Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSL vom 05.07.2013, RV/1014-L/12

Unfallkosten stellen nur dann Werbungskosten dar, wenn sie durch eine dienstlich veranlasste Fahrt zustande kamen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des HK, F, ASt, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, vertreten durch Manfred Vogler, vom betreffend Einkommensteuer 2010 entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Verwaltungsgeschehen:

Der Berufungswerber (= Bw) hat im berufungsgegenständlichen Jahr neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit als Geschäftsführer der Fa. GmbH. bezogen.

In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 machte er bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Tätigkeit Werbungskosten, die der Arbeitgeber nicht berücksichtigen konnte in Höhe von 19.095,00 €, resultierend aus einem Unfall auf einer Dienstfahrt, geltend. Mit Einkommensteuerbescheid vom erfolgte die Veranlagung erklärungsgemäß und die Einkommensteuer wurde festgesetzt mit -5.734,98 €.

Mit Schreiben vom richtete das Finanzamt ein Ergänzungsersuchen betreffend Einkommensteuererklärung 2010 an den Bw folgenden Inhalts:

"Hinsichtlich der als Werbungskosten geltend gemachten Kosten des Totalschadens Kfz ergeben sich folgende Fragen:

- Der Abzug von Unfallkosten als Betriebsausgaben ist zunächst daran geknüpft, dass der Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt unterlaufen ist. Der angeführte Unfall hat sich an einem Samstag um 17.15 Uhr ereignet. Es erscheint daher zweifelhaft, dass Sie sich auf einer beruflich veranlassten Fahrt befunden haben. Sie werden daher ersucht, die näheren Umstände dieser Fahrt zu erläutern und in geeigneter Weise nachzuweisen.

- Weiters ist für die steuerliche Berücksichtigung der Unfallkosten der Grad des Verschuldens maßgeblich; der Unfall darf nicht durch ein grob fahrlässiges Verhalten des Lenkers verursacht worden sein. Sie werden daher ersucht, den Unfallbericht vorzulegen, aus dem der Unfallverlauf abzuleiten ist.

- Wurde nach dem Unfall Polizei, Feuerwehr o.ä. tätig? Wer veranlasste die Abschleppung des Fahrzeuges? Entsprechende Beweise wären vorzulegen.

- Bestand zum Unfallzeitpunkt eine Kaskoversicherung? Wenn ja, warum wurde kein Ersatz geleistet? Der Schriftverkehr mit der Versicherung wäre vorzulegen.

- Um Vorlage der Kfz-Versicherungspolizze wird ersucht. Weiters sind die Anschaffungskosten sowie die Höhe des Restwertes des Fahrzeuges nachzuweisen."

Mit Vorhaltsbeantwortung vom teilte der steuerliche Vertreter des Bw, der mittlerweile die Vertretungsvollmacht gekündigt hat, mit, dass der Bw Folgendes angegeben habe:

"Ich arbeite auch Samstags!Am habe ich für die Fa. Q Granitplatten nach S geliefert. Nachmittags hatte ich einen Termin bei meinem Lagerleiter, Herrn CR in K. Der hat mich zu einem Gespräch mit dem ihm unterstellten Lagerarbeiter C Z gebeten. Der befand sich in Geldnot und war in einem Langzeitkrankenstand. Der Lagerleiter wollte mich zu einem Vorschuss für Herrn Z überreden. Auf der Fahrt zu diesem Termin streifte ich vermutlich durch Sekundenschlaf ein entgegenkommendes Fahrzeug. Die Polizei war vor Ort, hat aber kein Protokoll aufgenommen, da niemand verletzt war. Die Abschleppung erfolgt durch AKA in W., Kaskoversicherung bestand keine. Die geplante Besprechung wurde verschoben, wobei ich den Gehaltsvorschuss gewährt habe."

Gemeinsam mit der Vorhaltsbeantwortung wurden folgende Unterlagen vorgelegt: Reiseabrechnung September mit entsprechenden Eintragungen am ; Schadensmeldung an die V1, bestehend aus zwei Dokumenten; Kauf- und Verkaufsbeleg für Pkw; Versicherungspolizze und Fotos vom Unfallfahrzeug. Diesen kopierten, nachgereichten Unterlagen ist zu entnehmen: - der Kaufpreis des Unfallautos der Marke H, einem Vorführwagen mit Erstzulassung am , betrug laut Rechnung Fa. D vom , 35.352,00 € brutto; - rückgekauft bzw. in Zahlung genommen für einen fix am auszuliefernden Pkw der Marke Volvo S60 AWD A-Geatronic, Kaufpreis brutto 47.999,95 €, wurde der berufungsgegenständliche Pkw laut "Bestellung (Kaufantrag) für Neufahrzeuge" der Fa. L - M (Nachfolgefirma der Fa. D ) mit einem Kilometerstand von 78.000 km um 3.000,00 €; - auf der Polizze der V2 Versicherung ist handschriftlich vermerkt, dass "ab August keine Kaskoversicherung" mehr bestanden habe; - aus der vom Bw bei der V1 erstatteten "Schadensmeldung Kfz" geht hervor, dass bei dem am um 17.15 Uhr stattgefundenen Unfall bei seinem Fahrzeug links beide Kotflügel und beide Türen beschädigt wurden; dies ist auch auf den beigelegten Fotos des Unfallwagens ersichtlich. Zur Frage der "genauen Sachverhaltsdarstellung" führte der Bw aus:

" Beim Überholen eines Klein-Lkw`s habe ich das entgegenkommende Fahrzeug des Herrn V übersehen. Ich vermute, dass die Gegenlichtsituation diesen Fehler entstehen ließ. Infolge streifte ich das auf der korrekten Fahrbahnseite fahrende Fahrzeug.";

- in der Diäten-Abrechnung 09/2010 finden sich beim Datum 11. September folgende Angaben: Reiseziel: O, SP, Tätigkeit: Sparkasse, QU F., Uhrzeit: 12.00-19.00 Uhr, Stunden: 7, Km-Beginn: 72 544 - Km-Ende: 72 791.

Zur Abklärung des im Unfallzeitpunkt bestehenden Versicherungsverhältnisses richtete die Abgabenbehörde erster Instanz mit Datum noch ein schriftliches Auskunftsersuchen an die Fa. V2 mit der Einladung gemäß § 143 BAO bekannt zu geben:

"Laut Beilage bestand im Jahr 2010 eine Kaskoversicherung für den Pkw HY. Am ist bei diesem Fahrzeug ein Unfallschaden eingetreten.- Bestand zu diesem Zeitpunkt eine Kaskoversicherung für dieses Fahrzeug? - Wurden diesbezüglich Zahlungen aus diesem Vertrag geleistet?- Falls bei aufrechtem Vertrag keine Zahlungen geleistet wurden: Aus welchem Grund?- Wenn zum kein Vertrag mehr bestand: Wann wurde dieser gekündigt?"

Nach der Vorhaltsbeantwortung vom habe ab aufgrund der Stornierung der Kaskoversicherung am kein Versicherungsschutz mehr bestanden.

Mit Bescheid vom wurde der Einkommensteuerbescheid 2010 gemäß § 299 BAO aufgehoben, da sich der Spruch als nicht richtig erwies.

Mit selben Datum wurde auch der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2010 erlassen, wobei die als Unfallschaden geltend gemachten Werbungskosten nicht anerkannt wurden. Die Einkommensteuer wurde in Höhe von 2.459,74 € festgesetzt.

Die Abgabenbehörde erster Instanz begründete die Nichtanerkennung der als Werbungskosten geltend gemachten Unfallkosten Pkw folgendermaßen:

Der Abzug von Unfallkosten als Werbungskosten sei daran geknüpft, dass der Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt unterlaufen sei. Weiters sei für die steuerliche Berücksichtigung der Unfallkosten der Grad des Verschuldens maßgeblich; laut Verwaltungsgerichtshof dürfe der Unfall nicht durch grob fahrlässiges Verhalten verursacht worden sein. Dem Finanzamt erscheine unglaubwürdig, dass ein Chef am Samstagabend zu einem Mitarbeiter fahren würde, weil dieser einen Gehaltsvorschuss benötige. Diese Thematik hätte sich wohl auch mit einem Telefonat klären lassen. Allein diese Tatsache erhärte den Verdacht, dass es sich um eine privat veranlasste Fahrt gehandelt habe.

Aufgrund der widersprüchlichen Angaben zum Unfallhergang - gegenüber dem Finanzamt sei behauptet worden, Sekundenschlaf habe beim Überholen zum Unfall geführt, in der Schadensmeldung dagegen sei angegeben worden, dass der Bw das entgegenkommende Fahrzeug übersehen habe.

Widersprüchlich sei auch, dass bei der Veräußerung des Unfallfahrzeuges am der Kilometerstand 78.000 Kilometer betragen habe, laut eingereichtem Fahrtenbuch sei an diesem Tag ein Kilometerstand von 72.981 Kilometer ausgewiesen. Auffällig sei auch, dass der Bw mit dem als Totalschaden angegebenen Fahrzeug laut Fahrtenbuch insgesamt noch 938 Kilometer, u.a. nach Innsbruck, zurückgelegt habe. Es habe somit kein plausibler Nachweis erbracht werden können, dass der Unfall auf einer beruflich veranlassten Fahrt stattfand; vielmehr sei von einer privaten Veranlassung auszugehen, weshalb die geltend gemachten Werbungskosten nicht anerkannt würden.

Mit Schriftsatz vom erhob der Bw " Einspruch gegen Ihren Bescheid vom ", wobei er aufgrund der vom Finanzamt mit Bescheid vom erlassenen Mängelbehebung in einem Telefonat klar stellte, dass sich das Rechtsmittel gegen den Sachbescheid und nicht gegen den am selben Tag ergangenen Aufhebungsbescheid gemäß § 299 BAO richtet - und führte begründend im Wesentlichen aus:

"Ihre Begründung, ich hätte eine Privatfahrt unternommen ist haltlos. Mein Lagerleiter, Herr CR, hat mich gebeten, den im Langzeitkrankenstand befindlichen CZ einen Vorschuss zu gewähren. Es gab Gerüchte, dass Herr CZ nach dem Krankenstand nicht mehr bei uns arbeiten wird, deshalb wollte ich von dem Burschen mehr wissen.

Ja, ich arbeite jeden Samstag und sehr viele Sonntage, auch wenn Sie sich das nicht vorstellen können. Wenn Sie möchten, lade ich Sie gerne zu einem Informationsgespräch ein, wie ich es geschafft habe, meine Firma seit der Firmengründung in der Gewinnzone zu behalten.

Sekundenschlaf:Ich wünsche es niemandem, was mir passiert ist. Ich habe auf einer ca. 2 km langen Geraden zum Überholen angesetzt. Es gab keinen Gegenverkehr. Plötzlich öffneten sich vier Airbags im Fahrgastraum und mein Fahrzeug schleuderte in der Mitte der Fahrbahn Richtung G.Ich wusste nicht, was passiert war, als ich mein Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand abstellte. Passanten haben mich darauf hingewiesen, dass ca. 300 m Richtung das Fahrzeug steht, welches ich gestreift habe. Ich begab mich zum Unfallgegner und entschuldigte mich, denn ich konnte mir nicht erklären, wie es zum Zusammenstoß kam.Es ist in der Natur des Menschen eine Erklärung für diesen Vorfall zu suchen, deshalb glaubte ich zunächst von der untergehenden Sonne geblendet worden zu sein. Einige Wochen später sah ich im Fernsehen einen Bericht über das Phänomen Sekundenschlaf. Die dort gezeigten Vorfälle waren ziemlich ident mit meinem Problem, die Situation nicht wirklich erklären zu können. Man hat auch festgestellt, dass Sekundenschlaft häufig bei "Vielfahrern" vorkommt.Ihren Bericht habe ich nur wahrheitsgetreu mit der neuesten Erkenntnis dargestellt.

Zum angezweifelten Kilometerstand kann ich nur sagen. Ich habe das Fahrzeug von der Unfallstelle von KFZ KR abschleppen lassen. Als ich es an L verkauft habe, habe ich nicht darauf geachtet, welchen Kilometerstand der Käufer in den Kaufvertrag eingetragen hat. Ich bin jedenfalls mit diesem Fahrzeug nicht in der Zeit zwischen dem Unfall und dem Verkauf nach Innsbruck gefahren. Dies war auch technisch nicht möglich, denn beide Achsen waren verschoben und die Lenkung beeinträchtigt.

Zum Fahrtenbuch:Ich bin in der Zeit bis ich mein neues Auto übernehmen konnte mit verschiedenen geborgten Fahrzeugen gefahren. Manchmal mit meinem VL, den vorwiegend meine Frau fährt. Ich habe diese Fahrten aus Bequemlichkeit ins Fahrtenbuch des zerstörten HG geschrieben, da ich sonst für jedes Fahrzeug ein eigenes Fahrtenbuch hätte beginnen müssen. Mir ist klar, dass das nicht richtig war, habe aber nur meinen Aufwand geltend gemacht als würde ich noch mit dem alten Auto fahren."

In einem weiteren Ergänzungsvorhalt vom wurde der Bw eingeladen, zum Nachweis des Restwertes des Unfallwagens eine Rechnung vorzulegen.

Der Bw kam dieser Aufforderung mit Schreiben vom nach.

Das Finanzamt legte die gegenständliche Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung mit Berufungsvorlage vom der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

1.) Entscheidungsrelevanter Sachverhalt: Aus dem Vorbringen im Verfahren vor dem Finanzamt geht hervor, dass der Bw am um 17.15 Uhr auf der B, bei G einen Verkehrsunfall verursachte. Er streifte beim Überholen eines Klein-Lkw`s das auf der korrekten Seite entgegenkommende Fahrzeug. Obwohl die Polizei vor Ort war, wurde, da niemand verletzt war, kein Protokoll über den Unfall aufgenommen. Der Pkw des Bw, Kaufpreis 35.352,00 €, erstzugelassen am , erlitt einen Totalschaden. Auf der Schadensmeldung KFZ für die Versicherung gab der Bw neben Eigenverschulden auch an, dass sein Fahrfehler vermutlich durch die Gegenlichtsituation entstanden ist. Da das Fahrzeug nicht mehr fahrtüchtig war, ließ der Bw den Pkw von einem KFZ Händler abschleppen. Im Zuge der Bestellung eines neuen Pkw`s am bei der Fa. L - M gab er das Unfallauto um den Betrag von 3.000,00 € in Zahlung. Den durch den Unfall entstandenen Schaden in Höhe von 19.095,00 € machte der Bw, da er sich seiner Behauptung nach auf einer Dienstfahrt befunden hätte, in der Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 2010 als Werbungskosten geltend.

2.) Rechtliche Würdigung: Gemäß § 16 Abs.1 EStG 1988 sind Werbungskosten Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Aufwendungen und Ausgaben für den Erwerb oder Wertminderungen von Wirtschaftsgütern sind nur insoweit als Werbungskosten abzugsfähig, als dies im Folgenden ausdrücklich zugelassen ist. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 7 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Aufwendungen für Arbeitsmittel (z.B. Werkzeug und Berufskleidung).

Nach dem ersten Satz des § 16 Abs. 1 Z 8 EStG 1988 sind Werbungskosten auch Absetzungen für Abnutzung und für Substanzverringerung (§§ 7 und 8).

Ein PKW stellt ein Arbeitsmittel dar, dessen Verwendung sich auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt.

Gegenständlich ist strittig, ob die durch einen Verkehrsunfall entstandenen Unfallkosten als Werbungskosten geltend gemacht werden können.

Voraussetzung für die Anerkennung als Werbungskosten ist jedenfalls, dass die Fahrt eine berufliche Veranlassung hat. Ist die berufliche Veranlassung per se zu bejahen, ist weiters prüfen, ob den Lenker eine Schuld am Unfall trifft. Hat der Lenker ein Fehlverhalten gesetzt und dadurch den Unfall verschuldet oder mitverschuldet, ist es laut Lehre und Rechtsprechung vom Grad des Verschuldens abhängig, ob der berufliche Veranlassungszusammenhang unterbrochen wird.

Daraus wird der Grundsatz abgeleitet, dass die steuerliche Berücksichtigung der Unfallkosten vom Grad des Verschuldens abhängig ist. Somit ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob der Unfall als noch durch den Betrieb veranlasst anzusehen ist (Doralt in Doralt, EStG11, §§ 4 Tz 254; ). Unfallkosten sind dann nicht als abzugsfähig, wenn der Steuerpflichtige Verkehrsvorschriften grob fahrlässig missachtet hat (EStR 2000 Rz 1634 und Rz 1667; LStR 2002 Rz 374). Nichtabzugsfähig sind daher Unfallkosten aufgrund stark überhöhter Geschwindigkeit (VwGH 21.10.19999, 94/15/0193) oder aufgrund einer nicht angebrachten Fahrweise ().

Überträgt man diese Ausführungen auf den gegenständlichen Fall, so ist vor der Prüfung der Verschuldensfrage zunächst zu klären, ob die vom Bw behauptete Fahrt zu seinem Lagerleiter überhaupt eine berufliche Veranlassung hatte.

In der Frage der beruflichen Veranlassung schließt sich die Abgabenbehörde zweiter Instanz der Meinung des Finanzamtes in der Begründung des Einkommensteuerbescheides vom an. Das Vorbringen des Bw, dass er viele Samstage und auch Sonntage arbeite, ist durchaus glaubwürdig. Selbst unter Berücksichtigung des großen Engagements des Bw für seine Firma entspricht es nicht den Erfahrungen des täglichen Lebens, dass der "Chef der Firma" an einem Samstag, nachdem er bereits eine ca. 250 km lange Autofahrt zur Auslieferung von Granitplatten von O nach S (laut Fahrtenbucheintrag) hinter sich hat, am späten Nachmittag bzw. frühen Abend noch zu einem Angestellten nach Hause fährt (laut Routenplaner noch einmal eine Stecke von gesamt ca. 80 km), um ein Thema zu besprechen, das entweder in einem Telefonat oder am Montag - zwei Tage später - in der Firma hätte besprochen werden können. Dass das Problem nicht ad hoc gelöst werden musste, zeigt das tatsächliche Geschehen: Die Besprechung wurde laut eigenen Angaben des Bw im Schreiben vom verschoben und er gewährte später den Gehaltsvorschuss. Für die Abgabenbehörde zweiter Instanz liegt die Vermutung nahe, dass das Vorbringen des Bw, den Lagerleiter aufsuchen zu müssen, um ein dienstliches Problem zu besprechen, eine Schutzbehauptung ist, um die dienstliche Veranlassung der Fahrt begründen zu können.

Abgesehen davon, dass der Bw keinen konkreten Beweis für die dienstliche Veranlassung der "Unfallfahrt" erbringen konnte, ist es ihm auch nicht gelungen, die dienstliche Veranlassung glaubhaft zu machen. Zwar hätte im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht die Möglichkeit bestanden, den Lagerleiter zu den vom Bw behaupteten Umständen zu befragen. Davon wurde jedoch von der Abgabenbehörde zweiter Instanz einerseits aufgrund der mittlerweile verstrichenen Zeit, andererseits aufgrund des zwischen dem Bw und seinem Mitarbeiter bestehenden Dienstverhältnisses, dem eine Vorgesetzten-/Untergebenenstellung immanent ist, abgesehen. Und auch der Bw stellte in keiner Phase des Berufungsverfahrens einen Antrag auf Befragung seines Lagerleiters.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass keine dienstliche Veranlassung für die "Unfallfahrt" bestand.

Somit wäre es grundsätzlich entbehrlich darauf einzugehen, ob das Verhalten des Berufungswerbers in Zusammenhang mit dem Unfall als leicht oder grob fahrlässig zu qualifizieren ist Auf dem Boden der oben angeführten Rechtsprechung und Lehre kommt dabei der Lösung der Frage keine entscheidende Bedeutung mehr zu.

Dennoch wird seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz Folgendes festgehalten: Grobe Fahrlässigkeit setzt nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ein Verhalten voraus, von dem der Handelnde wusste oder wissen musste, dass es geeignet ist, den Eintritt des Schadens zu fördern. Als grobe Fahrlässigkeit im Sinne des Versicherungsvertragsrechtes ist eine besonders auffällige, über die alltäglichen Fahrlässigkeitshandlungen erheblich hinausgehende Außerachtlassung der im Straßenverkehr erforderlichen Sorgfalt zu verstehen (vgl. ; ).

Bei dem vom Bw in der Schadensmeldung geschilderten Unfallhergang - Überholvorgang auf einer Geraden trotz Gegenlichtsituation - (der Version "Sekundenschlaf" wurde seitens der Abgabenbehörde zweiter Instanz aufgrund der widersprüchlichen Angaben kein Glauben geschenkt), kann ein grob fahrlässiges Verhalten nicht unbedingt vorgeworfen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar in seiner Entscheidung vom , 97/14/0071 judiziert, dass auch bei einer nicht angebrachten Fahrweise grob fahrlässiges Verhalten gegeben sein kann, ob dies auch im gegenständlichen Fall zutrifft, ist für die Referentin zweifelhaft. Das Überholen bei eingeschränkter Sicht aufgrund des Blendens durch die untergehende Sonne entspricht sicherlich einer nicht angebrachten Fahrweise und stellt einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, nämlich Verletzung des Grundsatzes "Fahren auf Sicht" dar. Allerdings gibt es darüber hinaus keinerlei Feststellungen zu den sonstigen Umständen, unter denen der Unfall passierte; beispielsweise Zustand des Pkw`s, Verkehrsaufkommen usw.. Somit ist der Abgabenbehörde zweiter Instanz eine eindeutige Beurteilung, ob der Bw grob fahrlässig handelte, nicht möglich.

Wie obenstehend ausführlich begründet wurde, wurde schon bei der Prüfung auf der ersten Stufe festgestellt, dass der Unfall nicht auf einer dienstlich veranlassten Fahr stattfand, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Linz, am

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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen

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