Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSI vom 13.11.2008, RV/0419-I/07

Spruchbestandteile eines Bescheides über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/0419-I/07-RS1
Der vorliegende Streitfall betraf einen Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988.
Folgerechtssätze
RV/0419-I/07-RS1
wie RV/1012-W/03-RS1
Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO sind Abgabenbescheide. Sie haben daher im Spruch jene Bestandteile zu enthalten, die sich aus § 93 Abs. 2 und § 198 BAO ergeben. Fehlen in einem Festsetzungsbescheid Angaben über die Höhe der Abgabe(n) und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen), so bewirkt dies die Rechtswidrigkeit des Bescheides aus formellen Gründen.

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., vertreten durch die Schönherr & Schönherr Steuerberatungs- und Unternehmensberatungs GmbH, vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Innsbruck vom betreffend Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für die Jahre 2003 und 2004 entschieden:

Der Berufung wird Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Die Abgabepflichtige, eine Liftgesellschaft, reichte am Beilagen zu den Feststellungserklärungen für die Jahre 2003 und 2004 ein (Formular E 108e), mit denen sie Investitionszuwachsprämien gemäß § 108e EStG 1988 geltend machte. Die Investitionszuwachsprämien dieser Jahre wurden auf dem Abgabenkonto der Abgabepflichtigen mit Buchungen vom antragsgemäß gutgeschrieben.

Im Rahmen einer Außenprüfung im Sinne des § 147 Abs. 1 BAO stellte der Prüfer fest, dass es sich bei Zahlungen des Landes Tirol und der Gemeinde X für die Errichtung einer Einseilumlaufbahn nicht um Darlehen, sondern um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln im Sinne des § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 handle, die die Anschaffungs- und/oder Herstellungskosten der prämienbegünstigten Wirtschaftsgüter minderten. Die geltend gemachten Investitionszuwachsprämien seien daher entsprechend zu berichtigen auf 160.114,25 € (für das Jahr 2003) und 124.243,86 € (für das Jahr 2004; vgl. Tz 1 und 2 der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom , Bp 123).

Das Finanzamt folgte den Feststellungen der Außenprüfung und erließ unter Verwendung des Vordruckes E 208 am Bescheide über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für die Jahre 2003 und 2004. Der Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2003 lautete im Spruch wie folgt:

"Die Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 wird festgesetzt mit 160.114,25 EuroFür den Zeitraum bereits gebucht 229.902,51 EuroSomit verbleiben zur Nachzahlung 69.788,26 EuroDie für die Entrichtung einer Nachzahlung zustehende Frist ist der gesondert zugehenden Buchungsmitteilung zu entnehmen."

Der Bescheid über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie für das Jahr 2004 lautete im Spruch wie folgt:

"Die Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 wird festgesetzt mit 124.243,86 EuroFür den Zeitraum bereits gebucht 118.189,01 EuroSomit verbleiben als Gutschrift 6.054,85 Euro"

Gegen die Bescheide über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für die Jahre 2003 und 2004 erhob die Abgabepflichtige am fristgerecht Berufung, mit der sie die ersatzlose Aufhebung dieser Bescheide beantragte. Bei den angefochtenen Bescheiden handle es sich dem Bescheidformular zufolge eindeutig um Bescheide, die nach den verfahrensrechtlichen Bestimmungen des § 201 Abs. 2 Z 1 BAO erstellt worden seien. Gemäß dieser Gesetzesbestimmung könne die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages erfolgen. Die Investitionszuwachsprämie für die Jahre 2003 und 2004 sei am gutgeschrieben worden. Die nunmehr im Zuge der Außenprüfung erfolgte Festsetzung der Investitionszuwachsprämie liege außerhalb der vom Gesetz normierten Frist von einem Jahr. Die Bescheide seien daher ohne verfahrensrechtliche Grundlage erlassen worden und deshalb ersatzlos aufzuheben.

Die Berufung vom wurde vom Finanzamt unmittelbar der Abgabenbehörde zweiter Instanz zur Entscheidung vorgelegt.

Über die Berufung wurde erwogen:

Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann gemäß § 201 Abs. 1 BAO in der für den Streitfall geltenden Fassung BGBl. I Nr. 97/2002 nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist.

§ 201 BAO gilt auch für die befristete Investitionszuwachsprämie nach § 108e EStG 1988 (vgl. Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 3. Auflage, § 201 Tz 5; vgl. auch den expliziten Verweis in § 108e Abs. 5 EStG 1988). Gemäß § 108e Abs. 1 EStG 1988 kann für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern eine Investitionszuwachsprämie von 10 % geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8 EStG 1988) abgesetzt werden. Die Investitionszuwachsprämie kann nur in einem Verzeichnis geltend gemacht werden. Das Verzeichnis ist der Steuererklärung des betreffenden Jahres anzuschließen. Die sich aus dem Verzeichnis ergebende Prämie ist auf dem Abgabenkonto gutzuschreiben, es sei denn, es ist ein Bescheid gemäß § 201 BAO zu erlassen (§ 108e Abs. 5 EStG 1988).

Mit den angefochtenen Bescheiden vom setzte das Finanzamt die Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für die Jahre 2003 und 2004 fest. Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO sind Abgabenbescheide. Sie haben daher im Spruch jene Bestandteile zu enthalten, die sich aus den §§ 93 Abs. 2 und 198 Abs. 2 BAO ergeben.

Gemäß § 93 Abs. 2 BAO ist jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen, er hat den Spruch zu enthalten und in diesem die Person (Personenvereinigung, Personengemeinschaft) zu nennen, an die er ergeht. Gemäß § 198 Abs. 2 BAO haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Festsetzungsbescheide nach § 201 BAO (wie alle Abgabenbescheide) die gesamte Abgabe festzusetzen und nicht bloß die Nachforderung zu enthalten, um welche sich die Selbstberechnung als zu niedrig erweist (vgl. ; ; ).

Da auf Bescheide über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 die Bestimmungen des § 201 BAO anzuwenden sind, müssen solche Bescheide, mit denen (gemäß § 108e EStG 1988 als selbst zu berechnende Abgaben geltende) Investitionszuwachsprämien festgesetzt werden, im Spruch die in den §§ 93 Abs. 2 und 198 Abs. 2 BAO normierten Bestandteile enthalten. Der Spruch der angefochtenen Bescheide vom über die Festsetzung der Investitionszuwachsprämie gemäß § 108e EStG 1988 für die Jahre 2003 und 2004 entspricht nicht den gesetzlich normierten Anforderungen. Im Spruch dieser Bescheide sind lediglich die festgesetzten Investitionszuwachsprämien, die bisher gebuchten Beträge sowie die Höhe der von der Außenprüfung ermittelten "Nachzahlung" bzw. "Gutschrift" an Investitionszuwachsprämien angeführt. Die Bemessungsgrundlagen (somit die sich für die jeweiligen Jahre nach § 108e EStG 1988 ergebenden Investitionszuwächse) wurden in den angefochtenen Bescheiden nicht dargestellt.

Zur Bemessungsgrundlage (Grundlagen der Abgabenfestsetzung) gehören Größen, aus denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden. Wenn gemäß § 198 Abs. 2 BAO auch die Bemessungsgrundlage in den Spruch des Bescheides einzubeziehen ist, so bedeutet dies nicht, dass alle Faktoren, die die Festsetzung (zufolge ihrer Tatbestandsmäßigkeit) beeinflussen, "Bemessungsgrundlage" im Sinne des Abs. 2 und damit Teil des Spruches sind. Diese Eigenschaft kommt nur den Größen zu, von denen die Abgaben unmittelbar abgeleitet werden (vgl. Stoll, BAO-Handbuch, 467; Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar, 3. Auflage, § 198 Tz 19). Gerade die sich nach § 108e EStG 1988 ergebenden Investitionszuwächse, von denen die Investitionszuwachsprämien im Ausmaß von 10 % unmittelbar abgeleitet werden, wurden in den angefochtenen Bescheiden aber nicht angeführt, eine (wenn auch ausführliche) Darstellung der Bemessungsgrundlagen in der Niederschrift über die Schlussbesprechung (vgl. Tz 2 der Niederschrift vom , Bp 123) reicht nicht hin.

Eine Sanierung der Mängel des Spruches der angefochtenen Bescheide kann durch den Unabhängigen Finanzsenat nicht vorgenommen werden, weil die Änderungsbefugnis gemäß § 289 Abs. 2 BAO ("nach jeder Richtung") durch die Sache begrenzt ist. Die Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (vgl. ; , 0516; ; vgl. auch ; -K/06; ; ).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
§ 201 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 108e Abs. 5 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 93 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 198 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 289 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Schlagworte
Festsetzung der Investitionszuwachsprämie
Abgabenbescheid
Spruchbestandteil
Bemessungsgrundlage
Änderungsbefugnis
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at