Beschwerdeentscheidung - Strafsachen (Referent), UFSG vom 02.01.2008, FSRV/0018-G/07

Einleitung eines Finanzstrafverfahrens über zum Teil bereits rechtskräftig eingeleiteten Tatzeitraum

Entscheidungstext

Beschwerdeentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz hat durch das Mitglied des Finanzstrafsenates 1, in der Finanzstrafsache gegen Bf., über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz über die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) vom , xxx,

zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Voranmeldungszeiträume April bis November 2006 betrifft, aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Entscheidungsgründe

Im Zuge einer vom Finanzamt Oststeiermark bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts H durchgeführten Außenprüfung stellte der Prüfer fest, dass die Abgabepflichtige im gesamten Prüfungszeitraum April bis August 2006 weder Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben noch Umsatzsteuervorauszahlungen entrichtet hat. Der Prüfer ermittelte die Zahllasten für die Prüfungsmonate auf Grund der ihm vorgelegten Unterlagen (Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom ).

Mit dem Bescheid vom leitete das Finanzamt Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer (= Bf.) ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG ein, weil der Verdacht bestehe, er habe vorsätzlich als Verantwortlicher der Gesellschaft H , StNr. xy, unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung an Umsatzsteuer für die Monate 04-08/2006 in der Höhe von 2.859,98 € und für die Monate 09-11/2006 in noch festzustellender Höhe bewirkt und diese Verkürzung nicht für möglich, sondern für gewiss gehalten.

In der Begründung wurde auf die Feststellungen in der durchgeführten Umsatzsteuerprüfung verwiesen. Bis zur Einleitung des gegenständlichen Strafverfahrens sei auch die Umsatzsteuer für die Monate 09-11/2006 fällig geworden. Auch für diese Monate seien beim Finanzamt weder Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht noch Zahlungen getätigt worden. Da jedem Unternehmer die Verpflichtung zur Abgabe rechtzeitiger und richtiger Umsatzsteuervoranmeldungen bekannt sei, erhebe sich der Verdacht, der Bf. habe die Entrichtung der Umsatzsteuer wissentlich vermieden.

Die gegen diesen Bescheid vom Bf. mit E-Mail eingebrachte Beschwerde wies die Finanzstrafbehörde erster Instanz mit dem Bescheid vom gemäß § 156 Abs. 1 FinStrG als nicht zulässig zurück.

Mit dem Bescheid vom leitete das Finanzamt Oststeiermark als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Bf. neuerlich ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG hinsichtlich der Zeiträume 04-08/2006 (strafbestimmender Wertbetrag 2.859,98 €) und 09/2006 bis 04/2007 (strafbestimmender Wertbetrag in noch festzustellender Höhe) ein. Die Begründung des Bescheides ist mit der Begründung des Bescheides vom - abgesehen vom längeren Tatzeitraum - inhaltsgleich.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf. in der Eingabe vom das Rechtsmittel der Beschwerde. Auf Grund von Arbeitsüberlastung und psychischem Arbeitsdruck habe er es nicht geschafft, die Steuererklärungen zu erstellen. Einen Steuerberater habe er sich nicht leisten können.

Er werde allerdings binnen 10 Tagen die Steuererklärungen nachreichen und die entsprechenden Zahlungen leisten. Für die Zahlungen habe er einen privaten Kredit aufgenommen.

Es sei keineswegs seine Absicht gewesen Umsatzsteuer zu vermeiden, es seien aber Umstände gesundheitlicher und finanzieller Art vorgelegen, die es ihm unmöglich gemacht hätten, seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen.

Er ersuche deshalb, "das Strafverfahren auszusetzen".

Zur Entscheidung wurde erwogen:

Gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr zukommenden Mitteilungen und Verständigungen daraufhin zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das Gleiche gilt, wenn sie z.B. aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Ergibt diese Prüfung, dass die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde das verwaltungsbehördliche Finanzstrafverfahren einzuleiten.

Gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ist die Einleitung des Strafverfahrens aktenkundig zu machen und der Verdächtige von der Einleitung unter Bekanntgabe der ihm zur Last gelegten Tat sowie der in Betracht kommenden Strafbestimmung zu verständigen (§ 83 Abs. 2 FinStrG).

Im vorliegenden Fall wurde mit dem Bescheid vom gegen den Bf. hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume 04-08/2006 (strafbestimmender Wertbetrag 2.859,98 €) und 09-11/2006 (strafbestimmender Wertbetrag in noch festzustellender Höhe) ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eingeleitet. Die gegen diesen Bescheid mittels E-Mail erhobene Beschwerde wurde von der Finanzstrafbehörde erster Instanz mit dem Bescheid vom als unzulässig zurückgewiesen. Der Einleitungsbescheid vom ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Die Rechtskraftwirkung eines Bescheides führt - auch im Finanzstrafverfahren - dazu, dass eine bereits vorliegende, materiell rechtskräftige Entscheidung einer neuerlichen Entscheidung in derselben Sache entgegensteht (Wiederholungsverbot, siehe ).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom leitete die Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Bf. ein Finanzstrafverfahren nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wiederum hinsichtlich der Zeiträume 04-08/2006 und 09-11/2006 (sowie darüber hinausgehend für 12/2006 bis 04/2007) ein. Da hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume 04-08/2006 und 09-11/2006 bereits mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom ein Finanzstrafverfahren eingeleitet wurde und für diese Monate nicht neuerlich ein gleich lautender Einleitungsbescheid erlassen werden kann, war der angefochtene Bescheid vom in Bezug auf die Voranmeldungszeiträume 04-11/2006 wegen "entschiedener Sache" (res iudicata) aufzuheben.

Hinsichtlich der Voranmeldungszeiträume 12/2006 bis 04/2007 ist auszuführen:

Für das Vorliegen eines Verdachtes ist es nicht nötig, dass in der Einleitung des Finanzstrafverfahrens die Verfehlung, derer der Bf verdächtig ist, bereits konkret nachgewiesen wird; eine endgültige rechtliche Beurteilung ist daher nicht erforderlich. Gleiches gilt für das Vorliegen der subjektiven Tatseite.

Gemäß § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG macht sich der Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuer (Vorauszahlungen oder Gutschriften) bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss hält.

Gemäß § 8 Abs. 1 FinStrG handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht; dazu genügt es, dass der Täter diese Verwirklichung ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet.

Die Verkürzung selbst zu berechnender Abgaben ist bereits mit der Nichtentrichtung zu den gesetzlichen Fälligkeitsterminen verwirklicht, eine nachfolgende Festsetzung der Vorauszahlungen durch die Abgabenbehörde hat darauf keinen Einfluss (vgl. mwN).

Für die Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG wird bezüglich der Pflichtverletzung Vorsatz (bedingter Vorsatz im Sinne des § 8 Abs. 1) und betreffend den Verkürzungserfolg Wissentlichkeit vorausgesetzt.

Der die objektive Tatbildverwirklichung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG zugestehende Bf. bestreitet, vorsätzlich gehandelt zu haben.

Wie bereits im Einleitungsbescheid vom ausgeführt wurde, gehört die Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. die Entrichtung von Umsatzsteuervorauszahlungen zum unternehmerischen Basiswissen. Es ist evident, dass dem Bf. auf Grund der im Oktober 2006 durchgeführten Umsatzsteuerprüfung sowie des daraufhin eingeleiteten Finanzstrafverfahrens die entsprechenden Bestimmungen des UStG 1994 für den Tatzeitraum Dezember 2006 bis April 2007 zweifelsfrei bekannt waren. Der Verdacht, der Bf. habe zumindest bedingt vorsätzlich keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht bzw. den Erfolgseintritt (die Verkürzung der Umsatzsteuer) für gewiss gehalten, ist ausreichend begründet.

Dieser Verdacht wird weiter bestärkt durch die Ausführungen in der Beschwerde vom , der Bf. habe es aus Arbeitsüberlastung und psychischem Arbeitsdruck nicht geschafft, die vorgeschriebenen Steuererklärungen zu erstellen.

Hinweise auf das Vorliegen eines Krankheitsbildes dahingehend, dass dem Bf. im Sinne des § 7 Abs. 1 FinStrG die Diskretions- oder Dispositionsfähigkeit gefehlt hätte, lassen sich weder der Beschwerde noch der Aktenlage entnehmen. So war der Bf. im Stande, am an der Schlussbesprechung über das Ergebnis der Außenprüfung teilzunehmen sowie gegen die im Jänner und im Juli 2007 erlassenen Einleitungsbescheide Rechtsmittel einzubringen.

Insoweit in der Beschwerde auf wirtschaftliche Schwierigkeiten des Bf. verwiesen wird, ist darauf hinzuweisen, dass auch diese den Bf. nicht zu rechtfertigen vermögen, weil sich die Frage einer (allfälligen) Zahlungsunfähigkeit des Abgabenschuldners auf die Frage der Einbringlichkeit der Abgabenschuld reduziert, die in diesem Zusammenhang unbeachtlich ist. Von der strafrechtlichen Haftung hätte sich der Bf. durch Erfüllung seiner Offenlegungspflichten befreien können (vgl. , mit Hinweis auf ).

Da der Bf. somit über mehrere Monate hinweg in dem Wissen, dass auch sonst niemand die steuerlichen Verpflichtungen der KEG wahrnehmen und Umsatzsteuervorauszahlungen tätigen werde, untätig geblieben ist und keine Umsatzsteuervoranmeldungen eingereicht hat, besteht der dem Bf. im angefochtenen Bescheid zur Last gelegte Tatvorwurf auch in subjektiver Hinsicht zu Recht.

Der Verdacht einer Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG liegt im Hinblick auf die bisher regelmäßig eingereichten Umsatzsteuerjahreserklärungen sowie die Zusage des Bf., die Steuererklärungen nachzureichen, nicht vor.

Anlässlich der Klärung der Frage, ob genügende Verdachtsgründe im Sinne des § 82 Abs. 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens vorliegen, geht es nicht schon darum, die Ergebnisse eines noch abzuführenden Finanzstrafverfahrens vorwegzunehmen, sondern lediglich darum, ob nach der bestehenden Aktenlage ein Verdacht vorliegt. Von einer Verfahrenseinleitung wäre auch nicht abzusehen, solange nicht wirklich sicher ist, dass ein Grund für eine Abstandnahme von der Einleitung des Finanzstrafverfahrens vorliegt.

Die abschließende Beurteilung, ob der Bf das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens der Finanzstrafbehörde erster Instanz vorbehalten, worin durch Aufnahme geeigneter Beweise das strafbare Handeln des Bf nachzuweisen sein wird. In diesem Verfahren wird ihm auch Gelegenheit gegeben werden, sich umfassend - auch in subjektiver Hinsicht - zu rechtfertigen und zur restlichen Klärung des Sachverhaltes beizutragen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Nichtabgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen
res iudicata
Vorsatz
Arbeitsüberlastung
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at