9. Welche Bildungseinrichtungen haben Sie als "Student" in den USA frequentiert? Haben sie Nachweise (Zeugnisse) darüber? 10. Mit welchen Absichten und längerfristigen Interessen sind sie am nach den USA gegangen? Als was sind Sie in den USA eingereist und mit welcher Aufenthaltsberechtigung haben Sie sich in den USA aufgehalten? 11. Sie schreiben (Beilage ESt-Erklärung 2000), dass Sie sich im Zeitraum bis bis auf wenige Tage ununterbrochen in den USA aufgehalten hätten. Welchen Zweck (dienstlich, privat) hatten die Aufenthaltsunterbrechungen? Welche Veranlassung (Dienstreisen, Urlaub) hatten diese Unterbrechungen? Um wie viele und um welche Kalendertage handelt es sich konkret? Wo (Land, Ort) hielten Sie sich an diesen Abwesenheitstagen auf? 12. Sie werden abschließend und nochmals dringend gebeten, einen Nachweis über die tatsächliche Besteuerung ihrer Einkünfte in den USA zu erbringen. Wir weisen darauf hin, dass der Nachweis darüber, dass ihre Einkünfte in den USA abkommenskonform besteuert wurden, für die Berufungserledigung von ausschlaggebender Bedeutung sein wird." In Beantwortung des gegenständlichen Vorhaltes vom führte die Berufungswerberin im Wesentlichen aus: Bei ihrem deutschen Arbeitgeber handle es sich um die AG-OHG, Deutschland. Die Jahreslohnbescheinigung liege in Form der Lohnsteuerkarte für das Jahr 2000 vor (Anlage./1a). Kontoauszüge ihres Kontos bei der Bank, für den Zeitraum von September 2000 bis Januar 2001 würden als Konvolut, Anlage./1 beiliegen. Sie habe ihr Dienstverhältnis bei der Arbeitgeber am angetreten. Anfänglicher Dienstort sei auf Grund einer Entsendung Arbeitsort/Adresse gewesen. Die Entsendung habe von bis gedauert und sei ab in London fortgesetzt worden. Die Entsendezeit in London habe am geendet, sodann sei sie direkt nach F übersiedelt. Dort habe sie Ihren Lebensmittelpunkt begründet. Eine Ansässigkeitsbescheinigung des Internal Revenue Service werde in den USA an und für sich nicht ausgestellt. Sie lege aber eine Kopie des Visums vor. In den USA habe sie in einer Mietwohnung gelebt, wobei beim Umzug alle Möbel verkauft worden seien. In London habe der Arbeitgeber eine Wohnung zur Verfügung gestellt. Abgesehen von diversen Sprachschulen habe sie an der New York University das amerikanische Studium der Rechtswissenschaften absolviert und im Mai 2000 graduiert, weiters habe sie im Jahr 2000 die Rechtsanwaltsprüfung in New York abgelegt, im Mai 2001 sei sie vereidigt worden. Im Juli 1998 sei sie in die USA übersiedelt, und habe geplant, gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten, der schon seit mehreren Jahren in New York gelebt hatte, langfristig in den USA zu bleiben. Der Dienstvertrag mit ihrem Arbeitgeber sei im Jänner 2000 abgeschlossen worden. Nach Deutschland hätte sie dann aus persönlichen Gründen übersiedeln wollen. In den USA habe sie sich mit Studentenvisum aufgehalten. Sie sei im Jahr 2000 folgende Kalendertage in Österreich und Deutschland gewesen: 30.7. bis , davon bis 3.8. bei ihren Eltern in Österreich, ab 3.8. in F; 23.12. bis 27.12. Weihnachten in Deutschland und Österreich. Ergänzend wolle Sie zur Darlegung ihres Lebensmittelpunktes folgendes ausführen: 1993, und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht absehbar gewesen sei, dass sie ihren Lebensmittelpunkt 1998 auf Dauer in das Ausland verlegen würde, habe sie eine Beitrittserklärung zur Genossenschaftsgemeinschaft betreffend einer Eigentumswohnung in Adresse unterschrieben. Der Kaufvertrag sei 1999 zu unterschreiben gewesen. Vor der Übersiedlung nach New York habe keine Möglichkeit mehr bestanden, vom Kaufvertrag auszusteigen und habe sie daher ihren Bruder mit der Unterzeichnung des Kaufvertrages in ihrer Abwesenheit bevollmächtigt (Anlage./12). Sie sei 1998 in die USA übersiedelt mit der Absicht, langfristig beruflich im Ausland tätig zu sein. Nur aus diesem Grund habe sie neben dem Studium in den USA auch eine Berufsausbildung zur amerikanischen Rechtsanwältin absolviert, was bei einer Tätigkeit in Österreich nicht notwendig oder weiter hilfreich wäre. Im Dezember 1999 habe sie ihrem Bruder eine Vollmacht zum Verkauf der Wohnung ausgestellt. Trotz anhaltender Verkaufsbemühungen (z.B. auch per Zeitungsinseraten) sei insbesondere auf Grund der fallenden Immobilienpreise und der starken Bautätigkeit in dieser Region ein Verkauf zu akzeptablen wirtschaftlichen Bedingungen (ohne Verlust) nicht möglich gewesen. Seit 1998 sei ihr Kontakt zu Österreich auf vereinzelte Familienfeste und Feiertage beschränkt. Die Wohnung sei nie für Wohnzwecke eingerichtet worden, sie konnte daher auch nicht ohne wesentliche Änderung jederzeit zum Wohnen benützt werden. Sie habe zu keinem Zeitpunkt Schlüssel für die Wohnung in ihrer Verfügungsgewalt gehabt. Zum Beweis dafür, dass die Wohnung niemals von ihr bewohnt gewesen sei, lege sie auch die Stromabrechnung über den relevanten Abrechungszeitraum vor (Anlage ./14). Sie habe daher im Veranlagungsjahr weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich gehabt.

Am wurde die Berufung der Finanzlandesdirektion für OÖ zur Entscheidung vorgelegt.

Am 6. Februar wurde von Unabhängigen Finanzsenat ein Vorhalt ausgefertigt und ausgeführt: "1) Entgegen Ihren bisherigen Ausführungen stellten die amerikanischen Finanzbehörden aufgrund Ihrer Angaben (FORM 8843) fest, dass Sie im Berufungszeitraum aufgrund Ihres Status einer "nicht ansässigen Ausländerin" in den USA nicht der Lohnabzugsteuer unterliegen (siehe vorgelegte FORM 1040). 2) Sie verfügten im Berufungszeitraum über einen ordentlichen Wohnsitz in Adresse, von dem Sie sich erst am abgemeldet haben (Abmeldegrund: verzogen nach Deutschland). Diese Adresse wurde auch in der eingereichten Einkommensteuererklärung 2000 als Wohnanschrift angeführt. 3) Wo haben Sie zum Zeitpunkt ihrer Urlaube in Österreich gewohnt? 4) Die Stromrechnung für die Wohnung in Adresse lautet auf ihren Namen. Daraus ist sowohl im Jahr 1999 bzw. im Berufungsjahr ein Stromverbrauch ersichtlich." Punkt 5) des gegenständlichen Vorhalts bezieht sich auf die geltend gemachten Werbungskosten und ist daher für die hier gegenständliche Frage des Wohnsitzes ohne Belang. In Beantwortung des Vorhaltes wurde mit Schreiben vom im Wesentlichen ausgeführt: Die Berufungswerberin habe für die Zeit ihres Studiums in New York ab August 1999 ein Visum F-1 gehabt, das sowohl für ihr postgraduales Studium an der New York University als auch für ihre Entsendung durch ihren deutschen Arbeitgeber, die AG, Gültigkeit gehabt habe. Ihre im Jahr 2000 abgegebene Steuererklärung habe aus folgenden Formularen bestanden: Das Form 1040 NR, das Steuerformular, das Personen mit sowohl zeitlich als auch bezüglich der in den USA angestrebten (beruflichen) Tätigkeit beschränktem Aufenthaltsrecht für die Erklärung der Federal Income Tax zu verwenden haben und das damit in Zusammenhang stehende Form 8843. Die amerikanischen Steuerbehörden hätten - entgegen den Ausführungen in der Aufforderung zur Ergänzung - zu keinem Zeitpunkt festgestellt, dass sie in den USA eine "nicht ansässige Ausländerin" gewesen sei und als solche nicht der Lohnabzugsteuerer unterliege. Aufgrund der einschlägigen Rechtslage sei sie zwar der Steuer unterlegen, durch eine Spezialbestimmung ausgenommen - diese mit Form 8843 ergänzend geltend gemachte "Exemption" würde aber nicht notwendig sein, wenn sie mit diesem vom deutschen Arbeitgeber für die Entsendung nach New York erzielten Einkommen auf Grund ihrer insgesamt im Veranlagungszeitraum gegebenen Ansässigkeit in New York nicht Grundsätzlich der Steuer unterliege. Es entspreche nicht den Tatsachen dass sie Ihren Wohnsitz in Österreich erst mit der melderechtlichen Abmeldung im Mai 2002 aufgegeben habe. Die Wohnung Adresse habe ihr zu keinem Zeitpunkt als Wohnsitz gedient. Diese Wohnung sei im Jahr 1999 fertig gestellt worden, zu einem Zeitpunkt, als sie ihren Wohnsitz in Österreich bereits aufgegeben habe. Da sie am eine Beitrittserklärung zur Genossenschafts-Gemeinschaft unterschrieben habe, sei es nicht möglich gewesen, nach ihrer Wohnsitzverlegung im Jahr 1998 in die USA von diesem Kaufvertrag auszusteigen, vielmehr sei sie zum Abschluss des Kaufvertrages verpflichtet gewesen. Aus diesem Grund habe sie RA gebeten und mit Vollmacht vom bevollmächtigt (die Vollmacht sei erteilt worden, als sie sich während der Weihnachtsfeiertage in Österreich aufgehalten habe), einen Käufer zu suchen und einen eventuellen Kaufvertrag zu unterschreiben. Sie wolle noch einmal hervorheben, dass die Kaufvertragsunterzeichnung im Januar 1999 und die "Wohnungsübergabe" bereits mit (von ihr unmittelbar vor ihrem Wegzug erteilter) Vollmacht vom durch RA durchgeführt worden sei, da Kaufvertragsunterzeichnung und Wohnungsübergabe nach Ihrem Wegzug aus Österreich erfolgt seien. Sie habe diese Wohnung nie bezogen und diese Wohnung sei auch nie von ihr oder irgendeinem anderen Mitglied ihrer Familie für Wohnzwecke eingerichtet worden. Betonen wolle sie noch einmal, dass sie zu keinem Zeitpunkt Schlüssel für diese Wohnung in ihrer Verfügungsgewalt gehabt habe. Die Adresse in xy sei in der Einkommensteuererklärung 2000 angeführt worden, da das Finanzamt FA die Formulare für die Abgabenerklärung an diese Adresse versendet habe. An dieser Stelle dürfe sie noch mal untersteichen, dass die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2000 nur zu Informationszwecken erfolgt sei sie aber nach § 42 EStG ob des Fehlens unbeschränkter Steuerpflicht nicht zur Abgabe einer Erklärung verpflichtet gewesen sei. Zum Beweis, dass die Wohnung niemals von ihr bewohnt gewesen sei, lege sie die Stromabrechnung über den relevanten Abrechnungszeitraum vor. Die Stromabrechnung laute auf ihren Namen, weil die Wohnung nicht vermietet gewesen sei, sondern ab Übernahme durch RA zum Verkauf gestanden sei, in der Hoffnung auf eine baldige Vermietung eine Stromanmeldung aber selbstverständlich durchgeführt worden sei. Der geringfügige Stromverbrauch resultiere daraus, dass die Wohnung diversen Interessenten im Rahmen von potentiellen Verkaufsgesprächen gezeigt worden sei und sie Ihren Bruder auch gebeten habe, in der unbewohnten Wohnung regelmäßig nach dem Rechten zu sehen. Aus der erwähnten Stromrechnung sei ersichtlich, dass der Stromverbrauch im Zeitraum bis lediglich eine Kilowattstunde betragen habe, worauf ein Arbeitspreis von ATS 1,10 entfiele. Die übrigen Ausführungen der Vorhaltsbeantwortung betreffen Fragen der geltend gemachten Werbungskosten, die ausdrücklich nur im Hinblick auf das Neuerungsverbot in einem höchstgerichtlichen Verfahren geltend gemacht wurden. Am wurden die Vorhaltsbeantwortung und der dazugehörige Vorhalt dem Finanzamt FA übermittelt, mit dem Ersuchen, eine Stellungnahme abzugeben. Weiters wurde seitens des Unabhängigen Finanzsenates im Wesentlichen ausgeführt, es sei entgegen den Ausführungen der Berufungswerberein aus dem Einkommensteuerakt nicht ersichtlich, dass die Berufungswerberin im Jahr 2000 von der Abgabenbehörde I. Instanz zur Abgabe einer Abgabenerklärung aufgefordert worden sei. Weiters wurde gefragt, ob der Abgabenbehörde erster Instanz die Rechtsgrundlage für das verbücherte Veräußerungsverbot bekannt sei, welches aus dem Grundbuchsauszug ersichtlich sei, ob eine Wohnungsbesichtigung durchgeführt worden sei bzw. ob nähere Umstände bezüglich der Übersiedlung von Bw. bekannt seien. In Beantwortung dieses Schreibens führte der Finanzamtsvertreter, HR, aus: " 1. Die Behauptung, die Bw. sei vom damaligen FA FA aufgefordert worden, eine Abgabenerklärung für 2000 einzureichen, ist kontrafaktisch, denn wie aus beiliegendem EDV-Ausdruck hervorgeht, wurde eine Einkommensteuererklärung (E1) für steuererklärungspflichtige Steuerinländer (§ 42 Abs. 1 Z 3 EStG iVm § 199 BAO) - also eine solche für unbeschränkt Steuerpflichtige - ohne weitere Urgenz im Rahmen der "Quotenregelung" durch die Stb eingereicht. Dass Steuererklärungen - noch dazu von einer Steuerberatungsgesellschaft - rein "informativ" abgegeben werden, widerspricht meiner langjährigen Berufserfahrung. 2. Für die Begründung eines abgabenrechtlichen Wohnsitzes ist nach Lehre und RS die Innehabung einer Wohnung, demnach die rechtliche oder tatsächliche -Verfügungsgewalt über eine Wohnung, erforderlich. Sowohl die rechtliche als auch tatsächliche Verfügungsgewalt der Bw über ihre Eigentumswohnung ist (lebens-)sachverhaltlich unverrückbar festgestellt und ist sowohl melde- als auch förderungsrechtlich (Hauptwohnsitzbegründung) abgesichert. Für abkommensrechtliche Zwecke (Art. 4 DBA-USA) kann daher festgehalten werden, dass es sich bei der Bw. um eine österreichische Staatsbürgerin - also nicht US-Staatsbürgerin - mit der auch nach innerstaatlichem Recht gelösten Wohnsitz- und Ansässigkeitsfrage handelt. 3. Klargestellt erschein, dass das grundbücherliche Veräußerungsverbot förderungsrechtlich bedingt ist und im Zusammenhang mit der OÖ Wohnbauförderung steht. 4. Die Eigentumswohnung wurde, da verfahrensrechtlich kein Anlass dazu bestand, nicht in Augenschein genommen." Am wurde seitens der Steuerberatung auf telefonische Aufforderung hin das Formular 1040 NR vorgelegt, ebenso der Text des § 872 IRC.

Über die Berufung wurde erwogen:

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob der Republik Österreich ein Besteuerungsrecht an den von der Berufungswerberin im Streitjahr in den USA bezogenen Einkünften zukommt.

Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind jene natürlichen Personen unbeschränkt steuerpflichtig, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat jemand seinen Wohnsitz im Sinn der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Nach Stoll, BAO-Kommentar (1994), Band 1, S 333, kommt es stets auf das Gesamtbild und die Erfüllung des Gesamttatbestandes mit allen seinen (wenn auch beweglichen) Tatbestandselementen an und würde ein Klammern an Bezeichnungen, Benennungen von Wohnungs- bzw. Wohnsitzarten ohne Würdigung der Gesamtumstände zumeist zu Fehlergebnissen führen.

Die Berufungswerberin war im Berufungszeitraum unbestrittenermaßen Eigentümerin einer Eigentumswohnung in Adresse . Die Wohnung war nicht möbliert. Die Steuerpflichtige hatte diese Adresse jedoch als Hauptwohnsitz gemeldet und in der Steuererklärung angegeben. Die Berufungswerberin hielt sich ab Juli 1998 bis in New York, anschließend bis in London und ab diesem Zeitpunkt bis heute in F auf. Sie hat nach nach ihren unwiderlegten Angaben 1998 Österreich mit der Absicht verlassen, dauerhaft in den USA zu leben (vgl. Vorhaltsbeantwortung vom ). Dies scheint der Referentin auch unter Beachtung der Tatsache, dass der Lebensgefährte der Bw. bereits seit einigen Jahren in den USA lebte (und auch kein österreichischer Staatsbürger war) glaubwürdig und wurde dem auch seitens des Finanzamtes nicht widersprochen. Die Berufungswerberin hat vor Ihrer Übersiedlung ins Ausland Ihrem Bruder eine Vollmacht zum Kauf der Eigentumswohnung ausgestellt, später anläßlich eines kurzen Weihnachtsurlaubes bei ihren Eltern auch eine Vollmacht zum Verkauf der Wohnung. Die Berufungswerberin besaß unwidersprochen niemals Schlüssel zur Eigentumswohnung.

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates hat die Steuerpflichtige niemals einen Wohnsitz an der angegebenen Adresse begründet und ihren inländischen Wohnsitz bereits im Jahr 1998 aufgegeben.

Unter Wohnung (als Voraussetzung eines Wohnsitzes) versteht man eingerichtete Räume, die der Inhaber ohne wesentliche Änderung jederzeit benutzen kann und die ihm nach Größe und Ausstattung ein seinen Lebensverhältnissen entspechendes Heim bieten können (). Es müssen also Räume vorliegen, die vom Inhaber jederzeit ohne wesentliche Änderung zum Wohnen nützen kann. Diese Voraussetzung ist im gegenständlichen Fall nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates nicht gegeben, da die Wohnung nicht möbliert war. Um diese Wohnung zu benutzen hätte man (zumindest) ein Bett oder ähnliches aufstellen müssen und selbst dann wäre keine Küche oder sonstiges Mobiliar vorhanden gewesen. Dafür spricht auch, dass die Wohnung nicht einmal während der kurzen Besuche der Berufungswerberin in Österreich benutzt wurde, die Berufungswerberin keinerlei Schlüssel für die Wohnung besaß und bereits Ende 1999 eine Vollmacht zum Verkauf ausgestellt wurde. Zudem scheint in der vorgelegten Stromrechnung keinerlei Verbrauch von Nachtstrom auf, was das Vorbringen unterstützt, dass in dieser Wohnung niemals übernachtet wurde. Wenn vom Finanzamt die aufrechte Hauptwohnsitzmeldung eingewandt wird, so ist dem entgegenzuhalten dass die polizeiliche Meldung allenfalls Indizwirkung in Bezug auf den Wohnsitz hat. Die Hauptwohnsitzmeldung erfolgte nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates aus Gründen der Wohnbauförderung, diese außersteuerlichen Motive für die Anmeldung sind aber für die gegenständliche Frage eines inländischen Wohnsitzes bedeutungslos.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Räume jederzeit zum Wohnen hätten benützt werden können, würde es am Innehaben einer Wohnung unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass der Steuerpflichtige sie beibehalten und benutzen wird, mangeln. Dieses Kriterium drückt unter anderem ein Zeitmoment aus, das sich auf die in Betracht kommende Wohnsitzbegründung bezieht (vgl. Doralt, EStG, 4. Lieferung, § 1 TZ 12). Die Berufungswerberin hat in dieser Wohnung nie übernachtet oder gelebt hat. Sie hatte zu keinem Zeitpunkt Schlüssel für die Wohnung. Zum Zeitpunkt des Wohnungkaufes war die Berufungswerberin bereits in den USA. Leer stehende Wohnungen können zwar beibehalten, aber nicht "benutzt" werden (vgl. Ginthör/Huber/Obermann; Möglichkeiten der steuerwirksamen Aufgabe des inländischen Wohnsitzes - auch durch Einräumung eines Prekariums?, SWI 1/2005). Es konnte daher in dieser Wohnung kein Wohnsitz begründet werden.

Ein Indiz für die Aufgabe des Wohnsitzes in Österreich im Jahr 1998 ist weiters, dass in den USA eine Wohnung angemietet und möbliert wurde und keine Unterbringung in einem Studentenheim oder ähnlichem erfolgte. Auch die Ausstellung einer Vollmacht für den Kauf der Wohnung bereits vor ihrer Abreise macht deutlich, dass die Berufungswerberin nicht mit einer baldigen Rückkehr aus den USA rechnete, sondern ihren Lebensmittelpunkt dauerhaft ins Ausland verlegen wollte. Auch die Vollmacht zum Verkauf wurde bereits vor dem Berufungsjahr ausgestellt. Wird eingewendet, dass die bloße Ausstellung einer Vollmacht zum Verkauf nicht zur Wohnsitzaufgabe genügt, so wird dem entgegengehalten, dass nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates gar kein Wohnsitz in der gegenständlichen Eigentumswohnung begründet wurde.

Da kein Wohnsitz im Sinne des EStG vorlag und somit in Österreich keine Steuerpflicht besteht, konnte die Prüfung der in eventu geltend gemachten Werbungskosten entfallen.

Der Berufung war stattzugeben.

Linz, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Wohnsitz
Wohnung
Steuerpflicht

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at

Fundstelle(n):
RAAAD-19591