Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen einen belangten Verband; subjektive Tatseite des Geschäftsführers bestritten
Entscheidungstext
Beschwerdeentscheidung
Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, in der Finanzstrafsache gegen die B.KG, BRD, vertreten durch Mitsch Grebner & Partner Steuerberatungsgesellschaft mbH & Co KG, 5400 Hallein, Bahnhofstraße 5, wegen des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) über die Beschwerde des belangten Verbandes vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , StrNr. 002, über die Einleitung eines Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 21 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG)
zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerdeführerin (= Bf.) ist eine GmbH & Co KG, die ihren Sitz in Deutschland hat.
Am langte beim Finanzamt Graz-Stadt für die B.KG ein vom Geschäftsführer B am unterfertigter Fragebogen anlässlich der Erteilung einer Steuernummer für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben (Verf 19), ein, in dem als Tätigkeit des Unternehmens "Versandhandel mit Heizöl" angeführt wurde. Dem Fragebogen war ein Unterschriftsprobenblatt (Geschäftsführer B , Geldbevollmächtigte C) beigelegt. Dass bzw. ab welchem Zeitpunkt die Gesellschaft Umsätze in Österreich tätigte, ist aus dem Fragebogen nicht ersichtlich.
Umsätze in Österreich wurden in weiterer Folge nicht erklärt.
Im Zuge einer vom Finanzamt Graz-Stadt im Jahr 2008 bei der Bf. durchgeführten Prüfung der Aufzeichnungen stellte der Prüfer fest, dass das Unternehmen in den Jahren 2002 bis 2007 Heizöl an Privatpersonen in Österreich geliefert hat.
Gemäß Art. 3 Abs. 7 UStG 1994 gelte bei Lieferungen von verbrauchsteuerpflichtigen Waren (z.B. Mineralöl, Heizöl) an Privatpersonen das Bestimmungslandprinzip. Es komme die Versandhandelsregelung zur Anwendung. Bei Unternehmen und juristischen Personen greife die Erwerbsbesteuerung (keine Erwerbsschwelle). Daher seien Lieferungen an Privatpersonen unabhängig von der Überschreitung der Lieferschwelle in Österreich umsatzsteuerpflichtig (siehe Bericht über die Prüfung der Aufzeichnungen gemäß § 151 Abs. 3 BAO vom ).
Mit den Bescheiden vom setzte das Finanzamt am Abgabenkonto der Bf. für die Jahre 2002 bis 2007 Umsatzsteuer im Gesamtbetrag von 89.511,83 € fest. Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung der Bf. gegen die Umsatzsteuerbescheide stattgegeben und die Umsatzsteuer für die Jahre 2002 bis 2007 auf den Betrag von 71.702,89 € (2002 3.631,88 €, 2003 4.777,93 €, 2004 9.500,24 €, 2005 20.796,37 €, 2006 24.508,73 € und 2007 8.487,74 €) vermindert.
Im Zuge einer Einvernahme als Verdächtiger vor dem Zollamt Salzburg als Finanzstrafbehörde erster Instanz führte B am aus, er habe die Firma im Jahr 1970 von seiner Mutter übernommen und sei alleinverantwortlicher Geschäftsführer. Sitz der Firma sei in G. Die Firma sei ein Baustoff- und Brennstoffhandel.
Österreichische Kunden seien an die KG herangetreten und hätten Heizöl bestellt. Die KG sei diesen Bestellungen nachgekommen und habe die Lieferungen nach Österreich durchgeführt. Die Bestellungen seien von Angestellten der Firma entgegen genommen worden.
Er habe sich keine Gedanken über Mineralölsteuer und Umsatzsteuer in Österreich gemacht, weil er versteuerte Ware nach Österreich geliefert habe.
Auf den Vorhalt, dass am seitens des Zollamtes Salzburg ein Schreiben an die Bf. ergangen sei, in der diese auf die Bestimmungen des österreichischen Mineralölsteuergesetzes (das gewerbliche Verbringen von Mineralöl an Privatpersonen in einen anderen Mitgliedstaat stelle Versandhandel gemäß § 44 MinStG dar; für den Versandhändler entstehe die Mineralölsteuerschuld) sowie das Fehlen einer entsprechenden Steueranmeldung beim zuständigen Zollamt Salzburg hingewiesen wurde und die Bf. dem Zollamt Salzburg mit Schreiben vom mitgeteilt habe, dass die in Rede stehenden Heizöllieferungen in Unkenntnis der Bestimmungen des österreichischen Mineralölsteuergesetzes erfolgt seien und um Genehmigung des Versandhandels bzw. um Mitteilung der dafür erforderlichen Voraussetzungen ersucht habe, führte B aus, er habe sich beim Bayrischen Brennstoffhandel erkundigt, der ihm mitgeteilt habe, sowohl Österreich als auch die Bundesrepublik Deutschland seien Mitglied der EU, weshalb zollrechtliche Bestimmungen bei Handelsgeschäften zwischen den beiden Staaten keine Rolle mehr spielten. Von der Bf. sei deshalb nichts weiter veranlasst worden.
Auf den Vorhalt, der Bf. sei mit Bescheid des Zollamtes Salzburg vom für bis dahin bekannte Lieferungen nach Österreich Mineralölsteuer in der Höhe von 1.104,70 € vorgeschrieben und mit Schreiben vom sei sie ausführlich über die innergemeinschaftliche Verbringung von Mineralöl informiert worden, gestand B ein, die Bestimmungen für Heizöllieferungen nach Österreich seien ihm ab dem Zeitpunkt des Schriftverkehres im Jahr 2005 bekannt gewesen, er habe aber deshalb nichts unternommen, weil Lieferungen auf Grund des Verwaltungsaufwandes nicht mehr möglich gewesen wären. Er habe gewusst, dass dieses Vorgehen nicht richtig sei, sei aber bestrebt gewesen, die Kundenwünsche zu erfüllen. Die Heizöllieferungen seien weiterhin so erfolgt, als ob sie in Deutschland durchgeführt worden wären. Die Rechnungen an die einzelnen Kunden seien nach erfolgter Lieferung per Post übermittelt worden.
Nach einem Gespräch mit einem Organ des Zollamtes Salzburg am seien die Heizöllieferungen nach Österreich eingestellt worden.
Am leitete das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Bf. Vorerhebungen gemäß § 82 FinStrG ein. Die auf die Lieferungen in den Prüfungsjahren entfallende Umsatzsteuer betrage insgesamt 71.702,89 €; eine Entrichtung der Umsatzsteuer sei bisher nicht erfolgt. Die Finanzstrafbehörde erster Instanz prüfe, ob und gegen wen ein Finanzstrafverfahren wegen des Verdachtes der Abgabenhinterziehung gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG einzuleiten sei.
In der von der steuerlichen Vertreterin der Bf. eingebrachten Stellungnahme vom wird dazu ausgeführt, für das in der Zeit von 2002 bis 2007 an Privatpersonen in Österreich gelieferte Heizöl sei auf Grund eines Rechtsirrtumes die deutsche Umsatzsteuer berechnet und an das zuständige Finanzamt in Deutschland abgeführt worden. Im Zuge der Betriebsprüfung sei festgestellt worden, dass der Ort der Lieferung in Österreich liege und österreichische Umsatzsteuer zu berechnen sei.
Eine vorsätzliche Abgabenhinterziehung durch die KG liege nicht vor; diese habe die Umsatzsteuer entrichtet und keine Abgabenhinterziehung gewollt.
Im Schreiben vom forderte die Finanzstrafbehörde erster Instanz die Bf. auf,
1. einen Auszug aus dem Firmenbuch vorzulegen sowie von den natürlichen Personen den vollständigen Namen, Datum und Ort der Geburt, die Staatsbürgerschaft sowie die aktuelle Wohnadresse anzugeben,
2. die behauptete Versteuerung der Umsätze in Deutschland nachzuweisen,
3. beispielhaft für jedes Jahr Rechnungen vorzulegen, aus denen der verrechnete Mehrwertsteuersatz ersichtlich sei.
Selbst wenn der Verdacht vorsätzlichen Handelns (der sich aus dem Ansuchen um eine Steuernummer in Österreich logisch zwingend ergebe) ausgeräumt werden sollte, bestehe der Verdacht der fahrlässigen Abgabenverkürzung gemäß § 34 Abs. 1 FinStrG. Für einen deutschen Unternehmer in Sichtweite der Staatsgrenze sei die Befassung eines österreichischen Finanzamtes bzw. Steuerberaters zumutbar. Sollte ein deutscher Steuerberater kontaktiert worden sein, wäre Fragestellung und Antwort nachzuweisen.
Auch zur bisher fehlenden Entrichtung der Steuerschuld würden Ausführungen vermisst.
In der Eingabe vom führte die steuerliche Vertreterin der Bf. aus:
Die erhöhte Mitwirkungsverpflichtung für ausländische Steuerangelegenheiten treffe wohl nicht für einen Beschuldigten in einem Finanzstrafverfahren zu. Es werde davon ausgegangen, dass der Finanzstrafbehörde der gesamte Betriebsprüfungsakt inklusive Handelsregisterauszug zur Verfügung stehe. Es sei nicht Aufgabe eines Steuerberaters, für die Finanzbehörde die persönlichen Daten von Personen zu erheben, die als Steuerhinterzieher beschuldigt werden könnten.
Sämtliche Rechnungen seien im Zuge der Betriebsprüfung vorgelegt worden. Aus diesen Belegen habe der Prüfer die Besteuerungsgrundlagen berechnet. Im Prüfungsakt seien die entsprechenden Unterlagen mit dem Ausweis der deutschen Mehrwertsteuer daher leicht zugänglich.
Der Prüfer habe die Bezahlung der deutschen Umsatzsteuer beim Ansatz der Bemessungsgrundlagen berücksichtigt. Dass dabei ein zu einer stattgebenden Berufung führender Rechenfehler gemacht wurde, ändere nichts an der grundsätzlichen Anerkennung der in Deutschland bezahlten Umsatzsteuer.
Wenn selbst Fachleuten bei der Berechnung der Umsatzsteuer Fehler unterliefen, sollte eigentlich eine fehlerhafte Anwendung eines komplexen Steuerbereiches durch den Steuerpflichtigen nicht a priori als vorsätzliche Steuerhinterziehung behandelt werden.
Falls der Geschäftsführer der Bf. nicht dem Rechtsirrtum der Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unterlegen wäre, ergäbe die vorausschauende Beantragung einer Steuernummer wegen einer möglichen Überschreitung der Lieferschwelle einen objektiven Sinn ohne dabei gleich vorsätzliche Steuerhinterziehung unterstellen zu können. Außerdem entspreche es nicht den Gepflogenheiten von Steuerhinterziehern, mit dem Finanzamt in Kontakt zu treten und um Vergabe einer Steuernummer anzusuchen.
Der Rückstand sei bereits am zur Gänze bezahlt worden.
Mit dem Bescheid vom leitete das Finanzamt Graz-Stadt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen die Bf. als belangten Verband ein Finanzstrafverfahren gemäß § 83 Abs. 2 FinStrG ein, weil der Verdacht bestehe, dass B als dessen Entscheidungsträger im Sinne des § 2 Abs. 1 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) in Verbindung mit § 28a FinStrG zu Gunsten des Verbandes und unter Verletzung denVerband treffender Verpflichtungen ein Finanzvergehen begangen habe und somit eine Verantwortlichkeit des Verbandes gemäß § 3 Abs. 2 VbVG in Verbindung mit § 28a FinStrG gegeben sei.
Es bestehe der Verdacht, dass B als Geschäftsführer des Verbandes vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht eine Verkürzung an Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in der Höhe von 24.508,73 € und für das Jahr 2007 in der Höhe von 8.487,74 €, insgesamt somit 32.996,47 €, bewirkt und hiermit ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen habe.
In der Begründung des Bescheides wird auf die durchgeführten Vorerhebungen, den Fragebogen vom sowie auf die Einvernahme des B im gegen ihn geführten Zollstrafverfahren wegen des Verdachtes der Verkürzung von Mineralölsteuer vom , in der dieser eingestanden habe, ihm seien die Bestimmungen für Heizöllieferungen zumindest seit dem Jahr 2005 bekannt gewesen, verwiesen.
In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung (richtig: Beschwerde) wird auf die Ausführungen in der Berufung (richtig: Beschwerde) gegen den Bescheid über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegen den Geschäftsführer B verwiesen.
Darin wird neuerlich vorgebracht wird, die Berechnung der deutschen Umsatzsteuer und deren Abfuhr an das deutsche Finanzamt für Heizöllieferungen an Privatpersonen in Österreich seien auf einen Rechtsirrtum zurückzuführen. Die Vorgangsweise des Geschäftsführers spreche eindeutig gegen den Vorsatz, Steuern zu hinterziehen.
Der steuerliche Unterschied zwischen der richtigen Besteuerung in Österreich und der falschen Besteuerung in Deutschland ergebe in sechs Jahren einen Umsatzsteuerbetrag von rund 11.000,00 €; nach Abzug der ertragsteuerlichen Belastung verbleibe ein Betrag von etwa 5.000,00 € als steuerlicher Vorteil. Auf den Gesamtumsatz bezogen überschreite dieser Betrag kaum 1 % des getätigten Umsatzes.
Erst im Jahr 2005 sei der - rechtlich nicht anwendbare - Schwellenwert für den Versandhandel um 3.981,00 € überschritten worden; alle Lieferungen der Vorjahre lägen unter dem Schwellenwert, ebenso die Lieferungen des Jahres 2007.
Die Ausweitung der wirtschaftlichen Aktivitäten auf den benachbarten Grenzraum sei gerade in der EU ein wesentlicher betriebswirtschaftlicher Anreiz und nicht die Ausnutzung möglicher und häufig nur kurzfristiger steuerlicher Vorteile.
Auch das Ansuchen um Erteilung einer Steuernummer in Österreich spreche für den Willen, die Steuern korrekt abzuführen.
Es werde die Aufhebung des Einleitungsbescheides gegen die Bf. beantragt. Für den Fall, dass der Berufung nicht stattgegeben werde, werde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Berufungssenat als Organ der Finanzststrafbehörde zweiter Instanz beantragt.
Zur Entscheidung wurde erwogen:
Zum Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch einen Berufungssenat des Unabhängigen Finanzsenates als Finanzstrafbehörde erster Instanz ist vorweg festzuhalten:
Gemäß § 11 Abs. 1 UFSG hat die Vollversammlung die Geschäftsverteilung des Unabhängigen Finanzsenates zu beschließen. Ihr erforderlicher Inhalt ergibt sich aus den Abgabenvorschriften und dem Finanzstrafgesetz.
Gemäß § 62 Abs. 1 FinStrG entscheidet über Rechtsmittel der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz.
Gemäß § 150 Abs. 1 FinStrG sind Rechtsmittel im Finanzstrafverfahren die Berufung und die Beschwerde.
Während das Rechtsmittel der Berufung gegen Erkenntnisse zusteht (§ 151 Abs. 1 FinStrG), ist gegen alle sonstigen im Finanzstrafverfahren ergehenden Bescheide sowie gegen die Ausübung unmittelbarer finanzstrafbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, soweit nicht ein Rechtsmittel für unzulässig erklärt ist, als Rechtsmittel die Beschwerde zulässig (§ 152 Abs. 1 FinStrG).
Über Beschwerden gegen Bescheide über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens (§ 83 Abs. 2 FinStrG) entscheidet gemäß §§ 62 Abs. 2 bis 5 FinStrG das (nach der geltenden Geschäftsverteilung des Unabhängigen Finanzsenates zuständige) hauptberufliche Mitglied desjenigen Berufungssenates, der über Rechtsmittel gegen Erkenntnisse oder sonstige Bescheide des Spruchsenates zu entscheiden hätte, dem gemäß § 58 Abs. 2 unter den dort genannten Voraussetzungen die Durchführung der mündlichen Verhandlung und die Fällung des Erkenntnisses obläge.
§ 160 Abs. 2 FinStrG sieht darüberhinaus vor, dass über Beschwerden ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden ist.
Über die vorliegende Beschwerde ist daher von Gesetzes wegen ohne mündliche Verhandlung durch einen Einzelrichter zu erkennen.
Gemäß § 28a Abs. 2 FinStrG sind für von der Finanzstrafbehörde zu ahndende Finanzvergehen von Verbänden die §§ 2, 3, 4 Abs. 1, 5, 10, 11 und 12 Abs. 2 des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes sinngemäß anzuwenden. Die Verbandsgeldbuße ist nach der für das Finanzvergehen, für das der Verband verantwortlich ist, angedrohten Geldstrafe zu bemessen. Im Übrigen gelten die Bestimmungen dieses Abschnittes, soweit sie nicht ausschließlich auf natürliche Personen anwendbar sind.
Gemäß § 1 Abs. 2 Verbandsverantwortlichkeitsgesetz (VbVG) sind Verbände im Sinne dieses Gesetzes juristische Personen sowie eingetragene Personengesellschaften und Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigungen.
Gemäß § 3 Abs. 1 VbVG ist ein Verband unter den weiteren Voraussetzungen des Abs. 2 oder des Abs. 3 für eine Straftat verantwortlich, wenn
1. die Tat zu seinen Gunsten begangen worden ist oder
2. durch die Tat Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Für Straftaten eines Entscheidungsträgers ist der Verband verantwortlich, wenn der Entscheidungsträger als solcher die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (§ 3 Abs. 2 VbVG).
Entscheidungsträger im Sinne dieses Gesetzes ist, wer Geschäftsführer, Vorstandsmitglied oder Prokurist ist oder aufgrund organschaftlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertretungsmacht in vergleichbarer Weise dazu befugt ist, den Verband nach außen zu vertreten (§ 2 Abs. 1 Z 1 VbVG).
Gemäß § 3 Abs. 4 VbVG schließen einander die Verantwortlichkeit eines Verbandes für eine Tat und die Strafbarkeit von Entscheidungsträgern oder Mitarbeitern wegen derselben Tat nicht aus.
Die finanzstrafrechtliche Verantwortlichkeit trifft einen Verband somit, wenn ein Entscheidungsträger ein Finanzvergehen rechtswidrig und schuldhaft in leitender Funktion begangen hat und die Tat zu Gunsten des Verbandes begangen worden ist oder durch sie Pflichten verletzt worden sind, die den Verband treffen.
Der Verband kann gemäß § 28a FinStrG in Verbindung mit § 3 Abs. 4 VbVG auch neben und zusätzlich zu Entscheidungsträgern verantwortlich gemacht werden. Die Strafbarkeit des Entscheidungsträgers schließt die Verbandsverantwortlichkeit nicht aus.
Unbestritten ist, dass die Bf. als eingetragene Personengesellschaft vom Anwendungsbereich des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes erfasst ist und B als alleinverantwortlicher Geschäftsführer dazu befugt war, die Bf. nach außen zu vertreten.
Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen.
Ergibt die Prüfung gemäß Abs. 1, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung eines Strafverfahrens hat sie nur dann abzusehen und darüber einen Aktenvermerk mit Begründung aufzunehmen,
a) wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann,
b) wenn die Tat kein Finanzvergehen bildet;
c) wenn der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat oder Rechtfertigungs-, Schuldausschließungsgründe oder Strafausschließungs- oder -aufhebungsgründe vorliegen,
d) wenn Umstände vorliegen, welche die Verfolgung des Täters hindern, oder
e) wenn die Tat im Ausland begangen und der Täter dafür schon im Ausland gestraft worden ist und nicht anzunehmen ist, dass die Finanzstrafbehörde eine strengere Strafe verhängen werde (§ 82 Abs. 3 FinStrG).
Gegenstand des Einleitungsbescheides ist nicht in der Feststellung der Tat, sondern die Feststellung solcher Lebenssachverhalte, die den Verdacht begründen, der Verdächtige könnte ein Finanzvergehen begangen haben (vgl. ).
Im vorliegenden Fall genügt daher das Vorliegen von Verdachtsgründen, dass der Entscheidungsträger der Bf. zu Gunsten des Verbandes und unter Verletzung den Verband treffender Verpflichtungen ein Finanzvergehen nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat. Ob dieser Tatverdacht zu der für einen Schuldspruch gemäß § 98 Abs. 3 FinStrG erforderlichen Überzeugung führen wird, bleibt dem vor der Finanzstrafbehörde erster Instanz durchzuführenden Untersuchungsverfahren im Sinne der §§ 115 ff FinStrG vorbehalten.
Gemäß § 33 Abs. 1 FinStrG macht sich derjenige einer Abgabenhinterziehung schuldig, der vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt.
Nach § 33 Abs. 3 FinStrG ist eine Abgabenverkürzung dann bewirkt, wenn Abgaben, die bescheidmäßig festzusetzen sind, zu niedrig festgesetzt wurden oder in Folge Unkenntnis der Abgabenbehörde von der Entstehung des Abgabenanspruches mit dem Ablauf der gesetzlichen Erklärungsfrist (Anmeldefrist, Anzeigefrist) nicht festgesetzt werden konnten.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann Tathandlung einer Hinterziehung der Jahresumsatzsteuer auch die Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuerjahreserklärung sein. Unbeschadet der Bestimmung des § 33 Abs. 3 lit. a FinStrG - § 33 Abs. 3 leg. cit. enthält lediglich Legaldefinitionen des Bewirkens einer Abgabenverkürzung und des Zeitpunktes der technischen Vollendung des Vergehens, nicht aber die Tatbestände der Abgabenhinterziehung -, ist dabei für die Tathandlung nicht entscheidend, ob ein Steuerpflichtiger aktenmäßig beim zuständigen Finanzamt erfasst ist. Gleiches gilt für den Fall, dass der Abgabenanspruch dem Grunde nach bekannt ist (siehe und , 2008/15/0011).
Aus den Feststellungen des Prüfers, wonach die Bf. in den Jahren 2002 bis 2007 Heizöllieferungen nach Österreich getätigt, in Österreich aber keine Umsätze erklärt hat (siehe Bericht vom ), lässt sich zweifelsfrei ableiten, dass B (als steuerlich verantwortlicher Geschäftsführer der abgabepflichtigen KG und somit Entscheidungsträger im Sinne des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes) unter Verletzung der ihn treffenden abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht im Sinne des § 119 BAO die im angefochtenen Bescheid angeführten Verkürzungen an Umsatzsteuer in den Jahren 2006 und 2007 in der Höhe von insgesamt 32.996,47 € bewirkt und damit objektiv tatbildlich im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG gehandelt hat. Die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes wird von B nicht bestritten; die strafbestimmenden Wertbeträge entsprechen dem Vorbringen in der Eingabe vom (Berufung der Bf. gegen die Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2007, der mit Berufungsvorentscheidung vom vollinhaltlich stattgegeben wurde).
Vorsätzlich handelt, wer einen Sachverhalt verwirklicht, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet (§ 8 Abs. 1 FinStrG).
Ob Handlungen oder Unterlassungen mit dem Ziel erfolgten, Abgaben zu verkürzen, beruht meist auf einem nach außen nicht erkennbaren Willensvorgang, auf den - bei einem den Vorsatz verneinenden Täter - nur nach dessen nach außen tretendem Verhalten geschlossen werden kann. Die Ermittlung des nach außen nicht erkennbaren Willensvorganges stellt einen Akt der Beweiswürdigung dar (vgl. z.B. ).
Der Bf. macht hinsichtlich der subjektiven Tatseite einen Rechtsirrtum geltend, da die Versteuerung der Mineralöllieferungen nach Österreich in Deutschland erfolgt sei.
Dieser Verantwortung kann für die verfahrensgegenständlichen Jahre 2006 und 2007 nicht gefolgt werden. Mit dem Schreiben des Zollamtes vom , in der die Bf. auf die Bestimmungen des österreichischen Mineralölsteuergesetzes hingewiesen wurde sowie mit der Festsetzung von Mineralölsteuer mit dem Bescheid vom gegenüber der Bf. auf Grund dem Zollamt Salzburg bekannter Lieferungen wurde dem Geschäftsführer B bekannt, dass die bis dato von ihm in Deutschland vorgenommene Versteuerung der Lieferungen nach Österreich nicht gesetzeskonform war. Seine Aussage in der Verdächtigeneinvernahme vom , ihm seien ab diesem Zeitpunkt die Bestimmungen für Heizöllieferungen nach Österreich bekannt gewesen, er habe aber wegen des Verwaltungsaufwandes nichts unternommen, lässt erkennen, dass es ihm zwar, wie in der Beschwerde ausgeführt, nicht um einen steuerlichen Vorteil ging, er aber in Kenntnis konkreter Umstände war, aus denen ernstlich auf die Verwirklichung des ihm zur Last gelegten Finanzvergehens in den Jahren 2006 und 2007 geschlossen werden konnte und er sich damit abgefunden hat.
Insoweit sich die Informationen des Zollamtes nur auf die Mineralölsteuer und nicht auf die Umsatzsteuer bezogen, ist darauf hinzuweisen, dass B ab diesem Zeitpunkt nachweislich bekannt war, dass er mit seinen Lieferungen in Österreich einen Versandhandel betreibt. B konnte daher auch nicht mehr davon ausgehen, dass die Umsatzsteuer weiterhin in Deutschland abzuführen ist.
Dem Vorbringen, der Fragebogen vom sei im Hinblick auf das mögliche Überschreiten der Lieferschwelle beim Finanzamt Graz-Stadt eingereicht worden, ist entgegen zu halten, dass Umsatzsteuererklärungen auch für die Jahre 2005 und 2006, in denen nach eigenen Angaben die Lieferschwelle überschritten wurde, nicht eingebracht wurden. Dies erklärt sich jedoch wiederum mit der Aussage des B , er habe mit der ausschließlichen Versteuerung der Lieferungen in Deutschland einen erhöhten Verwaltungsaufwand vermeiden wollen. Dass B tatbildmäßig gehandelt und mit seinem Handeln das verhaltensimmanente Risiko einer möglichen Verkürzung der im Spruch angeführten Abgaben gleichsam in Kauf genommen hat, begründet gegen ihn den Verdachtsvorwurf einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 1 FinStrG.
Es liegen daher ausreichende Anhaltspunkte vor, dass eine Verbandsverantwortlichkeit der Bf. gegeben ist, weil ihr Entscheidungsträger das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG begangen hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Graz, am
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