Haftung für Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 bei einem Subveranstalter
Rechtssätze
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RV/0097-I/10-RS1 | Entscheidend für die Zurechnung der im § 101 Abs. 1 EStG 1988 normierten Obliegenheit und für die aus § 100 Abs. 2 EStG 1988 erwachsende Haftung ist allein die Frage, wer als Schuldner jener Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 anzusehen ist, von denen der gesetzlich vorgesehene Steuerabzug nicht vorgenommen worden war (vgl. ). Der zum Steuerabzug Verpflichtete ist somit derjenige, der entscheidet, ob und in welchem Umfang die Bezüge zu bezahlen sind. Auf die Tatsache, dass die Berufungswerberin vor Ort als Veranstalterin eines Konzertes einer ausländischen Musikgruppe aufgetreten ist und dabei als lokaler Subunternehmer von einem österreichischen Großveranstalter, der das Künstlerhonorar an die ausländische Musikgruppe zu bezahlen hatte, mit der Durchführung diverser Vorbereitungsarbeiten sowie dem Karten(vor)verkauf betraut wurde, kommt es nicht an. Das abgabenrechtliche Haftungskonzept für den Steuerabzug nach § 99 EStG 1988 basiert auf dem „Schuldnerprinzip“ und nicht auf dem „Zahlstellenprinzip“. Dass die ausländische Musikgruppe die Zahlungen - zwecks Abkürzung des Zahlungsvorganges - (teilweise) direkt von der Berufungswerberin erhielt, löste daher ebenfalls keine Abzugspflicht der bloß als Zahlstelle auftretenden Berufungswerberin aus. |
Entscheidungstext
Berufungsentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die TU Pircher Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs-GmbH, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes X vom betreffend Haftung und Zahlung von Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Die Z-GmbH wurde am errichtet, sie hat ihren Sitz in X mit der Geschäftsanschrift X, Y-Straße. Das Unternehmen ist im Geschäftszweig "Organisation von Events" tätig. Das Stammkapital der im Firmenbuch unter FN 123 eingetragenen Z-GmbH beträgt 35.000 €, als alleiniger Gesellschafter ist AA an der Gesellschaft beteiligt. Als Geschäftsführer ist AA seit dem selbständig vertretungsbefugt.
Am erließ das Finanzamt einen an die Z-GmbH gerichteten Bescheid betreffend Haftung und Zahlung von Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988, mit dem die Abzugsteuer für das Konzert der Gruppe "Z" am in X mit 195.312,50 € (25 % von 781.250 €) zur Zahlung vorgeschrieben wurde. Die Inanspruchnahme der Haftung und die Festsetzung seien in geschätzter Höhe erforderlich gewesen, weil die Z-GmbH eine Mitteilung über den Steuerabzug von beschränkt Steuerpflichtigen (Formular E 19) nicht abgegeben habe. Gemäß § 99 iVm § 101 EStG 1988 sei die Z-GmbH verpflichtet gewesen, die Steuer für beschränkt Steuerpflichtige bis zum 15. des Folgemonats abzuführen, was jedoch unterlassen worden sei. Die Bemessungsgrundlage sei aufgrund von Medienberichten ermittelt worden. Demnach habe das Auftrittshonorar der Gruppe "Z" 1,000.000 USD betragen, umgerechnet mit dem Zollwertkurs von 1,28 USD/€ somit 781.250 €.
Gegen diesen Bescheid erhob die Z-GmbH am fristgerecht Berufung. Von ihr seien lediglich die örtliche Durchführung und der Kartenverkauf für das Konzert der Gruppe "Z" organisiert worden. Der Vertrag mit der Künstleragentur sei von der Y-GmbH geschlossen worden, auch die Gagenauszahlung an die Gruppe "Z" sei durch dieses Veranstaltungsunternehmen erfolgt. Von der Y-GmbH sei die "Ausländereinkommensteuer" für das Konzert der Gruppe "Z" am in X mit 159.395,97 € am an das Finanzamt R angemeldet worden. Da von der Z-GmbH lediglich die Karteneinnahmen abzüglich der eigenen Kosten an die Y-GmbH weitergeleitet worden seien und keine Gagenauszahlung an die Künstler erfolgt sei, habe auch keine Einkommensteuer für beschränkt Steuerpflichtige einbehalten bzw. abgeführt werden können.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Z-GmbH sei als Veranstalterin des Konzertes der Gruppe "Z" am in X anzusehen. Sie habe laut vorgelegten Kontoauszügen von ihrem Firmenkonto mehrere Zahlungen an die Künstleragentur X-Ltd in L geleistet, so am in Höhe von 67.145,71 € mit dem Verwendungszweck "Deposit ZX " und am in Höhe von 671.640,94 € mit dem Verwendungszweck "Gage und Produktion ZX ". Somit erscheine die Behauptung, dass von der Z-GmbH lediglich die örtliche Durchführung und der Kartenverkauf organisiert worden seien, nicht glaubwürdig.
Grundsätzlich sei Schuldner der Abzugsteuer der beschränkt Steuerpflichtige. Der zum Steuerabzug Verpflichtete (das sei derjenige, der entscheide, ob und in welchem Umfang die Bezüge zu bezahlen seien; im vorliegenden Fall die Z-GmbH) hafte für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge. Durch den Haftungsbescheid werde somit der Abzugspflichtige zum Schuldner der Abzugsteuer. Nachdem die Z-GmbH die Gage für das Konzert geleistet habe, wäre sie zur Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer verpflichtet gewesen.
Ein weiteres Indiz dafür, dass die Z-GmbH der Veranstalter des Konzertes der Gruppe "Z" gewesen sei, sei darin zu sehen, dass die Z-GmbH von der Stadt X zur Zahlung der Vergnügungssteuer herangezogen worden sei und einen Antrag an den Stadtsenat für die nachträgliche Unterstützung dieser Veranstaltung gestellt habe. Diesem Antrag sei in der Folge stattgegeben worden, die Z-GmbH habe die Vergnügungssteuer als Subvention rückerstattet bekommen.
Am stellte die Z-GmbH fristgerecht den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Über die Berufung wurde erwogen:
Im vorliegenden Berufungsverfahren ist strittig, ob die Z-GmbH (die Berufungswerberin) als Veranstalter zur Haftung und Zahlung von Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 für das Konzert der Gruppe "Z" am in X herangezogen werden kann. Diesbezüglich ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Im Jahr 2006 organisierte die britische Konzertagentur X-Ltd die Europatournee der Gruppe "Z". Dabei waren auch zwei Konzerttermine in Österreich vorgesehen, konkret am in W und am in X. Mit der Durchführung dieser Österreich-Konzerte betraute die X-Ltd die Y-GmbH in V als Geschäftspartner für Österreich, wobei für die Durchführung des Konzertes in X ein eigener Vertrag abgeschlossen wurde (vgl. Anlage 1 zum Vorlageantrag vom ). Nach diesem "SELL OFF PROMOTION AGREEMENT" war die Y-GmbH verpflichtet, das Künstlerhonorar ("Artist Fee") von garantiert 1,000.000 USD bis zum an die Künstleragentur X-Ltd zu bezahlen (vgl. Pkt. 1.3 des Vertrages).
Für die beiden Konzerte der Gruppe "Z" in Österreich beauftragte die Y-GmbH wiederum lokale Subunternehmer in den Konzertorten mit diversen Vorbereitungsleistungen. Für das Konzert am in X wurde die Z-GmbH im Subverhältnis mit der Organisation und Durchführung diverser Vorbereitungsleistungen (zB Bühnenaufbau, Plakatierarbeiten, Kostenvertrieb, Abwicklung lokaler Subventionen und Gemeindeabgaben) sowie mit dem Karten(vor)verkauf beauftragt. Mit der Leistung des Karten(vor)verkaufes beauftragte die Z-GmbH - wiederum im Subverhältnis - die W-GmbH. AA ist Gesellschafter-Geschäftsführer sowohl der Z-GmbH als auch der W-GmbH.
Zwischen der Y-GmbH als österreichischer Großveranstalter und nationaler Ansprechpartner der X-Ltd einerseits und der Z-GmbH bzw. der W-GmbH als lokale Partner für die Übernahme konkreter Aufgaben vor Ort andererseits bestand seit vielen Jahren eine enge Geschäftsbeziehung, die von einem Vertrauensverhältnis der Entscheidungsträger geprägt war. Aus diesem Grund wurden zwischen diesen Gesellschaften bezüglich des Konzertes der Gruppe "Z" in X auch keine schriftlichen Vereinbarungen abgeschlossen. Eine direkte Geschäftsverbindung zwischen der X-Ltd und der Z-GmbH hat es demgegenüber nie gegeben.
Im Rahmen des Subauftrages legte die Y-GmbH der Z-GmbH drei Rechnungen über insgesamt 1,475.176,10 € brutto (vgl. Anlagen B1, B2 und B3 zum Vorlageantrag vom ). Konkret handelte es sich um die Rechnung Nr. 1 vom über 1,419.437,50 € brutto (betrifft "Karteneinnahmen" und "Zusatzgebühren"), die Rechnung Nr. 2 vom über 42.000 € brutto (betrifft "Sponsoreinnahmen") und die Rechnung Nr. 3 vom über 13.738,60 € brutto (betrifft "Verlustanteil für das Konzert"). Die Z-GmbH stellte ihrerseits der Y-GmbH die von ihr erbrachten Subunternehmerleistungen mit Rechnung Nr. 4 vom über 354.182,10 € brutto in Rechnung ("Wir erlauben uns, Ihnen unsere Kosten für das ,Z Konzert am 30.05. in X' wie folgt zu verrechnen"; vgl. Anlage B4 zum Vorlageantrag vom ). Dieser Betrag wurde mit dem Rechnungsbetrag der Y-GmbH gegenverrechnet. Der Differenzbetrag von 1,120.994 € wurde von der Z-GmbH gegenüber der Y-GmbH wie folgt beglichen:
• Barzahlungen von insgesamt 115.000 € ("als Akontozahlung für eingenommene Kartengelder der Veranstaltung Z am "; vgl. Anlagen B10, B11 und B12 zum Vorlageantrag vom )
• Überweisungen von insgesamt 267.907,46 € (vgl. Anlagen B5, B7, B9, B13 und B14 zum Vorlageantrag vom )
• Direktüberweisungen nach England an die X-Ltd von 738.086,55 € (80.000 USD zum Umrechnungskurs von 1,195 USD/€ = 66.945,61 € am sowie 800.000 USD zum Umrechnungskurs von 1,192 USD/€ = 671.140,94 € am ; vgl. Anlagen B6 und B8 zum Vorlageantrag vom )
Gemäß § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 wird die Einkommensteuer beschränkt Steuerpflichtiger durch Steuerabzug erhoben (Abzugsteuer) bei Einkünften aus im Inland ausgeübter oder verwerteter selbständiger Tätigkeit als Schriftsteller, Vortragender, Künstler, Architekt, Sportler, Artist oder Mitwirkender an Unterhaltungsdarbietungen, wobei es gleichgültig ist, an wen die Vergütungen für die genannten Tätigkeiten geleistet werden.
Gemäß § 100 Abs. 2 EStG 1988 ist Schuldner der Abzugsteuer der Empfänger der Einkünfte gemäß § 99 Abs. 1 EStG 1988. Der Schuldner dieser Einkünfte haftet für die Einbehaltung und Abfuhr der Steuerabzugsbeträge im Sinne des § 99 EStG 1988. Bei Einkünften im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 ist der Steuerabzug vom Schuldner in jenem Zeitpunkt vorzunehmen, in dem sie dem Empfänger zufließen (vgl. § 100 Abs. 4 Z 1 EStG 1988).
Gemäß § 101 Abs. 1 EStG 1988 hat der Schuldner die innerhalb eines Kalendermonates gemäß § 99 einbehaltenen Steuerbeträge unter der Bezeichnung "Steuerabzug gemäß § 99 EStG" spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates an sein Betriebsfinanzamt bzw. an sein Wohnsitzfinanzamt abzuführen. Sind Steuerabzüge für mehrere Gläubiger vorgenommen worden, so ist der Gesamtbetrag in einer Summe ohne Bezeichnung der einzelnen Gläubiger abzuführen. Gemäß § 101 Abs. 3 EStG 1988 hat der Schuldner spätestens am 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates dem nach Abs. 1 zuständigen Finanzamt die Höhe der dem Steuerabzug unterliegenden Beträge und die Höhe der abgezogenen Steuerbeträge mitzuteilen.
Entscheidend für die Zurechnung der im § 101 Abs. 1 EStG 1988 normierten Obliegenheit und für die aus § 100 Abs. 2 EStG 1988 erwachsende Haftung ist allein die Frage, wer als Schuldner jener Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 anzusehen ist, von denen der gesetzlich vorgesehene Steuerabzug nicht vorgenommen worden war (vgl. ). Der zum Steuerabzug Verpflichtete ist somit derjenige, der entscheidet, ob und in welchem Umfang die Bezüge zu bezahlen sind (vgl. Doralt/Ludwig, EStG15, § 100 Tz 2, mwH).
Den vorliegenden Unterlagen zufolge schloss die ausländische Künstleragentur X-Ltd den Vertrag bezüglich des Konzertes der Gruppe "Z" am in X ("SELL OFF PROMOTION AGREEMENT") mit der Y-GmbH in V, und nicht mit der Z-GmbH ab. Demnach war die Y-GmbH verpflichtet, das Künstlerhonorar ("Artist Fee") von garantiert 1 Mio. USD bis zum an die Künstleragentur X-Ltd zu bezahlen.
Die Z-GmbH trat lediglich gegenüber der Y-GmbH in Erscheinung. Als Subunternehmer war sie mit der Organisation und Durchführung der genannten Vorbereitungsarbeiten sowie mit dem Karten(vor)verkauf beauftragt. Die Einnahmen aus dem Konzert (Kartengelder, Sponsorengelder usw.) standen der Y-GmbH zu, wovon das Künstlerhonorar ("Artist Fee") an den Vertragspartner X-Ltd bezahlt werden musste. Die der Y-GmbH zustehenden Veranstaltungserlöse wurden der Z-GmbH mit insgesamt 1,475.176,10 € brutto in Rechnung gestellt.
Es trifft zu, dass die Z-GmbH im Zusammenhang mit dem Konzert der Gruppe "Z" auch Direktzahlungen an die Künstleragentur X-Ltd im Ausmaß von 738.086,55 € geleistet hat. Daraus kann aber nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsena-tes - entgegen der Auffassung des Finanzamtes - nicht geschlossen werden, dass die Z-GmbH als Veranstalter ein Künstlerhonorar an beschränkt Steuerpflichtige zu bezahlen hatte bzw. Vereinbarungen über die Höhe des Künstlerhonorars getroffen hatte; eine derartige Schlussfolgerung findet in den vorliegenden Verträgen keine Deckung.
Bei diesen Zahlungen über 738.086,55 € handelt es sich vielmehr um einen Teilbetrag des von der Z-GmbH an die Y-GmbH abzuliefernden Veranstaltungserlöses, der von der Z-GmbH - zwecks Abkürzung des Zahlungsflusses - direkt an die englische Künstleragentur überwiesen wurde. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass die Y-GmbH auf das Künstlerhonorar ("Artist Fee") Akontozahlungen zu leisten hatte, so etwa im Dezember 2005 und Februar 2006. Aufgrund der Dringlichkeit dieser Akontozahlungen ersuchte die Y-GmbH die Z-GmbH um Überweisung der entsprechenden Erlöse aus dem Kartenvorverkauf direkt an die X-Ltd.
So erfolgte im Dezember 2005 ein telefonisches Ersuchen an eine Mitarbeiterin der Z-GmbH bzw. der W-GmbH um Direktüberweisung eines Betrages von 80.000 USD an die X-Ltd, dem am nachgekommen wurde (vgl. Anlage B6 zum Vorlageantrag vom ). Weiters wird auf das schriftliche Ersuchen an eine Mitarbeiterin der W-GmbH (gleichzeitig Mitarbeiterin der Z-GmbH) verwiesen (E-Mail vom ; vgl. Anlage 3 zum Vorlageantrag vom ), worin die Y-GmbH die Z-GmbH ersuchte, "800.000 USD aus unseren Kartengeldern anstatt zu uns gleich direkt ans Management" als Akontozahlung zu überweisen. In dieser E-Mail findet sich auch die Aussage, dass die Y-GmbH "mit den vereinbarten Akontozahlungen leider schon wieder im Verzug" sei. Dieses Ersuchen führte sodann am zur Überweisung von 800.000 USD an die X-Ltd (vgl. Anlage B8 zum Vorlageantrag vom ).
Aufgrund der jahrelangen Zusammenarbeit und dem daraus resultierenden Vertrauensverhältnis ist die Z-GmbH den beiden Ersuchen der Y-GmbH, den Zahlungsvorgang durch Direktüberweisung an die Künstleragentur abzukürzen, nachgekommen, zumal sich für die Z-GmbH keinerlei Konsequenzen aus dieser Vorgangsweise ergaben. In dieses Bild fügt sich, dass der Y-GmbH für die Bezahlung des Künstlerhonorars ("Artist Fee") von garantiert 1 Mio. USD von der Künstleragentur eine Frist bis zum eingeräumt wurde. Zwischen den Direktzahlungen der Z-GmbH an die Künstleragentur und dieser Frist besteht ein zeitlicher Zusammenhang; mit den Direktzahlungen konnte der vertragliche Fälligkeitstermin eingehalten werden. Unter Bedachtnahme auf den Verwaltungsaufwand und die Banktransferzeiten war die gewählte Vorgangsweise (Abkürzung des Zahlungsvorganges durch Direktüberweisung) wirtschaftlich sinnvoll.
Die fälligen Akontozahlungen (Direktzahlungen der Z-GmbH nach England) betrafen allein das Vertragsverhältnis zwischen der Y-GmbH und der X-Ltd. Zwischen der Z-GmbH und der X-Ltd haben keinerlei Vertragsbeziehungen bestanden. Die Z-GmbH hätte wohl - wie dies auch im Vorlageantrag vom zum Ausdruck gebracht wurde - "weder die organisatorischen noch die finanziellen Voraussetzungen" erfüllt, um ein Konzert dieser Größenordnung als haupt- bzw. alleinverantwortlicher Veranstalter durchzuführen. Der zwischen der X-Ltd und der Y-GmbH über die Durchführung des Konzertes der Gruppe "Z" abgeschlossene Vertrag war der Z-GmbH (als bloßer Subunternehmer) nicht bekannt und wurde erst im Zuge des gegenständlichen Abzugsteuerverfahrens von der Y-GmbH angefordert. Der Z-GmbH war daher auch nicht bekannt, ob bzw. welche Vereinbarungen im Hinblick auf Akontozahlungen getroffen wurden. Sie ist dem Ersuchen der Y-GmbH vielmehr aufgrund der langjährigen, vertrauensvollen Geschäftsbeziehung nachgekommen.
Den Direktzahlungen der Z-GmbH nach England lagen somit keine vertraglichen Verpflichtungen dieser Gesellschaft gegenüber der X-Ltd zugrunde. Diese Zahlungen waren zivilrechtlich vielmehr Folge einer Anweisung, somit eines Rechtsgeschäftes, bei dem der Anweisende (hier: die Y-GmbH) den Angewiesenen (hier: die Z-GmbH) ermächtigt, auf seine (des Anweisenden) Rechnung an den Anweisungsempfänger (hier: die X-Ltd) zu leisten (vgl. Koziol/Welser, Bürgerliches Recht II13 (2007), Seite 159). Mit den Zahlungen an die X-Ltd erbrachte die Z-GmbH eine aus dem Deckungsverhältnis resultierende Leistung an die Y-GmbH (auf die Verpflichtung der Z-GmbH, den Veranstaltungserlös an die Y-GmbH abzuliefern, wird diesbezüglich verwiesen).
Für den Unabhängigen Finanzsenat steht somit fest, dass die Y-GmbH als Schuldnerin des Künstlerhonorars (und nicht die Z-GmbH) im Hinblick auf das Konzert der Gruppe "Z" zur Einbehaltung und Abfuhr der Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 verpflichtet war. Bezeichnenderweise wurde von der Y-GmbH beim Finanzamt R am eine Mitteilung betreffend "Ausländereinkommensteuer Z am " eingereicht. ("Wir teilen Ihnen mit, dass die Ausländereinkommensteuer für Z in X am 159.395,97 € beträgt".) Von der Y-GmbH wurde beim Finanzamt R überdies gemäß § 101 Abs. 3 EStG 1988 eine gesammelte "Mitteilung über den Steuerabzug von beschränkt Steuerpflichtigen" für den Monat Mai 2006 eingereicht, die auch die Abzugsteuer für das "Z"-Konzert in X erfasste (vgl. Anlagen 4-8 zum Vorlageantrag vom ); freilich wurde die Abzugsteuer von der Y-GmbH in der Folge aufgrund von Zahlungsschwierigkeiten nicht abgeführt.
Die Z-GmbH kann nicht gemäß § 100 Abs. 2 EStG 1988 zur Haftung herangezogen werden, weil von ihr keine Künstlerhonorare bezüglich der Gruppe "Z" geschuldet wurden. Das abgabenrechtliche Haftungskonzept für den Steuerabzug nach § 99 EStG 1988 basiert auf dem "Schuldnerprinzip" und nicht auf dem "Zahlstellenprinzip" (vgl. auch EAS 2311 vom in SWI 9/2003, 394); dass die ausländische Künstleragentur die Zahlungen für die Gruppe "Z" (teilweise) direkt von der Z-GmbH erhielt, löste daher keine Abzugspflicht der bloß als Zahlstelle auftretenden Berufungswerberin aus.
Das Finanzamt stützte seine Argumentation weiters darauf, dass die Z-GmbH als Veranstalterin des Konzertes der Gruppe "Z" am in X anzusehen sei. Es trifft zu, dass die Z-GmbH bzw. deren Gesellschafter-Geschäftsführer AA in der Öffentlichkeit als "Veranstalter" dieses Konzertes wahrgenommen wurde. Auch gegenüber dem Stadtmagistrat der Stadt X ist diese Gesellschaft als Veranstalterin aufgetreten. So reichte sie die Veranstaltungsanmeldung ein, der entsprechende Bescheid des Stadtmagistrates der Stadt X vom über die Durchführung der Veranstaltung wurde an die Z-GmbH gerichtet. Die Vergnügungssteuer wurde mit Bescheid des Stadtmagistrates der Stadt X vom ebenfalls der Z-GmbH vorgeschrieben (von dieser allerdings der Y-GmbH sodann wieder weiter verrechnet).
Für den Unabhängigen Finanzsenat macht es durchaus Sinn, dass die Z-GmbH (und nicht die Y-GmbH in V) als Veranstalterin des streitgegenständlichen Konzertes in X aufgetreten ist. Auch für das Konzert der Gruppe "Z" am in W beauftragte die Y-GmbH - wie bereits dargestellt - einen lokalen Subunternehmer mit diversen Vorbereitungsleistungen vor Ort. Die Vorteile solcher Auftragsketten sind nachvollziehbar. So wäre es der Ver Y-GmbH - wie dies auch im Vorlageantrag vom zum Ausdruck gebracht wurde - wohl nicht möglich gewesen, für das Konzert in X derart günstige Konditionen für die Benützung der Veranstaltungsarena auszuhandeln oder sogar die Vergnügungssteuer im Subventionsweg von der Stadt X rückerstattet zu bekommen. Auch aus diesen Gründen dürfte die Y-GmbH bei Veranstaltungen in X bzw. Tirol immer wieder die Z-GmbH, die von ihren lokalen Netzwerken und Verbindungen profitieren konnte, mit der Durchführung bestimmter Aufgaben beauftragt haben.
Aus der Tatsache, dass die Z-GmbH als Veranstalterin des Konzertes der Gruppe "Z" vor Ort aufgetreten ist, lässt sich für den Standpunkt des Finanzamtes nichts gewinnen. Auf die vom Finanzamt in den Vordergrund der Betrachtung gerückte Frage der Veranstaltereigenschaft kommt es nicht an (vgl. ). Entscheidend ist - wie bereits dargestellt - vielmehr, wer als Schuldner jener Einkünfte beschränkt Steuerpflichtiger im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988 anzusehen ist, von denen der gesetzlich vorgesehene Steuerabzug nicht vorgenommen worden war. Dies ist im Streitfall aufgrund der vertraglichen Gestaltungen ohne Zweifel die Y-GmbH in V.
Feststellungen des Finanzamtes zufolge wurde über das Vermögen der E-GmbH (vormals bis zum Generalversammlungsbeschluss vom : Y-GmbH) mit Beschluss des Handelsgerichtes V vom TagX, Aktenzeichen abc, der Konkurs eröffnet. Ein Durchgriff auf die Z-GmbH zur Haftung und Zahlung von Abzugsteuer gemäß § 99 EStG 1988 ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates auch vor dem Hintergrund der Konkurseröffnung der Y-GmbH nicht zulässig (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das "Protokoll Außensteuerrecht und Internationales Steuerrecht 2007", ARD 5826/7/2007). Ein Sachverhalt dergestalt, dass die Z-GmbH (bzw. deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer AA) "hinter" der Y-GmbH gestanden und diese als konkursreife Veranstaltungsfirma lediglich vorgeschoben worden wäre, dass demnach die Veranstaltungserlöse aus dem "Z"-Konzert in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht dem Ver Großveranstalter, sondern der Z-GmbH als Subunternehmer zuzurechnen gewesen wären, liegt im Streitfall nicht vor.
Die Y-GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom (damals noch mit anderem Firmenwortlaut) errichtet. Sie war über viele Jahre (bis zur Konkurseröffnung im Oktober 2006) im Bereich der Organisation und Durchführung von (Groß)veranstaltungen tätig, somit auch in einer Zeit, als die Z-GmbH noch gar nicht bestanden hat (diese wurde erst am errichtet). Die Y-GmbH hat daher nicht bloß "auf dem Papier" bestanden.
Die Z-GmbH und deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer AA waren zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter und/oder Geschäftsführer der Y-GmbH. Eine gesellschaftsrechtliche Nahebeziehung zwischen diesen beiden Gesellschaften hat nie bestanden, sondern vielmehr (wie österreichweit bei anderen Subunternehmern auch) eine enge Geschäftsbeziehung, die sich in der Übernahme konkreter Aufgaben vor Ort durch die Z-GmbH bei diversen Veranstaltungen zeigte.
Letztlich ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht noch Folgendes zu bedenken: Die in Abgabenvorschriften geregelten persönlichen Haftungen werden gemäß § 224 Abs. 1 BAO durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend gemacht. In diesen ist der Haftungspflichtige unter Hinweis auf die gesetzliche Vorschrift, die seine Haftungspflicht begründet, aufzufordern, die Abgabenschuld, für die er haftet, binnen einer Frist von einem Monat zu entrichten. Der angefochtene Bescheid lässt den im § 224 Abs. 1 BAO geforderten Hinweis auf die die Haftungspflicht begründende gesetzliche Vorschrift (konkret: einen Hinweis auf § 100 Abs. 2 EStG 1988) vermissen. Er wäre daher allein schon aus diesem Grund aufzuheben gewesen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Innsbruck, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen | § 99 Abs. 1 Z 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 100 Abs. 2 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 101 Abs. 1 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 § 101 Abs. 3 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte | Abzugsteuer Konzert ausländische Musikgruppe Veranstalter Subunternehmer Künstlerhonorar |
Verweise |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at