Kein Anspruch auf Familienbeihilfe bei Fehlen eines Aufenthaltstitels gem. §§ 8 und 9 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG BGBl I Nr. 100/2005.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., H., vertreten durch Dr. Martina Schweiger-Apfelthaler, Rechtsanwalt, 1040 Wien, Graf Starhemberg Gasse 39/12, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Lilienfeld St. Pölten, vom betreffend Abweisung eines Antrages auf Gewährung der Familienbeihilfe ab entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Der Bw. besitzt die Staatsbürgerschaft Jugoslawiens und ist mit seiner Familie am nach Österreich eingereist. Am brachte er einen Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe für seine fünf Kinder ein.
Das Finanzamt wies den Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für die fünf Kinder ab. U.a. führte das Finanzamt aus, dass ab Mai 2004 die Familienbeihilfe gemäß § 3 Abs.2 FLAG 1967, BGBl. I Nr. 142/2004, erst mit Datum des Asylbescheides zu gewähren sei. Nach der ab geltenden Rechtslage hätten nur Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die nicht österreichische Staatsbürger seien, wenn die antragstellende Person und die Kinder nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), sich rechtmäßig in Österreich aufhielten. Bereits gewährte Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag werden nicht rückgefordert. Gemäß § 3 Abs.3 FLAG i.d. ab geltenden Fassung, hätten Anspruch auf Familienbeihilfe Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005 gewährt wurde.
Da weder ein rechtsmäßiger Aufenthalt in Österreich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes vorliege noch Asyl gewährt worden sei, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gegen den Abweisungsbescheid bracht der Bw. Berufung ein. Als Berufungsgründe wurden 1.) Mangelhaftigkeit des Verfahrens 2.) und unrichtige rechtliche Beurteilung ausgeführt.
"Ad 1) Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens Mit dem vorliegenden Abweisungsbescheid wurde mein Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe vom abgewiesen. Dies mit der Begründung, für die Gewährung der Familienbeihilfe wäre das Datum des Asylbescheides maßgebend. Familienbeihilfe könne ab Antragstellung laufend, nicht aber rückwirkend gewährt werden. Überdies sei Voraussetzung für die Gewährung der Familienbeihilfe, das ein rechtmäßiger Aufenthalt in Österreich vorliege. Die Erstbehörde übersieht dabei folgendes - und es werden diese Feststellungen ausdrücklich beantragt:
Ich bin mit meiner Gattin und unseren gemeinsamen fünf Kindern Y., K., A., B. und C., seit August 2002 in Österreich aufhältig.
Bereits nach unserer Einreisehaben wir den Asylantrag gestellt und wurde uns vom Flüchtlingslager Traiskirchen jeweils eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz erteilt.
Dies berechtigt und bis zum rechtskräftigen Abschluß des Asylverfahrens zum Aufenthalt in Österreich.
Anläßlich der Anhörung vom wurde uns eine neue (also die zweite) Karte ausgestellt, aus welcher die weitere Rechtmäßigkeit unseres Aufenthaltes hervorgeht. Diese Karte lege ich in Kopie bei.
Das Asylverfahren ist bis dato nicht abgeschlossen.
Ich habe bereits in den Jahren 2003 und 2005 jeweils Saisonsarbeitsberechtigungen erhalten und bin aufgrund dieser rechtmäßig hier in Österreich arbeiten gegangen.
In diesen Zeiträumen habe ich auch jeweils für meine Kinder die Familienbeihilfe erhalten.
Heuer wurde mir wiederum mit Bescheid des AMS Amstetten vom eine Saisonsarbeitserlaubnis für die Monate Mai bis November 2006 erteilt. (Die Kopie dieser Bewilligung wurde vom AMS Lilienfeld bereits elektronisch erfaßt.)
Aufgrund dieser Berechtigung habe ich auch den gegenständlichen Antrag gestellt.
Hätte die Erstbehörde die oben angeführten Feststellungen getroffen, hätte sie zwangsweise mit Stattgebung meines Antrages entscheiden müssen, da ja von der angeblichen Rückwirkung auf den keine Rede sein kann, da unsere Aufenthaltsberechtigung je schon eineinhalb Jahre früher erteilt wurde.
Ad 2) Unrichtige rechtliche Beurteilung
Die Erstbehörde hat übersehen, dass zwar die Bestimmungen des FLAG und des NAG für die Frage, ob Ausländer einen Anspruch auf Familienbeihilfe haben, anzuwenden sind, die daraus abgeleitete rechtliche Beurteilung ist - da sie nicht auf meine Situation zutrifft - jedenfalls unrichtig.
Wie ich bereits unter Punkt 1) der Berufung ausgeführt habe, datiert die erste vorläufige Aufenthaltsbewilligung bereits aus 2002, sohin kann die rückwirkend ab geltende Regelung des § 3 Abs.2 FLAG 1967 BGBl. I Nr. 142/2004 nicht auf mich angewendet werden.
Aufgrund geänderter Ausländergesetze haben solche gem. §§8 und 9 NAG nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich rechtmäßig in Österreich aufhalten.
Diese Voraussetzung ist jedoch bei mir und meiner Familie erfüllt.
Unter richtiger Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen hätte daher bereist die Erstbehörde meinem Antrag Folge geben müssen.
Durch meine a.g. RV stelle ich daher die nachstehenden Anträge: 1) Es möge meiner Berufung Folge gegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und meinem Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe stattgegeben werden. 2 In eventu: der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens und neuerlichen Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden."
Das Finanzamt erließ eine abweisende Berufungsvorentscheidung.
Begründend wurde ausgeführt, dass ab gem. § 3 FLAG IdF Fremdenrechtspaket 2005, BGBl I 2005/100, Anspruch auf Familienbeihilfe nur mehr Personen hätten, die zur Niederlassung (§§ 8 und 9 NAG) in Österreich berechtigt seien oder einen das Asylverfahren positiv abschließenden Bescheid hätten.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 in der ab geltenden Fassung haben Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, rechtmäßig in Österreich aufhalten. Nach § 3 Abs. 2 leg.cit. besteht Anspruch auf Familienbeihilfe für Kinder, die nicht österreichische Staatsbürger sind, sofern sie sich nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig in Österreich aufhalten.
§ 3 Abs. 3 leg.cit. besagt: Abweichend von Abs. 1 haben Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100, gewährt wurde, Anspruch auf Familienbeihilfe. Anspruch besteht auch für Kinder, denen nach dem Asylgesetz 2005 Asyl gewährt wurde.
Bis galt für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, folgende gesetzliche Regelung des § 3 Abs. 1 FLAG 1967: Danach hatten solche Personen dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt waren und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet bezogen. Kein Anspruch bestand, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauerte, außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstieß.
Die oben zitierte Neuregelung der Ansprüche von Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, erfolgte im Rahmen umfangreicher Änderungen im Bereich des Fremdenrechtes. Danach besteht der Anspruch auf Familienbeihilfe nur mehr für die Personen, die auch zur Niederlassung in Österreich berechtigt sind, wobei diese Berechtigung nach den Bestimmungen des ebenfalls im Rahmen des Fremdenrechtspaketes 2005 erlassenen Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes erteilt wird. In deren §§ 8 und 9, auf die sich das Gesetz bezieht, sind die Arten und Formen der Aufenthaltstitel im Sinn des Gesetzes aufgezählt.
Der Bw. erhielt die Familienbeihilfe für seine Kinder nach der Regelung, die bis galt, auf Grund seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die länger als 3 Monate dauerte. (vgl. Berufung). Die ab geltende gesetzliche Regelung setzt die nach §§ 8 und 9 NAG geregelten Aufenthaltstitel für die Gewährung der Familienbeihilfe für nichtösterreichische Staatsbürger voraus.
Der Berufungswerber konnte keinen Aufenthaltstitel nach der neuen gesetzlichen Regelung nachweisen.
Der Berufungswerber kann aber auch aus der Tatsache, dass er Asylwerber ist und über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Asylgesetz 1997 verfügt, nichts für seinen Standpunkt gewinnen, da der oben zitierte § 3 Abs. 3 FLAG 1967 Asylsuchende erst ab dem Zeitpunkt begünstigt, ab dem ihnen mit Bescheid endgültig Asyl gewährt wurde. Diese Regelung entspricht überdies in ihrem wesentlichen Inhalt der bereits vor dem geltenden Rechtslage (§ 3 Abs. 2 FLAG 1967 i.d.F. BGBl. I Nr. 142/2004).
Die Berufung gegen den Abweisungsbescheid über die Versagung der Familienbeihilfe ab August 2006 war daher abzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Materie | |
betroffene Normen | § 3 Abs. 1 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 2 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 § 3 Abs. 3 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967 |
Schlagworte | Fremdenrecht Asylwerber Aufenthaltstitel |
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