Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 10.09.2010, RV/2521-W/10

Kein Vorsteuerabzug bei mangelhafter Rechnung

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch Mag. Walther Wawronek SteuerberatungsgmbH, Steuerberater & Wirtschaftsprüfer, 1060 Wien, Linke Wienzeile 4, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 2/20/21/22 vom betreffend Festsetzung von Umsatzsteuer für Dezember 2007 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Berufungswerberin (Bw.) ist Zahnärztin und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Daneben erzielt die Bw. aus der Vermietung von Liegenschaften Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Im Zuge der Festsetzung der Umsatzsteuer für Dezember 2007 erkannte das Finanzamt die seitens der Bw. für die Liegenschaft in X geltend gemachten Vorsteuerbeträge in Höhe von € 22.020,14 nicht an, da die betreffenden Rechnungen nicht den Vorschriften des § 11 UStG 1994 entsprachen.

Mit Schreiben vom erhob die Bw. gegen den betreffenden Festsetzungsbescheid das Rechtsmittel der Berufung und begründete dies damit, dass die auf den Rechnungen angeführte Adresse mit jener im Firmenbuch eingetragenen Anschrift der Fa. B GmbH übereinstimmen würde. Zudem gehe aus einer Bestätigung des Finanzamtes vom hervor, dass gegen die Fa. B GmbH keine fälligen Abgabenforderungen bestehen würden.

Gegenständlicher Berufung legte die Bw. eine entsprechende Kopie der Finanzamtsbestätigung sowie einen Firmenbuchauszug bei.

In weiterer Folge wies das Finanzamt gegenständliches Rechtsmittel als unbegründet ab und führte in seiner Berufungsvorentscheidung vom begründend aus, dass die von der Fa. B GmbH ausgestellten Rechnungen nicht den formalen Vorschriften des § 11 UStG 1994 entsprechen würden, da Angaben hinsichtlich des Leistungszeitraumes sowie eine detaillierte Leistungsbeschreibung fehlten. Zudem sei die Firma an der angegebenen Adresse nicht existent und konnte deren Geschäftsführer ebenfalls nicht gefunden werden.

Mit Schreiben vom stellte die Bw. einen Vorlageantrag. Darin führte die Bw. aus, dass die den Voranmeldungszeitraum 12/2007 betreffenden Rechnungen sowie das Journal dem Finanzamt übermittelt worden seien und nunmehr die dazugehörigen Leistungsaufstellungen übersendet werden würden. Zudem werde die Bescheinigung des Finanzamts, dass keine fälligen Abgabenforderungen bestehen würden, ein Bescheid über die Gewerbeanmeldung, ein Firmenbuchauszug, eine Kopie des Reispasses des im Firmenbuch eingetragenen handelsrechtlichen Geschäftsführers sowie eine Bestätigung der UID-Nummernüberprüfung übermittelt. Die Aussage des Finanzamtes, dass der Geschäftsführer nicht habe gefunden werden können, sei somit nicht nachvollziehbar, zumal auch der im zentralen Melderegister aufscheinende Hauptwohnsitz des Geschäftsführers mit der Eintragung im Firmenbuch übereinstimme. Die Bw. habe somit alle Maßnahmen gesetzt um sicherzugehen, dass die Fa. B GmbH gewerberechtlich befugt sei, Baumeisterarbeiten durchzuführen und die auf der Rechnung aufscheinenden Angaben der Wirklichkeit entsprochen hätten. Da keine besonderen Verdachtsmomente vorgelegen seien, seien auch die üblichen Kontrollmaßnahmen gesetzt worden.

Da das Finanzamt den Vorlageantrag zur weiteren Entscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat diesem nicht vorlegte und somit über gegenständliches Rechtsmittel gemäß § 27 VwGG nicht binnen eine Frist von sechs Monaten entschieden wurde, machte die Bw. die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend und brachte beim Verwaltungsgerichtshof eine Säumnisbeschwerde ein.

Über die Berufung wurde erwogen:

Die Bw. erzielt neben ihren selbständigen Einkünften als Zahnärztin aus der Vermietung von Liegenschaften Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Im Rahmen der Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Dezember 2007 machte die Bw. unter anderem im Zusammenhang mit der Liegenschaft in X Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt € 22.020,14 geltend, welche seitens des Finanzamtes mit Festsetzungsbescheid vom mangels Vorliegens entsprechender Rechnungsmerkmale nicht anerkannt wurden.

Die im Zusammenhang mit den nunmehr im gegenständlichen Berufungsverfahren strittigen Vorsteuerbeträgen vorgelegten diesbezüglichen Rechnungen enthalten weder Angaben bezüglich des Leistungszeitraumes noch der Art und des Umfanges der in den betreffenden Rechnungen abgerechneten Baumeisterarbeiten und fehlen sämtlichen Bezug habenden Rechnungen Angaben bezüglich der dem Leistungsempfänger vom Finanzamt erteilten Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.

Auf sämtlichen strittigen Rechnungen scheint die Fa. B GmbH in Y als leistendes Unternehmen auf.

Eine an der Firmenanschrift der Fa. B GmbH durchgeführte Nachschau am ergab, dass an der angegebenen Adresse Y keinerlei Hinweise auf die Existenz der betreffenden Firma vorgefunden wurden. Es gab weder ein Firmenschild noch einen Namenshinweis auf der Türglocke.

Strittig ist somit, ob auf Grund der vorliegenden mangelhaften Rechnungen in Folge fehlender Angaben des leistenden Unternehmers, fehlender Angaben über den Leistungszeitraum sowie der Art und des Umfanges der abgerechneten Baumeisterarbeiten und der fehlenden UID-Nummer des Leistungsempfängers ein Vorsteuerabzug in Höhe von € 22.020,14 zusteht.

Gemäß § 12 Abs. 1 UStG 1994 kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11 UStG) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.

Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen ua. den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers, den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt sowie Angaben bezüglich der Art und den Umfang der sonstigen Leistung enthalten. Zudem ist in Rechnungen, deren Gesamtbetrag 10.000 Euro übersteigt, weiters die dem Leistungsempfänger vom Finanzamt erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer anzugeben, wenn der leistende Unternehmer im Inland einen Wohnsitz (Sitz), seinen gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Betriebsstätte hat und der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird.

Gemäß § 11 Abs. 2 UStG 1994 können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird.

Entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen des Umsatzsteuergesetzes 1994 ist somit für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges unter anderem eine Rechnung erforderlich, die den Anforderungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 entspricht, sofern nicht § 11 UStG 1994 Sonderregelungen enthält (Ruppe, UStG 1994, § 12, Tz 40). Die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betrachtet das Vorliegen einer Rechnung iSd § 11 UStG 1994 als eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges, die nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch andere Beweismittel ersetzt werden kann ().

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann auf eine Urkunde, die entgegen der Vorschrift des § 11 Abs. 1 UStG 1994 weder die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers noch Angaben bezüglich des Zeitpunkts der Lieferung oder sonstigen Leistung enthält und zudem Angaben hinsichtlich der Art und den Umfang der sonstigen Leistungen sowie der Angabe bezüglich der UID-Nummer des Leistungsempfängers entbehrt, der Vorsteuerabzug nicht gestützt werden (, , ). Es genügen auch nicht Angaben, aus denen im Zusammenhalt mit dem übrigen Sachverhalt hervorgeht, dass ein Unternehmer die konkret in Rechnung gestellten Lieferungen oder Leistungen zu einem konkret bestimmten Zeitpunkt erbracht hat ().

§ 11 Abs. 1 leg. cit. erfordert für die eindeutige Feststellung des liefernden oder leistenden Unternehmers bei Rechnungslegung nicht nur die Angabe des Namens, sondern auch der Adresse. Es kann somit auch die Angabe "nur" einer falschen Adresse nicht als "kleiner", dem Vorsteuerabzug nicht hinderlicher Formalfehler angesehen werden (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des VwGH etwa die Erkenntnisse vom , 90/15/0042, vom , 94/13/0133, vom , 99/13/0020, und vom , 98/13/0081). Auf den "guten Glauben" des Rechnungsempfängers an die Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers kommt es nicht an. Eine "Ungreifbarkeit des Leistungserbringers" ist das Risiko eines Leistungsempfängers, der sich auf eine Rechtsbeziehung mit einem solchen Partner eingelassen hat (vgl. auch hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0081). Rechnungen, die zwar den richtigen Namen, aber nicht die richtige Adresse des leistenden Unternehmers enthalten, reichen zum Vorsteuerabzug nicht aus (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom , 99/13/0020). Gleiches gilt, wenn unter der angegebenen Adresse nie eine Geschäftstätigkeit entfaltet wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0133, und vom , 94/13/0230). Ist die Leistung ausgeführt worden, scheint aber in der Rechnung als leistender Unternehmer eine Person auf, die unter der angegebenen Anschrift gar nicht existiert, steht der Vorsteuerabzug ebenfalls nicht zu (vgl. auch hiezu die oben zitierten Erkenntnisse des VwGH, insbesondere vom , 90/15/0042, und vom , 94/13/0133).

In Sinne dieser Rechtsprechung folgt somit im gegenständlichen Fall, dass der Vorsteuerabzug vom Finanzamt zu Recht versagt wurde, da die in Rede stehenden Rechnungen den Anforderungen des § 11 Abs. 1 UStG 1994 zweifellos nicht entsprechen. Der in den betreffenden Rechnungen aufscheinende leistende Unternehmer, die Fa. B GmbH, war an der in den Rechnungen angegebenen Firmenadresse gar nicht existent. Entsprechend den Ergebnissen einer am an der Adresse der Fa. B GmbH, in Y durchgeführten Nachschau, wurden an dieser Anschrift keinerlei Hinweise auf die Existenz der betreffenden Firma gefunden. So befand sich an der Anschrift weder ein Firmenschild noch auf dem Türglockenschild ein entsprechender Namenshinweis. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass die Nachschau unmittelbar nach Ausstellung der ersten Rechnung (vom ) und zeitnah vor Ausstellung der beiden weiteren Rechnungen von Anfang Dezember 2007 durchgeführt wurde, aber keinerlei Hinweise auf die tatsächliche Existenz der betreffenden Firma an der angegebenen Adresse liefern konnte. Außerdem enthielten sämtliche Rechnungen keinerlei Hinweise, dass die fehlenden Rechnungsmerkmale aus anderen Belegen ersichtlich wären. Auch wenn die Bw. in ihrer Berufung vorbringt, sie hätte sowohl eine Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamtes der Baufirma, dass keine Abgabenforderungen aushaften würden bzw. eine UID-Nummer vergeben worden sei als auch einen Bescheid über die Gewerbeanmeldung abverlangt sowie einen Firmanbuchauszug eingeholt, so ist mit einer diesbezüglichen Argumentation nichts für gegenständliche Entscheidung zu gewinnen. Auf Grund der eindeutigen Rechtsprechung des VwGH kann daran auch der Hinweis der Bw., sie hätte somit alles getan um sicherzustellen, dass die Baufirma gewerberechtlich befugt gewesen sei, die Baumeisterarbeiten durchzuführen als auch dass die auf den betreffenden Rechnungen aufscheinenden Angaben der Wirklichkeit entsprochen hätten, nichts ändern. Ebenso geht die diesbezügliche Argumentation der Bw., dass einer Meldung aus dem zentralen Melderegister zu Folge der aufscheinende Hauptwohnsitz des handelsrechtlichen Geschäftsführers mit der Eintragung ins Firmenbuch übereinstimmen würde, ins Leere. Dies vor allem deshalb, da eine seitens der Behörde durchgeführte Abfrage im Zentralen Melderegister ergab, dass der Geschäftsführer zu keinem Zeitpunkt im Inland polizeilich gemeldet war und selbst für den Fall des Vorliegens der Identität der Wohnadresse des Geschäftsführers mit jener im Firmenbuch aufscheinenden Anschrift, nicht automatisch und somit vorweg zweifelsfrei darauf geschlossen werden könnte, dass sich der Geschäftsführer auch an dieser Adresse tatsächlich aufhält. Sowohl die Bezug habende Rechnung vom , Nr. 042/2007 als auch jene vom , Nr. 058/2007 sowie diejenige vom enthalten darüber hinaus weder Hinweise in Bezug auf den Leistungszeitraum der mit ihnen abgerechneten Leistungen noch Angaben hinsichtlich der Art und den Umfang der sonstigen Leistung und fehlt sämtlichen Rechnungen die Angabe der UID-Nummer des Leistungsempfängers. Wie sich aus gegenständlichem Sachverhalt ergibt, wurden mit den Bezug habenden Rechnungen sowohl vom als auch mit jener vom generell "Baumeisterarbeiten" bzw. mit der Rechnung vom "Baumeisterarbeiten" im Zusammenhang mit dem "Herstellen von Fundamentarbeiten, Aufmauern eines Wohnhauses in Rohbau sowie Herstellen einer VWS-Fassade 10 cm, verkleben, vertübeln und spachteln" abgerechnet. Eine derartige Leistungsbeschreibung entspricht keineswegs dem vom Gesetz geforderten Angaben bezüglich Art und Umfang der ausgeführten sonstigen Leistung. In diesem Zusammenhang stellt somit die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - wie bereits oben ausgeführt - klar, dass das Vorliegen einer formgerechten Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 eine materiellrechtliche Voraussetzung des Vorsteuerabzuges darstellt, die nicht in wirtschaftlicher Betrachtungsweise durch andere Beweismittel ersetzt werden kann (). Erfüllt eine Rechnung nicht die in § 11 Abs. 1 UStG 1994 normierten Kriterien, steht auch der in diesen ausgewiesene Steuerbetrag als Vorsteuer unabhängig von Gut- oder Schlechtgläubigkeit nicht zu, selbst wenn der auf die Umsatzsteuer entfallende Rechnungsbetrag bezahlt wurde ().

Aus den genannten Überlegungen wurde der Vorsteuerabzug zu Recht versagt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Vorsteuerabzug
Rechnungsmangel
Leistungszeitraum
Art und Umfang der sonstigen Leistung
Name und Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers
Scheinfirma

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at