Berufungsentscheidung - Steuer (Referent), UFSW vom 02.10.2009, RV/3586-W/08

Keine wirtschaftliche Eingliederung in eine geschäftsleitende Holding

Entscheidungstext

Berufungsentscheidung

Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw., Wien, vertreten durch SteuerberaterX, Wien1, vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom betreffend Körperschaftsteuer 2004, nach der am in 1030 Wien, Vordere Zollamtsstraße 7, durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlung, entschieden:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.

Entscheidungsgründe

Die Bw. (in der Folge: Bw.) machte in der Körperschaftsteuererklärung 2004 ein Organschaftsverhältnis zu den Tochtergesellschaften A-GmbH, B-GmbH und C-GmbH als Organgesellschaften geltend und verrechnete deren steuerliche Ergebnisse mit ihrem steuerlichen Gewinn wie folgt:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb ohne Organgesellschaften
- 2,177.757,14
Steuerlicher Verlust/Gewinn der Organgesellschaften°
+ 1,613.394,37
Einkünfte aus Gewerbebetrieb
- 564.362,77

°Das steuerliche Ergebnis der Organe setzt sich wie folgt zusammen:


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B-GmbH
+ 1,280.196,94
A-GmbH
+ 399.849,84
C-GmbH
- 66.652,20

Die Bw. ist an der A-GmbH sowie der B-GmbH zu 100 % und an der C-GmbH zu 99,3 % beteiligt. Die Geschäftsführer der Bw., M.M. und N.N., fungieren auch als Geschäftsführer der Tochtergesellschaften.

Sowohl die Bw. als auch die og. Gesellschaften führen ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum Bilanzstichtag 31. Jänner.

Mit Datum vom schloss die Bw. mit den og. Tochtergesellschaften Ergebnisabführungsverträge auf die Dauer von fünf Jahren ab.

Das Vorliegen der finanziellen und organisatorischen Eingliederung stehen außer Streit. Strittig ist aber für die Veranlagung zur Körperschaftsteuer 2004, ob eine wirtschaftliche Eingliederung der Tochtergesellschaften gegeben ist.

Die Bw. stellte über Vorhalt des Finanzamtes mit Schriftsatz vom die betriebliche Tätigkeit der vermeintlichen Organe und des Organträgers sowie die wirtschaftliche Eingliederung wie folgt dar:

B-GmbH , XY:

Die Gesellschaft produziert und verkauft Druckereiprodukte, insbesondere Kleinserien. Die Gesellschaft verfügt über einen Kundenstamm. Vor Angebotslegung an neue Kunden muss sie bei der Bw. anfragen, ob ihr dies gestattet ist. Der Einkauf (insbesondere von Papier und Druckfarben) erfolgt bei den von der Bw. vorgegebenen und bereits preisverhandelten Lieferanten.

A-GmbH , XY:

Hier gilt das gleiche wie zu oben ausgeführt, mit der Abweichung, dass vorwiegend Großserien und Endlosdruck produziert wird. Auch diese Gesellschaft verfügt über keine Einkaufs- und Finanzabteilung.

C-GmbH , Wien:

Diese Gesellschaft verkauft Druckereiprodukte, welche in den Schwestergesellschaften produziert wurden und betreibt ein Stadtgeschäft. Der Verkauf erfolgt ebenso nur an bestehende Kunden bzw. im Stadtgeschäft als Barverkäufe. Anbotslegungen an neue Kunden dürfen nur mit Zustimmung der Bw. erfolgen. Der Einkauf der Produkte erfolgt von Schwesterfirmen (Produktionskosten zzgl. eines Aufschlages) sowie von Fremdfirmen nach Zustimmung der Bw. , welche auch die Preisverhandlungen führt. Auch diese Gesellschaft verfügt über keine Einkaufs- und auch keine Finanzabteilung. Nur geringfügige Mengen für den Verkauf im Stadtgeschäft dürfen selbständig eingekauft werden.

Bw. :

Die Bw. verfügt über die Einkaufsabteilung sowie über die Finanzabteilung für den gesamten Konzern. Die Bestellungen werden zwar von den einzelnen Tochtergesellschaften durchgeführt, dies jedoch aufgrund von, von der Holding verhandelten Preisen mit bestimmten Lieferanten. Dies betrifft neben den Rohstoffen (vor allem Papier und Druckfarben) selbstverständlich auch Investitionsgüter (Druckmaschinen).

Auch wird die Finanzierung ausschließlich von der Holding geleitet. Nur die Holding verhandelt Soll- und Habenzinsen sowie die Fristigkeit von zu veranlagenden bzw. aufzunehmenden Geldern. Die Aufnahme und die Veranlagung erfolgt dann wieder direkt von den einzelnen Tochtergesellschaften. Dies gilt auch für die Betriebsmittelkredite bzw. Kontokorrentrahmen der einzelnen Tochtergesellschaften.

Nur durch diese Vorgangsweise ist gewährleistet, dass die Synergieeffekte im Bereich Einkauf und Finanzierung ausreichend zu Tage treten. Auch ist die Steuerung von Angeboten an (noch) nicht Kunden Aufgabe der Holding, um keine Konkurrenzofferte innerhalb des Konzerns zuzulassen.

Gem. KStR spricht für das Vorliegen der wirtschaftlichen Eingliederung jede wirtschaftliche Verflechtung, die dazu führt, dass der Organträger eine wirtschaftliche Ergänzung durch das Organ erfährt. Das Organ produziert und verkauft ausschließlich nach den vom Organträger vorgegebenen Kriterien. Auch die Produktionssteuerung erfolgt durch die Holding. Die Holding entscheidet, welche Aufträge auf welchen Maschinen (und damit von welcher Gesellschaft) produziert werden.

Die einzelnen Tochtergesellschaften sind daher wirtschaftlich alleine nicht lebensfähig, da ihnen die Einkaufs- und Finanzabteilung vollkommen fehlt sowie diese auch keine Möglichkeit haben, Angebote selbständig, ohne Rücksprache mit der Holding, abzugeben."

Innenumsätze wurden von der Bw. nicht angeführt und sind auch aus den Jahresabschlüssen zum der beteiligten Gesellschaften nicht ersichtlich.

Das Finanzamt teilte mit Schreiben vom 2. und den Tochtergesellschaften folgende Beurteilung mit:

Die Tätigkeit der Bw. liegt in der Verwaltung von Liegenschaften und Beteiligungen sowie der Führung und Beratung von Betrieben. Neben dem Beteiligungsbereich erbringt sie eigenständige Dienstleistungen gegenüber den Konzerngesellschaften in Form eines zentralen Materialeinkaufes und der Leitung der Finanzierung. Die Gesellschaft übt daher nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Funktion einer geschäftsleitenden Holding aus.

Die Frage, ob eine solche geschäftsleitende Holding, die für den Unternehmensverband Leitungs- und Lenkungsaufgaben sowie zentrale Verwaltungsagenden erfüllt, als Organträgerin in Betracht kommt, ist nach Literatur und Judikatur zu verneinen, weil allein in einer solchen "geschäftsführenden" Tätigkeit die im § 9 KStG geforderte wirtschaftliche Eingliederung im Sinne der auch in der Judikatur (siehe u.a. ) zum Ausdruck gebrachten aufeinander abgestellten, sich gegenseitig ergänzenden wirtschaftlichen Tätigkeiten zwischen den in Rede stehenden Gesellschaften nicht gesehen werden kann.

Eine nachfolgend bei der Bw. durchgeführte Betriebsprüfung führte hingegen zur Ansicht, dass die strittigen Organschaftsverhältnisse anzuerkennen seien. In Punkt I.2. der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom wird dies wie folgt begründet:

Die Bw. entscheidet durch ihre Funktionäre, an wen die produzierenden Organgesellschaften verkaufen können.

Weiters ist die Bw. durch ihre Vorstände N. und Herrn M. direkt in die Preisgestaltung der Organgesellschaften eingebunden, was bedeutet, dass die Muttergesellschaft ihren Töchtern die den Organgesellschaften zu verrechnenden Preise vorgibt (siehe RZ 402 KStR 2001).

Die Steuerung der Produktion wie die Anschaffung der Maschinen, des Papiers und der Zusatzstoffe, weiters auch die Entwicklungstätigkeit für die sehr komplexe und aufwändige Software wird ebenfalls zweifelsfrei von der Bw. besorgt.

Ein für die Organschaft sprechender "vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang" kann in dieser Vorgangsweise erblickt werden, die den Rahmen einer geschäftsleitenden Tätigkeit überschreitet.

Das Finanzamt veranlagte die Bw. nach Durchführung der Betriebsprüfung mit Bescheid vom wie folgt zur Körperschaftsteuer 2004:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb°
- 2,165.918,53
Gesamtbetrag der Einkünfte
- 2,165.918,53
Einkommen
0,00
Körperschaftsteuer
0,00

°unstrittige Abänderung der BP:


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Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor BP
- 2,177.757,14
Beteiligungsabschreibung
+ 11.838,61
Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach BP
- 2,165.918,53

In der Bescheidbegründung wurde ausgeführt, dass abweichend von den Feststellungen der Betriebsprüfung die Veranlagung ohne Anerkennung der beantragten Organschaft erfolge und die am an die C-GmbH ergangene Rechtsauskunft zur Begründung des Bescheides erhoben werde.

Die Bw. erhob gegen den Körperschaftsteuerbescheid 2004 Berufung und beantragte unter Verweis auf die Begründung der Betriebsprüfung, "die Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß den eingereichten Steuererklärungen festzusetzen". In einer der Berufung beigelegten "Sachverhaltsdarstellung" wird dazu - im Wesentlichen deckungsgleich mit der Vorhaltsbeantwortung vom - zur wirtschaftlichen Eingliederung ausgeführt:

Betriebliche Tätigkeit der Bw. :

Die Bw. ist eine geschäftsleitende Holding, die für den Unternehmensverband Leitungs- und Lenkungsaufgaben sowie zentrale Verwaltungsagenden erfüllt. Der Geschäftsführer Herr M.M. ist für die Produktion in allen Tochtergesellschaften und für die Finanzen verantwortlich. Der zuständige Vorstandsdirektor entscheidet, welche Aufträge auf welchen Druckmaschinen produziert werden. Mit der Entscheidung für eine Druckmaschine ist auch die Entscheidung verbunden, in welcher Tochtergesellschaft der Auftrag produziert wird. Der Vorstandsdirektor Herr N.N. verhandelt die Einkaufspreise für die Rohstoffe (Papier und Druckfarben) mit den Lieferanten. Jährlich einmal werden mit den bestehenden Lieferanten die Preise für das kommende Jahr verhandelt. Neue Lieferanten können ausschließlich an die Muttergesellschaft Angebote legen, welche sodann geprüft werden. Der Einkauf der Investitionsgüter (Druckmaschinen) erfolgt selbstverständlich durch die Geschäftsführer der Bw. und wird den Tochterunternehmen zugeteilt.

Auch die Finanzierung wird ausschließlich von der Holding durchgeführt. Nur die Holding verhandelt Soll- und Habenzinsen sowie die Fristigkeit von zu veranlagenden bzw. aufzunehmenden Geldern.

Nur durch den zentralen Einkauf, Verkaufskoordinierung und einheitliche Finanzierung ist gewährleistet, dass Synergien zu Tage treten."

Die Berufung wurde dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.

Als Unternehmensgegenstand der Bw. wird im Jahresabschluss 2004 das Immobilienmakler-, Bauträger- und Immobilienverwaltergewerbe ausgewiesen. Tatsächlich wurden neben den Erlösen aus der Holdingumlage nur Mieterlöse aus der Vermietung zweier Betriebsliegenschaften erzielt.

Die A-GmbH ist laut Lagebericht 2004 die Vertriebs- und Verwaltungsgesellschaft für die Produktionsgesellschaft B-GmbH . Letztere Gesellschaft ist gemäß ihrem Lagebericht 2004 eine reine Produktionsfirma, deren Produkte durch die Schwesterfirmen A-GmbH , D-GmbH und E-AG betrieben werden.

Die C-GmbH hatte im Jahr 2004 lediglich ein Papierwarengeschäft in der Wiener Innenstadt.

Die Bw. betonte in der mündlichen Berufungsverhandlung vom nochmals, dass aus ihrer Sicht die wirtschaftliche Eingliederung der Tochtergesellschaften gegeben sei. Die Bw. sei nicht nur eine geschäftsleitende Holdinggesellschaft, sondern habe die Einkaufsabteilung, die Produktionssteuerung, die Software, die Verkaufsabteilung und die Finanzierungsabteilung für die Tochtergesellschafte inne. Auf die in den Bilanzen der Bw. ausgewiesenen Softwarelizenzen (Jahresabschluss 2004/ Anlagevermögen/ Immaterielle Vermögensgegenstände: € 184.468,98) wurde verwiesen.

Die Einkaufsabteilung schließe die Rahmenverträge für die Tochtergesellschaften ab. Die Tochtergesellschaften würden ausschließlich innerhalb dieser Rahmenverträge ihre Bestellungen abrufen.

Die Tochtergesellschaften seien ohne die og. Abteilungen der Bw. alleine nicht lebensfähig.

Nach Ansicht der Bw. ist damit eine betriebliche Tätigkeit der Bw. gegeben. Es liege ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Gesellschaften vor.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 9 Abs. 1 KStG 1988 in der Fassung vor 2005 ist der steuerlich ermittelte Gewinn (Verlust) der Organgesellschaft dem Organträger zuzurechnen, wenn zwischen einer Organgesellschaft (Abs. 2) und dem Organträger (Abs. 3) ein Ergebnisabführungsvertrag (Abs. 4) besteht.

Organgesellschaften sind gemäß § 9 Abs. 2 unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften oder Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften, die dem Organträger nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch derart untergeordnet sind, dass sie keinen eigenen Willen haben. Die Anteile der Organgesellschaft, die die finanzielle Eingliederung bewirken, müssen unmittelbar im Eigentum des Organträgers stehen. Die Merkmale der Unterordnung müssen ab dem Beginn des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft gegeben sein.

Organträger sind gemäß § 9 Abs. 3 unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften..., die die Merkmale der Überordnung im Sinne des Abs. 2 erfüllen.

Das steuerliche Ergebnis der Organgesellschaft im Sinne des Abs. 1 ist jenem Wirtschaftsjahr des Organträgers zuzurechnen, in das der Bilanzstichtag des Wirtschaftsjahres der Organgesellschaft fällt.

Finanzielle und organisatorische Unterordnung:

Aufgrund der Beteiligungsverhältnisse und der gemeinsamen Geschäftsführung ist die finanzielle und organisatorische Unterordnung der betreffenden Tochtergesellschaften unter die Bw. unstrittig gegeben.

Wirtschaftliche Eingliederung:

Eine wirtschaftliche Eingliederung liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn Organträger und Organ eine wirtschaftliche Einheit bilden, bei der das Organ dem Organträger untergeordnet ist... Wesentlich ist, dass der Organträger einen tatsächlichen Einfluss ausübt und die gegenseitige Verflechtung nicht bloß kapitalistischer, sondern auch wirtschaftlicher Art ist. Es muss ein vernünftiger betriebswirtschaftlicher Zusammenhang zwischen beiden Gesellschaften bestehen. Ihre Tätigkeiten müssen aufeinander abgestellt sein, sie müssen sich gegenseitig ergänzen.

Eines der drei Merkmale der Eingliederung und damit auch das Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung kann zwar ohne Schaden für die Organschaft weniger ausgeprägt sein, wenn die beiden anderen Merkmale umso eindeutiger erkennbar sind. Fehlen allerdings die für die wirtschaftliche Eingliederung aufgezeigten wesentlichen Kriterien - vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang, aufeinander abgestellte, sich gegenseitig ergänzende Tätigkeiten - und damit auch das Merkmal wirtschaftlicher Eingliederung, dann liegen die Voraussetzungen für eine Organschaft nicht vor, selbst wenn die finanzielle und organisatorische Eingliederung gegeben sind ().

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , 96/13/0090 entschieden, dass eine geschäftsleitende Holding nicht Organträger sein kann. Die Entscheidungsgründe lassen sich wie folgt zusammenfassen (vgl. Wiesner, RWZ 1999, 107):

1. Die wirtschaftliche Eingliederung bzw. Unterordnung setzt einen vernünftigen betriebswirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Organträger und Organ voraus. Die Tätigkeiten der beiden Gesellschaften müssen aufeinander abgestellt sein und müssen sich gegenseitig ergänzen.

2. Die bloße Einflussnahme eines Vertreters der Muttergesellschaft auf die Einkaufsbedingungen hinsichtlich des Wareneinkaufs der Tochtergesellschaft begründet noch nicht den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden Gesellschaften.

3. Die Eigenschaft einer geschäftsleitenden Holding, die für den Unternehmensverband Leitungs- und Lenkungsaufgaben sowie die zentralen Verwaltungsagenden übernimmt, erfüllt nicht die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Eingliederung im Sinne der sich gegenseitig ergänzenden wirtschaftlichen Tätigkeiten.

Wiesner, RWZ 1999,107, führt dazu aus:

Die Entscheidung ist insoweit nicht neu, als der VwGH die betriebliche Ergänzungsfunktion immer wieder betont hat, sie ist insoweit neu, als er zum Thema Holding unmittelbar bislang noch nicht entschieden hat. Die Praxis hat versucht, die wirtschaftliche Eingliederung durch die Einkleidung der Holding in eine "operative" Rechtsfigur dadurch zu erreichen, dass das Lenken und Leiten zu einer betrieblichen Aktivität erhoben oder in einem engeren Sinn wenigstens für eine bestimmte branchengleiche Gruppe von Untergesellschaften für denkbar erachtet wurde. In der Literatur wird diese Ansicht eher negativ gewürdigt (vgl. Bauer/Quantschnigg/Schellmann/Werilly, Die Körperschaftsteuer KStG 1988, Anm. 98 ff zu § 9). Mit der nunmehrigen Entscheidung scheint diese negative Würdigung bestätigt und sind die Argumente der Vertreter für eine großzügigere Auslegung des Begriffes der wirtschaftlichen Eingliederung nicht griffig (vgl. aao, Anm. 85 ff zu § 9).

Die Vorbehalte der Abgabenbehörden gegen Holdinggesellschaften als Organträger haben schon in der Vergangenheit zu Hilfskonstruktionen Anlass gegeben, die in der Regel zur Übernahme der Einkaufsfunktion neben der geschäftsleitenden Funktion geführt haben, sodass die erforderliche Umsatzbeziehung hergestellt war. Auch diese Funktion erscheint allerdings überprüfungsbedürftig, da das Gesetz ja nicht nur einen vernünftigen wirtschaftlichen Zusammenhang fordert, sondern ein Dienen des Organs...

Eine Generallösung des Problems wäre mit der von der Steuerreformkommission vorgeschlagenen Gruppenbesteuerung gegeben, die den Begriff der wirtschaftlichen Eingliederung nicht kennt, sondern sich mit der finanziellen Eingliederung begnügt.

Die - für den Unabhängigen Finanzsenat allerdings nicht bindenden - KStR 2001 führen in Rz 380, 381 (unter Verweis auf und , 96/13/0090) aus:

Der Organträger muss eine eigene betriebliche Tätigkeit ausüben, welcher sich das beherrschte Unternehmen im Sinne einer Zweckabhängigkeit unterordnen kann....Die bloße Verwaltung von Vermögen (Liegenschaftsverwaltung, Vermietung und Verpachtung von Geschäftslokalen und Betriebseinrichtungen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung....) ist keine betriebliche Tätigkeit..

Eine betriebliche Tätigkeit liegt gleichfalls nicht vor, wenn das beherrschende Unternehmen lediglich das beherrschte leitet (Holding-Funktion) ...

Der weiteren Überlegung in Rz 381 der KStR, dass bei einer geschäftsleitenden Holding, die für den Unternehmensverband Leitungs- und Lenkungsaufgaben sowie zentrale Verwaltungsagenden erfüllt, die Organschaftsvoraussetzungen im Einzelfall zu prüfen seien und die die geschäftsleitende Holding generell ausschließende Judikatur () in dieser Form nicht maßgebend sei, ist entgegenzuhalten, dass das Innehaben einer "Leitungs- und Lenkungsfunktion" der Muttergesellschaft eigentlich nichts anderes bedeutet, als dass die Geschäftsführer der Muttergesellschaft zugleich die Geschäfte der "Organgesellschaften" führen. Dies ist, genauer betrachtet, Ausfluß der organisatorischen Eingliederung (vgl. das Ende der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses : "... Mag die Beeinflussung der Preispolitik der Bf. durch die Muttergesellschaft in Bezug auf ihren Hauptkunden auch Konsequenz ihrer organisatorischen Eingliederung in die Muttergesellschaft sein...").

Würde man diese "Leitungs- und Lenkungsfunktion" als Merkmal der wirtschaftlichen Eingliederung ansehen, hieße das, das vom Gesetz geforderte Merkmal der wirtschaftlichen Unterordnung durch das Merkmal der organisatorischen Eingliederung zu ersetzen .

Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates ist es jedoch vom Gesetz nicht gedeckt, etwa angesichts der ab 2005 geltenden großzügigeren Gruppenbesteuerung bereits die bis 2004 geltende Bestimmung betreffend Organschaften "aufzuweichen", indem das Erfordernis der wirtschaftlichen Eingliederung durch eine bloße "Leitungs- und Lenkungsfunktion" der Muttergesellschaft ersetzt wird.

Im Berufungsfall ist folgender Sachverhalt entscheidungswesentlich.

Die Bw. entfaltete im Berufungszeitraum keine eigene betriebliche Tätigkeit; Einkünfte bezog sie neben einer Vermietungstätigkeit nur aus ihren Beteiligungen (keine Umsatzerlöse, nur Erlöse aus der Holdingumlage, Mieterlöse).

Die Tochtergesellschaften sind in folgenden Bereichen betrieblich tätig:

A-GmbH : Erzeugung von Druckereiprodukten im Endlosdruck-Verfahren und Verkauf an die Schwestergesellschaft B-GmbH .

B-GmbH : Erzeugung anderer Drucksorten, Verkauf der eigenen Drucksorten und der Endlosdrucksorten der A-GmbH .

C-GmbH : Betrieb eines Papierwarengeschäftes in Wien.

Die Geschäftsführer der Bw., M.M. und N.N. , hatten zugleich die Geschäftsführung der Tochtergesellschaften inne. Die Bw. ist somit keine bloße Anteilsholding, sondern eine "geschäftsleitende Holding".

Laut Darstellung der Bw. hatten die Tochtergesellschaften keine eigene Einkaufs- und Finanzabteilung; der Einkauf und Verkauf von Waren und Betriebs- und Geschäftsausstattung und die Finanzierung wurden zentral von der Muttergesellschaft bestimmt.

In der mündlichen Berufungsverhandlung vom brachte die Bw. vor, dass sie für die Tochtergesellschaften die Einkaufs-, Produktions- , Verkaufs- und Finanzierungsabteilung sowie die Software innehat und die Tochtergesellschaften ohne diese Dienste der Bw. für sich allein nicht lebensfähig seien.

Der Sachverhalt ist wie folgt zu würdigen:

Die Annahme einer wirtschaftlichen Eingliederung scheitert im Berufungsfall schon grundsätzlich daran, dass die Bw. - abgesehen von der strittigen "Leitungs- und Lenkungsfunktion" für die Tochtergesellschaften - keine eigene betriebliche Tätigkeit ausübt, der die Tätigkeiten der Tochtergesellschaften dienen, welche sie ergänzen bzw. in welche sich die Tochtergesellschaften wirtschaftlich eingliedern könnten.

Die gesamten, von der Bw. angeführten Bereiche der "Leitungs- und Lenkungsfunktion" (die Einkaufs-, Produktions- , Verkaufs- und Finanzierungsabteilung sowie die Software) sind genau genommen keine betriebliche Tätigkeit der Bw., sondern Ausfluß der organisatorischen Eingliederung. Diese Leitungs- und Lenkungsfunktion stellt eigentlich ein Dienen der Bw. gegenüber ihren Tochtergesellschaften und nicht der Tochtergesellschaften gegenüber der Bw. dar.

Es liegt somit nicht der Fall vor, dass die vermeintlichen Organgesellschaften den Betrieb der Bw. ergänzen oder ihr dienen. Vielmehr erbringt die Bw., welche auch sonst keine eigenen betrieblichen Tätigkeiten entfaltet, Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften. Das Merkmal der Ergänzung einer betrieblichen Tätigkeit der Bw. durch die Tochtergesellschaften, geschweige denn eines Dienens der Tochtergesellschaften gegenüber der Bw., ist somit nicht erfüllt.

Diese "Leitungs- und Lenkungsfunktion" der Bw., welche auch ansonsten keine eigene betriebliche Tätigkeit entfaltet, kann daher keine wirtschaftliche Eingliederung der Tochtergesellschaften bewirken.

Im Ergebnis ist zwar eine wirtschaftliche Verflechtung der betrieblichen Tätigkeiten der vermeintlichen Organgesellschaften untereinander auf horizontaler Ebene, jedoch keine Verflechtung der Betriebe der Tochtergesellschaften mit einer betrieblichen Tätigkeit der Bw. als Organträger gegeben.

Die Organschaft kann daher mangels Vorliegens einer wirtschaftlichen Eingliederung nicht anerkannt werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
Finanzstrafrecht Verfahrensrecht
betroffene Normen
Schlagworte
Anteilsholding
geschäftsleitende Holding
wirtschaftliche Eingliederung
betriebliche Tätigkeit
Leitungs- und Lenkungsaufgaben
zentrale Verwaltungsagenden
Verweise

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at