Steuerweiterleitung bei Eigenverbrauch (§ 12 Abs. 15 UStG 1994). Der Vorsteuerabzug setzt eine Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 voraus.
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vertreten durch Wirtschaftstreuhandgesellschaft Dkfm. Dr. Franz Burkert & Co Steuerberatungsgesellschaft, gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 1. und 23. Bezirk betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2003 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Rechtsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht Ihnen jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt, einem Wirtschaftsprüfer oder einem Steuerberater unterschrieben sein.
Gemäß § 292 BAO steht der Amtspartei (§ 276 Abs. 7 BAO) das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Der Bw. war Hälfteeigentümer der Liegenschaft F in 1170 Wien. Die Hausgemeinschaft X erzielte aus der Nutzung dieser Liegenschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Mit Kaufvertrag vom erwarb der Bw. den zweiten Hälfteanteil dieser Liegenschaft um den Kaufpreis in Höhe von € 65.405,55 mit Wirksamkeit und wurde damit Alleineigentümer dieser Liegenschaft.
Mit der am beim Finanzamt eingereichten Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum November 2003 machte der Bw. einen Vorsteuerabzug in Höhe von € 21.048,27 aus einer Rechnung der Hausgemeinschaft X vom geltend. Nach Ersuchen um Ergänzung durch das Finanzamt teilte der Bw. mit Schreiben vom mit, dass die Verkäufer der Liegenschaft F in 1170 Wien diese unmittelbar vor der Veräußerung aus dem Unternehmensbereich Vermietung und Verpachtung entnommen hätten. Dadurch sei ein Eigenverbrauchstatbestand gesetzt worden und die Verkäufer hätten die auf den Eigenverbrauch entfallende Vorsteuerberichtigung dem Bw. im Oktober 2003 in Rechnung gestellt. Diese Umsatzsteuerbeträge habe der Bw. als Vorsteuer im November 2003 geltend gemacht. Diese Vorgangsweise könne keineswegs als Missbrauch von Formen- und Gestaltungsmöglichkeiten angesehen werden, da es in der Dispositionsfreiheit eines Unternehmers stehen müsse, wie er mit seinen unternehmerisch genutzten Gegenständen vorgehe. Die Versagung des Vorsteuerabzuges würde auch der durch die Kommission der Europäischen Union beabsichtigten und betonten Kostenneutralität der Umsatzsteuer innerhalb der Unternehmersphäre widersprechen.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für November 2003 fest und erkannte die geltend gemachte Vorsteuer in Höhe von € 21.048,27 nicht an. Begründend führte das Finanzamt aus, dass der Bw. mit Kaufvertrag vom den zweiten Hälfteanteil an der Liegenschaft F in 1170 Wien erworben habe. Es habe daher nur ein Umsatz zwischen den beiden bisherigen Miteigentümern stattgefunden. Da die Hausgemeinschaft X keinen Umsatz getätigt habe, sei ein Eigenverbrauch nicht möglich. Die in der Rechnung der Hausgemeinschaft X vom ausgewiesene Vorsteuer in Höhe von € 21.048,27 könne daher nicht abgezogen werden.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom führte der Bw. aus, dass durch die Entnahme der Liegenschaft aus dem Unternehmensbereich der Verkäufer ein Eigenverbrauchstatbestand gesetzt worden sei. Die auf diesen Eigenverbrauch entfallende Vorsteuer sei dem Bw. gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 in Rechnung gestellt worden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab und führte aus, dass die am von der Hausgemeinschaft X in Rechnung gestellte Umsatzsteuer schon aus formalen Gründen den Bw. nicht zum Vorsteuerabzug berechtige. Wenn man den Ausführungen des Bw. folge, könne die Rechnungsausstellung durch die Hausgemeinschaft X nicht korrekt sein, da diese Hauseigentümergemeinschaft mit Kaufvertrag vom untergegangen sei und der Liegenschaftsveräußerer seinen Anteil kurz vor dem Verkauf des Miteigentums entnommen habe und seit diesem Zeitpunkt der Bw. als wirtschaftlicher und steuerlicher Alleineigentümer der Liegenschaft F in 1170 Wien aufscheine.
Mit Schreiben vom stellte der Bw. den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer für das Jahr 2003 fest, wobei es die vom Bw. geltend gemachte Vorsteuer um den Betrag von € 21.048,27 verringerte und wies den Vorlageantrag vom infolge der zwischenzeitlich erfolgten Veranlagung der Umsatzsteuer für das Jahr 2003 zurück.
Mit Schreiben vom erhob der Bw. gegen den Bescheid betreffend Umsatzsteuer für das Jahr 2003 vom Berufung und verwies, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, auf seine Berufung vom .
Am wurde die Berufung zur Entscheidung an den unabhängigen Finanzsenat vorgelegt.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994, kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung (§ 11) an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen.
Nach § 11 Abs. 1 UStG 1994 müssen Rechnungen folgende Angaben enthalten:
1. Den Namen und die Anschrift des liefernden oder leistenden Unternehmers;
2. den Namen und die Anschrift des Abnehmers der Lieferung oder des Empfängers der sonstigen Leistung;
3. die Menge und die handelsübliche Bezeichnung der gelieferten Gegenstände oder die Art und den Umfang der sonstigen Leistung;
4. den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum, über den sich die sonstige Leistung erstreckt. Bei Lieferungen oder sonstigen Leistungen, die abschnittsweise abgerechnet werden (z.B. Lebensmittellieferungen), genügt die Angabe des Abrechnungszeitraumes, soweit dieser einen Kalendermonat nicht übersteigt;
5. das Entgelt für die Lieferung oder sonstige Leistung (§ 4) und
6. den auf das Entgelt (Z. 5) entfallenden Steuerbetrag.
Erbringt ein Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen eine Lieferung oder sonstige Leistung, die einen Eigenverbrauch darstellt, so ist er gemäß § 12 Abs. 15 UStG 1994 berechtigt, dem Empfänger der Lieferung oder sonstigen Leistung den für den Eigenverbrauch geschuldeten Steuerbetrag gesondert in Rechnung zu stellen. Dieser in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (Abs. 1 Z 1). Weist der Unternehmer für den Eigenverbrauch in der Rechnung einen Betrag aus, den er für diesen Umsatz nicht schuldet, so ist dieser Betrag wie eine nach § 11 Abs. 12 auf Grund der Rechnung geschuldete Steuer zu behandeln.
Die Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 setzt voraus, dass ein
Unternehmer an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen
eine (mangels Leistungsaustausches nicht steuerbare) Leistung erbringt,
die einen Eigenverbrauch darstellt.
In diesen Fällen ist der leistende Unternehmer berechtigt
den für den Eigenverbrauch geschuldeten Betrag
gesondert in Rechnung zu stellen (vgl. Anm. 680 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV und Tz 257 zu § 12 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Der in der Rechnung gesondert ausgewiesene Betrag gilt für den Empfänger der Lieferung als eine für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung gesondert in Rechnung gestellte Steuer (§ 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994). Dies bedeutet, das der Leistungsempfänger die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer wie eine Steuer für eine steuerpflichtige Leistung als Vorsteuer abziehen kann (vgl. Anm. 681 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV und Tz 259 zu § 12 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999). Mit dieser Bestimmung, die für alle (unentgeltlichen) Vermögensübertragungen und sonstigen Leistungen gilt, wird das mit Art. 5 Abs. 8 der 6. EG-Richtlinie verfolgte Ziel, nämlich eine systemwidrige Umsatzsteuerbelastung im Unternehmensbereich zu vermeiden, erreicht (vgl. Anm 677 und 678 zu § 12 in Scheiner/Kolacny/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer, UStG 1994, Band IV).
Der Bw. wurde auf Grund des Kaufvertrages vom Alleineigentümer der Liegenschaft F in 1170 Wien. Umsatzsteuerlich war beim ausscheidenden Miteigentümer auf Grund der unstrittigen unternehmerischen Nutzung der Liegenschaft ein steuerfreier Grundstücksumsatz gegeben. Beim Bw., der die Liegenschaft weiter vermietet, hat sich das Miteigentum in Alleineigentum verwandelt. Umsatzsteuerrechtlich hat zwar ein Unternehmerwechsel stattgefunden, dem neuen Unternehmer ist das Unternehmensvermögen aber durch einen nicht steuerbaren Vorgang zugekommen. Es besteht grundsätzlich kein Anlaß dazu eine Zwischenschaltung der Privatsphäre (Eigenverbrauch) anzunehmen. Tut man dies dennoch, kann die Steuer vom Eigenverbrauch nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 weitergeleitet werden (vgl. Tz 243 zu § 6 in Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Da in der Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 keine speziellen Anforderungen an die Rechnung normiert sind, ist § 11 sinngemäß anzuwenden. Die Rechnung muss somit die in § 11 Abs. 1 geforderten Angaben enthalten (vgl. Tz 229 zu § 12 Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
Der Bw. kann den in der Rechnung vom gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag in Höhe von € 21.048,27 nur dann als Vorsteuer nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 beanspruchen, wenn die Rechnung sämtliche in § 11 UStG 1994 geforderten Angaben enthält. Denn durch den Verweis auf die Bestimmung des § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, in der ausdrücklich auf § 11 UStG 1994 Bezug genommen wird, bringt der Gesetzgeber eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck, dass auch nach § 12 Abs. 15 UStG 1994 das Vorhandensein einer Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 eine materiellrechtliche Voraussetzung für den Vorsteuerabzug darstellt (vgl. ). In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zur Weiterverrechnung der Umsatzsteuer nach § 12 Abs. 14 UStG 1994 - diese auf Grund des BG BGBl. Nr. 79/1998 entfallene Bestimmung ist bezüglich der Rechnungslegung gleichlautend mit der im vorliegenden Berufungsfall maßgeblichen Bestimmung des § 12 Abs. 15 UStG 1994 - erkannt, dass der Vorsteuerabzug nur dann zusteht, wenn die Steuer in einer Rechnung ausgewiesen ist, die sämtliche Erfordernisse des § 11 UStG 1994 erfüllt.
Die gegenständliche Rechnung vom wurde von der Hausgemeinschaft X ausgestellt. Aus dem dargestellten Sachverhalt ergibt sich zweifellos, dass die Hausgemeinschaft X zum Zeitpunkt der Rechnungsausstellung () rechtlich nicht mehr existent war, da der Bw. auf Grund des Kaufvertrages vom Alleineigentümer der Liegenschaft F in 1170 Wien wurde. Entgegen der Ansicht des Finanzamtes endet die Unternehmereigenschaft nicht mit der Auflösung einer Gesellschaft, sondern erst dann, wenn die Tätigkeiten, die das wirtschaftliche Erscheinungsbild des Unternehmens ausgemacht haben, vollständig abgewickelt sind. Bei Betriebsaufgabe fällt die Unternehmereigenschaft in dem Zeitpunkt weg, in dem nach objektiver Beurteilung die Abwicklung als abgeschlossen anzusehen ist (vgl. Tz 142, 145 zu § 2 Ruppe, UStG 1994, Kommentar, Wien 1999).
In der gegenständlichen Rechnung vom wurde der "Buchwert Eigenverbrauch per " in Rechnung gestellt. Die Rechnung enthält keine Angaben über den Zeitpunkt der Lieferung oder sonstigen Leistung an den Bw. und auch keinen Hinweis darauf, dass dieser Zeitpunkt in einem anderen Beleg enthalten sei. Da gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 UStG 1994 eine Rechnung zwingend den Tag der Lieferung oder der sonstigen Leistung oder den Zeitraum über den sich die sonstige Leistung erstreckt zu enthalten hat, liegt somit keine Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 vor. Wie der Bw. selbst ausgeführt hat, sei die Liegenschaft unmittelbar vor dem Verkauf von den Verkäufern aus deren Unternehmensbereich Vermietung und Verpachtung entnommen worden, wodurch ein Eigenverbrauchstatbestand gesetzt worden sei. Da der Verkauf mit Kaufvertrag vom erfolgt ist, kann nicht nachvollzogen werden, warum in der gegenständlichen Rechnung der Buchwert Eigenverbrauch per in Rechnung gestellt wurde. Gemäß § 11 Abs. 2 leg. cit. können die nach Abs. 1 erforderlichen Angaben auch in anderen Belegen enthalten sein, auf die in der Rechnung hingewiesen wird. Ein derartiger Hinweis fehlt jedoch in der gegenständlichen Rechnung vom .
Da somit keine Rechnung im Sinne des § 11 Abs. 1 UStG 1994 vorliegt, erfolgte die Nichtanerkennung des geltend gemachten Vorsteuerabzuges in Höhe von € 21.048,27 durch das Finanzamt zu Recht.
Die Berufung war daher, wie aus dem Spruch ersichtlich, als unbegründet abzuweisen.
Wien,
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 12 Abs. 15 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 § 11 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994 |
Schlagworte | Steuerweiterleitung bei Eigenverbrauch Rechnung im Sinne des § 11 UStG 1994 materiellrechtliche Voraussetzung |
Verweise | -G/02 |
Zitiert/besprochen in |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at